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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GGG 1984 §14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des MB in W, vertreten durch Kraft & Winternitz, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien I, Nibelungengasse 11, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 15. April 1997, Zl. Jv 1155-33/97, betreffend Pauschalgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war Kläger im Verfahren 15 C 582/94m vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien. Er hatte von der dortigen Beklagten eine Eigentumswohnung und erlegte den Kaufpreis von S 1,323.000,-- treuhändig gekauft. Zufolge Verzuges erklärte er den Rücktritt vom Vertrag und begehrte in seiner Klage wegen "Zustimmung zur Ausfolgung eines Treuhandbetrages Streitwert S 100.000,-- s.A." folgendes Urteil:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der Ausfolgung des bei
Rechtsanwalt Dr. ... treuhändig erliegenden Kaufpreises in der Höhe
von S 1,323.000,-- samt Zinsen ... an den Kläger zuzustimmen und
die Kosten dieses Verfahrens zu ersetzen; dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution."
Zufolge Erfüllung während des Verfahrens schränkte der Beschwerdeführer sein Begehren auf Kosten ein; dementsprechend erging ein klagsstattgebendes Urteil.
Mit Zahlungsauftrag vom 26. Februar 1997 wurde dem Beschwerdeführer, der für die Klage die Pauschalgebühr auf Grund des von ihm bezifferten Streitwertes (S 100.000,--) entrichtet hatte, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 1,323.000,-- die restliche Pauschalgebühr samt Einhebungsgebühr vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer begehrte die Berichtigung dieses Zahlungsauftrages, weil die Klage auf Kosten eingeschränkt worden und für das ursprüngliche Begehren (S 100.000,--) die Gebühr entrichtet worden war.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben. Der Wert des Streitgegenstandes (als Bemessungsgrundlage) richte sich nicht nach dem Urteil, sondern nach dem Klage- bzw. Urteilsbegehren. Dieses Begehren habe bloß nach seiner äußeren Form auf Abgabe einer Willenserklärung gelautet, in Wahrheit wurde eine bestimmte Geldsumme verlangt, sodass § 59 JN unanwendbar blieb.
In seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten insoweit verletzt, als die belangte Behörde entgegen der Bestimmung des § 14 GGG und des § 59 JN den Streitwert einer von ihm eingebrachten Klage auf Zustimmung zur Ausfolgung einer treuhändig erlegten Summe mit S 1,323.000,-- annahm und dem Antrag des Beschwerdeführers auf Berichtigung des Zahlungsauftrages, mit dem auch S 100,-- Einhebungsgebühr vorgeschrieben worden war, mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gab.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.
Keiner der in den besonderen Bestimmungen des GGG (§§ 15 ff) geregelten Tatbestände liegt hier vor.
Klagebegehren, die auf Leistung eines bestimmten Geldbetrages lauten, sind mit diesem Betrag zu bewerten (Fasching, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen1I, 340, zu § 54 JN). Nach § 56 Abs. 1 JN bestimmt der Betrag der Lösungsbefugnis oder des Alternativbegehrens den Streitwert. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung hat in allen anderen Fällen der Kläger den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Im Besonderen sieht § 59 JN vor, dass bei Klagen auf Vornahmen von Arbeiten oder anderen persönlichen Leistungen, auf Duldung oder Unterlassung, auf Abgabe von Willenserklärungen die vom Kläger angegebene Höhe seines Interesses als Wert des Streitgegenstandes anzusehen ist.
Zur letztgenannten Bestimmung lehrt Fasching (a.a.O, 359):
"Die allgemeine Regelung für die Bewertung eines nicht aus
einer Geldforderung bestehenden Streitgegenstandes ist im § 56
Abs. 2 JN enthalten. § 59 JN zählt einige Sonderfälle auf und
wiederholt die generelle Anordnung, die die Bewertung in das
Ermessen des Klägers stellt .... Wie hoch das Interesse an der
geforderten .... Willenserklärung ist, obliegt ausschließlich der
Bewertung durch den Kläger. Eine .... Unterbewertung bindet das
Gericht immer. .... Wenngleich die Klage auf Ausstellung einer
verbücherungsfähigen Urkunde nicht als Klage auf Abgaben einer Willenserklärung, sondern auf Erfüllung einer kaufvertraglichen Verpflichtung aufzufassen ist, so ist die Klage jedenfalls nach § 56 Abs. 2 JN und damit auch nach § 59 JN durch den Kläger zu bewerten. Daraus ergibt sich, dass der Streitwert sich nicht nach dem Kaufpreis errechnen lässt, sondern die Bewertung des Interesses des Klägers ausschlaggebend ist. Eine Klage auf Ausstellung einer Löschungsquittung für eine Hypothekarforderung, deren Aufwertung in Streit gezogen wurde, ist nicht nach § 57 JN zu bewerten, da hier eine Willenserklärung begehrt wird. Der Kläger kann den Streitwert nach § 59 JN angeben ...."
Mit der vorliegenden Klage wurde unzweifelhaft die Abgabe einer Willenserklärung begehrt. Damit ist aber der Tatbestand des § 59 JN erfüllt; eine Bedachtnahme auf der Willenserklärung zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Interessen wäre nur dann möglich, wenn diese Interessen in einem Begehren nach § 56 Abs. 1 JN Niederschlag gefunden hätten.
Bei der Bemessung der Gerichtsgebühren ist die Behörde an die vom Kläger vorgenommene Bewertung des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstandes gebunden (vgl. Tschugguel-Pötscher, Die Gerichtsgebühren6, E. 17 zu § 14 GGG). Eine Änderung des Streitwertes gemäß § 7 RATG ist nicht erfolgt, sodass auch die Ausnahmebestimmung des § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG nicht greifen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1998, Zl. 96/16/0156).
Auch unter Bedachtnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der das Gerichtsgebührengesetz bewusst an formale äußere Tatbestände anknüpft, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu Gewähr leisten, sind Erwägungen dahingehend, dass das Klagebegehren "bloß nach seiner äußeren Form" auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet war, in der Sache aber eine bestimmte Geldforderung zum Gegenstand hatte, unangebracht. Entscheidend ist hier allein, dass der Kläger von der Beklagten nicht die Rückzahlung des Kaufpreises, sondern die Freilassung des Treuhandbetrages durch Abgabe der geforderten Willenserklärung begehrt hat. Damit lag es aber an ihm, den Streitgegenstand gemäß § 59 JN zu bewerten und war der Kostenbeamte an diese Bewertung gebunden.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der begehrten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG Abstand genommen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. September 2000
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997160212.X00Im RIS seit
24.10.2001