RS Vfgh 2014/6/23 G99/2013 ua

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Veröffentlicht am 23.06.2014
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Index

82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art19, Art20 Abs1, Art120a ff
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
ÄrzteG 1998 §59 Abs3, §117b Abs1 Z18, §125 Abs4

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des ÄrzteG 1998 über die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer zur Austragung von Personen aus der Ärzteliste im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches; unzulässige Ausnahme vom gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung bei der Entscheidung über das Erlöschen einer Berufsberechtigung

Rechtssatz

Aufhebung der Zeichenfolgen "1," und ", 2" in §59 Abs3 erster Satz, des §59 Abs3 letzter Satz und der Wortfolge "und Austragung aus der Ärzteliste" in §117b Abs1 Z18 ÄrzteG 1998 idF BGBl I 144/2009 sowie der Wortfolge "und §59 Abs3" in §125 Abs4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I 80/2012; Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "sowie §59 Abs3" in §125 Abs4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF BGBl I Nr 144/2009.

Selbst wenn man - anders als im Fall der Eintragung in die Ärzteliste (vgl VfGH 23.06.2014, G87/2013 ua) - davon ausgehen könnte, dass eine (zumindest mittelbare) demokratische Legitimation des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer durch die Angehörigen der Ärztekammern in den Bundesländern vorläge, führt der VwGH in seinen Anträgen doch zu Recht aus, dass im Fall einer Streichung aus der Ärzteliste nicht bloß die überwiegenden Interessen der Österreichischen Ärztekammer bzw einer Ärztekammer in den Bundesländern, sondern - in zumindest gleicher Weise - auch öffentliche Interessen berührt werden (vgl die ständige Rechtsprechung des VwGH, wonach das Erlöschen der Berufsberechtigung gemäß §59 ÄrzteG 1998 eine Administrativmaßnahme "im Interesse der Sicherheit der Allgemeinheit" ist).

Auch der VfGH hat - in Bezug auf andere, vergleichbare Berufsgruppen - bereits in der Vergangenheit entschieden, dass bei der Entscheidung über das Erlöschen einer Berufsberechtigung öffentliche Interessen verfolgt werden. Es liegt also eine nicht zulässige Ausnahme von dem verfassungsrechtlich gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung (Art19 iVm 20 Abs1 B-VG) vor, wenn der Gesetzgeber diese Angelegenheiten durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im eigenen Wirkungsbereich besorgen lässt.

Durch die Regelungstechnik des ÄrzteG 1998 treffen die verfassungsrechtlichen Bedenken auf §59 Abs3 und §117b Abs1 Z18 ÄrzteG 1998 zu, sind doch beide Bestimmungen nur im Zusammenhalt Voraussetzung für die Vollziehung der Streichung aus der Ärzteliste.

Zurückweisung des am 06.06.2014 zu G118/2014 eingebrachten Antrags des VwGH wegen entschiedener Sache; formelle Einbeziehung in das vorliegende Gesetzesprüfungsverfahren im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozessgeschehen nicht mehr möglich. Ausdehnung der Anlassfallwirkung auf die beim VwGH zu Z2013/11/0252 anhängige Rechtssache gem Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG.

Entscheidungstexte

  • G99/2013 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 23.06.2014 G99/2013 ua

Schlagworte

Ärzte, Ärztekammer, Selbstverwaltung, Behördenzuständigkeit, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Anlassverfahren, res iudicata

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:G99.2013

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2015
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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