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L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol;Norm
GVG Tir 1996 §2 Abs8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger, den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der Dr. M in W, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 27. Juni 2011, Zl. uvs- 2010/11/3013-9, ergänzt durch den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 25. Juli 2011, Zl. uvs- 2010/11/3013-10, betreffend Übertretung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 27. Juni 2011 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das wegen Übertretung des § 36 Abs. 1 lit. c Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (TGVG) ergangene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 15. September 2010 mit der Maßgabe ab, dass der Spruch der als erwiesen angenommenen Tat zu lauten habe:
"Sie haben das mit Kaufvertrag vom 31. Oktober 2005 erworbene Objekt Alte Gasse 2 in 6580 St. Anton am Arlberg in der Zeit vom 8. Jänner 2007 bis zum 10. November 2009 als Freizeitwohnsitz verwenden lassen, obwohl dieses Objekt nicht unter die Ausnahmen des § 12 Abs. 2 und 5 TROG 2006 fällt und daher nicht als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf, indem unter dieser Adresse Ihre Tochter Frau Mag. D.M. Aufenthalt nur zeitweilig zu Erholungszwecken hatte."
Die deswegen verhängte Geldstrafe wurde - im Hinblick auf die durch die belangte Behörde vorgenommene Einschränkung des Tatzeitraums - von EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) auf EUR 1.300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) herabgesetzt. Mit dem ergänzenden Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juli 2011, Zl. uvs-2010/11/3013-10, wurde auch der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens neu bestimmt.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe die näher bezeichnete Liegenschaft samt darauf errichtetem Objekt in einer Gemeinde in Tirol mit Kaufvertrag vom 31. Oktober 2005 erstanden. Im Kaufvertrag sei ausdrücklich gemäß § 11 Abs. 1 TGVG erklärt worden, dass kein Freizeitwohnsitz geschaffen werde, und auf die Strafsanktion (§ 36 Abs. 1 lit. c TGVG) für die unzulässige Verwendung als Freizeitwohnsitz hingewiesen worden. Das Objekt bestehe aus Keller, Erdgeschoss, erstem und zweitem Stock. Der Keller befinde sich im Rohzustand. In jedem Stock befänden sich ein Wohnraum, ein Schlafzimmer sowie ein Nassraum. Der erste und der zweite Stock würden von der Tochter der Beschwerdeführerin genutzt. Die Einheit im Erdgeschoss, deren Räumlichkeiten sich unter dem Straßenniveau befänden, werde als Gästewohnung verwendet. Eine spezielle Büro- und Geschäftsausstattung sei im Objekt nicht vorhanden. Im Verzeichnis der Freizeitwohnsitze der Gemeinde sei das Objekt nicht eingetragen (§ 13 Abs. 1 Tiroler Raumordnungsgesetz - TROG 2006). Das Haus sei von der Beschwerdeführerin, die ihren Hauptwohnsitz in Wien habe, eigentlich für ihre Tochter D.M. erworben worden. Aus steuerlichen Gründen sei es allerdings vorerst von der Beschwerdeführerin gekauft und im Jahr 2010 im Schenkungswege auf die Tochter der Beschwerdeführerin übertragen worden.
Vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. April 2006 sei das Objekt an ein näher bezeichnetes Unternehmen vermietet gewesen, im Anschluss seien Umbauten vorgenommen worden und seit Anfang 2007 werde das Objekt von der Tochter der Beschwerdeführerin verwendet, die dort seit dem 8. Jänner 2007 mit Hauptwohnsitz gemeldet sei. Sie sei Rechtsanwältin, habe sich bis Ende 2006 in Holland aufgehalten, sei anschließend bis 2011 in verschiedenen Wiener Rechtsanwaltskanzleien beschäftigt gewesen und habe sich von 2007 bis Mitte 2008 auf die Rechtsanwaltsprüfung vorbereitet. Das Objekt habe der Tochter der Beschwerdeführerin nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses gedient; es habe sich auch nicht um einen berufsbedingten weiteren Wohnsitz gehandelt, vielmehr sei das Objekt nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet worden.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass es nicht glaubhaft sei und im Widerspruch zu den Erfahrungen des täglichen Lebens stehe, dass die Tochter der Beschwerdeführerin ihre berufliche Tätigkeit von der Tiroler Gemeinde aus betrieben habe, beziehungsweise dort über einen längeren Zeitraum für die Rechtsanwaltsprüfung gelernt habe. Durch den einheimischen Zeugen A.K. sei nachvollziehbar ausgeführt worden, dass man im Dorf beim - wie er es getan habe - regelmäßigen Passieren eines ständig bewohnten Hauses auf dem Weg zur Arbeit mittags und am Abend den dort wohnenden Personen irgendwann begegnete, was dort aber nicht der Fall gewesen sei. Die Tochter der Beschwerdeführerin habe er nur gelegentlich auf dem Gemeindeamt gesehen.
