TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/28 2000/09/0072

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Veröffentlicht am 28.09.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs2;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §51g Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des G M in K, vertreten durch Dr. Inge Margreiter, Rechtsanwältin in 6230 Brixlegg, Herrenhausplatz 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 15. September 1998, Zl. 1998/2/6-4, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass der Beschwerdeführer das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 3. Februar 1998, mit dem über ihn eine Geldstrafe von S 15.000,-- verhängt wurde, mit Berufung bekämpft hat. In diesem Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe in der Zeit vom 18.02.1996 bis Ende 1996 eine namentlich genannte bosnische Staatsangehörige in seinem Betrieb als Reinigungskraft beschäftigt, ohne dass für diese Arbeitnehmerin eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine Entsendebewilligung ausgestellt worden sei; er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m.

§ 3 Abs. 1 AuslBG begangen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. September 1998 wies die belangte Behörde die gegen dieses Straferkenntnis gerichtete Berufung des Beschwerdeführers nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers gemäss § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 51c und 51e VStG ab und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass der Tatzeitraum auf 26.2.1996 bis 31.10.1996 eingeschränkt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom 28. Februar 2000, B 2377/98-8, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, in der nach auftragsgemäßer Ergänzung Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, ohne Vorliegen eines entsprechenden Tatbildes sowie ohne Setzung einer fristgerechten ersten Verfolgungshandlung seitens der zuständigen Behörde nicht wegen einer Verwaltungsübertretung gemäss § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz bestraft zu werden, verletzt. Er hält den angefochtenen Bescheid deshalb für rechtswidrig, weil die belangte Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt und ihrem Bescheid lediglich die - verlesenen - Angaben der betroffenen Ausländerin und des eingeschrittenen Organs des Arbeitsinspektorats zu Grunde gelegt habe, hingegen von der beantragten Einvernahme des der Berufungsverhandlung entschuldigterweise ferngebliebenen Beschwerdeführers abgesehen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 51 f Abs. 2 VStG hindert es weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses, wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist. Im Beschwerdefall war der Beschwerdeführer bei der Berufungsverhandlung durch seinen rechtsanwaltlichen Vertreter vertreten, sein rechtliches Gehör war dadurch gewahrt. Er macht daher mit seinen Beschwerdeausführungen auch nicht die Verletzung seines Rechtes auf Parteiengehör geltend, sondern behauptet, infolge seiner - entschuldigten - Abwesenheit daran gehindert gewesen zu sein, seine Darstellung der entscheidungswesentlichen Umstände als Beweismittel einzubringen. In diesem Sinne macht er die Unvollständigkeit der durchgeführten Ermittlungen und eine allenfalls antizipierende Beweiswürdigung durch die belangte Behörde geltend, die im Rahmen der - wenn auch eingeschränkten - Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes aufzugreifen gewesen wäre.

Die Beweiswürdigung ist - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung sagt - ein Denkprozess, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen, das heißt in einem mängelfreien Verfahren ermittelt worden ist. Liegt eine unvollständige Sachverhaltsermittlung vor, kann dies eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften bedeuten. Wird aber von einem Beschwerdeführer die Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet, so hat er in diesem Sinne auch deren Wesentlichkeit darzutun, nämlich zumindest zu behaupten, dass im Falle der Beachtung der verletzten Vorschrift ein für ihn günstigerer Bescheid erlassen worden wäre. Die Behauptungen der Partei stecken das Thema ab, zu welchem die zur Verfügung stehenden Beweismittel von der Behörde zu erheben sind. Bringt eine Partei nichts Ausreichendes vor, kann der Behörde die Unterlassung weiterer Erhebungen nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Im Beschwerdefall hat sich der Beschwerdeführer sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch vor der belangten Behörde auf eine grundsätzliche Bestreitung der Angaben der betroffenen Ausländerin mit Hinweis auf den Geschäftsgang, den Zeitraum der Verpachtung und die Schließungszeiten des Lokales beschränkt, welche Umstände in der durch die belangte Behörde ohnedies vorgenommenen Korrektur des Tatzeitraumes ihren Niederschlag gefunden haben. Welche zusätzlichen Angaben er bei einer persönlichen Vernehmung hätte machen können, legt er hingegen in der Beschwerde nicht dar. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den von der belangten Behörde zur Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen im Einzelnen gar nicht auseinander, seine bloße Behauptung, es gebe keine Beweismittel dafür, dass er die genannte Ausländerin in dem oben erwähnten, bereits eingeschränkten Zeitraum beschäftigt habe, ist im Hinblick auf deren Angaben nicht nur unrichtig, sondern reicht auch nicht aus, die Überlegungen der belangten Behörde als unschlüssig oder mit den Denkgesetzen in Widerspruch stehend erscheinen zu lassen.

