TE Vwgh Erkenntnis 2014/6/26 2013/10/0225

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Veröffentlicht am 26.06.2014
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Index

L92107 Behindertenhilfe Rehabilitation Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
RehabilitationsG Tir 1983 §20 Abs2;
RehabilitationsG Tir 1983 §20;
RehabilitationsG Tir 1983 §3 Abs1 litd;
RehabilitationsG Tir 1983 §3 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des M S in V, vertreten durch Mag.rer.soc.oec. DDr. Ruth Hörtnagl, Rechtsanwalt in 6166 Fulpmes, Michael Pfurtscheller-Weg 19, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. September 2013, Zl. Va-455-54678/1/18, betreffend Kostenbeitrag für Rehabilitationsmaßnahmen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Vorschreibung eines Kostenbeitrages aus gebundenem Vermögen (Spruchpunkt III. des Bescheides der Behörde erster Instanz) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Im übrigen Umfang wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Reutte (die Behörde erster Instanz) hat mit Bescheid vom 25. März 2013 den Kostenbeitrag des Beschwerdeführers für die ganztägige Betreuung im Wohnheim des Vereins T. gemäß § 20 Tiroler Rehabilitationsgesetz, LGBl. Nr. 58/1983 (TRG), wie folgt festgesetzt:

Aus dem laufenden Einkommen einen monatlichen Beitrag von EUR 1.365,-- für den Zeitraum von 1. Dezember 2012 bis 31. Dezember 2013 (Spruchpunkt I.);

aus "ungebundenem Vermögen" einen einmaligen Beitrag von EUR 24.908,74 sowie den Einbehalt einer Überzahlung von EUR 1.604,84 für den Zeitraum von 1. Mai 2010 bis 31. August 2013 (Spruchpunkt II.);

aus "gebundenem Vermögen" einen einmaligen Kostenbeitrag aus dem Liegenschaftsvermögen in der Höhe von EUR 195.100,-- für den Zeitraum von 1. Mai 2010 bis 31. August 2013. Dazu wurde ausgesprochen, dass die Forderung zu jenem Zeitpunkt fällig werde, in dem die Liegenschaften einer anderen Person ins Eigentum übertragen würden, und die Rehabilitationsmaßnahmen nur dann weiter gewährt würden, wenn der Kostenbeitrag in der Höhe von EUR 195.100,-- auf den im Einzelnen angeführten Liegenschaften des Beschwerdeführers grundbücherlich sichergestellt werde (Spruchpunkt III.).

Mit dem angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. September 2013 wurde die dagegen gerichtete Berufung als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Juli 1999 die Kostenübernahme für die Beschäftigungs- und Arbeitstherapie in der Wohngemeinschaft des Vereins T. gewährt worden. Im Spruch dieses Bescheides sei ausgeführt worden, dass über den zu leistenden Kostenbeitrag zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werde.

Über Anfrage der belangten Behörde habe der Sachwalter im Februar 2008 bekannt gegeben, dass der Beschwerdeführer über einen Geldbetrag von EUR 8.607,-- verfüge und Eigentümer einer Grundparzelle in der Katastralgemeinde L. im Ausmaß von 844 m2 sei. Daraufhin habe die Behörde mit Schreiben vom 20. Februar 2008 mitgeteilt, dass vorerst kein einmaliger Kostenbeitrag vorgeschrieben werde.

Über behördliche Nachfrage habe der Sachwalter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 30. Dezember 2010 gemeldet, dass sich die Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers auf Grund einer Erbschaft von Liegenschaften verändert hätten. Der Beschwerdeführer habe je einen Drittelanteil der Liegenschaften EZ 300 und EZ 807, Grundbuch B., je einen Drittelanteil der Liegenschaften EZ 265 und EZ 964, Grundbuch L., sowie einen Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 1527, Grundbuch R., geerbt, weiters sei er nach wie vor Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 689, Grundbuch L.

Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 8. Juni 2011 sei der Beschwerdeführer gemäß § 20 TRG verpflichtet worden, einen monatlichen Kostenbeitrag in der Höhe von EUR 1.357,-- für den Zeitraum von 1. Jänner 2011 bis 31. Dezember 2013 zu leisten. Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides sei die Vorschreibung eines weiteren Kostenbeitrages aus Vermögen vorbehalten worden.

Nach den eingeholten Verkehrswertgutachten der Gruppe Bau und Technik des Amtes der Tiroler Landesregierung betrage der Verkehrswert des gesamten Liegenschaftsvermögens des Beschwerdeführers insgesamt EUR 195.100,--.

Im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde auf die einzelnen Argumente der Berufung ein. Davon sei Folgendes hervorgehoben:

Die Neufestsetzung des monatlichen Beitrages aus laufendem Einkommen ab 1. Dezember 2012 sei auf Grund einer entsprechenden Erhöhung des Pensionseinkommens des Beschwerdeführers erforderlich gewesen. Auf Grund dieser Änderung der Verhältnisse stehe die Rechtskraft des Bescheides vom 8. Juni 2011, mit dem der monatliche Beitrag niedriger festgesetzt worden sei, der Erhöhung nicht entgegen. Einer Vorschreibung eines Kostenbeitrages aus dem Vermögen stehe dieser Bescheid schon deshalb nicht entgegen, weil die Vorschreibung eines derartigen Beitrages ausdrücklich vorbehalten worden sei.

Zum Berufungsvorbringen, dass die von der Behörde bekannt gegebenen Nettokosten für die dem Beschwerdeführer gewährten Betreuungsmaßnahmen im Zeitraum von Mai 2010 bis Dezember 2012 in der Höhe von insgesamt EUR 221.613,65 "vermutlich falsch" seien, sei auf die - im Akt erliegenden - vollständigen Aufzeichnungen über die Höhe der Nettokosten des Landes Tirol sowie über sämtliche Einzahlungen des Beschwerdeführers verwiesen. Diese Aufstellungen seien dem Sachwalter des Beschwerdeführers übermittelt worden. Insgesamt seien vom Land Tirol für den Zeitraum von 1. Mai 2010 bis 31. August 2013 EUR 280.169,65 für die Rehabilitationsmaßnahmen für den Beschwerdeführer aufgewendet worden.

Durch die gegenständliche Vorschreibung von Kostenbeiträgen werde das Vermögen des Beschwerdeführers bis auf einen Betrag von EUR 10.000,-- (Schonvermögen) abgeschöpft. Entgegen dem Beschwerdevorbringen sei diese Vorgangsweise durch § 20 TRG gedeckt. Die Erfahrung zeige, dass der Freibetrag von EUR 10.000,--

für die finanzielle Absicherung eines Menschen mit Behinderung, der eine 24- Stunden-Betreuung mit Unterkunft und Verpflegung in Anspruch nehme, ausreiche.

Entgegen den Ausführungen des Sachwalters sei es zulässig, auch jenen Teil des Vermögens, der aus den frei zu bleibenden Anteilen des Pflegegeldes und des Pensionseinkommens gebildet worden sei, bei der Berechnung des zu leistenden Kostenbeitrages zu berücksichtigen.

Die bloße Behauptung, dass der Wert der Liegenschaften zu hoch geschätzt worden sei, vermöge keine Zweifel an der Richtigkeit der eingeholten Verkehrswertgutachten zu erwecken.

Gemäß § 3 Abs. 1 TRG sei Voraussetzung für die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen u.a. die Rehabilitationswilligkeit des Behinderten. Die Rehabilitationswilligkeit umfasse auch die Bereitschaft zur Leistung eines angemessenen Kostenbeitrages gemäß § 20 TRG. Die mangelnde Zahlungsbereitschaft oder die Weigerung der Sicherstellung einer rechtskräftig festgesetzten Kostenbeitragsvorschreibung sei als mangelnde Bereitschaft zur Mitwirkung und somit als Rehabilitationsunwilligkeit zu werten. Der Ausspruch, dass die Leistung nur dann weiter gewährt werde, wenn der Kostenbeitrag aus Liegenschaftsvermögen grundbücherlich sichergestellt werde, sei daher zu Recht ergangen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Rehabilitationsgesetzes, LGBl. Nr. 58/1983, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 13/2013 (TRG), haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 3

Anspruch

(1) Voraussetzung für die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen ist, dass der Behinderte

...

d) rehabilitationswillig ist,

...

