RS Vfgh 2014/6/23 SV2/2013

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 23.06.2014
beobachten
merken

Index

39/03 Doppelbesteuerung

Norm

B-VG Art140a
B-VG Art7 Abs1
Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Liechtenstein, BGBl 24/1971 Art14, Art 23

Leitsatz

Abweisung des Antrags des Verwaltungsgerichtshofes auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Liechtenstein wegen Ungleichbehandlung von selbständigen und gewerblichen Einkünften; unterschiedliche Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sachlich gerechtfertigt

Rechtssatz

Abweisung des - zulässigen - Antrags des VwGH auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Art14 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Liechtenstein, BGBl 24/1971 (DBA Liechtenstein).

Gemäß dem DBA Liechtenstein kommt für Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die ein in Österreich ansässiger Steuerpflichtiger in Liechtenstein im Rahmen einer dort gelegenen festen Einrichtung erzielt, die Befreiungsmethode zur Anwendung. Während Unternehmensgewinne unter Anrechnung der in Liechtenstein bezahlten Steuer in Österreich besteuert werden, unterliegen Einkünfte aus selbständiger Arbeit (lediglich) der - vergleichsweise weit geringeren - Besteuerung in Liechtenstein.

Unter Berücksichtigung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Methodenwahl wäre die Beibehaltung der Befreiungsmethode für Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus der Sicht des Gleichheitssatzes dann bedenklich, wenn die Gründe, die für die Wahl der Anrechnungsmethode bei den Unternehmensgewinnen ausschlaggebend gewesen sind, in vergleichbarer Weise für selbständige Einkünfte zuträfen. Dies ist nach Auffassung des VfGH nicht der Fall:

Selbständige Einkünfte unterscheiden sich von den gewerblichen Einkünften - ungeachtet des Umstandes, dass die Abgrenzung zwischen diesen Einkunftsarten in Randbereichen fließend ist - jedenfalls darin, dass die einkünfteerzielende Tätigkeit vom Steuerpflichtigen im Regelfall persönlich unter Einsatz - zum Teil auch berufsrechtlich verankerter - besonderer Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt wird. Dies ist auch für den Bedeutungsinhalt des Art14 DBA Liechtenstein zu beachten. Das Besteuerungsrecht des anderen Staates für solche Einkünfte erfordert neben dem Vorliegen einer festen Einrichtung, dass diese Einkünfte der festen Einrichtung zuzurechnen sind, womit die persönlich ausgeübte Tätigkeit auch funktional dieser Einrichtung zuzuordnen sein muss.

Vor diesem Hintergrund treffen aber die für die Wahl der Anrechnungsmethode maßgebenden Gründe, einer zu beobachtenden Einkünfteverlagerung entgegenzuwirken, für Einkünfte aus selbständiger Arbeit - nach wie vor - nicht in vergleichbarer Weise zu, da Einkünfte aus selbständiger Arbeit - jedenfalls in einer Durchschnittsbetrachtung - nur innerhalb enger Grenzen verlagert werden können.

Während im Fall von Tätigkeiten, die zu Unternehmensgewinnen führen, die bloße Verlagerung bestimmter betriebswirtschaftlicher Funktionen unter Einsatz von Personal und sachlicher Ressourcen in eine im Quellenstaat gelegene Betriebsstätte zur Verlagerung von Einkünften führt, erfordert die Verlagerung selbständiger Einkünfte, dass die zu Einkünften führende persönliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen der im Quellenstaat gelegenen Einrichtung zuzurechnen ist, was im Regelfall voraussetzt, dass die Tätigkeit vom Steuerpflichtigen nicht nur persönlich im Quellenstaat auszuüben ist, sondern dieser auch funktional zuzurechnen sein muss.

Dem VwGH kann daher nicht gefolgt werden, wenn er aus der mit Blick auf eine Investitionsbegünstigung zur Stärkung des Eigenkapitals gebotenen Gleichbehandlung von - nur fließend abgrenzbaren - selbständigen und gewerblichen Einkünften ableitet, dass für die betreffenden Einkünfte eine Verankerung unterschiedlicher Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sachlich nicht gerechtfertigt sei. Der Gesetzgeber verletzt den Gleichheitssatz nicht, wenn er mit der Zielsetzung, Einkünfteverlagerungen vorzubeugen, im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes für Unternehmensgewinne die Anrechnungsmethode verankert und für in dieser Hinsicht in einer Durchschnittsbetrachtung nicht vergleichbare selbständige Einkünfte weiterhin die Befreiungsmethode vorsieht.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Staatsverträge, Doppelbesteuerung, Einkunftsarten Arbeit selbständige, Einkunftsarten Gewerbebetrieb, VfGH / Staatsvertragsprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:SV2.2013

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2015
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten