Index
L22005 Landesbedienstete Salzburg;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kupec, über die Beschwerde des Dr. JH in B, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 17. Oktober 2013, Zl. 21402- 5/6925503/220-2013, betreffend Untersagung einer Nebenbeschäftigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1962 geborene Beschwerdeführer steht seit 1. Oktober 2013 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Salzburg.
Schon während seines Aktivdienstverhältnisses übte er eine (von der Dienstbehörde damals zur Kenntnis genommene) Nebenbeschäftigungen im Bereich der Immobilienvermittlung aus.
Mit dem angefochtenen Bescheid untersagte die belangte Behörde nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (siehe dazu die tieferstehende Wiedergabe der Begründung des angefochtenen Bescheides) dem Beschwerdeführer die Ausübung der gemeldeten Nebenbeschäftigungen, nämlich Makeln von Immobilien und Tätigkeit als Geschäftsführer einer näher genannten Immobilien-GmbH bis zur Wiedererlangung seiner Dienstfähigkeit, längstens jedoch bis zur Vollendung seines 60. Lebensjahres. Als Rechtsgrundlage führte die belangte Behörde § 11a Abs. 3 des Salzburger Landes-Beamtengesetzes, LGBl. Nr. 1/1987 (im Folgenden: L-BG), an.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde Folgendes aus:
"Mit Schreiben des Rechtsvertreters des als Jurist bei der Abteilung 4 des Amtes der Landesregierung in Verwendung stehenden und zu diesem Zeitpunkt vom Dienst suspendierten Landesbeamten Beschwerdeführer vom 01.09.2010 wurde beantragt, die Ausübung einer Nebenbeschäftigung als Immobilienmakler auf unselbständiger Basis zur Kenntnis zu nehmen. Die Nebenbeschäftigung wurde in weiterer Folge im selben Ausmaß auf selbständiger Basis (Schreiben vom 14.10.2011) und dann wieder auf unselbständiger Basis (Schreiben vom 24.04.2012) ausgeübt. Im Schreiben vom 24.04.2012 wurde zudem bekanntgegeben, dass der Beschwerdeführer Geschäftsführer der H Immobilien GmbH ist. Die Ausübung der Nebenbeschäftigungen wurde von der Dienstbehörde zur Kenntnis genommen.
Mit Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung als Disziplinarbehörde erster Instanz vom 12.05.2010, Zl 21402- 5/6925503/124-2010, war gegen den Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 12.05.2010 die Suspendierung unter gleichzeitiger Kürzung der Bezüge unter Ausschluss der Kinderzulage auf zwei Drittel verfügt worden. Mit weiterem Bescheid der Disziplinarbehörde erster Instanz vom 12.05.2010, Zl 21402- 5/6925503/126-2010, wurde gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts der Verletzung seiner allgemeinen Dienstpflichten nach § 9 L-BG eingeleitet und gemäß § 50 L-BG unterbrochen.
Einer gegen die Suspendierung eingebrachten Berufung wurde von der Disziplinarkommission nicht stattgegeben. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 06.11.2012, Zl 2012/09/0036-5, als unbegründet abgewiesen.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23.01.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 5 WaffG und dem Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung gemäß §§ 2, 88 Abs 1 und 4 2. Fall (§ 81 Abs 1 Z 1 StGB) schuldig gesprochen und zu einer Freiheitstrafe von zehn Wochen, bedingt auf zwei Jahre nachgesehen, verurteilt. In weiterer Folge wurde das unterbrochene Disziplinarverfahren von der Disziplinarbehörde wiederaufgenommen und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Disziplinarerkenntnis vom 02.01.2013, Zl 21402-5/6925503/181-2013, wegen eines Verstoßes gegen § 9 Abs 2 L-BG die Disziplinarstrafe der Geldbuße iHv 40% des Monatsbezuges (§ 34 Abs 2 L-BG) unter Ausschluss der Kinderzulage verhängt. Eine gegen diese Disziplinarstrafe eingebrachte Berufung behängt derzeit bei der Disziplinarkommission.
Mit Schreiben des Rechtsvertreters vom 11.02.2013 wurde ein Antrag auf Pensionierung gestellt und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen derzeit und weiterhin nicht in der Lage sei beim Land Salzburg zu arbeiten. Beigebracht wurde ein fachärztliches Gutachten von Dr. F.
