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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1053;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der MZ in I, vertreten durch Dr. Michael Leuprecht, Rechtsanwalt in Innsbruck, Adolf-Pichler-Platz 4/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 4. Juli 1996, Zl. 60.360-6/96, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 13. November 1995 schloss die W. Gesellschaft m.b.H. als Verkäuferin mit der Beschwerdeführerin als Käuferin einen Vertrag über den Kauf von insgesamt 98/683 Miteigentumsanteilen an einer neuzubildenden EZ im Grundbuch Hötting, Grundstück Nr. 1334/1 (Speckweg 2, Innsbruck), mit welchen Wohnungseigentum an einer 87,57 m2 großen Wohnung samt Terrasse, Abstellraum und Tiefgaragenplatz untrennbar verbunden war. Der Kaufpreis betrug insgesamt S 4,146.000,--. Außerdem hatte die Beschwerdeführerin sämtliche wie immer geartete Steuern, Kosten und Gebühren zu tragen.
Der Vertrag wurde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Innsbruck am 16. November 1995 angezeigt. Dieses erließ am 29. November 1995 einen Bescheid, in dem die Grunderwerbsteuer, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 4,369.884,-- (die Kosten der Vertragserrichtung wurden mangels ausreichender Angaben geschätzt), mit S 152.946,-- festgesetzt wurde.
Am 25. Jänner 1996 schlossen die Vertragsparteien und der Ehegatte der Beschwerdeführerin eine Zusatzvereinbarung zu dem ursprünglichen Kaufvertrag vom 13. November 1995 ab. Nach der mit "Vertragsübernahme" überschriebenen Urkunde sollte er in sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag an Stelle der Beschwerdeführerin eintreten, insbesondere sollte der Miteigentumsanteil samt Wohnungseigentum nunmehr an ihn übertragen werden. Dabei wurde weiters vereinbart, dass sämtliche wechselseitige Ansprüche und Einwendungen zwischen der Beschwerdeführerin und der Verkäuferin erloschen sein sollten, sodass weder die Verkäuferin noch der Vertragsübernehmer aus dem ursprünglichen Kaufvertrag weder zu Gunsten noch zu Lasten der Vertragsparteien des Altvertrages gegenüber dem nunmehrigen Vertragsübernehmer allenfalls bestehende Ansprüche oder Einwendungen, wie dies analog zu § 1406 ABGB vorgesehen wäre, geltend machen konnten.
Diese Vereinbarung wurde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Innsbruck am 29. Jänner 1996 vorgelegt. Im zugehörigen Schreiben wurde ausgeführt, dass nicht die Beschwerdeführerin, sondern ihr Ehegatte in den Vertrag eintrete, somit die Beschwerdeführerin aus sämtlichen Rechten und Pflichten entlassen worden sei und dass ihr Gatte diese Rechte und Pflichten analog § 1406 ABGB (Vertragsübernahme) vollinhaltlich übernommen habe. Da die Beschwerdeführerin nicht als Zwischenhändlerin aufgetreten sei, lägen sämtliche Voraussetzungen für eine Rückerstattung der Grunderwerbsteuer an die Beschwerdeführerin nach § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG vor. Es wurde daher beantragt, gemäß § 215 Abs. 4 BAO unter Anwendung des § 239 Abs. 2 BAO das zu Gunsten der Beschwerdeführerin bestehende Guthaben auf die durch die Vertragsübernahme entstehende Steuerschuld des Ehegatten der Beschwerdeführerin umzubuchen, in eventu das durch die Rückgängigmachung entstehende Guthaben in Höhe der entrichteten Grunderwerbsteuer auf das Konto des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin rückzuüberweisen.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern wies am 18. März 1996 "das Ansuchen auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer" mit der Begründung ab, es liege keine Rückgängigmachung im Sinn von § 17 GrEStG vor, sondern vielmehr eine Abtretung des Übereignungsanspruches an den Ehegatten der Beschwerdeführerin.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin zunächst mit dem Argument, dass ihre Anträge auf Umbuchung bzw. Rückzahlung nicht erledigt worden seien und stützte sich in der Sache im Wesentlichen darauf, dass in der gewählten Konstruktion sehr wohl auch eine Rückabwicklung des ursprünglichen Vertrages enthalten sei. Dies ergebe sich insbesondere aus dem vereinbarten Erlöschen der wechselseitigen Einwendungen zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien, wodurch die Vertragsübernahme den analog aus § 1406 ABGB abgeleiteten Charakter als Kombination aus Forderungsabtretung und Schuldübernahme verliere.