(3) Der Behinderte ist rehabilitationswillig, wenn er oder sein gesetzlicher Vertreter bereit ist, bei der Durchführung der Rehabilitationsmaßnahmen entsprechend mitzuwirken.

...

§ 20

Kostenbeitrag

(1) Der Behinderte hat entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, die gesetzlich unterhaltspflichtigen Personen haben im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht dem Land zu den Kosten

...

c) der Beschäftigungs- und Arbeitstherapie (Ergotherapie),

...

einen Beitrag zu leisten. ...

(2) Würde das Ausmaß des Kostenbeitrages die Kosten der Rehabilitationsmaßnahme erreichen, so darf diese nicht gewährt werden.

(3) Von der Einhebung eines Kostenbeitrages kann insoweit abgesehen werden, als dessen Einhebung den Erfolg der Rehabilitationsmaßnahme gefährden oder dem Ziel der Rehabilitationsmaßnahme widersprechen würde."

Zunächst ist auf das Beschwerdevorbringen einzugehen, dem Beschwerdeführer sei keine detaillierte Aufstellung der für ihn aufgewendeten Kosten übermittelt worden, weshalb sein Sachwalter die Höhe der Aufwendungen nicht überprüfen habe können:

Dem Beschwerdeführer wird unstrittig seit 1999 eine ganzjährige stationäre 24-Stunden-Betreuung mit voller Verpflegung gewährt. Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer schon bei Gewährung dieser Maßnahme ein Pflegegeld der Stufe 5 bezog und diese Leistung noch immer bezieht. Im Entlassungsbericht vom 11. Dezember 1998 des Krankenhauses Reutte, in dem sich der Beschwerdeführer vor seiner Unterbringung aufgehalten hat, wird zum Betreuungsbedarf u. a. ausgeführt, dass der Beschwerdeführer inkontinent sei und seine Körperpflege (insbesondere das tägliche Baden) zur Gänze vom Pflegepersonal übernommen werden müsse, wobei die Arbeit etwa durch die Angst des Beschwerdeführers vor Elektrogeräten und vor der Benützung des Lifts, durch seine Abneigung gegen das Waschen der Haare und die Angewohnheit, bei verschiedenen Gelegenheiten auszuspucken, erschwert werde. Überdies bestehe nach Auskunft des Betreuers die Gefahr von Aggression und Autoaggression.

Im Akt befindet sich eine Aufstellung über alle Zahlungen, die vom Träger der Behindertenhilfe an den Verein T. bezahlt worden sind; ebenso eine Aufstellung über alle Beitragszahlungen des Beschwerdeführers. Mit Schreiben vom 6. Februar 2013 wurde dem Sachwalter entsprechend dem Inhalt dieser Aufzeichnungen mitgeteilt, dass im Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2012 für den Beschwerdeführer Zahlungen von EUR 221.613,65 an den Verein T. geleistet worden seien, denen Einnahmen von EUR 42.033,51 gegenüberstünden. Für den Zeitraum vom 1. Jänner 2013 bis 31. August 2013 beliefen sich diese Ausgaben auf EUR 58.556,-- die Einnahmen auf EUR 10.920,--.

