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58/02 EnergierechtNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Zurückweisung des Individualantrags eines Erdgasunternehmens auf Aufhebung von Bestimmungen des GaswirtschaftsG 2011 und der Gas-SystemnutzungsentgelteV 2013 betreffend die Entrichtung von Erdgastransporttarifen infolge Zumutbarkeit des gerichtlichen RechtswegsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Die antragstellende Gesellschaft ist ein italienisches Erdgasunternehmen, das Erdgas von Österreich nach Italien transportiert. Mit ihrem auf Art140 Abs1 und Art139 Abs1 B-VG gestützten Individualantrag begehrt die antragstellende Gesellschaft,
"1. […] die Wortfolge 'der Netzbenutzer, sobald Tarife gemäß §82 veröffentlicht wurden, die entsprechenden Ein- und Ausspeiseentgelte zu entrichten hat;' in §170 Abs6 Z2 GWG als verfassungswidrig aufzuheben.
2. […]
a) die Wortfolge 'Die auf Basis der Methode gemäß §82 ermittelten Systemnutzungsentgelte im Fernleitungsnetz werden von der Regulierungsbehörde mit Verordnung in Kraft gesetzt.' in §70 Abs1 2. Satz GWG,
b) die Wortfolge 'Das Entgelt gemäß Z1 bis 3 für das Fernleitungsnetz ist für die betroffenen Ein- und Ausspeisepunkte nach einer von der Regulierungsbehörde zu genehmigenden Methode gemäß §82 auf Vorschlag der Fernleitungsnetzbetreiber zu ermitteln und durch Verordnung laut §70 festzulegen.' in §72 Abs2 vorletzter Satz GWG und
c) die Wortfolge 'Die aus der genehmigten Methode resultierenden Tarife sind durch Verordnung der Regulierungsbehörde festzulegen und im Internet zu veröffentlichen.' in §80 Abs1 GWG
als verfassungswidrig aufzuheben.
3. […]
a) die Wortfolge '1. Baumgarten: 0,70' in §3 Abs2 GSNE-VO 2013 und die Wortfolge '3. Arnoldstein: 5,26' in §3 Abs3 GSNE-VO 2013,
b) in eventu §3 Abs2 und §3 Abs3 GSNE-VO 2013,
c) in eventu §3 GSNE-VO 2013,
d) in eventu die gesamte GSNE-VO 2013
als gesetzwidrig aufzuheben."
2. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation bringt die antragstellende Gesellschaft zusammengefasst vor, dass die angefochtenen Regelungen ihr gegenüber unmittelbare Wirksamkeit entfalteten und kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung stehe, um ihre Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
Die angefochtene Gesetzesbestimmung des §170 Abs6 Z2 GWG 2011 lege der antragstellenden Gesellschaft von Gesetzes wegen die Pflicht auf, statt mit dem Fernleitungsbetreiber vertraglich vereinbarte Erdgastransporttarife nunmehr einen von der Regulierungsbehörde verordneten Tarif bezahlen zu müssen. Die angefochtene GSNE-VO 2013 lege diesen Tarif mit unmittelbarer Wirkung für die antragstellende Gesellschaft fest. Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach Individualanträge von Endverbrauchern gegen Systemnutzungsentgelte-Verordnungen unzulässig seien, sei auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar, weil Netzbenutzer gemäß §170 Abs6 GWG 2011 ausdrücklich als Normadressaten genannt würden und die antragstellende Gesellschaft zudem nicht bloß Endverbraucher, sondern Wiederverkäufer des transportierten Erdgases sei.
Weder das GWG 2011 noch die GSNE-VO 2013 sähen die Erlassung eines Bescheids vor, den die antragstellende Gesellschaft bekämpfen könne. Lediglich für Netzbetreiber sei gemäß §82 GWG 2011 die Erlassung eines Bescheids vorgesehen, der sich jedoch einerseits nur auf die Anerkennung der Kosten des jeweiligen Netzbetreibers beziehe und nicht über die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Einspeise- und Ausspeisepunkte abspreche sowie andererseits durch die antragstellende Gesellschaft mangels Parteistellung nicht bekämpfbar sei.