Mit Schreiben des Rechtsvertreters vom 27.02.2013 wurde beantragt, die verfügte Suspendierung aufzuheben bzw. das Suspendierungsverfahren wiederaufzunehmen und rückwirkend für nichtig zu erklären.
Nach Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung im Zusammenhang mit dem Antrag auf Pensionierung wurde im Gutachten der Amtsärztin Dr. W vom 18.06.2013 zusammenfassend nach amtsärztlicher Untersuchung und unter Berücksichtigung des fachärztlichen Gutachtens von Dr. F Folgendes ausgeführt:
'Bei dem Beschwerdeführer, geb. 06.01.1962, bestehen physische Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie und Refluxösophagitis, die jedoch medikamentös gut behandelt sind und keine besondere Einschränkung für die Dienstfähigkeit des Untersuchten bedeuten. Weiters bestehen eine Anpassungsstörung und eine verlängerte depressive Reaktion, die sich über Jahre entwickelt hat, ausgelöst durch schwerwiegende familiäre Ereignisse, Konfliktsituationen mit dem Dienstgeber und begünstigt auch durch die individuelle Disposition und Vulnerabilität des Untersuchten. Aus ho. Sicht ist derzeit eine regelmäßige uneingeschränkte Dienstleistung für das Amt auf Grund der psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers nicht vorstellbar. Durch das zerstörte gegenseitige Vertrauen ist auch in absehbarer Zeit keine Änderung dieser Situation zu erwarten, sondern bei Wiederaufnahme der Arbeit mit einer Verschlechterung des Zustandsbildes zu rechnen. Zur Frage der Nebentätigkeit kann gesagt werden, dass es sich dabei doch eher um eine Frage der materiellen Sicherheit, als um eine medizinische Frage handelt. Inwieweit der Beschwerdeführer bei dieser Tätigkeit trotz der bestehenden Einschränkungen der psychischen Belastbarkeit mit Konzentrationsstörungen, Versagensängsten und Rückzugsphasen erfolgreich sein kann, ist nicht gesichert, liegt aber in seiner eigenen Verantwortung. Der Beschwerdeführer hat im Gespräch geäußert, dass die Frage nach der Bewilligung der Nebentätigkeit für ihn nicht im Vordergrund steht.'
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zur Versetzung in den Ruhestand wurde von der Dienstbehörde bereits die Absicht angekündigt, im Falle der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit die ausgeübten Nebenbeschäftigungen des Beschwerdeführers zu untersagen. Hinsichtlich dieser Ankündigung führte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in der Stellungnahme zum Ermittlungsverfahren aus, dass aus seiner Sicht dafür keine gesetzliche Grundlage vorliege und eine derartige Untersagung vom Verfahrensergebnis nicht gedeckt sei.
Mit Bescheid vom 20.09.2013, Zl 21402-5/6925503/209-2013, wurde die Suspendierung mit Ablauf des 30.09.2013 aufgehoben und gleichzeitig mittels gesondertem Bescheid vom 20.09.2013, Zl 21402- 5/6925503/217-2013, die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit ausgesprochen.
Die gegenständliche Entscheidung hinsichtlich der Ausübung der Nebenbeschäftigungen wurde einer gesonderten bescheidmäßigen Erledigung vorbehalten.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im Personalakt aufliegenden Gutachten und Unterlagen. ..."
Nach Wiedergabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiters aus:
"Bei den gegenständlich ausgeübten Nebenbeschäftigungen handelt es sich unstrittig um gemäß § 11a Abs 3 bzw. § 11e Z 3 lit a) L-BG meldepflichtige erwerbstätige Nebenbeschäftigungen, welche bereits während des aktiven Dienstverhältnisses auch ordnungsgemäß gemeldet worden sind.
Die Dienstbehörde hat die Nebenbeschäftigung oder deren Veränderung gemäß § 11a Abs 3 L-BG mit Bescheid zu untersagen, wenn ein Tatbestand des Abs 2 erster Satz vorliegt. Der Beamte darf nach der zitierten Bestimmung u.a. keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.
