TE Vwgh Erkenntnis 2014/6/26 2010/15/0186

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Veröffentlicht am 26.06.2014
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §22 Z1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Salzburg-Land in 5026 Salzburg-Aigen, Aignerstraße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 1. Oktober 2010, Zl. RV/0595-S/09, betreffend Einkommensteuer 2008 (mitbeteiligte Partei: A P in Obertrum, vertreten durch die G+S Steuerberatungs GmbH in 5110 O, Uferstraße 18), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Bei der Mitbeteiligten, die im Jahr 2008 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus der selbständig ausgeübten Tätigkeit als Sängerin erklärte, wurde eine Nachschau durchgeführt. Der Prüfer stellte fest, dass die Mitbeteiligte 2008 an einer Unterhaltungsshow teilgenommen und den Hauptpreis von 50.000 EUR gewonnen hatte. Er vertrat die Auffassung, dass der Gewinn unter den sonstigen Einkünften zu erfassen sei.

Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ einen Einkommensteuerbescheid 2008, in dem es - neben den erklärten Einkünften aus nichtselbständiger und selbständiger Arbeit - sonstige Einkünfte iSd § 29 Z 3 EStG 1988 von 50.000 EUR berücksichtigte.

Die Mitbeteiligte berief gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 und brachte in der Berufung vor, dass sie im August 2008 an einer Unterhaltungsshow teilgenommen habe. Sie habe sich gegenüber der für den TV-Sender X tätigen Y GmbH vertraglich zur Teilnahme an Sendeaufzeichnungen verpflichtet. Diese seien während eines Tages durchgeführt worden. Für die An- und Abreise habe sie keinen Kostenersatz und für die Sendeaufzeichnungen kein Entgelt erhalten. In der Sendung seien Musiktitel angespielt worden und sie habe fehlende Textteile ergänzt, wobei sich der Schwierigkeitsgrad von zwei fehlenden Worten auf bis zu vierzehn fehlenden Worten gesteigert habe. Für jede richtige Antwort habe sie ein mit 50.000 EUR begrenztes Guthaben aufbauen können. Sie habe über ausreichend musikalisches Allgemeinwissen verfügt und die fehlenden Textteile für den Gewinn der 50.000 EUR richtig beantwortet.

Aus dem Gesetzestext des § 29 Z 3 EStG 1988 sei eine Steuerpflicht für das Preisgeld nicht ableitbar. Nach den Einkommensteuerrichtlinien und der in Literatur und Judikatur vertretenen Auffassung seien Preise, die im Rahmen von Sendungen wie "Die Millionenshow" durch den Einsatz von Allgemeinwissen erzielt würden, nicht steuerbar. Als steuerbar und steuerpflichtig seien nur Preise anzusehen, die bei Sendungen wie "Starmania" oder "Dancing Stars" durch die Beurteilung einer Jury zuerkannt würden. Dabei werde im Ergebnis darauf abgestellt, "dass bei den steuerbaren Sendungen ergebnisunabhängige Entgelte (für Gewinner und Verlierer) bezahlt werden und auch mehrere Auftritte in zeitlicher Abfolge geleistet werden".

Die Mitbeteiligte sei von keiner Jury beurteilt worden und habe lediglich fehlende Textteile ergänzt. Die Teilnahme an der Sendung sei ihr erster Auftritt dieser Art gewesen. Eine Wiederholungsabsicht habe nicht bestanden. Die Mitbeteiligte sei nicht prominent und könne derartige Auftritte nicht zu persönlichen Werbezwecken nützen. Außerhalb der Sendung seien mit den Kandidaten keine Aufzeichnungen durchgeführt worden, die deren Bekanntheitsgrad wesentlich beeinflussen hätten können. Die Kandidaten hätten auch nicht an sonstigen Veranstaltungen oder Events teilnehmen müssen. Die Mitbeteiligte habe keine spezielle theoretische und praktische musikalische Ausbildung. Sie verfüge nur über umfassende musikalische Kenntnisse, die sie durch das Hobby Musik und das jahrelange Interesse an der Musik erworben habe. Dieses Allgemeinwissen habe sie im Rahmen der Sendung einsetzen können.

Nach Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz legte die Mitbeteiligte ihre Vereinbarung mit der Y GmbH vor, in der sie sich u.a. dazu verpflichtet hat, "nach vorheriger Absprache für Werbe- und Pressearbeit im Umfang von mindestens insgesamt 4 Tagen (im Ganzen oder aufgeteilt) unentgeltlich zur Verfügung" zu stehen und sich insbesondere bereitzuhalten, "um nach Ende der Aufzeichnungen auf Wunsch (der Y GmbH) oder (des TV-Senders X) fotografiert zu werden". Sie willigte zudem ein, "dass die Fotographien (von der Y GmbH) und (dem TV-Sender X) für eventuelle Presse- und Werbeaktivitäten, insbesondere im Printmedien und Onlinebereich, veröffentlicht, vervielfältigt und verbreitet werden".

