Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger, die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer, Dr. N. Bachler und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenatds der Stadt Wien vom 1. März 2013, Zl MA 65- 1135/2012, betreffend Kostenvorschreibung nach § 89a StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 13. Februar 2012 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 89a Absatz 7 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) der Kostenersatz in Höhe von EUR 221,20 für das Entfernen eines nach dem Kennzeichen bezeichneten verkehrsbehindernden Kraftfahrzeuges von der Adresse Wien 18, Semperstraße 57, vorgenommen durch die Magistratsabteilung 68 am 7. Februar 2012 von 20:09 bis 20:37 Uhr, vorgeschrieben.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte aus, dass der PKW zwar an der angegeben Stelle geparkt und schließlich ortsverändert wurde, weil der PKW eine Remiseneinfahrt der Straßenbahn behindert habe. Jedoch treffe den Beschwerdeführer kein Verschulden, da an jenem Tag die Fahrbahn mit Schnee bedeckt gewesen sei und daher die Schienen der Straßenbahn nicht erkennbar gewesen seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs 4 AVG abgewiesen. Laut Feuerwehr-Einsatzbericht sei der verfahrensgegenständliche PKW auf Ersuchen der Sicherheitswache mittels zweier Transportroller insofern ortsverändert worden, als er um ca. 60 Grad Richtung Gehsteig gedreht wurde, um die Weiterfahrt der durch die Fahrzeugabstellung behinderten Straßenbahngarnitur zu ermöglichen. Im Rahmen des Berufungsverfahrens seien der Lenker der Straßenbahn sowie die Lenkerin des PKW und ihr Beifahrer einvernommen worden. Nach den im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Zeugen sei das Fahrzeug des Beschwerdeführers zumindest in der Zeitspanne zwischen 20:07 Uhr und 20:22 in Wien 18, Semperstraße 57, derart nahe an den Straßenbahnschienen abgestellt gewesen, dass ein Vorbeifahren der Straßenbahn erst nach Intervention der Feuerwehr möglich gewesen sei.
Zur Erkennbarkeit der Schienen hält die belangte Behörde fest, dass zum Abstellzeitpunkt die Fahrbahn mit Schnee bedeckt gewesen und die Schienen daher unkenntlich gewesen sein mögen. Auf die den Schienen zuzuordnende elektrische Oberleitung treffe die Unkenntlichkeit aufgrund der Witterung jedoch nicht zu. Es sei einem geprüften Fahrzeuglenker unter Annahme der nötigen Sorgfalt zumutbar, Straßenbahnoberleitungen zu erkennen. Dies sei im Regelfall durch einen einzigen Blick feststellbar und bedürfe keiner wie immer gearteten "Untersuchung". Es liege auf der Hand, dass parallel zum Straßenverlauf führende Oberleitungen für die Straßenbahn bestimmt seien. Des Weiteren habe nichts für einen eventuell nicht mehr aufrechten Straßenbahnbetrieb gesprochen. Ein Lenker habe sein Fahrzeug zum Halten und Parken unter Bedachtnahme auf die beste Ausnützung des vorhandenen Platzes so aufzustellen, dass kein Straßenbenützer gefährdet und kein Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder am Wegfahren gehindert werde. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei es daher aufgrund dieses gesetzlichen Halte- und Parkverbotes nicht erforderlich gewesen, ein "beschildertes Parkverbot" zu verordnen und kundzumachen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, diesen kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 89a StVO 1960 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl I Nr 52/2005 lautet - auszugsweise - wie folgt:
"(1) (...)
(2) Wird durch einen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig oder nicht betriebsfähig sein, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt, so hat die Behörde die Entfernung des Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen. Die Entfernung ist ferner ohne weiteres Verfahren zu veranlassen. (...)
(2a) Eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des Abs. 2 ist insbesondere gegeben,
a) wenn Schienenfahrzeuge nicht unbehindert fahren können,
(...)
(3) Im Falle der Unaufschiebbarkeit sind auch die Organe der Straßenaufsicht, des Straßenerhalters, der Feuerwehr oder eines Kraftfahrlinien- oder Eisenbahnunternehmens berechtigt, unter den im Abs. 2 genannten Voraussetzungen die dort bezeichneten Gegenstände zu entfernen oder entfernen zu lassen. Dies gilt insbesondere auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für unaufschiebbare Verkehrsbeschränkungen nach § 44b Abs. 1.