Der antragstellenden Gesellschaft stehe auch der Zivilrechtsweg nicht offen, um ihre Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Der Betreiber der durch die antragstellende Gesellschaft genutzten Fernleitung habe ihr kurz vor Ende des Jahres 2012 mitgeteilt, dass die Aufrechterhaltung des Erdgastransports die Unterzeichnung eines neuen Kapazitätsvertrags voraussetze. Die antragstellende Gesellschaft sei daher genötigt gewesen, den Vertrag zu unterschreiben. Würde die antragstellende Gesellschaft die Differenz zwischen den ursprünglich vereinbarten Transporttarifen und den regulierten Einspeise- und Ausspeisetarifen beim betreffenden Fernleitungsbetreiber einklagen, könnte der Fernleitungsbetreiber erfolgreich entgegenhalten, dass die nunmehr zu leistenden Einspeise- und Ausspeisetarife auf der in Rede stehenden vertraglichen Anspruchsgrundlage geleistet worden und daher nicht zurückzuzahlen seien. Die Einleitung eines Zivilprozesses ohne jede Erfolgsaussicht sei aber der antragstellenden Gesellschaft nicht zumutbar. Der Kapazitätsvertrag erhebe auch nur den Anspruch, die neuen gesetzlichen Vorgaben des GWG 2011 umzusetzen und stütze sich dabei ausdrücklich auf §170 Abs6 GWG 2011 und die GSNE-VO 2013. Dabei wolle der Vertrag erkennbar die neuen gesetzlichen Vorgaben, wohl aus Gründen der besseren Übersicht der Rechtslage, deklaratorisch darstellen. Diese gesetzlichen Vorgaben, darunter auch §170 Abs6 GWG 2011, würden auch ausdrücklich als Geschäftsgrundlage der Neuausfertigung genannt. Eine Aufhebung dieser gesetzlichen Grundlage würde daher eine zivilrechtliche Anfechtung des Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bzw. wegen Geschäftsirrtums ermöglichen. Die Rechtsposition der antragstellenden Gesellschaft würde sich daher insoweit verändern, als die belastenden Rechtswirkungen dieser Bestimmungen im Gesetz und in der Verordnung entfielen und die zivilrechtliche Wirksamkeit des Kapazitätsvertrags angefochten werden könnte.
Schließlich sei sowohl im ursprünglichen Transportvertrag als auch im nunmehr bestehenden Kapazitätsvertrag die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts für die Streitbeilegung vorgesehen. Ein derartiges Schiedsgericht wäre nicht berechtigt, bei Bedenken den Verfassungsgerichtshof anzurufen.
3. Die Regulierungskommission der E-Control erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, den Individualantrag als unzulässig zurückzuweisen, in eventu abzuweisen. Zur Zulässigkeit führt die Regulierungskommission der E-Control auf das Wesentliche zusammengefasst aus, der antragstellenden Gesellschaft stünde ein zumutbarer Umweg über die Zivilgerichte zur Verfügung.
Es komme nicht auf die materiellen Erfolgsaussichten des Rechtswegs an, sondern darauf, dass Gelegenheit bestehe, die Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Es sei zumutbar, eine Leistung unter Vorbehalt zu entrichten und sie sodann in einem zivilgerichtlichen Verfahren einzuklagen. Im vorliegenden Fall beruhe die Verpflichtung zur Leistung des Netznutzungsentgelts auf der vertraglichen Vereinbarung zwischen der antragstellenden Gesellschaft und dem betreffenden Fernleitungsbetreiber. Über Streitigkeiten aus einem derartigen Verhältnis sei zunächst ein Bescheid der Regulierungsbehörde im Streitschlichtungsverfahren zu erwirken, daraufhin könne Klage bei den ordentlichen Gerichten eingebracht werden. Der antragstellenden Gesellschaft sei es daher zumutbar, das Netznutzungsentgelt zunächst unter Vorbehalt zu leisten und sodann in einem dem Streitschlichtungsverfahren nachgelagerten Zivilverfahren zurückzufordern.
Daran ändere auch das Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft nichts, sie sei zum Abschluss eines neuen Vertrags gezwungen gewesen, der die Systemnutzungsentgelte zum Vertragsinhalt erhebe. Die Aufrechterhaltung des Erdgastransports habe den Abschluss eines neuen Vertrags nämlich nicht zwingend vorausgesetzt, weil sich bereits aus §170 Abs6 GWG 2011 ergebe, dass die gebuchten Transportkapazitäten nur durch getrennte Kapazitätsbuchungen an den Ein- und Ausspeisepunkten ersetzt würden, ansonsten aber in vertraglich vereinbarter Höhe bestehen blieben. Auch die Verpflichtung zur Entrichtung der entsprechenden Ein- und Ausspeiseentgelte ergebe sich aus §170 Abs6 Z2 GWG 2011 und führe zur Gegenstandslosigkeit entgegenstehender vertraglicher Regelungen.