In ihrer rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde angesichts des festgestellten Sachverhalts davon aus, dass eine unzulässige Nutzung von Teilen des gegenständlichen Objekts als Freizeitwohnsitz durch die Tochter der Beschwerdeführerin vorliege und der objektive Tatbestand der Übertretung des § 36 Abs. 1 lit. c TGVG 1996 verwirklicht worden sei. Ein Fall des § 12 Abs. 2 oder 5 TROG liege nicht vor. Zwar sei die Wohneinheit im Erdgeschoss - wenn auch in sehr bescheidenem Ausmaß - touristisch genutzt worden, doch ungeachtet der tatsächlichen Einstufung dieser Nutzung sei die Nutzung der restlichen Einheiten des Objekts als Freizeitwohnsitz durch die Tochter der Beschwerdeführerin nicht zulässig gewesen. § 12 Abs. 1 lit. b TROG 2006 komme daher jedenfalls nicht zur Anwendung, weil zwei der drei vorhandenen Einheiten des Hauses durch die Tochter der Beschwerdeführerin genutzt würden.
Weiters folgten Ausführungen zur subjektiven Tatseite und zu den Strafzumessungsgründen.
Gegen diesen - um den Kostenbeitrag ergänzten - Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Juni 2012, B 1058/11, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Nach § 36 Abs. 1 lit. c TGVG idF LGBl. Nr. 60/2009 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu EUR 40.000,-- zu bestrafen, wer - ausgenommen in den Fällen des § 12 Abs. 2 und 5 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006 - ein Gebäude, eine Wohnung oder einen sonstigen Teil eines Gebäudes aufgrund eines nach dem 1. Jänner 1994 erworbenen Rechtes als Freizeitwohnsitz verwendet oder verwenden lässt oder auf einem Grundstück, an dem nach diesem Zeitpunkt ein entsprechendes Recht erworben wurde, ein Gebäude, eine Wohnung oder einen sonstigen Teil eines Gebäudes errichtet und als Freizeitwohnsitz verwendet oder verwenden lässt.
Gemäß § 2 Abs. 8 TGVG gilt für Freizeitwohnsitze die Begriffsbestimmung nach § 12 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006, LGBl. Nr. 27, in der jeweils geltenden Fassung.
§ 12 Abs. 1 TROG 2001, wiederverlautbart als TROG 2006 (LGBl. Nr. 27/2006) lautet auszugsweise:
"(1) Freizeitwohnsitze sind Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. Als Freizeitwohnsitze gelten nicht:
a)
(...)
b)
Gebäude mit höchstens drei Wohnungen mit insgesamt höchstens zwölf Betten, die während des Jahres jeweils kurzzeitig an wechselnde Personen vermietet werden (Ferienwohnungen); entsprechende Neubauten, für die die Baubewilligung erst nach dem 1. Februar 1996 rechtskräftig erteilt worden ist, gelten jedoch nur dann nicht als Freizeitwohnsitze, wenn der Vermieter der Ferienwohnungen im betreffenden Gebäude seinen Hauptwohnsitz hat; Ferienwohnungen in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, sind zusammenzuzählen,
c) (...)"