Ein dem Untersagungsbescheid vorausgehendes Ermittlungsverfahren wird grundsätzlich durch die Meldung der Nebenbeschäftigung bzw. deren Änderung durch den Beamten eingeleitet (§ 11a Abs 3 L-BG). Bei Vorliegen von entsprechenden Verdachtsmomenten ist die Behörde aber gemäß § 39 Abs 2 AVG iVm Art 18 Abs 1 B-VG zur amtswegigen Einleitung eines Verfahrens verpflichtet (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 3 mwH). Wie auch den Erläuterungen zu § 56 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 zu entnehmen ist, kann somit die Dienstbehörde jederzeit die Unzulässigkeit der Nebenbeschäftigung feststellen (ErlRV 11 BlgNR 15. GP). Eine Ankündigung der beabsichtigten Untersagung der Nebenbeschäftigungen erfolgte bereits im Ermittlungsverfahren betreffend die Versetzung in den Ruhestand. Dass eine Untersagung einer Nebenbeschäftigung auch für die Zeit des Ruhestandes erfolgen kann, hat der VwGH bestätigt (VwGH 29.04.2011, 2010/12/0054).
Waren die Nebenbeschäftigungen im gegenständlichen Fall zum Zeitpunkt ihrer Meldung nicht zu untersagen, so wurde dennoch auf Grund des Antrags des Beamten auf Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit eine Änderung der Sachlage dahingehend bewirkt, als dass im Zusammenhang damit eine Behinderung an der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben bzw. Gefährdung wesentlicher dienstlicher Interessen durch Ausübung der Nebenbeschäftigung amtswegig zu prüfen war.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl das Erkenntnis vom 28. Februar 1996, Zl. 94/12/0109, betreffend die Untersagung einer Nebenbeschäftigung, mit Hinweis auf Vorjudikatur) liegt die wesentliche Aufgabe des Dienstrechtes darin, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu gewährleisten. Bereits aus dem Begriff (der als) 'Hauptbeschäftigung' (zu wertenden Wahrnehmung der Aufgaben aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis) im Verhältnis zur 'Nebenbeschäftigung' folgt, dass es Aufgabe des Bediensteten ist, bei einer allfälligen Nebenbeschäftigung mögliche Beeinträchtigungen seines Dienstes oder Beschränkungen seiner dienstlichen Einsatzfähigkeit zu vermeiden. Damit ist die Untersagung einer Nebenbeschäftigung u.a. dann gerechtfertigt, wenn deren Ausübung zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers oder zumindest zu einer erheblichen Verzögerung der Heilung bzw. Verbesserung seines Leidenszustandes führen würde.
Nach den amtsärztlichen Feststellungen im Gutachten von Dr. W vom 18.6.2013 werden die bestehenden physischen Erkrankungen bei dem Beschwerdeführer medikamentös gut behandelt und bedeuten keine besondere Einschränkung für die Dienstfähigkeit des Untersuchten. Die Dienstunfähigkeit wird vielmehr auf die psychischen Erkrankungen des Beschwerdeführers zurückgeführt, welche auch durch Konfliktsituationen mit dem Dienstgeber ausgelöst worden seien. Durch das zerstörte gegenseitige Vertrauen sei auch in absehbarer Zeit keine Änderung dieser Situation zu erwarten. Bei der Ausübung der Nebentätigkeit (gemeint Nebenbeschäftigung) handle es sich eher um eine Frage der materiellen Sicherheit, als um eine medizinische Frage. Weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch amtsärztlich festgestellt wurde die Erzielung eines therapeutischen Effekts (VwGH 14.10.2011, 2008/09/0021) durch die Ausübung der Nebenbeschäftigungen.
Dazu ist festzustellen, dass die materielle Sicherheit des Beamten nach den pensionsrechtlichen Bestimmungen nicht gefährdet ist, zumal auch der Beamte angibt, dass die Frage nach der Bewilligung der Nebentätigkeit (gemeint Nebenbeschäftigung) für ihn nicht im Vordergrund steht. Das Interesse des Bediensteten an einem wirtschaftlichen Mehrerwerb - über die pensionsrechtliche Versorgung hinaus - ist geringer einzustufen, als das dienstliche Interesse der Wahrung des Ansehens des Amtes bzw. an der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit des Beamten. Die Ausübung von Nebenbeschäftigungen der gegenständlichen Art durch einen auf Antrag wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten, 1962 geborenen, Beamten, ist schon abstrakt geeignet, nicht nur dem öffentlichen, sondern auch dem innerdienstlichen Ansehen der Behörde zu schaden. Das dienstliche Ansehen und das Vertrauen der Allgemeinheit sowie auch der Bediensteten ist aus generalpräventiven Gründen zu wahren. Es ist der Dienstbehörde auch nicht zuzumuten, auf die Dienstverrichtung durch den Beamten nach verhältnismäßig kurzer Dienstzeit unter Beibehaltung seines Pensionsanspruches dauerhaft verzichten zu müssen und gleichzeitig die Ausübung einer anderen (zeitintensiven) Beschäftigung zu dulden. Die Ausübung der Nebenbeschäftigung ist vor dem Hintergrund der Ausführungen im amtsärztlichen Gutachten zum gegenseitigen Vertrauen auch nicht geeignet, das Vertrauen des Dienstgebers auf die Bemühungen des Beamten zur Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zu stärken. Umgekehrt würde durch die Nichtuntersagung der Nebenbeschäftigung zumindest für den Zeitraum der gesetzlich möglichen Wiederaufnahme in den Dienststand nach Wiedererlangung der Dienstfähigkeit der Eindruck erweckt, der Dienstgeber würde auf diese Möglichkeit nicht mehr vertrauen und den dauerhaften vorzeitigen Ruhestand stillschweigend dulden.
Eine Wiederaufnahme in den Dienststand kann bei Wiedererlangen der Dienstfähigkeit gemäß § 4d L-BG aus dienstlichen Gründen bis zum 60. Lebensjahr erfolgen, wenn es wahrscheinlich ist, dass er noch durch mindestens fünf Jahre seine dienstlichen Aufgaben versehen kann. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung ist von dieser Möglichkeit theoretisch auszugehen, zumal zumindest aus physischer Sicht keine Einschränkungen für die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers bestehen. Seitens der Dienstbehörde werden zur Abklärung des Vorliegens dieser Voraussetzungen auch wiederkehrende amtsärztliche Untersuchungen angeordnet werden. Aus diesem Grund hat der Bedienstete zumindest für den Zeitraum der gesetzlich möglichen Wiederaufnahme in den Dienststand alles zu unterlassen, was der Wiedererlangung seiner Dienstfähigkeit abträglich ist. Die Untersagung der Nebenbeschäftigung war daher auch aus spezialpräventiven Gründen erforderlich, jedoch auf den Zeitraum einer allfälligen Wiedererlangung der Dienstfähigkeit bzw. das Vollenden des 60. Lebensjahres zeitlich zu beschränken. Der Zweck dieser Maßnahme - eine Behinderung an der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben bzw. Gefährdung sonstiger wesentlicher dienstlicher Interessen zu vermeiden - konnte auch nicht durch gelindere Maßnahmen, wie insbesondere die Festlegung von Auflagen oder Bedingungen im Sinne des § 11a Abs 3 L-BG, erreicht werden.
Durch die Dienstbehörde wird im Übrigen nicht verkannt, dass die Ausübung einer Nebenbeschäftigung unter dem Gesichtspunkt der Erwerbsfreiheit nach Art 6 Staatsgrundgesetz zu prüfen ist. Das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit steht jedoch unter einem Gesetzesvorbehalt (ua VfGH 03.07.1981, B36/79). Die Untersagung der Ausübung der Nebenbeschäftigung aufgrund wesentlicher dienstlicher Interessen iSd § 11a Abs 2 L-BG verstößt daher nicht per se gegen das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit, sondern nur dann, wenn die Dienstbehörde Rechtsvorschriften in denkunmöglicher Weise angewendet hätte (VfGH 03.07.1981, B36/79; VfGH 09.06.1983, B118/80). Dass im konkreten Fall ein wesentliches dienstliches Interesse an der Untersagung der Nebenbeschäftigungen vorliegt, wurde dargetan. Die Untersagung der Nebenbeschäftigung erscheint nach der vorgenommenen Interessensabwägung jedenfalls gerechtfertigt und auch vom Verfahrensergebnis her gedeckt."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Aus dem Grunde des § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - gemäß § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen mit Ablauf des 31. Dezember 2013 in Kraft gestandene Fassung.
§ 4c L-BG idF LGBl. Nr. 66/2006 lautet:
"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit
§ 4c
(1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.
(2) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn
1. er infolge seiner gesundheitlichen Verfassung seine
dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen kann und
2. ihm kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz
zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen im Stand ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.