(...)
(7) Das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes erfolgt auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß Abs. 5 festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer mit Bescheid vorzuschreiben. Ist der Gegenstand widerrechtlich entzogen worden, so sind die Kosten demjenigen vorzuschreiben, der den Gegenstand entzogen hat. Ist der Gegenstand jedoch zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach Abs. 2 oder 3 noch nicht vorlagen, so sind die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlaßt hat, es sei denn, daß dem Inhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war oder daß die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war. Eine Kostenvorschreibung nach Ablauf von drei Jahren nach Entfernung des Gegenstandes ist unzulässig.
(...)"
2. Vorweg ist festzuhalten, dass die Beschwerde den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach durch das abgestellte Fahrzeug des Beschwerdeführers die Straßenbahn am Vorbeifahren gehindert war, nicht entgegentritt. Demnach war gemäß § 89a Abs 2a lit a StVO 1960 jedenfalls eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs 2 StVO 1960 gegeben, die die Behörde zur Entfernung (Ortsveränderung) des Fahrzeugs berechtigte.
3. Der Beschwerdeführer räumt auch ausdrücklich ein, dass zum Zeitpunkt der Entfernung des Fahrzeugs eine Verkehrsbeeinträchtigung vorlag, macht jedoch geltend, dass es weder der Fahrzeuglenkerin noch dem Beifahrer zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeuges erkennbar gewesen sei, dass es zu einer Verkehrsbeeinträchtigung kommen könnte, da die Schienen vollständig schneebedeckt gewesen seien. Die Verkehrsbehinderung sei "tatsächlich durch die Unterlassung, Verkehrsteilnehmer witterungsunabhängig auf die Remiseneinfahrt durch geeignete Mittel hinzuweisen, verursacht" worden. Aufgrund der außergewöhnlichen Witterungsbedingungen sei der Lenkerin des Kfz eine Verkehrsbehinderung zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeugs weder ersichtlich gewesen, noch habe sie ihr - "wegen mangelnder Beschilderung" - bekannt sein können. Das Abstellen des Fahrzeugs sei auch wegen fehlender Erkennbarkeit der Schienen nicht gesetzwidrig gewesen.
4. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Abstellen - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - von Anbeginn gesetzwidrig war (§ 23 Abs 1 StVO 1960, vgl auch das hg Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl 97/02/0041). Im Zusammenhang mit der Entfernung von Hindernissen und den damit verbundenen Kosten gilt das Verursachungsprinzip und es kommt daher auf das Verschulden nicht an (vgl das hg Erkenntnis vom 20. November 1998, Zl 96/02/0161). Ob die Lenkerin des Kfz für das gesetzwidrige Abstellen des Fahrzeugs bestraft werden könnte oder ein diesbezügliches Verwaltungsstrafverfahren allenfalls mangels Verschuldens einzustellen wäre, weil die Schienen nicht erkennbar waren, ist für die Frage der Kostentragung daher nicht von Relevanz.
Die Berufung des Beschwerdeführers auf das hg Erkenntnis vom 12. April 1985, Zl 85/18/0003 (keine Strafbarkeit bei Parken eines Fahrzeugs auf einem nicht wahrnehmbaren Gehsteig), kann die Beschwerde daher ebensowenig zum Erfolg führen wie das Vorbringen betreffend die mangelnde Erkennbarkeit der Schienen und der Oberleitung. Der Beschwerdeführer verkennt dabei nämlich, dass es für die Kostentragungsregel des § 89a Abs 7 fünfter Satz StVO 1960 nur dann darauf ankommt, ob zum Zeitpunkt des Aufstellens eines Kfz nach allgemeiner menschlicher Erfahrung das Eintreten einer Verkehrsbeeinträchtigung nicht vorausgesehen werden kann (vgl das bereits zitierte hg Erkenntnis vom 20. November 1998, Zl 96/02/0161), wenn das Aufstellen nicht bereits von Anbeginn gesetzwidrig war (vgl das hg Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl 92/02/0052).
5. Die Beschwerde war somit daher § 42 Abs 1 iVm § 79 Abs 11 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordung 2008, BGBl II Nr 455 (vgl § 79 Abs 11 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, idF BGBl II Nr 8/2014).
Wien, am 27. Juni 2014
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2013020091.X00Im RIS seit
31.07.2014Zuletzt aktualisiert am
13.04.2015