TE Vwgh Erkenntnis 2014/5/27 2011/16/0028

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.05.2014
beobachten
merken

Index

27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §16 Abs1 Z1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Thoma und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde der Mag. S, vertreten durch die Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1080 Wien, Alserstraße 21, gegen den Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 10. Dezember 2010, Zl. Jv 4305/10g-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 3a VwGG wird der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass sein Spruch lautet:

"Dem Berichtigungsantrag der Klägerin Mag. S, vertreten durch die Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1080 Wien, Alserstraße 21, vom 18. November 2010 wird Folge gegeben und der Zahlungsauftrag des Kostenbeamten in der Rechtssache 26 Cga 63/10i des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 10. November 2010 ersatzlos behoben."

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin gab am 26. März 2010 beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eine Klage zu Protokoll, mit der die Anfechtung einer Kündigung nach § 105 Arbeitsverfassungsgesetz geltend gemacht wurde. In der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2010 setzte das Gericht den Streitwert für das arbeitsgerichtliche Verfahren mit EUR 30.000,-- fest.

Mit Zahlungsauftrag vom 10. November 2010 wurden der Beschwerdeführerin eine Pauschalgebühr und eine Einhebungsgebühr von insgesamt EUR 649,-- vorgeschrieben.

In dem gegen diesen Zahlungsauftrag erhobenen Berichtigungsantrag wurde ausgeführt, bei dem gegenständlichen Verfahren handle es sich um ein Kündigungsanfechtungsverfahren. Die vom Beklagtenvertreter begehrte Streitwertfestsetzung habe sich auf das Rechtsanwaltstarifgesetz bezogen und könne eine Pflicht zur Zahlung von Pauschalgebühren nicht auslösen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag nicht Folge gegeben. In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG normiere, dass bei arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten, soweit in diesen Fällen nicht ein Geldbetrag - sei es in einem Leistungs- oder in einem sonstigen Begehren, etwa einem Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren - Gegenstand der Klage sei, EUR 733,-- als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG heranzuziehen sei. Diese Bestimmung indiziere aber auch, dass diese Bemessungsgrundlage dann nicht zum Tragen komme, wenn ein ziffernmäßig bestimmter Geldbetrag in anderer Weise als durch ein Leistungsbegehren Gegenstand der Klage sei. Da EUR 30.000,-- als Streitwert festgelegt worden sei, sei dieser Betrag auch als Grundlage für die Bemessung der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG heranzuziehen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und verzeichnete Kosten für den Vorlageaufwand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

TP 1 des Gerichtsgebührengesetzes - GGG sieht als Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz bei einem näher abgestuften Wert des Streitgegenstandes abgestufte Gebühren vor. Nach TP 1 Anmerkung 8 GGG sind arbeitsrechtliche Streitigkeiten (einschließlich Mahnklagen und gerichtliche Aufkündigungen) bei einem Wert des Streitgegenstandes bis EUR 1.450,-- gebührenfrei.

Nach § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG betrug auf Grund der im Beschwerdefall maßgebenden Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die Neufestsetzung von Gerichtsgebühren und Bemessungsgrundlagen, BGBl. II Nr. 188/2009, die Bemessungsgrundlage EUR 733,-- u.a. bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, soweit in diesen Fällen nicht ein Geldbetrag - sei es in einem Leistungs- oder in einem sonstigen Begehren, etwa in einem Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren - Gegenstand der Klage ist.

Bei Streitigkeiten, die vor das Arbeitsgericht gehören, ist die Bemessungsgrundlage, soweit nicht ein Geldbetrag als Haupt- oder Eventualbegehren verlangt wird, auch dann nach § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG zu bewerten, wenn das Begehren in verschiedene Punkte (Feststellungsansprüche) gegliedert ist oder wenn der Kläger den Wert des Streitgegenstandes mit einem höheren Betrag bewertet hat. Ein in einem Geldbetrag bestehender Streitgegenstand liegt immer dann vor, wenn im Klagebegehren selbst die begehrte Leistung mit einer Geldsumme ausgedrückt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 2007, Zl. 2007/16/0033, mwN).

Im Beschwerdefall wird mit dem Klagebegehren die Anfechtung einer Kündigung geltend gemacht. Damit wird aber keine mit einer Geldsumme ausgedrückte Rechtsgestaltung, Feststellung, Leistung oder Unterlassung begehrt.

Ebenso wie die Bewertung des Klägers bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten auf Grund der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG für die Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühr nicht maßgeblich ist kommt es auf eine Festsetzung des Streitwerts durch das Gericht nicht an. Damit wird dieser Betrag noch nicht zum Gegenstand der Klage. Da im Klagebegehren keine in einer Geldsumme ausgedrückte Rechtsgestaltung, Feststellung oder Leistung geltend gemacht wurde, hatte die Bemessungsgrundlage im Beschwerdefall gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG EUR 733,-- betragen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 42 Abs. 3a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof jedoch in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Dies ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch maßgeblichen VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 27. Mai 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2011160028.X00

Im RIS seit

01.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten