TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/28 97/16/0228

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Veröffentlicht am 28.09.2000
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §18 Abs1;
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
ZPO §187;
ZPO §188;
ZPO §192;
ZPO §204;
ZPO §433;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des EH in B, vertreten durch Dr. Heinz Lughofer, Rechtsanwalt in Graz, Marburgerkai 47, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Leoben vom 5. Mai 1997, Zl. Jv 970-33/97-2, betreffend Pauschalgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Kläger in einem Besitzstörungsverfahren vor dem Bezirksgericht Bruck/Mur zur Zl. 9 C 1372/94k; eine der beiden Beklagten war die O.-GmbH. Schon zuvor waren vom Beschwerdeführer Klagen gegen die O.-GmbH bei diesem Gericht zu den GZ. 9 C 1158/94i, 9 C 1160/94h, 9 C 1161/94f (die beiden letztgenannten Verfahren wurden mit Beschluss des Bezirksgerichtes vom 18. Juli 1994 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden) und 9 C 1674/94x eingebracht worden. In allen Verfahren wurde auf Grund der damaligen Streitwerte die Pauschalgebühr vom Beschwerdeführer entrichtet. Im Besitzstörungsverfahren fand am 7. November 1994 um 10.00 Uhr eine Verhandlung statt; in den beiden schon genannten verbundenen Verfahren war die Verhandlung für 7. November 1994, 11.00 Uhr, in beiden restlichen Verfahren für 7. November 1994, 12.00 Uhr anberaumt. Im Protokoll der Verhandlung über die Besitzstörung wurde festgehalten, dass Vergleichgespräche nicht nur im Hinblick auf dieses Verfahren, sondern im Hinblick auf die erst für 11.00 Uhr anberaumten verbundenen Verfahren 9 C 1160/94h und 9 C 1161/94f geführt würden. Sodann findet sich im Protokoll der Satz:

"Festgestellt wird, dass die Rechtssachen hg. 9C 1372/94k, 9 C 1160/94h, 9 C 1161/94f, 9 C 1674/94x und 9 C 1158/94i bis 11.30 Uhr eingehend erörtert werden. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage schließen die Parteien folgenden Vergleich:"

Durch diesen in mehrere Punkte aufgegliederten Vergleich erfolgte eine Gesamtbereinigung; wörtlich endet der Vergleich wie folgt:

"Mit diesem Vergleich sind sämtlichen wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus den hg. 9 C 1372/94k, 9 C 1190/94h, 9 C 1161/94f, 9 C 1674/94x sowie 9 C 1158/94i bereinigt und verglichen."

Der Richter verfügte nach dieser Verhandlung nicht nur, dass eine Protokollabschrift und Vergleichsausfertigung beiden Teilen zugestellt werde, sondern auch, dass in den vier anderen Prozessakten eine Protokollsabschrift eingelegt werde. Tatsächlich stellt in allen anderen Verfahren diese Protokollsabschrift die letzte Ordnungsnummer dar und finden sich sonst keine Hinweise auf eine Verfahrensbeendigung.

Mit Zahlungsauftrag vom 13. März 1997 schrieb der Kostenbeamte dem Kläger unter Bedachtnahme auf die im Besitzstörungsverfahren entrichtete Pauschalgebühr von S 540,-- eine restliche Pauschalgebühr von S 5.700,-- sowie Einhebungsgebühr von S 100,-- vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem dagegen vom Kläger erhobenen Berichtigungsantrag keine Folge. Die belangte Behörde stellte fest, dass die mit dem Vergleich ebenfalls bereinigten Verfahren mit dem gegenständlichen Verfahren nicht verbunden gewesen wären.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt, dass von der richtig errechneten Basis des Gesamtstreitwertes die Pauschalgebühr der gesamten von ihm geführten Zivilprozesse in Höhe von S 3.280,-- hätten abgezogen werden müssen. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behröde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich, Abs. 2 dieser Bestimmung sieht gewisse Ausnahmen vor; wenn Gegenstand des Vergleiches eine Leistung ist, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen und die bereits entrichtete Pauschalgebühr einzurechnen.