In seiner Stellungnahme dazu hat der Sachwalter des Beschwerdeführers lediglich ausgeführt, dass die Höhe der Kosten "vermutlich falsch" sei. Seines Wissens würden die monatlichen Bruttozahlungen an den Verein T. lediglich etwa EUR 3.350,-- betragen. Dieses - in der Berufung wiederholte - Vorbringen hat die belangte Behörde in unbedenklicher Weise nicht zum Anlass genommen, die aktenkundige Aufstellung der geleisteten Aufwände in Zweifel zu ziehen, zumal die Höhe auf Grund des großen Betreuungsaufwandes für den Beschwerdeführer nicht von vornherein unplausibel erscheint. Der Beschwerdeführer vermag nicht darzutun, inwiefern er durch die Bekanntgabe einer detaillierten Aufstellung über die monatlichen Zahlungen des Trägers der Behindertenhilfe an den Verein T. in die Lage versetzt worden wäre, ein zielführendes Vorbringen gegen die Kostenhöhe zu erstatten. Somit gelingt es ihm nicht, die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels aufzuzeigen.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend macht, mit dem Bescheid der Behörde erster Instanz sei ihm ein Kostenbeitrag für erst künftig (bis Mai 2013) zu erbringende Leistungen vorgeschrieben worden, ist sein Vorbringen schon deshalb nicht zielführend, weil der angefochtene Bescheid - der an die Stelle des Bescheides der Behörde erster Instanz getreten ist - erst im September 2013 erlassen worden ist. Ebenso wenig vermag der Beschwerdeführer mit dem Hinweis, dass ihm zunächst mit Schreiben vom 7. November 2012 die Vorschreibung eines Kostenbeitrages für den Zeitraum ab November 2010 angekündigt worden und dieser Zeitraum dann mit Schreiben vom 6. Februar 2013 auf die Zeit ab Mai 2010 ausgeweitet worden sei, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass der Beschwerdeführer zu den Kosten der ihm gewährten Rehabilitationsmaßnahmen - die im Zeitraum von Mai 2010 bis August 2013 EUR 280.169,65 betragen haben - im Rahmen des § 20 TRG einen Kostenbeitrag zu leisten hat.

Zum Kostenbeitrag aus dem laufenden Einkommen (Spruchpunkt I. des Bescheides der Behörde erster Instanz):

Dazu bringt der Beschwerdeführer vor, dass die Vorschreibung des monatlichen Betrages von EUR 1.365,-- für den Zeitraum ab Dezember 2012 eine unzulässige Verschlechterung gegenüber dem Bescheid vom 8. Juni 2011, mit dem dieser Beitrag mit EUR 1.357,-- bis Ende 2013 festgelegt worden sei, darstelle.

Dem ist - mit der belangten Behörde - zu entgegnen, dass die Rechtskraft des Bescheides vom 8. Juni 2011 der Neufestsetzung des monatlichen Betrages auf Grund der wesentlichen Änderung der zu Grunde liegenden Verhältnisse durch die Erhöhung des Pensionseinkommens nicht entgegen steht.

Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen diesen Abspruch richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Zum Kostenbeitrag aus ungebundenem Vermögen (Spruchpunkt II. des Bescheides der Behörde erster Instanz):

Dazu bringt der Beschwerdeführer vor, bei seinem Geldvermögen handle es sich zum Teil um Ersparnisse aus den Anteilen des Pflegegeldes und der Pension, die ihm zur freien Verfügung verbleiben müssten.

Dem ist zu entgegnen, dass Ersparnisse unabhängig davon, aus welchen Quellen sie gebildet worden sind, für die Leistung eines Kostenbeitrages heranzuziehen sind (vgl. dazu die auch hier maßgebliche ständige hg. Judikatur zu den Sozialhilfegesetzen der Länder, etwa das Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2006/10/0060, mwH).

Daher war die Beschwerde auch soweit sie sich gegen diesen Spruchpunkt richtet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Zum Kostenersatz aus gebundenem Vermögen (Spruchpunkt III. des Bescheides der Behörde erster Instanz):

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, dass sein Eigentum an der Liegenschaft EZ 689, Grundbuch L., der Behörde bereits seit dem Jahr 2008 bekannt gewesen sei. Der Festsetzung des Kostenbeitrages aus Vermögen mit dem angefochtenen Bescheid stehe daher die Rechtskraft des Bescheides vom 8. Juni 2011, mit dem lediglich ein monatlicher Kostenbeitrag vorgeschrieben worden sei, entgegen.