Schließlich könnten auch vertragliche Regelungen, die verordnete Entgelte zum Vertragsinhalt machten oder im Fall von Streitigkeiten die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vorsähen, keinen Einfluss auf die Zulässigkeit eines Individualantrags haben. Anderenfalls läge es in der Dispositionsfreiheit der Parteien, den Umfang der Anfechtungsberechtigung durch eine entsprechende Vertragsgestaltung zu determinieren. Dies könne aber dem Verfassungsgesetzgeber angesichts der Subsidiarität des Individualantrags nicht zugesonnen werden.
4. Auch die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, den Individualantrag als unzulässig zurückzuweisen, in eventu auszusprechen, dass die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig bzw. gesetzwidrig aufgehoben werden. Zur Zulässigkeit führt die Bundesregierung auf das Wesentliche zusammengefasst aus, die antragstellende Gesellschaft sei einerseits durch die angefochtenen Bestimmungen nicht unmittelbar betroffen und andererseits stünde ihr ein zumutbarer Weg zur Verfügung, um ein Normenkontrollverfahren beim Verfassungsgerichtshof anzuregen.
Durch Preisregelungsbestimmungen seien nur die Netzbetreiber unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen, da es ihnen verwehrt sei, einen anderen Preis für die Überlassung der Leitungsanlagen zu fordern, nicht jedoch die Netzbenutzer, die die preisgeregelte Leistung in Anspruch nehmen wollten. Die antragstellende Partei sei daher lediglich in ihren wirtschaftlichen Interessen betroffen.
Bei Anfechtung des Kapazitätsvertrags mit dem Fernleitungsbetreiber stünde es der antragstellenden Partei frei, im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten die Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit der dem Kapazitätsvertrag zugrunde liegenden, im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bestimmungen einzuwenden und die Einleitung eines Normenkontrollverfahrens beim Verfassungsgerichtshof anzuregen. Ob es der antragstellenden Partei zumutbar gewesen wäre, die vom Vertragspartner geforderte Vertragsanpassung an die in der GSNE-VO 2013 festgelegten Entgelte abzulehnen, könne dahingestellt bleiben, weil die Vertragsanpassung bereits durchgeführt worden sei.
Auch das Vorliegen einer Schiedsgerichtsvereinbarung ändere nichts an der Zumutbarkeit dieses Umwegs, weil es sich hiebei lediglich um eine prorogable Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte handle. Es würde dem Charakter des Individualantrags als subsidiärem Rechtsbehelf widersprechen, wenn der Rechtsunterworfene durch privatrechtliche Vereinbarung selbst die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Individualantrags schaffen könne, indem er freiwillig die Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte vereinbare. Der aus einer derartigen Schiedsgerichtsvereinbarung resultierende Verlust an Möglichkeiten, bestimmte Rechtsmittel zu ergreifen, sei aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich, weil die antragstellende Partei selbst diese Rechtsfolge herbeigeführt habe und diese durch eine entsprechende Anpassung des Kapazitätsvertrags auch jederzeit wieder beseitigen könne.
II. Erwägungen
Der Antrag ist unzulässig.
1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung bzw. das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit bzw. dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung bzw. das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung bzw. das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit bzw. seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung bzw. das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung bzw. das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (vgl. VfSlg 11.726/1988, 13.944/1994).
2. Der Verfassungsgerichtshof muss nicht näher untersuchen, ob die angefochtenen Rechtsvorschriften unmittelbar in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft als Netzbenutzerin eingreifen, weil ihr – wie die folgenden Ausführungen zeigen – ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht, die Bedenken gegen die angefochtenen Rechtsvorschriften an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Anrufung der Zivilgerichte nach Beendigung des Streitschlichtungsverfahrens vor der Regulierungsbehörde durch einen Netzzugangsberechtigten einen zumutbaren Weg darstellt, um Bedenken gegen normative Verpflichtungen zur Leistung eines Systemnutzungsentgelts an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (VfSlg 16.920/2003, 18.201/2007, 19.256/2010). Dabei hat es der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach für zumutbar erachtet, zunächst eine Leistung mit Vorbehalt zu entrichten und sie sodann, um auf diesem Weg insbesondere auch die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die zugrunde liegenden Rechtsvorschriften an das Gericht und in der Folge den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, im zivilgerichtlichen Verfahren zurückzufordern (VfSlg 17.676/2005, 18.246/2007). Auf die Erfolgsaussichten des Netzzugangsberechtigten im Gerichtsverfahren kommt es dabei nicht an (vgl. VfSlg 9170/1981, 9285/1981, 10.592/1985, 11.889/1988, 15.030/1997).