Über Anfrage der belangten Behörde gab die Y GmbH zur Auswahl der Teilnehmer an der Unterhaltungsshow und zu den Spielregeln bekannt:

"ad 1. Casting:

Die Vorauswahl der Kandidaten erfolgte nach Textsicherheit (Allgemeinwissen) der Teilnehmer; richtiges Singen bzw. Intonieren oder sonstige Kriterien waren nicht ausschlaggebend. Die Teilnahme am Casting war unentgeltlich und stand jedem Österreicher offen. Für das Casting wurden per Presseaussendung auf der Homepage und in Karaokebars Teilnehmer gesucht (...).

ad 2 Gewinnmöglichkeit:

Nach den Spielregeln gab es mehrere Spielstufen, wobei der Schwierigkeitsgrad anstieg (...). Bis zur 4. Spielstufe verlor der Kandidat bei einer falschen Antwort seine gesamte bisherige Gewinnsumme. Es war somit möglich, dass ein Kandidat gänzlich leer ausging, jedoch war auch nach jeder Spielstufe ein Ausstieg möglich. Ab Absolvierung der 4. Spielstufe (Sicherheitsstufe) war eine bestimmte Gewinnsumme sicher. Nicht jeder Kandidat absolvierte die ersten 4 Spielrunden. Weitere Vergütungen (erfolgsunabhängiges Auftrittsgeld, Tagesgeld, etc.) wurden nicht bezahlt."

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und führte begründend hierzu aus, dass die Mitbeteiligte seit 2005 Umsätze als "Sängerin" erziele und das Musikgewerbe seit April 2008 hauptberuflich ausübe. Auf Grund der Subsidiarität der sonstigen Einkünfte iSd § 29 Z 3 EStG 1988 erhebe sich die Frage, ob das Preisgeld unter die Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu subsumieren sei. Dies scheide auf Grund der unterschiedlichen Natur der Tätigkeiten aus. Während im Rahmen der Tätigkeit als Musikerin die Qualität des Vortrages, die Interpretation der Musikstücke und somit die künstlerische Unterhaltung im Vordergrund stünden, sei für das Erzielen des in Rede stehenden Preisgeldes das richtige Ergänzen der Textpassagen und somit die Textsicherheit entscheidend.

Es bleibe somit zu prüfen, ob der streitgegenständliche Gewinn gemäß § 29 Z 3 EStG 1988 zu besteuern sei.

Im die Sendung "Quiz 21" betreffenden Erkenntnis vom 25. März 1963, 0182/62, VwSlg 2835/F, habe sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Gewinn aus der Teilnahme an einem Fernsehquiz der Einkommensteuer unterliege. Er habe ausgesprochen, dass eine Steuerpflicht nicht infrage komme, weil nur der Gewinner einen Geldpreis erhalte. Im Gewinn als solchem habe der Verwaltungsgerichtshof keinen Leistungsaustausch erkennen können. Eine Steuerpflicht könne jedoch - so der Verwaltungsgerichtshof - dann sachgerecht sein, wenn auch die Verlierer ein entsprechendes Honorar erhielten. Dieser Auffassung habe sich die Literatur zu einem aktuellen Ratequiz (Anm: "Die Millionenshow"), bei dem ebenfalls der Einsatz von Allgemeinwissen von Relevanz sei, angeschlossen (Hinweis auf Mekis, SWK 15/2005, A 499; sowie Doralt, EStG3, § 29 Tz 41). Die Verwaltungspraxis gehe unter Bezugnahme auf das zur vergleichbaren Rechtslage in Deutschland ergangene Urteil des BFH vom 28. November 2007, IX R 39/06, und der Reaktion des deutschen BMF auf das Urteil, von einem Leistungsaustausch aus, wenn der Produzent den Kandidaten einer Unterhaltungsdarbietung ein bestimmtes Verhaltensmuster vorgebe, die Kandidaten neben der Gewinnchance ein erfolgsunabhängiges Antritts-, Tagesgeld etc. erhielten, sich das Format nicht auf den einmaligen Auftritt eines Kandidaten beschränke und das Preisgeld den Charakter einer Entlohnung für eine Leistung habe (Hinweis auf Atzmüller/Hammerl/Herzog/Mayr, Highlights aus dem EStR-Wartungserlass 2008, RdW 2008/443, 478.