Die Beschwerdeführerin wendet in ihrer Rechtsrüge ein, der gesetzliche Tatbestand für die Annahme eines Freizeitwohnsitzes gemäß § 12 Abs. 1 TROG 2006 sei nicht erfüllt, weil das fragliche Gebäude unter die Ausnahmebestimmung des § 12 Abs. 1 lit. b erster Halbsatz TROG 2006 zu subsumieren sei und daher nicht als Freizeitwohnsitz gelte. Da die Baubewilligung für das gegenständliche Gebäude jedenfalls vor dem 1. Februar 1996 erteilt worden sei, sei es auch gar nicht notwendig, dass der Vermieter der Ferienwohnung im betreffenden Gebäude seinen Hautwohnsitz habe. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde die Anwendung des § 12 Abs. 1 lit. b TROG 2006 mit dem Argument verneine, dass zwei der drei Wohneinheiten durch die Tochter der Beschwerdeführerin genützt würden. Schon durch die Zimmervermietung im Erdgeschoss des Gebäudes sowie die Hauptwohnsitznahme ihrer Tochter würden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Freizeitwohnsitzes nicht vorliegen.
Im gegenständlichen Fall hatte die Vermieterin iSd § 12 Abs. 1 lit. c TROG 2006 - die Beschwerdeführerin als damalige Eigentümerin - im fraglichen Zeitraum unbestrittenermaßen ihren Hauptwohnsitz nicht in ihrem Haus in der Tiroler Gemeinde. Da die Baubewilligung für das Objekt bereits vor dem 1. Februar 1996 erteilt worden war, war dies für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung vom Freizeitwohnsitzregime auch nicht erforderlich.
Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin lässt sich der gegenständliche Sachverhalt allerdings deswegen nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 1 lit. b TROG 2006 subsumieren, weil im Tatzeitraum unbestritten lediglich eine der drei Wohnungen des gegenständlichen Hauses für die fallweise Vermietung an Gäste vorgesehen war, die restlichen beiden Einheiten dagegen ausschließlich von der Tochter der Beschwerdeführerin - nach den Feststellungen der belangten Behörde als Freizeitwohnsitz - genutzt wurden. Gemäß § 12 Abs. 1 lit. b TROG 2006 kommt die Ausnahmeregelung vom Freizeitwohnsitzregime ("Als Freizeitwohnsitze gelten nicht...") nur für Gebäude mit höchstens drei Wohnungen mit insgesamt zwölf Betten zum Tragen, die während des Jahres jeweils kurzfristig an wechselnde Personen vermietet werden (Ferienwohnungen). Schon nach dem Wortlaut der Bestimmung bleibt kein Raum für die Annahme, dass von den bestehenden Wohnungen des Gebäudes lediglich eine als Ferienwohnung vorgesehen werden kann, die anderen aber zur Nutzung als Freizeitwohnsitz dienen dürfen. Die Vermietung einer einzigen Einheit führte somit nicht dazu, dass auch die nicht vermieteten (und auch nicht für die Vermietung vorgesehenen) Wohnungen vom Freizeitwohnsitzregime ausgenommen waren.
Angesichts dessen ist die belangte Behörde entgegen der Beschwerdeansicht somit zutreffend davon ausgegangen, dass die Ausnahmeregelung des § 12 Abs. 1 lit. b TROG 2006 hinsichtlich der beiden von der Tochter (als Freizeitwohnsitz) genutzten Wohneinheiten nicht zur Anwendung gelangen konnte.
Soweit sich die Beschwerdeführerin weiters gegen die rechtliche Qualifikation der Nutzung zweier Wohnungen im Haus als Freizeitwohnsitz (durch ihre Tochter) wendet, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem anderen Wohnsitz als von einem Freizeitwohnsitz nach § 2 Abs. 8 TGVG nicht gesprochen werden, wenn kein deutliches Übergewicht hinsichtlich der beruflichen und familiären Lebensbeziehungen des Beschwerdeführers feststellbar ist, auch wenn er dort gelegentlich seinen Beruf betreffende Tätigkeiten ausüben sollte (vgl. die Erkenntnisse vom 26. Juni 2009, Zl. 2008/02/0044, und vom 26. November 2010, Zl. 2009/02/0345, betreffend den inhaltsgleichen § 2 Abs. 6 TGVG in der Fassung LGBl. Nr. 60/2009).