Dem ist zu entgegnen, dass sich die Behörde im Bescheid vom 8. Juni 2011 ausdrücklich die gesonderte Vorschreibung eines Kostenbeitrages aus Vermögen vorbehalten und nicht etwa ausgesprochen hat, dass aus Vermögen kein Kostenbeitrag zu leisten ist. Der Umstand, dass die Behörde das ihr schon im Jahr 2008 bekannte Eigentum des Beschwerdeführers an einem Grundstück nicht schon damals zum Anlass der Vorschreibung eines Kostenbeitrages aus Vermögen genommen hat, steht der nunmehrigen Vorschreibung nicht entgegen.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, es bestehe keine Rechtsgrundlage für die nahezu gänzliche Abschöpfung seines Vermögens. Die Behörde habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob diese Vermögensabschöpfung mit den Zielen der dem Beschwerdeführer gewährten Rehabilitationsmaßnahme vereinbar sei. Die Vorschreibung eines derart großen Kostenbeitrages stelle einen Härtefall dar und gefährde den Unterhalt sowie die Zukunftsvorsorge des Beschwerdeführers, zumal dieser höhere Ausgaben habe als ein Durchschnittsbürger, etwa für unregelmäßig anfallende Therapien.

Dazu sei ausgeführt, dass der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch mit dem dargestellten Beschwerdevorbringen konkret behauptet hat, einen größeren Betrag als die ihm unstrittig verbleibenden EUR 10.000,-- zu benötigen, um den Erfolg der Rehabilitationsmaßnahme und seinen Unterhalt nicht zu gefährden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass dem Beschwerdeführer unstrittig eine ganzjährige stationäre 24- stündige Betreuung mit voller Verpflegung gewährt wird und er bisher die ihm verbleibenden Teile von Pension und Pflegegeld nicht zur Gänze verbraucht hat, weshalb daraus Ersparnisse gebildet wurden. Der Umstand, dass sich auf Grund des Wertes des Vermögens ein hoher Kostenbeitrag errechnet, stellt keinen Grund dar, von der Vorschreibung abzusehen.

Der Beschwerdeführer bringt auch vor, dass ihm die Gutachten betreffend den Wert seiner Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile nicht übermittelt worden seien. Es sei ihm nur der sich aus den Gutachten ergebende Schätzwert mitgeteilt worden. Dieser Wert sei deutlich überhöht, insbesondere sei bei der Liegenschaft EZ 689, Grundbuch L., die Randlage nicht berücksichtigt worden.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Dem Parteiengehör unterliegt der gesamte Inhalt eines Sachverständigengutachtens mit Befund, Hilfsbefund und Gutachten (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar (2005), Rz 28 zu § 45 und die dort zitierte hg. Judikatur).

Dem Sachwalter des Beschwerdeführers wurde mit den Schreiben der belangten Behörde vom 7. November 2012 und 6. Februar 2013 lediglich der sich aus den eingeholten Gutachten ergebende Verkehrswert der Liegenschaften mitgeteilt. In seiner Stellungnahme vom 13. März 2013 hat der Sachwalter dazu ausgeführt, dass der Wert der Liegenschaft EZ 689, Grundbuch L., um mehr als das Doppelte überhöht sei, weil es sich um eine Randlage außerhalb der Ortschaft handle. Auch alle anderen Grundstückswerte seien wesentlich zu hoch angesetzt worden. Es sei ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme vor Ort gegeben worden. Ein im Wesentlichen gleichlautendes Vorbringen hat der Sachwalter in der Berufung erstattet, wobei er zusätzlich vorgebracht hat, dass seine Stellungnahme vom 13. März 2013 von der Behörde erster Instanz nicht berücksichtigt worden sei. Eine Zustellung der Gutachten an den Sachwalter des Beschwerdeführers erfolgte weder durch die Behörde erster Instanz noch durch die belangte Behörde.

Damit blieb das Verfahren insofern mangelhaft, als dem Vertreter des Beschwerdeführers kein ausreichendes Parteiengehör zu den Gutachten betreffend den Verkehrswert der Liegenschaften eingeräumt worden ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wäre der Beschwerdeführer doch erst durch die ordnungsgemäße Einräumung von Parteiengehör zum Inhalt der Gutachten in die Lage versetzt worden, diesen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten.

Weiters wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Ausspruch, dass die Rehabilitationsmaßnahme nur weiter gewährt werde, wenn der aus gebundenem Vermögen zu leistende Kostenbeitrag auf seinen Liegenschaften grundbücherlich sichergestellt werde.

Dazu ist zunächst auszuführen, dass gegen die - von der Beschwerde nicht bekämpfte - behördliche Vorgangsweise, die Fälligkeit des Kostenbeitrages nicht - was nach § 20 TRG möglich wäre - innerhalb einer angemessenen Frist, sondern erst für den Zeitpunkt festzusetzen, an dem die Liegenschaften einer anderen Person ins Eigentum übertragen werden, und gleichzeitig die Einräumung eines Pfandrechts zur Sicherstellung dieser künftig fällig werdenden Forderung aufzutragen, grundsätzlich kein Einwand besteht. Es wäre auch möglich, die Fälligkeit nur unter der Bedingung hinauszuschieben, dass die Forderung entsprechend sichergestellt wird. Diesfalls könnten bei nicht fristgerechter Besicherung entsprechende Zwangsmaßnahmen eingeleitet werden.

Überdies sei darauf hingewiesen, dass für den Fall des Absehens von der Vorschreibung eines Kostenbeitrages für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen, das (Liegenschafts-)Vermögen des Beschwerdeführers zur Vorschreibung eines Kostenbeitrages für die künftig noch zu erbringenden Leistungen herangezogen werden könnte. Sollte dieser Kostenbeitrag - für einen bestimmten Zeitraum - die Kosten der Rehabilitationsmaßnahmen erreichen, so dürfte die Maßnahme gemäß § 20 Abs. 2 TRG - für diesen Zeitraum - nicht (weiter) gewährt werden (vgl. zu einem solchen Fall das hg. Erkenntnis vom 25. April 2014, Zl. 2011/10/0102). Diesfalls wäre der Beschwerdeführer durch die Weitergewährung der Maßnahme unter der Voraussetzung, dass die Ersatzforderung grundbücherlich sichergestellt wird, nicht schlechter gestellt.

Für die von der belangen Behörde gewählte Vorgangsweise, die weitere Gewährung der Leistung von der Besicherung eines künftig fällig werdenden Kostenbeitrages abhängig zu machen, bietet das Gesetz jedoch keine Grundlage. Die von § 3 Abs. 1 lit. d TRG als Voraussetzung für die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen normierte Rehabilitationswilligkeit umfasst nach der Definition des § 3 Abs. 3 leg. cit. die Bereitschaft des Behinderten und seines Sachwalters "bei der Durchführung der Rehabilitationsmaßnahmen entsprechend mitzuwirken". Es geht also um Handlungen bzw. Unterlassungen des Behinderten und seines Sachwalters im Zusammenhang mit der unmittelbaren Durchführung der Maßnahmen, die erforderlich sind, um eine zielführende Rehabilitation sicherzustellen. Bei der grundbücherlichen Sicherstellung einer künftig fällig werdenden Kostenbeitragsleistung handelt es sich jedoch entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht um eine solche Handlung.

Da die belangte Behörde daher die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid, soweit damit ein Kostenbeitrag aus gebundenem Vermögen entsprechend dem Spruchpunkt III. des Bescheides der Behörde erster Instanz festgelegt und die grundbücherliche Sicherstellung dieses Beitrages bei sonstiger Einstellung der Leistung angeordnet wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Juni 2014

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltBesondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013100225.X00

Im RIS seit

30.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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