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L8000 RaumordnungNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung einer Flächenwidmungsplanänderung der Gemeinde Hörbranz betreffend die Umwidmung von Grundstücken im Europaschutzgebiet "Leiblach"; keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung angesichts bloß unerheblicher Umweltauswirkungen; ausreichende Grundlagenforschung und Interessenabwägung; jedoch gesetzwidrige Kundmachung mangels einer den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung tragenden PlandarstellungRechtssatz
Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Hörbranz idF der 76. Änderung vom 02.05.2012, soweit er sich auf die von der 76. Änderung erfassten Flächen bezieht.
Zulässigkeit des Antrags der Landesvolksanwältin von Vorarlberg; hinreichend bestimmte und präzise Umschreibung, welchen Rechtsvorschriften die angefochtene Verordnung widersprechen soll und worin die Bedenken im Einzelnen liegen.
Der VfGH geht, dem Erläuterungsbericht zum Entwurf des Flächenwidmungsplanes und den von der Gemeinde Hörbranz eingeholten Sachverständigengutachten (zu den Themen Wasserwirtschaft, Natur- und Landschaftsschutz, Lufthygiene, Fischereibiologie, Limnologie und Medizin) folgend, davon aus, dass durch die mit der angefochtenen Verordnung vorgenommenen Flächenwidmungsänderungen keine erheblichen Umweltauswirkungen auf das Europaschutzgebiet Leiblach zu erwarten waren. Eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach §21a Abs1 iVm §10a Abs1 litb Vlbg RaumplanungsG 1996 (RPG) bestand - auch in richtlinienkonformer Auslegung dieser Bestimmung - somit nicht (vgl zu Art3 Abs2 litb SUP-Richtlinie und dem dortigen Verweis auf die Richtlinie 92/43/EWG EuGH 21.06.2012, C-177/11, Symvoulio tis Epikrateias - Griechenland).
Eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestand angesichts der bloß unerheblichen Umweltauswirkungen auch nicht nach einer anderen Bestimmung des Raumplanungsgesetzes in Durchführung der SUP-Richtlinie (vgl §21a iVm §10a Abs3 RPG bzw Art3 Abs4 und Abs5 SUP-Richtlinie).
Der VfGH hat in diesem Zusammenhang auch nicht zu prüfen, inwiefern Instandhaltungsarbeiten an einem zu errichtenden Radweg Einfluss auf das Ökosystem der Leiblach haben könnten, weil mit der Änderung des Flächenwidmungsplanes weder über ein konkretes Bauprojekt noch über dessen Instandhaltungsmaßnahmen entschieden wurde. Ob der konzipierte Radweg bei Hochwasser befahrbar bzw im Winter räumbar ist, spielt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Flächenwidmungsplanes keine Rolle.
Angesichts des Umstandes, dass mit der vorliegenden Flächenwidmungsplanänderung die Nutzung eines bislang mangelhaft erschlossenen, stillgelegten Zollamtes als Autobahnraststätte ermöglicht werden sollte und angesichts der von der Gemeinde Hörbranz zu den Umweltauswirkungen der geplanten Flächenwidmungsänderung angestellten, umfassenden Grundlagenforschung erweist sich der - pauschale - Vorwurf der Landesvolksanwältin, dass keine ausreichende Grundlagenerhebung stattgefunden habe, als unberechtigt.
Der errechneten Summe der umgewidmeten Flächen kommt weder im kundgemachten Verordnungstext noch im Genehmigungsbescheid der Vorarlberger Landesregierung (in seiner berichtigten Fassung) rechtliche Bedeutung zu. Ein bloßer Rechenfehler bei der Summierung der Gesamtflächen lässt keinen Zweifel am Inhalt der Verordnung aufkommen.
Weiters stellt es keinen Kundmachungsmangel dar, wenn im gemäß §21 Abs1 RPG aufgelegten Entwurf des Flächenwidmungsplanes keine Tabelle mit der Angabe der einzelnen Grundstücksnummern enthalten war, zumal eine solche Darstellung im aufgelegten Entwurf im konkreten Fall nicht rechtserheblich war.
Die Gemeindevertretung stimmte am 02.05.2012 über den vorliegenden Verordnungstext inklusive der angeschlossenen Planbeilagen ab; aus dem Verordnungstext geht die Einbeziehung des GSt Nr 573 eindeutig hervor. Ob diese Grundstücksnummer in der Formulierung des Tagesordnungspunktes der Gemeindevertretungssitzung enthalten war, ist für den Inhalt der Beschlussfassung hingegen nicht rechtserheblich.
Die Gemeinde Hörbranz hat sich im Rahmen des Verordnungserlassungsverfahrens umfassend mit der Ausgangslage auseinandergesetzt. Zu den durch die Flächenwidmungsplanänderungen zu erwartenden Auswirkungen auf Mensch und Umwelt wurden zahlreiche Sachverständigengutachten eingeholt und letztlich im Erläuterungsbericht die Abwägung all dieser Faktoren dargestellt. Eine solcherart vorgenommene Interessenabwägung ist unter dem Blickwinkel des §3 RPG nicht zu beanstanden.
Angesichts des Umstandes, dass den Mitgliedern der Gemeindevertretung die eingelangten Stellungnahmen bereits vorab zugänglich waren, ist eine Einladung zur Gemeindevertretungssitzung neun Tage vor Abhaltung der Sitzung über die Beschlussfassung nicht als unverhältnismäßig kurz zu erkennen. Eine Verletzung des §21 Abs3 RPG liegt daher nicht vor.
Jedoch gesetzwidrige Kundmachung mangels einer den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung tragenden planlichen Darstellung.
Auf welche planliche Darstellung sich die Kundmachung bezieht, lässt sich weder der Kundmachung selbst noch dem von der Gemeinde Hörbranz vorgelegten Verwaltungsakt zweifelsfrei entnehmen.
In den beiden im Verwaltungsakt befindlichen Plandarstellungen im Maßstab 1:3000 und 1:2000, welche möglicherweise der Kundmachung angeschlossen waren, sind keine lesbaren Grundstücksnummern enthalten, sodass die jeweiligen Flächenwidmungen nicht klar bestimmten Grundstücken zugeordnet werden können. Die Plandarstellungen enthalten auch keine Legende der Widmungsarten und lassen nicht klar erkennen, woran sich die in den Plandarstellungen gezogenen Widmungsgrenzen orientieren. Zudem sind nach §1 der Verordnung der Vlbg Landesregierung über die Form der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne, LGBl 50/1996 idF LGBl 49/2011, Flächenwidmungspläne auf Grundlage der Katastralmappe im Maßstab 1:5000 für das gesamte Gemeindegebiet zu erstellen sind. Die Kundmachung eines Flächenwidmungsplanes in einem anderen als dem in der eben zitierten Verordnungsbestimmung angeführten Maßstab führt daher unweigerlich zur Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplanes.
Damit lassen diese Plandarstellungen - sofern es sich überhaupt um jene handelt, auf welche die Kundmachung verweist - nicht mit der aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlichen Präzision erkennen, welche Teilflächen welcher Grundstücke mit welchen Festlegungen mit der angefochtenen Verordnung umgewidmet wurden.
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Umweltschutz, Umweltverträglichkeitsprüfung, EU-Recht Richtlinie, Verordnungserlassung, Planungsakte Verfahren, Verordnung Kundmachung, RechtsstaatsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:V70.2013Zuletzt aktualisiert am
30.07.2015