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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Asylantrags und Ausweisung des Beschwerdeführers nach Pakistan mangels hinreichender Ermittlungen zu den behaupteten FolterungenRechtssatz
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei im Iran zehn Tage lang angehalten und gefoltert worden, meint der AsylGH, die Ausführungen seien sehr allgemein gehalten gewesen und ließen jene Detailgenauigkeit vermissen. Der Beschwerdeführer habe die angeblichen Ereignisse auch nicht "lebensnah" schildern können. Überdies habe er massive Folterhandlungen beschrieben, die nach Ansicht des AsylGH jedenfalls lang andauernde Verletzungsfolgen nach sich ziehen würden. Der Beschwerdeführer habe jedoch außer einer Narbe und Schmerzen in der Dauer von ca 20 Tagen keine weiteren Verletzungen beschrieben, weshalb sich die Folterbehauptung auch aus diesem Grund als nicht den Tatsachen entsprechend darstelle.
Damit hat der AsylGH das Vorbringen des Beschwerdeführers in einem entscheidungswesentlichen Punkt einer Wertung zugeführt, für die ihm jedoch die notwendige medizinische bzw psychologische Fachkompetenz fehlt. Die Beurteilung möglicher psychischer Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers auf Grund der behaupteten Folterungen, die zu einer Abweichung von "im Allgemeinen" zu erwartenden Verhaltensmustern und Ausdrucksweisen führen, bzw die Beurteilung möglicher physischer Folgen, die die behaupteten Folterhandlungen langfristig nach sich ziehen können, erfordern ein besonderes Fachwissen, über das die Mitglieder des entscheidenden Senates nicht verfügen dürften, weshalb entsprechende Gutachten durch Sachverständige der jeweiligen medizinischen Fachgebiete zur physischen bzw. psychischen Verfassung des Beschwerdeführers einzuholen gewesen wären.
Im Übrigen verabsäumt es der AsylGH festzustellen, ob der Beschwerdeführer den Iran rechtmäßig oder unrechtmäßig verlassen hat. Vor diesem Hintergrund hat er sich auch mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Festnahme im Jahr 2002 nicht hinreichend auseinander gesetzt. Hält es der AsylGH nämlich nicht für ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer bei den iranischen Behörden bereits aktenkundig wurde, ist seine Annahme, dieser Vorfall sei mangels zeitlichem Konnex zur Ausreise nicht geeignet, etwas an der Entscheidung zu ändern, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 09.03.2010, Fall R C, Appl 41827/07, Rz 56, vgl dazu VfSlg 19140/2010; Urteil vom 15.05.2012, Fall S F, Appl 52077/10) nicht haltbar.
Schlagworte
Asylrecht, Ausweisung, Bescheidbegründung, ErmittlungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:U443.2013Zuletzt aktualisiert am
29.08.2014