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41/01 SicherheitsrechtNorm
SicherheitspolizeiG §65 Abs1Leitsatz
Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des SicherheitspolizeiG betreffend Voraussetzungen für eine erkennungsdienstliche Behandlung; Eingriff in das Datenschutzrecht nicht hinreichend konkretisiert und begrenzt; Klarstellung erst durch eine weitere, mit Juli 2014 in Kraft tretende NovelleRechtssatz
Aufhebung des §65 Abs1 SicherheitspolizeiG (SPG) idF BGBl I 13/2012.
Die Bedenken im Prüfungsbeschluss, dass §65 Abs1 SPG idF BGBl I 13/2012 ganz allgemein als Voraussetzung für eine erkennungsdienstliche Behandlung genügen lässt, dass jemand unter "Verdacht steht, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben", bzw dass mit dem Entfall des Wortes "weitere" in der Prognoseentscheidung die Eingriffsschwelle signifikant herabgesetzt wurde, konnten von der Bundesregierung nicht zerstreut werden.
Der Wortlaut des §65 Abs1 SPG selbst ist hinsichtlich des Begriffes "mit Strafe bedrohte Handlung" deutlich, nichts schränkt ihn dahingehend, dass Verwaltungsstrafsachen und Fahrlässigkeitsdelikte nicht erfasst wären, ein. Dass nun mit einer weiteren Novelle zum SPG (BGBl I 43/2014), die mit 01.07.2014 in Kraft tritt, diese Einschränkung vorgenommen wird, erhellt, dass der Gesetzgeber selbst diese "Klarstellung" als notwendig erachtet.
Beschränkungen des Grundrechtes auf Datenschutz sind nach dem Gesetzesvorbehalt des §1 Abs2 DSG 2000 bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen zulässig, die aus den in Art8 Abs2 EMRK genannten Gründen notwendig sind und die ausreichend präzise, also für jedermann vorhersehbar regeln, unter welchen Voraussetzungen die Ermittlung bzw die Verwendung personenbezogener Daten für die Wahrnehmung konkreter Verwaltungsaufgaben erlaubt ist (vgl zB VfGH 12.03.2013, G76/12). Der Gesetzgeber muss somit nach den Vorgaben des §1 Abs2 DSG 2000 eine materienspezifische Regelung in dem Sinn vorsehen, dass die Fälle zulässiger Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz konkretisiert und begrenzt werden (VfSlg 18643/2008).
Diesen Anforderungen genügt §65 Abs1 SPG nicht.
(Anlassfall B1156/2012, E v 23.06.2014, Aufhebung des angefochtenen Bescheides; Quasi-Anlassfall B1059/2013, E v 08.10.2014).
Schlagworte
Polizei, Sicherheitspolizei, Datenschutz, Privat- und Familienleben, Auslegung, NovellierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:G90.2013Zuletzt aktualisiert am
30.07.2015