TE Vfgh Beschluss 2014/6/6 V64/2012

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Veröffentlicht am 06.06.2014
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Index

L6550 Fischerei

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z3
BodenseefischereiV der Vlbg Landesregierung, LGBl 32/1982 §22 Abs3, §29

Leitsatz

Unzulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung einer Verordnungsbestimmung über Beschränkungen der Sportfischerei am Bregenzer Seeufer infolge Zumutbarkeit der Beantragung einer Ausnahmebewilligung

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag und Vorverfahren

1. Gestützt auf Art139 Abs1 Z3 B-VG, begehrt der Antragsteller mit näherer Begründung, die Verordnung der Landesregierung des Landes Vorarlberg über eine Änderung der Verordnung der Landesregierung über die Ausübung der Fischerei am Bodensee, LGBl 30/2011, als gesetzwidrig aufzuheben. Durch die angefochtene Verordnung wurde §22 Abs3 in die Verordnung der Landesregierung über die Ausübung der Fischerei am Bodensee, LGBl 32/1982 in der damaligen Fassung LGBl 74/2010, eingefügt.

2. Diesem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2.1. Dem Antragsteller steht ein dinglich gesichertes Fischereirecht auf Liegenschaften im öffentlichen Gut am Bodensee zu. Das Fischereirecht des Antragstellers erstreckt sich räumlich von der Mündung der Bregenzer Ache bis zur Mündung der Laiblach. Durch die angefochtene Verordnung wird die Ausübung der Fischerei örtlich und zeitlich beschränkt. Das Fischereirecht steht dem Antragsteller auch für Bereiche zu, für die die angefochtene Verordnung – festgelegt durch eine zeichnerische Darstellung – Fischereibeschränkungen vorsieht.

2.2. Der Antragsteller behauptet, die Verordnung greife in sein Fischereirecht unmittelbar und aktuell ein, ohne dass es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedürfe. Für den Fall des Zuwiderhandelns gegen die verfügten Fischereibeschränkungen müsse er gemäß §20 Abs3 iVm §20 Abs1 liti des Gesetzes über die Bodenseefischerei, LGBl 1/2002 idF 44/2013, mit der Verhängung einer Verwaltungsstrafe rechnen. Es stehe ihm kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, seine Bedenken gegen die Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Die Antragslegitimation wie die weiteren Prozessvoraussetzungen seien daher gegeben.

3. Die Landesregierung erstattete eine Äußerung und beantragt, den Antrag abzuweisen.

4. Der Antragsteller erstattete eine Replik, in der er seine Bedenken bekräftigte.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtene Verordnungsbestimmung ist hervorgehoben):

1. Die Verordnung der Landesregierung über die Ausübung der Fischerei am Bodensee, LGBl 32/1982 idF 59/2013 (im Folgenden Bodensee-Fischerei-VO), lautet auszugsweise:

"§22

Fischereizeiten

(1) Das Setzen und Heben der Fanggeräte für die Berufsfischerei sowie die Ausübung der Sportfischerei sind von einer Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang erlaubt. Maßgeblich sind die Sonnenaufgangs- und Sonnenuntergangszeiten, die von der Wetterwarte Konstanz herausgegeben werden. Vom 1. September bis zum 15. Oktober gilt für das Setzen und Heben der Fanggeräte der Berufsfischerei die Zeitangabe des Sonnenaufganges vom 1. September.

(2) Der Aalfang vom Ufer aus ist bis 1.00 Uhr gestattet.

(3) Abweichend von der zeitlichen Beschränkung des Abs1 ist im Gemeindegebiet von Bregenz die Ausübung der Sportfischerei vom Ufer aus in den in der zeichnerischen Darstellung des Amtes der Landesregierung vom 20.05.2011, Zl. Va-3310, ausgewiesenen Abschnitten des Uferbereiches vom Fischerhafen (Bilgeribach) bis zum Wocherhafen*) in der Zeit vom 1. Juni bis 30. September von 10:00 Uhr bis 20:00 Uhr verboten.

[In einer Fußnote ist angeführt:]

*) Die zeichnerische Darstellung (im Maßstab 1:5.000) liegt im Amt der Landesregierung, in der Bezirkshauptmannschaft Bregenz sowie im Amt der Landeshauptstadt Bregenz während der Amtsstunden zur allgemeinen Einsicht auf.