Unstrittig ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, dass der Gesamtstreitwert des Vergleiches S 437.690,-- betrug und dass eine Pauschalgebühr nach Tp. 1 zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bei dieser Basis S 6.240,-- betragen hätte, sowie weiters, dass der Beschwerdeführer mit seinen fünf Klagen insgesamt S 3.280,-- Pauschalgebühr entrichtet hat. Streit herrscht allein darüber, ob die in den vier anderen Verfahren entrichtete Pauschalgebühr einzurechnen ist oder nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte im Erkenntnis vom 30. Mai 1994, Zl. 92/16/0158, einen Fall zu beurteilen, in dem einerseits zwei Verfahren verbunden waren, andererseits aber im Vergleich "vorerst zeitliches Ruhen sämtlicher Zivilprozesse in Österreich" vereinbart wurde. Er sprach aus, dass für die beiden verbundenen Verfahren jeweils die Pauschalgebühr abzuziehen sei, für die Einrechnung der Pauschalgebühr aus anderen Verfahren, die nicht mitverbunden wurden, § 18 GGG aber keine Handhabe biete.

Hier liegt jedoch ein anderer Sachverhalt vor. Die Verhandlung in der Besitzstörungssache war für 10.00 Uhr vorgesehen, die Verhandlungen in den vier weiteren Rechtssachen waren unmittelbar danach anberaumt. Diese vier Verfahren bildeten nicht nur unter ausdrücklicher Anführung ihrer Aktenzahlen einen Vergleichspunkt; schon vor Abschluss des Vergleiches wurde im Protokoll festgehalten, dass diese Rechtssachen eingehend erörtert wurden. Durch je eine Protokollabschrift des Protokolls aus der Besitzstörungsverhandlung fanden diese vier Verfahren auch aktenmäßig ihren Abschluss.

Dieser Sachverhalt kommt aber einer Verbindung gemäß § 187 ZPO gleich, auch wenn formell keine ausdrückliche Beschlussfassung erfolgte. Die Verbindung ist wie die Trennung (§ 188 ZPO) eine prozessleitende Verfügung, die jederzeit wieder aufgehoben werden kann; sie kann durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden (§ 192 ZPO). Daher kann es keinen Unterschied machen, ob der Richter formell den Beschluss fasst oder ob er durch Erörterung der für denselben Tag anberaumten Rechtssachen, deren Erledigung sodann auch im Ausgangsverfahren tatsächlich erfolgte, implicite eine Verbindung vornahm.

Der Oberste Gerichtshof hat in einem Urteil vom 18. November 1981, GZ. 6 Ob 787/81, ausgesprochen, dass im Falle der Bestätigung des Urteils in einer von zwei verbundenen Rechtssachen die Verbindung getrennt wurde, auch wenn durch das Berufungsgericht kein ausdrücklicher Beschluss auf Aufhebung der Verbindung erfolgte. Damit wurde auch in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung eine Trennung ohne förmliche Beschlussfassung anerkannt.

Klarzustellen ist in Anlehnung an die zitierte hg. Vorjudikatur, dass das bloße "Mitvergleichen" anderer Rechtssachen zweifelsohne keine Verbindung von Rechtsstreitigkeiten schafft. Hier waren die namentlich genannten anderen Rechtssachen aber ausdrücklich Gegenstand der Erörterung in der Verhandlung vor dem Vergleichsabschluss, womit sie in das führende Verfahren einbezogen wurden und sodann Gegenstand des Vergleiches, sodass auch für sie kraft Verbindung der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG angenommen muss und daher die jeweils bereits entrichtete Pauschalgebühr einzurechnen war.

Auch unter Bedachtnahme darauf, dass das Gerichtsgebührenrecht an formale äußere Tatbestände anknüpft, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten, war auf Grund des gegebenen Sachverhaltes aus dem Protokoll diese Verbindung ohne weiteres erkennbar. Da die belangte Behörde dies verkannte und die Anrechnung der entrichteten Pauschalgebühr nur im Ausgangsverfahren anerkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, der daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des vom Beschwerdeführer gestellten Begehrens.

Wien, am 28. September 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997160228.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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