RS Vfgh 2014/6/16 G82/2013

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Veröffentlicht am 16.06.2014
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Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
Patientenverfügungs-G §1, §4, §5, §6, §7, §8, §9, §14
VfGG §62 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Patientenverfügungs-Gesetzes betreffend Formerfordernisse für die Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung teils mangels positiver und konkreter Bezeichnung der aufzuhebenden Wortfolgen, teils als zu eng gefasst; Unzulässigkeit auch des Eventualantrags auf Aufhebung des gesamten Gesetzes

Rechtssatz

Der zweite und der dritte Teil des Antrags, mit denen Elemente des §6 Abs1 und des §9 Patientenverfügungs-G - PatVG angefochten werden, erweisen sich als unzulässig, da sie das Erfordernis der genauen Bezeichnung der aufzuhebenden Bestimmungen nicht erfüllen.

Es wäre die Aufgabe des Antragstellers gewesen, die aufzuhebenden Wortfolgen positiv und konkret zu bezeichnen.

Der zweite und der dritte Teil des Antrags geben die angefochtenen Bestimmungen in der nach einer etwaigen Aufhebung bereinigten Fassung wieder. Dies entspricht nicht der vom VfGH für zulässig erachteten Art und Weise der Formulierung des Antrags. Es ist nicht Aufgabe des VfGH, eine bestimmte vom Antragsteller gewünschte Rechtslage herzustellen, da die antragsgemäße Aufhebung hier einem dem VfGH verwehrten Akt positiver Normsetzung gleichkäme.

Unzulässigkeit auch des ersten Teils des Antrags auf Aufhebung des §4 zweiter Satz, §5, §6 Abs2 und §7 PatVG zur Gänze.

Es schadet im Hinblick auf die Zulässigkeit des Antrags nicht, wenn §14 PatVG (ärztliche Dokumentation), der auf §5 verweist, seinen Anwendungsbereich verliert.

Auch der Umstand, dass der - nicht angefochtene - §1 Abs2 PatVG (Unterscheidung zwischen einer verbindlichen und einer beachtlichen Patientenverfügung) im Fall der Aufhebung im Rechtsbestand verbliebe, lässt den ersten Teil des Antrags nicht deshalb als zu eng gefasst erscheinen, weil diese Bestimmung eine gänzlich andere Bedeutung erhielte. Nach Aufhebung der im ersten Teil des Antrags angefochtenen Bestimmungen bliebe die Unterscheidung in eine verbindliche und in eine beachtliche Patientenverfügung aufrecht; lediglich die Unterschiede zwischen beiden würden im Falle der Aufhebung geringer werden.

Der erste Teil des Antrags erweist sich jedoch aus einem anderen Grund als zu eng gefasst. Angesichts der vom Antragsteller vorgetragenen Bedenken wäre Voraussetzung der Zulässigkeit zumindest die konkrete Anfechtung jener Wortfolgen in §6 Abs1 PatVG gewesen, welche die Errichtung durch einen Rechtsanwalt oder dgl vorsehen.

Ein Antrag auf gleichzeitige Aufhebung dieser Wortfolgen ist zwar mit dem zweiten Teil des Antrags intendiert, dieser erweist sich jedoch aus den oben dargestellten Gründen als unzulässig.

Unzulässigkeit auch des Eventualantrags auf Aufhebung des gesamten PatVG

Da nicht alle Bestimmungen des PatVG in die Rechtssphäre des Antragstellers aktuell und unmittelbar eingreifen, käme eine Aufhebung des gesamten Gesetzes nur bei einem untrennbaren Zusammenhang aller Bestimmungen des Gesetzes in Betracht, der dazu führt, dass auch Bestimmungen aufgehoben werden können, von denen der Antragsteller nicht aktuell und unmittelbar betroffen wäre. Ein untrennbarer Zusammenhang liegt jedoch nicht schon deshalb vor, weil - wie hier - im Falle der Aufhebung des §4 zweiter Satz, §5, §6 Abs2 und §7 PatVG zur Gänze, der Aufhebung von Teilen des ersten Absatzes von §6 leg cit und von Teilen des zweiten Satzes von §9 leg cit einzelne Bestimmungen des PatVG unanwendbar würden.

Da ein untrennbarer Zusammenhang der übrigen Bestimmungen des PatVG mit den in die Rechtssphäre des Antragstellers aktuell und unmittelbar eingreifenden Bestimmungen nicht vorliegt und Bedenken gegen die übrigen Bestimmungen des PatVG zudem nicht vorgebracht wurden, ist auch der Eventualantrag als unzulässig zurückzuweisen.

Entscheidungstexte

  • G82/2013
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 16.06.2014 G82/2013

Schlagworte

Gesundheitswesen, Patientenverfügung, VfGH / Individualantrag, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Bedenken

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:G82.2013

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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