Im vorliegenden Fall war ausgehend vom festgestellten Sachverhalt jedenfalls angesichts der beruflichen Tätigkeit der Tochter der Beschwerdeführerin in Rechtsanwaltskanzleien in Wien sowie der krankheitsbedingten Pflege und Betreuung der in Wien lebenden Beschwerdeführerin kein solches deutliches Übergewicht hinsichtlich der beruflichen und familiären Lebensbeziehungen der Tochter der Beschwerdeführerin feststellbar. Abgesehen von einer persönlichen Affinität zur Lage des Hauses in der Tiroler Gemeinde hat die Tochter der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren keine weiteren, konkreten Bindungselemente zum Wohnsitz in Tirol dargetan. Damit vermochte die Beschwerdeführerin der Beurteilung der Tiroler Liegenschaft als Freizeitwohnsitz rechtlich nichts entgegenzusetzen.
In ihrer Verfahrensrüge wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde, mit der diese die Einschätzung der Verwendung des Tiroler Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz durch die Tochter der Beschwerdeführerin begründet.
Die belangte Behörde habe es unterlassen, den Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Es seien keine Feststellungen hinsichtlich der Art und Weise der Nutzung des gegenständlichen Gebäudes durch die Tochter der Beschwerdeführerin getroffen worden. Die berufsbedingte bzw. in der Beistandspflicht gegenüber der schwer kranken Mutter begründete Ortsabwesenheit der Tochter der Beschwerdeführerin von ihrem Tiroler Hauptwohnsitz könne nicht zur Annahme der Nutzung des Objektes als Freizeitwohnsitz führen. Auch mit der zumindest kurzzeitigen Unbewohnbarkeit des Hauses bedingt durch Umbauarbeiten habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Die Tochter habe ihren Lebensmittelpunkt in Tirol; so habe sie viele Freunde in der gegenständlichen Tiroler Gemeinde und sei auch Mitglied in diversen örtlichen Vereinen.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin nicht darlegt, welche Feststellungen die belangte Behörde zu der Art und Weise der Nutzung hätte treffen müssen, übersieht die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde den Angaben der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter, wonach letztere im Tatzeitraum ihren Lebensmittelpunkt im gegenständlichen Objekt in Tirol gehabt habe, nicht gefolgt ist. Die Beweiswürdigung der Berufungsbehörde unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur insofern, als sie auf die Vollständigkeit des erhobenen Sachverhaltes und ihre Schlüssigkeit, nicht aber auch auf ihre Richtigkeit hin überprüft wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 89/02/0211). Die belangte Behörde erachtete die Ausführungen des Zeugen A.K. zu seinem Eindruck der Unbewohntheit des Hauses sowie der raren Anwesenheit der Tochter der Beschwerdeführerin im Dorf für glaubwürdig und lebensnah und zog daraus ihre Schlüsse. Ob die alternativen Erklärungen der Beschwerdeführerin für die Beobachtungen des Zeugens ebenfalls denkbar wären, unterliegt nicht der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Annahme, dass das Haus in der Tiroler Gemeinde als Freizeitwohnsitz genutzt wurde, stützte die belangte Behörde in schlüssiger und nachvollziehbarer Beweiswürdigung maßgeblich auf die Tatsache, dass die Tochter der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer beruflichen Umstände (Tätigkeit in Kanzleien in Wien) und familiären Umstände (Beistand und Pflege der in Wien lebenden Beschwerdeführerin) ihren Lebensmittelpunkt in Wien, nicht aber an ihrem Wohnsitz in Tirol hatte. Weder die Meldung der Tochter der Beschwerdeführerin mit Hauptwohnsitz in Tirol lassen Schlussfolgerungen auf die Nutzung des Hauses zu (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2009, Zl. 2008/02/0044), noch die berufsbedingten Auslandsaufenthalte der Tochter der Beschwerdeführerin. Durch die Aussagen des Zeugen A.K. sah die belangte Behörde ihre Annahme als untermauert an.
Schließlich wird gerügt, die belangte Behörde habe den Tatvorwurf geändert und dabei eine unzulässige Auswechslung der Tat vorgenommen. Ursprünglich habe der Vorwurf gelautet, die Beschwerdeführerin würde das Objekt als Freizeitwohnsitz verwenden oder verwenden lassen, indem sie es an Gäste vermiete und sich dort nur gelegentlich aufhalte. Als Tatbegehungsform habe die erstinstanzliche Behörde somit die Weitervermietung an Gäste bzw. den eigenen nur gelegentlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin an der Adresse angenommen. Im angefochtenen Bescheid sei dagegen der Vorwurf erhoben worden, die Tochter der Beschwerdeführerin sei nur zweitweise zu Erholungszwecken in dem gegenständlichen Objekt aufhältig gewesen. Dieser Vorwurf sei jedoch gegenüber der Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens, insbesondere nicht innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist, erhoben worden. Eine spätere Auswechslung des vorgeworfenen Verhaltens sei jedoch nicht zulässig. Zimmervermietung bzw. persönliche Abwesenheit vom gegenständlichen Objekt stelle gegenüber der Überlassung des Hauses an die eigene Tochter zur Hauptwohnsitznahme ein gänzlich unterschiedliches Verhalten dar. Die vorgenommene Spruchabänderung beziehungsweise Auswechslung der Tat sei jedenfalls unzulässig gewesen und stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.
Die besondere Bedeutung der Verfolgungshandlung in Hinblick auf die Verjährung liegt darin, dass die Verfolgungshandlung eine Konkretisierung des Tatvorwurfs insbesondere in zeitlicher und räumlicher Hinsicht enthält; die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat muss dabei (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2013, Zl. 2012/07/0025).
Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kann das Vorbringen, es liege eine unzulässige Auswechslung der Tat vor, nicht nachvollzogen werden. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, sie habe das gegenständliche Objekt als Freizeitwohnsitz verwendet oder verwenden lassen, wobei in der Begründung des Straferkenntnisses auch die Nutzung von Teilen des Gebäudes durch die Tochter der Beschwerdeführerin angeführt wird. Im angefochtenen Bescheid wurde dies dahingehend eingeschränkt, dass die Beschwerdeführerin das gegenständliche Objekt im Tatzeitraum als Freizeitwohnsitz habe verwenden lassen. Der Vorwurf der Verwendung als Freizeitwohnsitz wurde aber, wie schon ausgeführt, bereits in der ersten Instanz erhoben, so dass die Beschwerdeführerin im Verfahren ausreichend Gelegenheit hatte, sich dazu zu äußern und zu rechtfertigen. Der Tatvorwurf - in jedem Fall der unzulässigen Überlassung von Teilen des Hauses zur Nutzung als Freizeitwohnsitz - wurde durch die belangte Behörde somit nicht ausgewechselt.
Dazu kommt, dass mit dem Vorwurf der unzulässigen Nutzung als Freizeitwohnsitz - aktiv ("verwenden") oder passiv ("verwenden lassen") - die Tatbestandsmerkmale des als Strafnorm herangezogenen § 36 Abs. 1 lit. c TGVG bereits erfüllt sind. Die von der Beschwerde als "Tatbegehungsform" bezeichneten näheren Umstände, die zur Qualifikation als Freizeitwohnsitz führten, stellen dagegen keine Tatbestandsmerkmale der Übertretung nach dieser Norm dar, weshalb auch aus diesem Grund die entsprechende Spruchänderung nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt.
Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin auch nicht dargetan, dass sie wegen der gegenständlichen Fassung des Spruches der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1996, Zl. 96/02/0402).
Es kann allerdings im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob durch die geänderte Spruchformulierung der belangten Behörde eine Tatauswechslung vorgenommen wurde, weil durch die Einvernahme des Zeugen A.K. durch die erstinstanzliche Behörde am 26. April 2010 jedenfalls eine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs. 2 VStG binnen Verjährungsfrist gegeben war, zumal aus dessen Ladungsbescheid vom 16. April 2010 der Vorwurf der Nutzung des Objekts als Freizeitwohnsitz durch die Tochter der Beschwerdeführerin ersichtlich ist. Dabei ist es unbeachtlich, ob die Beschwerdeführerin als Beschuldigte innerhalb der Verjährungsfrist davon Kenntnis erlangt hat (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1986, Zl. 85/03/0144, mwH).
Da die Beschwerdeführerin somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigt und die Bestrafung daher zu Recht erfolgte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Der Aufforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne des EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2013, Zl. 2013/09/0180).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht (gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014) auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 27. Juni 2014
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2012020171.X00Im RIS seit
31.07.2014Zuletzt aktualisiert am
02.10.2014