TE Vwgh Erkenntnis 2014/6/26 2010/16/0296

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Veröffentlicht am 26.06.2014
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Index

20/02 Familienrecht;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

EheG §55a Abs2;
GrEStG 1987 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §7 Z1;
GrEStG 1987 §8 Abs1;
GrEStG 1987 §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr in 4020 Linz, Bahnhofplatz 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 13. Dezember 2010, Zl. RV/0630-L/07, betreffend Grunderwerbsteuer (mitbeteiligte Partei: EK in E), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte und seine damalige Ehefrau schlossen am 15. Dezember 2006 einen als "Scheidungsvergleich" bezeichneten Vertrag in Form eines Notariatsaktes, dessen maßgebliche Punkte (auszugsweise) lauten:

"Sechstens: Die Vertragsparteien sind auf Grund des Übergabsvertrages vom ersten Dezember zweitausend, 01.12.2000, je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft im Grundbuch des Bezirksgerichtes S Einlagezahl X mit Grundstücken im Gesamtausmaß von derzeit 30 ha 78 a 18 m2.

Siebentens: Frau RK übergibt hiemit und Herr EK übernimmt hiemit den der Ersteren gehörigen im vorstehenden Vertragspunkt näher beschriebenen Hälfteanteil der Liegenschaft ... samt dem darauf errichteten landwirtschaftlichen Anwesen samt allem was mit diesem Liegenschaftsanteil erd-, mauer-, niet- oder nagelfest verbunden ist oder sonst ein tatsächliches oder rechtliches Zubehör zu demselben bildet sowie mit dem gesamten

lebenden und toten landwirtschaftlichen Inventar .... Ausdrücklich

mitübergeben und mitübernommen wird der Traktor Marke Fiat ....

Achtens: Als Ausgleichszahlung für die vorstehend angeführte Liegenschaftsübergabe verpflichtet sich Herr EK seiner Ehegattin Frau RK einen baren Geldbetrag in der Höhe von insgesamt EUR 140.000,--, in Worten: Euro einhundertvierzigtausend, auszubezahlen. ...

Neuntens: Ob der Liegenschaft ... haftet in C-

Laufnummer neun a auf Grund des Übergabsvertrages vom 01.12.2000 das Pfandrecht für die Pflichtteilsforderung des Herrn KK, geboren am einundzwanzigsten Juli eintausendneunhundertsechzig, 21.07.1960, in der Höhe von S 100.000,-- ... aus. Die diesem Pfandrecht zugrunde liegende Pflichtteilsforderung ist derzeit noch offen und verpflichtet sich hiemit Herr EK den auf Frau RK entfallenden Hälftebetrag dieser Pflichtteilsforderung inklusive Wertsicherung, das sind somit EUR 4.043,52 ... in seine alleinige Haftungs- und Verzinsungspflicht zu übernehmen und Frau RK hinsichtlich der Bezahlung dieser Forderung vollkommen schad- und klaglos zu halten.

E und RK sind weiters je zur Hälfte solidarische Darlehensnehmer zu Konto Nummer ..., welches Darlehen derzeit mit einem Betrag von EUR 3.955,08 ..., aushaftet.

EK verpflichtet sich hiemit weiters, den auf Frau RK entfallenden Hälftebetrag zu dem vorbezeichneten Darlehen ebenfalls in seine alleinige Zahlungs- und Verzinsungspflicht zu übernehmen und Frau RK hinsichtlich der Bezahlung allfälliger Forderungen aus diesem Darlehen vollkommen schad- und klaglos zu halten.

Herr EK übernimmt somit als Ausgleichsbetrag für die

Übernahme der Liegenschaftshälfte ... eine Gesamtverpflichtung in

der Höhe von EUR 146.021,06 ... in seine alleinige Zahlungs- und Verzinsungspflicht.

Zehntens: Ob der gegenständlichen Liegenschaft ... sind nachstehende Auszugsrechte einverleibt und zwar ....

     a) Auf Grund des Übergabevertrages vom ... 12.11.1973 ...

     b) Auf Grund des Übergabevertrages vom 01.12.2000 ... die

Dienstbarkeit des Wohnrechts und ... die Reallast des Ausgedinges

je für die Übergeber RuK, ... und MK ...

...

Gemäß den beiden Grunderwerbsteuerbescheiden je vom ... 09.10.2001, wurde dieses Wohnungsrecht beziehungsweise andere nicht in Geld bestehende Nutzungen und Leistungen (Kapitalwert gemäß ... § 16, Bewertungsgesetz) mit einem Gesamtbetrag von S 366.000,--, ... das entspricht EUR 26.598,26 ... bewertet.

