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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und im Recht auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung durch Abweisung des Asylantrags und Ausweisung des in der Türkei strafrechtlich verurteilten Beschwerdeführers mangels Anfertigung einer verständlichen Übersetzung des ergangenen StrafurteilsRechtssatz
Der AsylGH hat in seiner Entscheidung im ersten Rechtsgang die Aufhebung des Bescheides des BAA ua darauf gestützt, dass das gegenüber dem Beschwerdeführer ergangene strafgerichtliche Urteil (ua wegen Mitgliedschaft bei der terroristischen Organisation DHKP-C) "kaum nachvollziehbar" übersetzt worden sei. Daher sei nicht hinreichend klar, welcher Vorwürfe der Beschwerdeführer konkret beschuldigt und welcher er letztlich für schuldig befunden wurde. Weder das BAA noch der AsylGH haben aber im fortgesetzten Verfahren eine nachvollziehbare Übersetzung des Urteils anfertigen lassen. Damit hat der AsylGH nicht nur die (ihn selbst, das BAA und auch den VfGH treffende) Bindungswirkung der tragenden Gründe einer auf §66 Abs2 AVG gestützten aufhebenden Entscheidung missachtet. Er hat auch eine Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt unterlassen: Im Falle der Behauptung einer asylrelevanten Verfolgung durch die staatliche Strafjustiz ist im Rahmen der Prüfung nach §3 und §8 AsylG 2005 zu klären, ob rechtsstaatlich legitime strafrechtliche Verfolgung ("prosecution") vorliegt oder es sich um eine Verfolgung handelt, die ihre Motivation in den in §3 AsylG 2005 genannten Gründen findet oder eine Verletzung in den Rechten nach Art2 oder Art3 EMRK bedeutet ("persecution"). Dabei kommt es entscheidend auf die angewendeten Rechtsvorschriften, aber auch die tatsächlichen Umstände ihrer Anwendung sowie die Verhältnismäßigkeit der verhängten Strafe an. Eine verständliche Übersetzung eines bereits ergangenen Strafurteils bildet somit eine wesentliche Sachverhaltsgrundlage für die Beurteilung der zentralen Fragen des Asylverfahrens.
Darüber hinaus hat der AsylGH aber auch jede Auseinandersetzung mit der Frage unterlassen, warum er die Voraussetzungen des §41 Abs7 AsylG 2005 für das Absehen von einer (vom Beschwerdeführer beantragten) mündlichen Verhandlung als gegeben erachtete, obwohl der Sachverhalt offenkundig - insbesondere im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer in der (zweiten) Beschwerde an den AsylGH angebotenen Länderberichte zur Situation der Strafrechtspflege in der Türkei, die von den Feststellungen des BAA abweichen - nicht als geklärt angesehen werden kann.
Schlagworte
Asylrecht, Ausweisung, Ermittlungsverfahren, Bindung (der Verwaltungsbehörden an Bescheide), Bindung (der Gerichte), Verhandlung mündliche, EU-RechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:U433.2013Zuletzt aktualisiert am
26.08.2014