TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/4 2000/11/0119

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Veröffentlicht am 04.10.2000
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Index

L92054 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Oberösterreich;

Norm

SHG OÖ 1998 §61 Abs1;
SHG OÖ 1998 §61 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der Stadt Wels, vertreten durch den Bürgermeister, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 17. März 2000, Zl. VwSen - 560002/3/Ga/Fb, betreffend Kostenersatz nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 (mitbeteiligte Partei: K in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Kroatengasse 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde in Stattgebung der Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den Erstbescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 29. November 1999 die beschwerdeführende Partei gemäß § 61 des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes 1998, LGBl. Nr. 82 (OöSHG), verpflichtet, der mitbeteiligten Partei die von ihr geltend gemachten Kosten für die einer namentlich genannten Patientin bei deren Entbindung dringend zu leisten gewesene Hilfe im Betrag von S 45.500,-- zu ersetzen.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung des Beschwerde beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Patientin (eine ausländische Staatsangehörige mit unstetem Aufenthalt und ohne Aufenthaltsberechtigung in Österreich) hat am 1. Februar 1999 in der Krankenanstalt der mitbeteiligten Partei in Wels entbunden und hat kurz nach der Entbindung das Krankenhaus unter Zurücklassung des Neugeborenen verlassen. Bei ihrer Aufnahme, die erfolgt war, als die Wehen bereits eingesetzt hatten, hat sie angegeben, kein Vermögen zu besitzen und nicht krankenversichert zu sein. Am 8. April 1999 wurde sie aus Österreich abgeschoben.

Die beschwerdeführende Partei vertritt in Übereinstimmung mit der Erstbehörde und der von dieser befragten Landesregierung die Auffassung, dass ein Kostenersatzanspruch eines Dritten, der tatsächlich Hilfe geleistet hat (hier: die mitbeteiligte Partei), im Sinne des § 61 OöSHG u.a. zur Voraussetzung hat, dass der Hilfeempfänger (hier: die Patientin) einen Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfe hat. Dies sei in Ansehung der Patientin gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 lit. b OöSHG nicht der Fall, weil die Patientin nicht die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung erfüllt habe (rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich, es sei denn, diese Person sei lediglich auf Grund eines Touristensichtvermerks oder einer entsprechenden Ausnahme von der Sichtvermerkspflicht eingereist).

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei vertreten dagegen die Auffassung, dass der Hilfeempfänger nicht die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe erfüllen müsse, damit der Hilfeleistende einen Anspruch auf Kostenersatz nach § 61 OöSHG geltend machen könne. Diese Auffassung besteht aber nicht zu Recht.

§ 61 Abs. 1 und 3 OöSHG lauten:

"(1) Mußte Hilfe zum Lebensunterhalt, zur Pflege oder bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung so dringend geleistet werden, daß die Behörde nicht rechtzeitig benachrichtigt werden konnte, sind der Person oder Einrichtung, die diese Hilfe geleistet hat, auf ihren Antrag die Kosten zu ersetzen.

(3) Kosten einer Hilfe nach Abs. 1 sind nur bis zu jenem Betrag zu ersetzen, der aufgelaufen wäre, wenn soziale Hilfe zum Lebensunterhalt, zur Pflege oder bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung geleistet worden wäre."

§ 61 Abs. 1 OöSHG knüpft bei der Normierung des Kostenersatzanspruches des Hilfeleistenden daran an, dass die Hilfe so dringend zu leisten war, dass die Behörde nicht rechtzeitig benachrichtigt werden konnte. Die Benachrichtigung der Behörde im Sinne des § 61 Abs. 1 leg. cit. dient dem Zweck, dass dem Hilfeempfänger vor ärztlicher Hilfeleistung soziale Hilfe nach dem OöSHG gewährt werden kann. Diese Benachrichtigung hätte demnach

keinen Zweck, wenn feststünde, dass dem Hilfeempfänger - etwa

wegen Nichterfüllens der persönlichen Voraussetzungen - soziale

Hilfe nicht gewährt werden kann. Daraus folgt, dass die Gewährung eines Kostenersatzes nur für Hilfeleistungen in Betracht kommt, für die soziale Hilfe im Sinne des Gesetzes zu leisten gewesen wäre.

Zu diesem Ergebnis führt auch der Abs. 3 des § 61 OöSHG, wenn dort der Kostenersatz betragsmäßig auf das Ausmaß eingeschränkt wird, in dem soziale Hilfe zu leisten gewesen wäre. Der Gesetzgeber geht demnach davon aus, dass dem Hilfeleistenden trotz geleisteter Hilfe kein Anspruch auf Kostenersatz bzw. auf vollen Kostenersatz zukommt.

Kostenersatz kommt nur dann und nur insoweit in Betracht, als der Hilfeempfänger Anspruch auf Gewährung von sozialer Hilfe gehabt hätte.

Wenn die mitbeteiligte Partei und die belangte Behörde verfassungsrechtliche Bedenken dagegen vorbringen, dass nach Krankenanstaltenrecht eine Verpflichtung zur Aufnahme der Patientin bestanden habe, die Hilfe daher nicht habe verweigert werden dürfen und nunmehr die Kosten der geleisteten Hilfe von der mitbeteiligten Partei selbst zu tragen wären, so vermag diese Argumentation den Verwaltungsgerichtshof nicht zu einer anderen Auslegung des OöSHG zu veranlassen. Diese Bedenken richten sich in Wahrheit gegen die Pflicht des Krankenanstaltenträgers zur Aufnahme bestimmter Personen ungeachtet deren wirtschaftlicher Lage. Dafür, dass in allen Fällen, in denen Hilfe geleistet wird, deren Kosten nicht hereingebracht werden können, der Sozialhilfeträger diese Kosten zu ersetzen hätte, besteht nach der Gesetzeslage kein Anhaltspunkt.

Da die belangte Behörde dem Gesetz einen unrichtigen Inhalt beigemessen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. Oktober 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000110119.X00

Im RIS seit

28.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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