Herr EK verpflichtet sich nunmehr weiters die vorbezeichneten Auszugsrechte seiner Großmutter und seiner Eltern ebensfalls in seine alleinige Duldungs- und Haftungspflicht zu übernehmen und Frau K diesbezüglich vollkommen schad- und klaglos zu halten.

     Vierzehntens: Die Übergabe und Übernahme der

Liegenschaftshälfte ... erfolgt mit dem Tag der rechtswirksamen

Scheidung der Ehegatten E und RK, sodass von diesem Tage

angefangen Gefahr und Zufall sowie Last und Vorteil allesamt auf

Herrn EK alleine übergegangen sind. Festgehalten wird, dass

Frau RK bis jetzt alleinige Betriebsführerin des vorbezeichneten

landwirtschaftlichen Betriebes ... ist. Mit Rechtswirksamkeit der

gegenständlichen Ehescheidung ... geht das gesamte Wirtschafts-

und Nutzungsrecht am landwirtschaftlichen Betrieb ... an den

alleinigen Eigentümer EK über und ist dieser alleiniger Betriebsführer des landwirtschaftlichen Betriebes.

Fünfzehntens: Dieser Scheidungsvergleich tritt mit Unterfertigung in Rechtskraft."

Mit Beschluss des Bezirksgerichts vom 22. Dezember 2006 wurde die Ehe des Mitbeteiligten und seiner Ehefrau mit der Wirkung geschieden, dass sie mit Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses aufgelöst ist. Für den Fall der rechtskräftigten Scheidung wurde eine Vereinbarung geschlossen, wie sie bereits im oben wiedergegebenen Notariatsakt vom 15. Dezember 2006 enthalten war.

Mit Bescheid vom 8. März 2007 schrieb das beschwerdeführende Finanzamt dem Mitbeteiligten für die Übertragung des land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes, bei dem es sich nicht um eheliches Gebrauchsvermögen handle, ausgehend von der Gegenleistung in Höhe von EUR 199.230,34 (Ausgleichszahlung, anteilige Verbindlichkeiten, Wohnrechte und Ausgedinge) gemäß § 7 Z 3 GrEStG 1987 Grunderwerbsteuer in der Höhe von EUR 6.973,06 vor.

Mit einem weiteren Bescheid vom 8. März 2007 schrieb das beschwerdeführende Finanzamt dem Mitbeteiligten für die Übertragung des sonstig bebauten Grundstückes ausgehend von der Gegenleistung im Wert von EUR 6.557,78 gemäß § 7 Z 2 GrEStG 1987 Grunderwerbsteuer in der Höhe von EUR 131,16 vor.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung wandte sich der Mitbeteiligte sowohl gegen die der Abgabenberechnung zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage als auch gegen den vom Finanzamt angewendeten Steuersatz. Da es sich bei dem Notariatsakt vom 15. Dezember 2006, der die rechtliche Grundlage für die beiden Grunderwerbsteuerbescheide vom 8. März 2007 bilde, um einen Vertrag über einen Liegenschaftserwerb zwischen dem Mitbeteiligten und seiner Ehefrau in aufrechter Ehe handle, sei ausschließlich der ermäßigte Steuersatz gemäß § 7 Z 1 GrEStG 1987 von 2 % anzuwenden. Darüber hinaus hätten die halben Werte für Ausgedinge und Wohnrecht beim Erhalt des Hälfteanteils am Bauernhof für die nunmehr vom Hof weichende Ehefrau laut Übergabevertrag vom 1. Dezember 2000 umgerechnet EUR 13.299,-- betragen. Der Anstieg dieses Wertes im Grunderwerbsteuerbescheid vom 8. März 2007 auf EUR 59.767,-- sei für bäuerliche Verhältnisse nicht nachvollziehbar.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 16. April 2007 setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer für die Übertragung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens mit EUR 5.275,90 fest. Begründend führte es aus, gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 EheG unterlägen Sachen, die zu einem Unternehmen gehörten, nicht der Aufteilung. Dies gelte auch für land- und forstwirtschaftliches Vermögen. Die Gegenleistung, die sich nach der Berufung auf EUR 155.707,23 belaufe, sei - da im gegenständlichen Fall zwei wirtschaftliche Einheiten erworben worden seien - im Verhältnis der Verkehrswerte aufzuteilen. Der Verkehrswert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sei mit dem 20fachen Einheitswert, der des übersteigenden Wohnungswertes mit dem 10fachen Einheitswert geschätzt worden. Da die Fahrnisse und Vorräte im land- und forstwirtschaftlichen Vermögen miterfasst seien, sei eine Aufteilung der Gegenleistung auf diese nicht zulässig. Die im Notariatsakt vereinbarte Übertragung der Liegenschaft sei erst mit Eintritt der Rechtskraft der Scheidung wirksam, weshalb im Lichte des § 8 Abs. 2 GrEStG nicht von einem Erwerb eines Grundstückes vom Ehegatten auszugehen sei.

Mit einer weiteren Berufungsvorentscheidung vom 16. April 2007 setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer für den das land- und forstwirtschaftliche Vermögen übersteigenden Wohnungswert mit EUR 99,34 fest.

In seinem Vorlageantrag vom 18. Mai 2007 führte der Mitbeteiligte ergänzend aus, die Aufhebung der im Jahr 2000 geschlossenen Ehepakte und die Liegenschaftsübertragung sei unabhängig vom Zustandekommen der bevorstehenden Scheidung vereinbart worden. Wäre die Ehescheidung nicht erfolgt, so bliebe der zwischenzeitig vom Hof gewichenen Bäuerin iSd Punkt 14 des Notariatsaktes nur die Bewirtschaftung des Bauerngutes erhalten. Schließlich könne die Feststellung des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung, dass eine Aufteilung der Gegenleistung auf nicht grunderwerbsteuerpflichtige Vermögensteile und die grunderwerbsteuerpflichtige Liegenschaft nicht möglich sei, nicht nachvollzogen werden.

In der mündlichen Verhandlung brachte der Vertreter des Finanzamtes u. a. vor, die Bewertung des Ausgedinges als Teil der Gegenleistung, wie sie im "Erstbescheid" (gemeint wohl: der Bescheid des Finanzamtes vom 8. März 2007) vorgenommen worden sei, sei korrekt gewesen. In der Berufungsvorentscheidung (vom 16. April 2007) sei der Wertansatz, wie er in der Berufung verwendet worden sei, übernommen worden. Richtig sei aber die ursprüngliche Bewertung des Finanzamtes (mit Bescheid vom 8. März 2007).

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Bescheid, mit welchem Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR 131,16 festgesetzt wurde, auf und änderte den Bescheid, mit welchem Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR 6.973,06 festgesetzt wurde, insofern ab, als die Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Z 1 GrEStG mit 2 % von der Gegenleistung in Höhe von EUR 155.707,06 mit (gerundet gemäß § 204 BAO) EUR 3.114,15 festgesetzt werde. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Steuerschuld entstehe gemäß § 8 GrEStG sobald ein steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht sei. Sie entstehe jedoch erst mit dem Eintritt der Bedingung, wenn die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung abhängig sei. Unter Punkt 15 des Scheidungsvergleiches vom 15. Dezember 2006 sei lediglich festgelegt worden, dass dieser Scheidungsvergleich mit dessen Unterfertigung in Rechtskraft erwachse, eine Bedingung, wie in etwa "für den Fall der Scheidung" sei dem Vertrag jedoch nicht zu entnehmen. Es sei daher eine Vermögensübertragung zwischen Ehegatten vorgelegen, die dem Steuersatz nach § 7 Z 1 GrEStG unterliege. Die Übernahme der Liegenschaft und Übertragung des Bewirtschaftungsrechtes mit dem Tag der Scheidung (vgl. Punkt 14 des Scheidungsvergleiches) bzw. der Rechtswirksamkeit der Ehescheidung seien Ausführungsgeschäfte, die auf das Entstehen der Steuerschuld keinen Einfluss hätten. Hinsichtlich der Bewertung der Wohn- und Ausgedingerechte sei dem Berufungsvorbringen, wonach deren Werte bereits im Übergabsvertrag vom 1. Dezember 2000 mit insgesamt ATS 366.000,-- angesetzt worden seien, zu folgen. Eine neue Bewertung dieser Rechte habe nicht stattzufinden, weil eine Neubegründung solcher Rechte nicht stattgefunden habe. Der Ansatz der Berufungsvorentscheidung sei daher gerechtfertigt (dieser Wert entspreche etwa 72 % des Wertes laut Übergabsvertrag vom 1. Dezember 2000).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, in welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Stellungnahme, in der sie beantragte, die Amtsbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Der Grunderwerbsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 - GrEStG, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

Die Steuer ist gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Zur Gegenleistung gehören gem. § 5 Abs. 2 Z 2 GrEStG Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten.

Die Steuer beträgt beim Erwerb von Grundstücken durch den Ehegatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers gemäß § 7 Z 1 GrEStG (in der Stammfassung) und durch einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten bei Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse anlässlich der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe gemäß § 7 Z 2 GrEStG 2 v.H..

Gemäß § 7 Z 3 GrEStG beträgt die Steuer beim Erwerb von Grundstücken durch andere Personen 3,5 v.H.

Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist. Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG jedoch erst mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

Nach § 55a Abs. 2 EheG darf die Ehe nur geschieden werden, wenn die Ehegatten eine schriftliche Vereinbarung über den hauptsächlichen Aufenthalt der Kinder oder die Obsorge, die Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr und die Unterhaltspflicht hinsichtlich ihrer gemeinsamen Kinder sowie ihre unterhaltsrechtlichen Beziehungen und die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander für den Fall der Scheidung dem Gericht unterbreiten oder vor Gericht schließen.