(3) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, oder mit Ablauf des darin festgesetzten späteren Monatsletzten wirksam.
(4) Eine Versetzung in den Ruhestand nach den Abs 1 bis 3 ist während einer Suspendierung gemäß § 48 nicht zulässig."
§ 4d L-BG idF LGBl. Nr. 95/2005 lautet:
"§ 4d
(1) Der Beamte des Ruhestandes kann aus dienstlichen Gründen durch Ernennung wieder in den Dienststand aufgenommen werden, wenn er seine Dienstfähigkeit wiedererlangt hat. Ein Ansuchen des Beamten ist nicht erforderlich.
(2) Die Wiederaufnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und es wahrscheinlich ist, dass er noch durch mindestens fünf Jahre seine dienstlichen Aufgaben versehen kann.
(3) Der Beamte hat den Dienst spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides, mit dem die Wiederaufnahme in den Dienststand verfügt wird, anzutreten."
§ 11a L-BG idF LGBl. Nr. 116/2001 lautet:
"Nebenbeschäftigung
§ 11a
(1) Nebenbeschäftigung ist jede Beschäftigung, die der Beamte außerhalb seines Dienstverhältnisses und einer allfälligen Nebentätigkeit ausübt.
(2) Der Beamte darf keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet. Während des Zeitraumes, in dem das Beschäftigungsausmaß des Beamten nach § 12i dieses Gesetzes, §§ 15h oder 15i MSchG oder §§ 8 oder 8a VKG herabgesetzt ist, oder während eines Karenzurlaubes gemäß § 15d darf von ihm eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung nur mit Bewilligung der Dienstbehörde ausgeübt werden. Die Bewilligung ist zu versagen, wenn das Ausüben dieser Nebenbeschäftigung dem Grund der getroffenen Maßnahme widerspricht.
(3) Der Beamte hat seiner Dienstbehörde jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung und jede nach Art, Ausmaß oder Ertrag wesentliche Änderung unverzüglich zu melden. Eine Nebenbeschäftigung ist erwerbsmäßig, wenn sie die Schaffung von nennenswerten Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt. Die Dienstbehörde hat die Nebenbeschäftigung oder deren Veränderung mit Bescheid zu untersagen, wenn ein Tatbestand des Abs 2 erster Satz vorliegt. Andernfalls hat sie die Nebenbeschäftigung (Veränderung) zur Kenntnis zu nehmen, wobei sie jedoch mit Bescheid die im Interesse des Dienstes, insbesondere zur Sicherstellung der Erfüllung der Dienstpflichten, erforderlichen Auflagen und Bedingungen festsetzen kann.
(4) Eine Tätigkeit im Vorstand, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder in einem sonstigen Organ einer auf Gewinn gerichteten juristischen Person des privaten Rechts hat der Beamte jedenfalls zu melden."
§ 11e L-BG idF LGBl. Nr. 50/2010 lautet:
"Pflichten der Beamten des Ruhestandes
§ 11e
Beamte des Ruhestandes haben folgende Pflichten:
1.
Wahrung der Amtsverschwiegenheit gemäß § 9d;
2.
Meldepflichten gemäß § 10b Abs 3 Z 1 bis 4;
3. nur bis zur Vollendung des Regelpensionsalters
(§ 3d Abs 1 und § 4 Abs 1a):
a) Pflicht zur Meldung von Nebenbeschäftigungen gemäß
§ 11a Abs 3;
b) Pflicht, außergerichtliche Gutachten gemäß § 11b nur mit Bewilligung der Dienstbehörde abzugeben;"
Gemäß § 3d L-BG ist für den Geburtsjahrgang des Beschwerdeführers das Regelpensionsalter der Ablauf des