[…]

§29

Ausnahmen

Für Zwecke der künstlichen Fischzucht, für wissenschaftliche Zwecke oder aus sonstigen besonders wichtigen Gründen kann die Behörde durch schriftlichen Bescheid Ausnahmen von den Bestimmungen dieser Verordnung bewilligen."

2. Das Gesetz über die Bodenseefischerei (Bodenseefischereigesetz), LGBl 1/2002 idF 44/2013, lautet auszugsweise:

"§3

Berechtigung, Art der Ausübung

(2) Die Fischerei ist so auszuüben, dass das Leben und die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet, den Grundsätzen des Tierschutzes und den fischereikundlichen Erkenntnissen entsprochen, ein wertvoller und artenreicher Bestand an Fischen einschließlich ihrer Lebensgrundlagen erhalten und die sonst im und am Bodensee lebende Tierwelt nicht mehr als notwendig beeinträchtigt wird.

[…]

§4

Besondere fischereipolizeiliche Vorschriften

(1) Die Landesregierung hat zur Durchführung der Bestimmungen des §3 Abs2 durch Verordnung nähere Vorschriften zu erlassen über

a)              die Art, Beschaffenheit und Verwendung der Fischereigeräte, insbesondere über die zeitliche Beschränkung oder das Verbot von Fangarten und der Verwendung von Fischereigeräten sowie über Ausmaß, Maschenweite und Fadenstärke der Netze;

b)              die Ausübung der Fischerei zur Vermeidung gegenseitiger Störungen der Fischer;

c)              die Kennzeichnung der Fischereigeräte;

d)              die mengenmäßige Beschränkung der Fänge der Berufs- und Sportfischer;

e)              die Schonzeiten für die einzelnen Fischarten einschließlich des Verbotes oder der Beschränkung der Fischerei während der Schonzeiten;

f)              die Mindestmaße der Fische sowie die Behandlung untermaßiger oder während der Schonzeit gefangener Fische und des Beifanges;

g)              den Schutz der Fischlaichplätze, des Fischlaichs, der Fischbrut und des Winterlagers der Fische, die Festsetzung von Schongebieten und die Art des Laichfischfanges;

h)              die Fischereiruhezeiten;

i)              den Einsatz von Fischen (Jungfischen, Setzlingen, Brut), insbesondere über Art, Zeit und Menge des Einsatzes einzelner Fischarten;

j)              die Bekanntgabe der Fangergebnisse und der Fischeinsätze;

k)              die Beseitigung von Fischereiabfällen.

[…]

§20

Strafbestimmungen

(1) Eine Übertretung begeht, wer

[…]

i) den in Verordnungen und Entscheidungen, welche aufgrund dieses Gesetzes erlassen werden, enthaltenen Geboten und Verboten zuwiderhandelt.

(2) […]

(3) Übertretungen gemäß Abs1 lit[…] i sind von der Bezirkshauptmannschaft mit einer Geldstrafe bis zu 2.000 Euro zu bestrafen."

III. Erwägungen

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 Z3 B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 Z3 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).

2. Anders als im Fall des Vorerkenntnisses VfSlg 19.207/2010 steht dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung offen, um Rechtsschutz gegen die als gesetzwidrig gerügte Verordnung zu erlangen: Gemäß §29 Bodensee-Fischerei-VO kann die Behörde unter anderem "aus […] besonders wichtigen Gründen […] durch schriftlichen Bescheid Ausnahmen von den Bestimmungen dieser Verordnung bewilligen." Auch betreffend die durch den Antragsteller als gesetzwidrig gerügte Bestimmung des §22 Abs3 Bodensee-Fischerei-VO kann eine solche Ausnahme beantragt werden. Dem Antragsteller ist es zumutbar, einen solchen Antrag auf Ausnahme von den Beschränkungen des §22 Abs3 Bodensee-Fischerei-VO zu stellen, um im Versagungsfall – nach Erschöpfung des Instanzenzuges – die Gesetzwidrigkeit dieser Bestimmung in einem Verfahren gemäß Art144 B-VG zu rügen.

Der Antrag erweist sich daher als unzulässig.

IV. Ergebnis

1. Der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Fischerei

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:V64.2012

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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