Nach § 81 Abs. 1 EheG unterliegen der Aufteilung nicht Sachen, die dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten allein oder der Ausübung seines Berufes dienen (Z 2) oder zu einem Unternehmen gehören (Z 3).

Das beschwerdeführende Finanzamt wendet sich zunächst gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Bewertung eines Teiles der Gegenleistung, nämlich der vom Mitbeteiligten übernommenen anteiligen Pfandrechte und Reallasten. Die belangte Behörde habe zu Unrecht eine eigene Bewertung unterlassen und jene Werte herangezogen, wie sie bei der Übernahme dieser Pfandrechte und Reallasten von der Abgabenbehörde im Jahr 2000 ermittelt worden seien. Aufgrund der zwischenzeitigen Änderungen der Bewertungsvorschriften durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, könne dieser Wert aber nicht mehr herangezogen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Bewertung der Gegenleistung grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/16/0120). Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt, dass der Wert der übernommenen Schuld nicht höher sein dürfe als der (theoretische) Wert, der (abzüglich "anteiliger Verbrauch dieses Rechtes") 2006 noch bestanden habe, so mag sich dies in bestimmten Fällen als eine praktikable Vorgehensweise erweisen. Im Beschwerdefall weist das beschwerdeführende Finanzamt jedoch zu Recht darauf hin, dass seit dem Budgetbegleitgesetz 2003 gänzlich andere Regelungen zur Ermittlung von Kapitalwerten lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen anzuwenden sind. Die belangte Behörde hätte daher jedenfalls eine eigene Bewertung der übernommenen Lasten unter Anwendung der zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld geltenden Bestimmungen vornehmen müssen.

Die Beschwerde wendet sich auch gegen die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes mit dem Vorbringen, zum Zeitpunkt des Erwerbs des Hälfteanteils durch den Mitbeteiligten sei dieser nicht mehr als Ehegatte anzusehen gewesen. Darüber hinaus habe der land- und forstwirtschaftliche Betrieb nicht zum ehelichen Gebrauchsvermögen gezählt, sodass auch aus diesem Grund der ermäßigte Steuersatz nicht hätte zur Anwendung gelangen dürfen.

Die Parteien des beschwerdegegenständlichen "Scheidungsvergleichs" haben in dessen Punkt "Vierzehntens" vereinbart, dass die Übergabe und Übernahme der Liegenschaftshälfte "mit dem Tag der rechtswirksamen Scheidung der Ehegatten" erfolgen soll. Diese das Verfügungsgeschäft betreffende Bedingung schlägt auf das Verpflichtungsgeschäft (der in Rede stehende "Scheidungsvergleich") durch (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 2010, 2010/16/0060).

Somit ist die Verwirklichung des Tatbestandes des § 1 Abs. 1 Z 1 GrESt mit der Rechtskraft der Scheidung aufschiebend bedingt (§ 8 Abs. 2 GrEStG). Es entstand die Steuerschuld erst mit dem Eintritt dieser Bedingung. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Ehe aber nicht mehr, sodass kein Erwerb eines Grundstückes durch den Ehegatten nach § 7 Z 1 GrEStG vorlag (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 23. November 2006, 2006/16/0017, aber auch die bereits zu § 14 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1955 ergangenen hg. Erkenntnisse vom 25. November 1971, Zl. 1957/71, und vom 7. Jänner 1971, Zl. 1207/70).

§ 7 Z 2 GrEStG (in der Fassung vor dem Schenkungsmeldegesetz 2008) sieht die Anwendung des begünstigten Steuersatzes bei Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse anlässlich der Scheidung vor.

Da es sich bei dem Hälfteanteil am vormals von der damaligen Ehefrau des Mitbeteiligten bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb "L" unstrittig um ein Unternehmen handelt, wird dies nicht von der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens umfasst, sodass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 7 Z 2 GrEStG nicht in Frage kommt (vgl. Fellner, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, Rz 21 zu § 7, mwN).

Darüber hinaus enthält der angefochtene Bescheid keine Begründung, welche die Aufhebung des Bescheides, mit dem die Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR 131,16 festgesetzt wurde, zu tragen vermag.

Indem die Behörde es bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage unterlassen hat, die im Erwerbszeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften anzuwenden, und überdies zu Unrecht einen ermäßigten Steuersatz angewendet hat, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Wegen der Prävalenz der inhaltlichen Rechtswidrigkeit gegenüber jener der Verletzung von Verfahrensvorschriften (aufgrund des genannten Begründungsmangels) war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 26. Juni 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2010160296.X00

Im RIS seit

07.08.2014

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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