780. Lebensmonats des Beamten.
Die Beschwerde vertritt - zusammengefasst - die Auffassung, die Annahme der belangten Behörde, es bestehe bereits ein abstraktes Interesse am Unterbleiben einer Nebenbeschäftigung der vom Beschwerdeführer ausgeübten Art für Beamte seines Alters, sei rechtswidrig. Darüber hinaus fehle es im Verwaltungsverfahren an Ermittlungsergebnissen, welche die Annahme rechtfertigen würden, die weitere Ausübung der in Rede stehenden Nebenbeschäftigung wäre geeignet, eine - mögliche - Wiedererlangung der Dienstfähigkeit im Verständnis des § 4d L-BG zu gefährden.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht:
Zunächst vermag der Verwaltungsgerichtshof ein abstraktes wesentliches dienstliches Interesse im Verständnis des § 11a Abs. 2 erster Satz L-BG am Unterbleiben der Ausübung von Nebenbeschäftigungen im Bereich des Immobilienmaklergewerbes nicht zu erkennen. Ein solches wird von der belangten Behörde auch nicht dargetan. Nichts anderes gilt für die Frage des Vorliegens eines abstrakten wesentlichen dienstlichen Interesses am Unterbleiben der Ausübung einer Nebenbeschäftigung für dauernd dienstunfähige Beamte des Ruhestandes, welche ein bestimmtes Mindestalter noch nicht erreicht haben. Hätte der Salzburger Landesgesetzgeber ein solches abstraktes wesentliches dienstliches Interesse angenommen, so hätte er wohl Beamten des Ruhestandes, welche ein bestimmtes Mindestalter noch nicht erreicht haben, die Ausübung zeitlich ins Gewicht fallender Nebenbeschäftigungen untersagt. Auch aus der Kombination der beiden in Rede stehenden Kriterien lässt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kein wesentliches dienstliches Interesse am Unterbleiben der Nebenbeschäftigung ableiten:
Zunächst liegt es offenkundig auf der Hand, dass die Untersagung einer Nebenbeschäftigung wohl nicht als zulässiges Mittel angesehen werden dürfte, um in der Öffentlichkeit den Eindruck zu vermeiden, eine in Rechtskraft erwachsene Versetzung eines Beamten in den dauernden Ruhestand sei in Wahrheit zu Unrecht erfolgt. Ein solches Interesse führt die belangte Behörde vorliegendenfalls auch nicht ins Treffen.
Für bereits rechtskräftig in den Ruhestand versetzte Beamte - wie den Beschwerdeführer - gilt, dass ein wohlverstandenes dienstliches Interesse an einer Wiederaufnahme in den Dienststand bestehen kann, wenn der Beamte seine Dienstfähigkeit wiedererlangt. Von einem solchen Sachverhalt geht der angefochtene Bescheid aber nicht aus.
Ist der Beamte des Ruhestandes aber nach wie vor
dienstunfähig, so kann ein wesentliches dienstliches Interesse an
der Untersagung einer Nebenbeschäftigung nur dann bestehen, wenn
1. die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit durch den
Beamten zumindest möglich (wenngleich derzeit noch nicht absehbar)
ist und
2. die konkrete Ausübung der Nebenbeschäftigung eben
diese mögliche Wiedererlangung der Dienstfähigkeit gefährden würde.
Diese Frage wäre vor Untersagung einer Nebenbeschäftigung durch ein medizinisches Sachverständigengutachten zu klären gewesen. Aus dem wiedergegebenen Gutachten der Amtsärztin Dr. W geht jedenfalls nicht unzweifelhaft hervor, dass durch eine Nebenbeschäftigung außerhalb des Salzburger Landesdienstes eine Gefährdung einer sonst möglichen Wiedererlangung der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers eintreten könnte. Vielmehr legen die Ausführungen der Amtssachverständigen, welche die Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers im Bereich seiner Dienstbehörde u.a. auf eine vom Beschwerdeführer psychisch schlecht verarbeitete Konfliktsituation mit dem Dienstgeber zurückführen, zumindest die Möglichkeit einer Ausübung der in Rede stehenden Nebenbeschäftigung ohne damit für den Beschwerdeführer verbundene gesundheitliche Nachteile nahe.
Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid in Ansehung der Annahme eines abstrakten dienstlichen Interesses am Unterbleiben der Nebenbeschäftigung schon auf Grund ihrer Art und des Alters des Beschwerdeführers mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Demgegenüber entbehrt die von der belangten Behörde getroffene Annahme, die Ausübung der Nebenbeschäftigung sei der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit im Verständnis des § 4d Abs. 1 L-BG abträglich, einer Grundlage in einem mängelfreien Ermittlungsverfahren.
Infolge der prävalierenden inhaltlichen Rechtswidrigkeit war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 47 ff VwGG.
Wien, am 28. Mai 2014
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteSachverständiger Erfordernis der Beiziehung ArztEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2013120222.X00Im RIS seit
01.07.2014Zuletzt aktualisiert am
10.10.2014