Index
90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §73 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des W in M, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. Februar 2000, Zl. VerkR-392.732/9-1999-Vie, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 99/11/0179, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde ein Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 1997 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Mit diesem im Instanzenzug ergangenen Bescheid war dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 74 Abs. 1 und 73 Abs. 3 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B und G vorübergehend für die Dauer von zwei Wochen (ab 27. Mai 1997) entzogen worden. Der Grund für die Aufhebung dieses Bescheides lag darin, dass die belangte Behörde in Verkennung des Ausmaßes der Bindungswirkung des rechtskräftigen Straferkenntnisses vom 21. April 1997 davon ausgegangen war, der Beschwerdeführer habe als Lenker eines Pkws am 10. Dezember 1996 auf einer näher bezeichneten Stelle der Tauernautobahn die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h um 51 km/h überschritten, und daher zu Unrecht die Bestreitung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung durch den Beschwerdeführer im Entziehungsverfahren für unbeachtlich gehalten hat.
Mit dem angefochtenen (Ersatz-)Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid neuerlich keine Folge. Sie führte in der Begründung nach Hinweis auf ihre Bindung gemäß § 63 Abs. 1 VwGG aus, der Beschwerdeführer sei mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 21. April 1997 schuldig erkannt worden, am 10. Dezember 1996 um 2,09 Uhr als Lenker eines Pkws auf einer näher bezeichneten Stelle der Tauernautobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h um mindestens 51 km/h überschritten zu haben. Nach der Aktenlage habe der Beschwerdeführer am 10. Dezember 1996 um 2,09 Uhr einen Pkw an der genannten Stelle mit einer Geschwindigkeit von 161 km/h gelenkt. Diese Geschwindigkeit sei mit einem stationären Radarmessgerät (somit einem technischen Hilfsmittel) festgestellt worden. Es stehe demnach fest, dass der Beschwerdeführer außerhalb des Ortsgebietes die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h überschritten habe. Damit liege eine bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. i KFG 1967 vor. Gemäß § 73 Abs. 3 dritter Satz leg. cit. sei die Entziehungszeit mit zwei Wochen festzusetzen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid u.a. ausgeführt, er bestreite, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h um mehr als 50 km/h überschritten zu haben. Sein Tachometer habe damals eine Geschwindigkeit von 165 km/h angezeigt. Da sein Tachometer einen 5 %igen Vorlauf aufweise, was er durch Stoppungen festgestellt habe, habe er die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur um 47km/h überschritten. Das verwendete Radargerät sei daher nicht geeicht oder nicht der Bedienungsanleitung entsprechend verwendet worden.
Auf dieses Vorbringen ist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit keinem Wort eingegangen. Sie hat insbesondere nicht die erforderlichen Feststellungen darüber getroffen, ob und wann das verwendete Radargerät vorschriftsmäßig geeicht wurde (siehe dazu § 13 Abs. 2 Z. 2 des Maß- und Eichgesetzes, BGBl. Nr. 152/1950 idgF), sodass die Zuverlässigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Messung nicht beurteilt werden kann. Nur wenn die belangte Behörde aufgrund des von ihr beizuschaffenden Eichscheines davon ausgehen kann, dass das verwendete Radar-Geschwindigkeitsmessgerät vorschriftsmäßig geeicht war, kann sie die erfolgte Messung als zuverlässig ansehen und darauf die für den Beschwerdefall entscheidende Feststellung gründen, dass der Beschwerdeführer zum genannten Zeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von mindestens 161 km/h gefahren ist.
Schon aus dem dargelegten Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. Oktober 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000110054.X00Im RIS seit
01.06.2001Zuletzt aktualisiert am
03.05.2016