Beim "Quiz 21", der "Millionenshow" und der hier in Rede stehenden Unterhaltungsshow werde Allgemeinwissen abgefragt. Dass der Fragenpool bei den beiden erstgenannten Sendungen größer sei, könne für die Beurteilung nicht maßgeblich sein, weil gerade in der "Millionenshow" das Ergänzen von Liedtexten, Zitaten etc. nicht unüblich sei. Der Unterhaltungswert der hier in Rede stehenden Unterhaltungsshow sei auch nicht allein deswegen höher einzustufen, weil die zu ergänzenden Textteile gesungen würden, zumal Kriterien wie schönes Singen oder richtige Intonation laut Mitteilung der Y GmbH nicht ausschlaggebend seien. Da wie dort stünden nicht der Bildungscharakter, sondern die Einschaltquote bzw. die Unterhaltung des Publikums, im Vordergrund. Dies werde durch die Bezeichnung als "Show", die Auswahl der Fragen und die Gestaltung der Sendungen belegt. Bei keiner der Sendungen sei ein spezifisches Maß an Professionalität geboten, der Unterhaltungswert resultiere aus dem mehr oder weniger couragierten Auftreten der Teilnehmer vor der Kamera und der Art, wie sie ihre Persönlichkeit durch Wissen und Spontaneität einbrächten. Unterschiede, die es rechtfertigten, das Preisgeld für die in Rede stehende Unterhaltungsshow der "steuerbaren Kategorie der Preisgelder für die Teilnahme an Unterhaltungsdarbietungen zuzuordnen", bestünden nicht. Bei der verfahrensgegenständlichen Unterhaltungsshow handle es sich um ein Quiz, bei dem die Kandidaten nur ein Mal die Chance eines Auftrittes hätten. Bei den in den Einkommensteuerrichtlinien angeführten Unterhaltungsdarbietungen wie "Dancing Stars" und "Starmania" durchliefen die Kandidaten hingegen mehrere Folgen, wodurch diese beiden Sendungen eine weitere Voraussetzung erfüllten, die auf das Vorliegen eines Leistungsaustausches schließen lasse.

In Punkt 6. der von der Mitbeteiligten vorgelegten Mitwirkungsvereinbarung, sei explizit vereinbart, dass die Teilnehmer keine Vergütung erhielten. Auch die Y GmbH habe bestätigt, dass weder ein erfolgsabhängiges Auftrittsgeld noch Tagesgeld etc. bezahlt worden sei. Die in der Literatur (Hinweis auf Pülzl, ÖStZ 2005/288) vertretene Auffassung, dass die im Rahmen von Quizshows vereinnahmten Preisgelder als sonstige Einkünfte zu versteuern wären, stehe im Widerspruch zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1962, in dem der Gerichtshof hinsichtlich der Frage, ob unter dem Blickwinkel der Leistung des Preises für die richtige Beantwortung der gestellten Fragen eine Entgeltlichkeit des Vorganges anzunehmen wäre, u. a. ausgesprochen habe, dass weder der Zeitaufwand, der dem Spielteilnehmer erwachse, noch die Verwertung des Allgemeinwissens eine Entgeltlichkeitsbetrachtung gerechtfertigt erscheinen lasse (Hinweis auf Mekis, SWK 15/2005, A 499).

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 23 Z 1 EStG 1988 Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.

Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind nach § 22 Z 1 lit. a EStG 1988 u.a. Einkünfte aus einer künstlerischen Tätigkeit.

§ 29 Z 3 EStG 1988 in der Fassung des Euro-Steuerumstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 59/2001, lautet:

"§ 29 Sonstige Einkünfte sind nur:

3. Einkünfte aus Leistungen, wie insbesondere Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände, so weit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 6) noch zu den Einkünften im Sinne der Z 1, 2 oder 4 gehören. Solche Einkünfte sind nicht steuerpflichtig, wenn sie im Kalenderjahr höchstens 220 Euro betragen. Übersteigen die Werbungskosten die Einnahmen, so darf der übersteigende Betrag bei der Ermittlung des Einkommens nicht ausgeglichen werden (§ 2 Abs. 2)."

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass die Mitbeteiligte seit 2005 als Sängerin Einkünfte aus selbständiger Arbeit erziele. Sie sei seit 2008 hauptberuflich (selbständige) Musikerin.

Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde geprüft, ob das in Rede stehende Preisgeld im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit (als Sängerin) zu erfassen ist. Sie hat dies mit der Begründung verneint, dass bei der Tätigkeit als Sängerin die Qualität des Vortrages und die Interpretation der Musikstücke im Vordergrund stünden, während für das Erzielen des strittigen Preisgeldes das richtige Ergänzen der Textpassagen aus Liedern entscheidend gewesen ist.

Die belangte Behörde übersieht dabei, dass die Mitbeteiligte das Preisgeld im Rahmen einer im Fernsehen übertragenen Musiksendung, die im Übrigen von einem bekannten Künstler der Musikbranche (Sänger) moderiert worden ist, verdient hat. Bei dieser Musiksendung werden Lieder dargeboten, wobei die Kandidaten fehlende Teile von Liedtexten ergänzen. Für eine in der Lieddarbietung selbständig tätige Musikerin weist eine solche, auf Liedtexte ausgerichtete Tätigkeit einen unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer betrieblichen Tätigkeit auf. Zudem ist der Fernsehauftritt mit einem populären Sänger als Moderator den betrieblichen Zwecken der Mitbeteiligten als selbständige Sängerin unzweifelhaft förderlich.

Die belangte Behörde hat daher, indem sie den Zusammenhang der Tätigkeit und des erzielten Preisgeldes mit den betrieblichen Einkünften in Abrede gestellt hat, die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 26. Juni 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2010150186.X00

Im RIS seit

31.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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