In Hinblick darauf, dass die betroffene Ausländerin sich im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung infolge des über sie verhängten Aufenthaltsverbotes nicht mehr im Bundesgebiet aufhielt, war auch die Verlesung ihrer vor dem Arbeitsinspektorat gemachten Angaben im Sinne des § 51g Abs. 3 VStG nicht rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid auch insofern, als in seinem Fall Verfolgungsverjährung deswegen eingetreten sei, weil in dem ihm am 23.10.1997 zugestellten Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein die Tatzeit ("1995 und 1996 - über zwei Jahre hinweg") nicht ausreichend konkretisiert worden sei, sodass dieser nicht als "erste Verfolgungshandlung" im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG angesehen werden könne. Die erste Verfolgungshandlung sei erst mit der Vernehmung des Beschwerdeführers am 4.11.1997 gesetzt worden, somit erst nach Ablauf der einjährigen Verjährungsfrist. Aus keiner der gegen den Beschwerdeführer gesetzten Verfolgungshandlungen ließe sich ableiten, dass der Beschwerdeführer tatsächlich die Ausländerin unzulässigerweise beschäftigt habe.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 AuslBG beträgt die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 leg. cit. ein Jahr.

§ 31 Abs. 2 zweiter Satz des im Übrigen auch in Verwaltungsstrafsachen nach dem AuslBG anzuwendenden VStG normiert, dass diese Frist von dem Zeitpunkt zu berechnen ist, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat (nach dem Inhalt der Anzeige im Gegenstandsfalle also Ende 1996).

Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. in dieser Hinsicht etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. April 1992, Zl. 91/09//0199, und vom 18. Oktober 1996, Zl. 95/09/0073) muss die dem Beschuldigten vorgeworfenen Tat unverwechselbar konkretisiert sein, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren. In diesem Sinne gelten nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, wobei eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung unterbricht, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1987, VwSlg. 12.375/A). Dabei besteht allerdings noch keine Notwendigkeit, dem Beschuldigten darüber hinaus die rechtliche Subsumtion der ihm angelasteten Übertretung in einer dem § 44a lit. b VStG entsprechenden Weise zur Kenntnis zu bringen (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. April 1987, Zl. 87/18/0029, ähnlich auch das hg. Erkenntnis vom 12. November 1999, Zl. 97/09/0249). Ebenso wenig hindert es die Einschränkung des letztlich in das Straferkenntnis aufgenommenen Tatzeitraumes zugunsten des Beschuldigten auf Grund der aufgenommenen Beweise.

In dem dem Beschwerdeführer am 23. Oktober 1997 zugestellten Ladungsbescheid war der Beschäftigungszeitraum mit "1995 bis 1996 - über 2 Jahre hinweg" angegeben worden. Damit erfolgte in Hinblick auf die angegebenen weiteren Spezifika (Name und Geburtstag der betroffenen Ausländerin, Ort der Beschäftigung und Arbeitszeiten) eine Konkretisierung der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tat, die diesen in die Lage versetzte, seine Rechtsverteidigung zu führen. Dass er tatsächlich in einem Irrtum über die ihm angelastete Tat befangen oder diese mit einer anderen ihm vorgeworfenen Tathandlung verwechselbar gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer im Übrigen nie behauptet.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. September 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000090072.X00

Im RIS seit

23.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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