RS Vfgh 2014/9/18 B1311/2012

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Veröffentlicht am 18.09.2014
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Index

L8000 Raumordnung
L8200 Bauordnung

Norm

Oö RaumOG 1994 §16 Abs2, §22, §36
Oö BauO 1994 §31 Abs6
Oö BautechnikG §29
Flächenwidmungsplan der Gemeinde Schlierbach 2000
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
VfGG §88

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung der Vorstellung von Nachbarn gegen die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung einer Lärmschutzwand und einer Lagerhalle auf einem Betriebsgelände; keine Bedenken gegen den Flächenwidmungsplan der Gemeinde Schlierbach 2000 hinsichtlich der Widmung der Baugrundstücke als Mischbaugebiet bzw als Betriebsbaugebiet

Rechtssatz

Keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Widmungen der Baugrundstücke als gemischtes Baugebiet bzw als Betriebsbaugebiet im - hier präjudiziellen - Flächenwidmungsplan der Gemeinde Schlierbach aus dem Jahr 2000.

Schon bei Erlassung des erstmaligen Flächenwidmungsplanes 1977 waren die Flächen der späteren Baugrundstücke als Betriebsbaugebiet gewidmet. Zu diesem Zeitpunkt gehörten sowohl die Betriebsgebäude des Bauwerbers auf den Baugrundstücken als auch das Wohnhaus des Beschwerdeführers - in unmittelbarer Nähe zueinander - dem rechtmäßigen Baubestand an. Die Gemeinde Schlierbach fand diese bestehende Bebauungssituation vor und trug ihr im erstmals zu erlassenden Flächenwidmungsplan 1977 insofern Rechnung, als sie die späteren Baugrundstücke als Betriebsbaugebiet auswies.

Dem Verordnungsgeber im Raumordnungsrecht kommt bei erstmaliger Erlassung eines Planes ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl etwa zu Bebauungsplänen VfSlg 14375/1995 mwN). Die Gemeinde orientierte sich bei der erstmaligen Erlassung des Flächenwidmungsplanes für das Gemeindegebiet von Schlierbach hinsichtlich der späteren Baugrundstücke an deren bestehender baulicher Nutzung. Damit überschritt sie den ihr zukommenden raumplanerischen Gestaltungsspielraum nicht. Die erstmalige Widmung der späteren Baugrundstücke als Betriebsbaugebiet im Flächenwidmungsplan 1977 und die Beibehaltung dieser Widmung (teilweise als gemischtes Baugebiet) in den folgenden Flächenwidmungsplänen sind daher nicht geeignet, den VfGH zur Einleitung eines amtswegigen Verordnungsprüfungsverfahrens des Flächenwidmungsplanes 2000, soweit er Widmungen für die Baugrundstücke vorsieht, zu veranlassen.

Keine fehlende Grundlagenforschung oder Interessenabwägung.

Die Widmungskategorien der Baugrundstücke wurden durch den Flächenwidmungsplan 2000 nicht verändert. Nur im Fall der Änderung des Flächenwidmungsplanes verlangt §36 Abs6 Oö RaumOG 1994 die Vornahme entsprechender Grundlagenforschung bzw einer Interessenabwägung, um die Änderung zu begründen. Für die erstmalige Erlassung des Flächenwidmungsplanes 1977 sah das Oö RaumOG 1972 kein dem §36 Abs6 Oö ROG 1994 vergleichbares Erfordernis einer Grundlagenforschung bzw Interessenabwägung vor und lag die Festlegung der Widmungskategorie Betriebsbaugebiet im gestalterischen Planungsspielraum der Gemeinde.

§16 Abs2 Oö RaumOG 1994 bezieht sich auf privatwirtschaftliche Maßnahmen der Gemeinde zur Baulandsicherung und verhält die Gemeinde dabei dazu, "die Gleichbehandlung der in Betracht kommenden Grundeigentümer zu achten". Auf die Erlassung hoheitlicher Akte findet diese Bestimmung hingegen keine Anwendung und kann deshalb auch keinen Maßstab für die Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung darstellen.

Keine Willkür; ausführliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer; kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler durch die Ausführungen, aus welchen Gründen die vom Bauwerber projektierte Lärmschutzwand nicht in Widerspruch zum Oö BautechnikG stehe, dass die Abstandsbestimmungen beim vorliegenden Bauprojekt eingehalten würden und die Beschwerdeführer zahlreiche ihrer Einwendungen gemäß §31 Abs6 Oö BauO 1994 im gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren geltend machen hätten müssen.

Keine Verletzung des Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums.

Kein Kostenersatz an die beteiligte Partei und die beteiligte Gemeinde Schlierbach, weil es sich bei den von ihnen eingebrachten Schriftsätzen, mit denen sie von der ihnen eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Äußerung Gebrauch gemacht haben, nicht um abverlangte Schriftsätze handelt und die von ihnen erstatteten Äußerungen nichts zur Rechtsfindung beigetragen haben. Dem Begehren der Gemeinde Schlierbach auf Zuspruch von Kostenersatz war zudem schon aus dem Grund nicht stattzugeben, weil es im vorliegenden Fall zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Gemeinde zu befassen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Baubewilligung, Nachbarrechte, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:B1311.2012

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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