Diese Rechtsprechung ist auf die Rechtslage nach dem GWG 2011, die für grenzüberschreitende Erdgastransporte statt zuvor privatautonom vertraglich vereinbarter Transporttarife nunmehr regulierte, im Verordnungsweg festgesetzte Einspeise- und Ausspeisetarife vorsieht, übertragbar. Gemäß §170 Abs6 GWG 2011 bleiben durch diese Neuregelung aber im Übrigen bestehende Transportverträge bestehen, die gebuchten Transportkapazitäten sind gemäß §170 Abs6 Z1 GWG 2011 in getrennte Kapazitätsbuchungen an den Einspeise- und Ausspeisepunkten umzuwandeln. Gemäß §170 Abs6 Z2 GWG 2011 hat der Netzbenutzer mit Veröffentlichung der Einspeise- und Ausspeisetarife die entsprechenden Einspeise- und Ausspeiseentgelte zu entrichten. Diese ergeben sich aus den Kapazitätsbuchungen an den Einspeise- und Ausspeisepunkten multipliziert mit dem Netznutzungsentgelt für den jeweiligen Einspeise- oder Ausspeisepunkt.
Bei der Leistung von Systemnutzungsentgelten handelt es sich um eine Verpflichtung im Verhältnis zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern. Für Streitigkeiten aus diesem Verhältnis legt §132 Abs2 Z1 GWG 2011 nach Abschluss eines Streitschlichtungsverfahrens vor der Regulierungskommission gemäß §12 Abs1 Z2 iVm Abs4 Bundesgesetz über die Regulierungsbehörde in der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (Energie-Control-Gesetz – E-ControlG), BGBl I 110/2010 idF BGBl I 174/2013, eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fest. Ein Netzbenutzer, dem die Einspeise- und Ausspeisetarife durch den Fernleitungsbetreiber vorgeschrieben werden, kann daher diese unter Vorbehalt leisten, in der Folge zunächst ein Streitschlichtungsverfahren vor der Regulierungskommission der E-Control erwirken und nach dessen Abschluss Klage bei Gericht einbringen. Damit muss sich der zur Leistung der Einspeise- und Ausspeiseentgelte Verpflichtete auch nicht rechtswidrig verhalten, um eine Klage zu provozieren, sondern er kann aktiv einen Rechtsmittelweg in Anspruch nehmen, dessen Fortgang er – im Gegensatz zur Beklagtenrolle im Zivilprozess – selbst bestimmt (vgl. VfSlg 14.355/1995, 16.920/2003). Somit steht einem zur Leistung von Systemnutzungsentgelten Verpflichteten ein zumutbarer Weg zur Verfügung, Bedenken gegen die den Tarif festlegenden Rechtsvorschriften im Wege der ordentlichen Gerichtsbarkeit an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
4. Dem steht auch die Schiedsvereinbarung des Kapazitätsvertrags nicht entgegen. Im vorliegenden Fall genügt es in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die antragstellende Gesellschaft, wie sie selbst vorbringt, in Kenntnis der Rechtslage, die sie nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfen will, den Kapazitätsvertrag unter Einschluss einer Schiedsvereinbarung abgeschlossen hat. Wie die Bundesregierung zu Recht hervorhebt, handelt es sich dabei um eine prorogable Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte, die die antragstellende Gesellschaft selbst herbeigeführt hat. Es ist mit dem Charakter des Individualantrags als subsidiärem Rechtsbehelf (vgl. VfSlg 19.333/2011 mwN) nicht zu vereinbaren, dass Vertragsparteien auf diese Weise die Zumutbarkeit des Zivilrechtswegs ausschließen und so über eine Zulässigkeitsvoraussetzung des Individualantrags disponieren könnten. Im Übrigen ist auf §611 Abs2 Z8 ZPO hinzuweisen (siehe zu §611 Abs2 Z8 ZPO als Anfechtungsgrund für den Fall, dass der Entscheidung des Schiedsgerichts eine verfassungswidrige generelle Norm zugrunde liegt, Herbst, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, FS Torggler, 2013, 485 [496 f.]).
5. Bei diesem Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, ob der Antrag auch aus anderen Gründen – etwa mangels Einhaltung der Formerfordernisse der §§57 und 62 VfGG – unzulässig ist.
III. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Energierecht, Gasrecht, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:G12.2014Zuletzt aktualisiert am
30.07.2015