Seine abweisende Berufungsvorentscheidung begründete das Finanzamt damit, dass es zu keiner Rückgängigmachung des Kaufvertrages gekommen sei und der Ehegatte der Beschwerdeführerin den Übereignungsanspruch daher von ihr erworben haben müsse. Somit liege keine Rückabwicklung vor, wohl aber ein weiterer steuerpflichtiger Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG. Da kein Guthaben bestehe, habe auch dem Hauptantrag auf Rückzahlung nicht entsprochen werden können.
Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Das Finanzamt habe - wie sich zumindest aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ergebe - durch die Abweisung der Rückerstattung nach § 17 Abs. 4 GrEStG auch über den Hauptantrag der Beschwerdeführerin abgesprochen, da die §§ 215 und 239 BAO ein Guthaben auf dem Abgabenkonto voraussetzten, das im gegenständlichen Fall nur auf Grund der Erfüllung des Tatbestandes von § 17 Abs. 4 GrEStG hätte entstehen können. Dies sei jedoch nicht der Fall, da es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges nur darauf ankomme, dass der Verkäufer jene Verfügungsmacht, die er vor Vertragsabschluss innegehabt hatte, durch einen im § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG genannten Rechtsvorgang wiedererlangt hätte. Lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verkäuferin doch wieder ihre frühere Rechtsstellung erhalten hätte, so hätte die Berufungswerberin diese auf Grund ihrer Offenlegungspflicht der Behörde darzulegen gehabt. Die entsprechenden Feststellungen seien aber unwidersprochen geblieben.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Beschwerde gemäß Art 144 Abs. 2 B-VG ab und trat sie entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem einfachgesetzlich Gewähr leisteten Recht auf Abänderung der Festsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 4 GrEStG 1987 verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und
die Gegenschrift der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 4 GrEStG ist, wenn die Grunderwerbsteuer bereits festgesetzt wurde, die Festsetzung entsprechend abzuändern, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung rückgängig gemacht wurde.
Seit dem hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. April 1984, Zl. 82/16/0165, VwSlg. 5876/F, auf das sich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift beruft, vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass ein Erwerbsvorgang nur dann als "rückgängig gemacht" im Sinne des (nunmehrigen) § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 gilt, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung, dh. jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss hatte, zur Gänze wiedererlangt (vgl. zuletzt etwa die hg. Erk. vom 16. März 1995, Zlen. 94/16/0097 bis 0099, vom 18. Dezember 1995, Zl. 95/16/0128 und vom 29. Jänner 1996, Zlen. 95/16/0187, 0188, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird; weitere Nachweise bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, § 17 GrEStG 1987, Rz. 14).
Durch die Zusatzvereinbarung vom 25. Jänner 1996 erwarb der Ehegatte der Beschwerdeführerin den Anspruch auf Übereignung des Miteigentumsanteiles samt Zubehör. Der ursprüngliche Vertrag vom 13. November 1995 wurde durch diese Vereinbarung nicht einmal formell aufgehoben. Die Vertragsparteien betonen durch die Formulierung "analog zu § 1406 ABGB" vielmehr, dass der Übereignungsanspruch direkt von der Beschwerdeführerin an ihren Ehegatten übergehen soll. Denn die in den §§ 1404ff ABGB geregelten Rechtsgeschäfte sehen, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin in der Beschwerde, allesamt einen Übergang bzw. eine Ausdehnung des Schuldverhältnisse (oder einzelner Teile davon) auf einen Dritten vor, ohne dass es zu einer Rückabwicklung des Grundgeschäfts kommt. Der Veräußerer erwirbt dabei keinesfalls wieder jene Rechtsstellung, die er vor Vertragsabschluss hatte. Auch der vorgesehene Einwendungsausschluss, der sich auf die wechselseitigen Einwendungen zwischen Veräußerer und Beschwerdeführerin bezieht, vermag nichts daran zu ändern, dass der Veräußerer seine ursprüngliche freie Verfügungsmacht über den Miteigentumsanteil nicht wiedererlangte. Diese ging vielmehr mit der Vertragsübernahme auf den Übernehmer über.
Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr. 416/1994.
Wien, am 28. September 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997160326.X00Im RIS seit
23.01.2001