TE Vwgh Erkenntnis 2014/5/28 2013/12/0209

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Veröffentlicht am 28.05.2014
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §6 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel als Richter sowie Hofrätin Mag. Rehak als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kupec, über die Beschwerde des Mag. R P in W, vertreten durch Mag. Thomas Breite, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 17/16, gegen den Bescheid des Präsidenten des Rechnungshofes vom 25. September 2013, Zl. 503.715/022-1A2/13, betreffend Versagung der Wiedereinsetzung i.A. Wiederaufnahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und gehörte bis Ende März 2004 dem Planstellenbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (zuletzt in der Verwendungsgruppe PT2/2b) an. Mit Wirksamkeit vom 1. April 2004 wurde er vorerst für die Dauer von sechs Monaten dem Bundesministerium für Finanzen zur Dienstleistung zugeteilt, mit Wirkung vom 1. September 2004 auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 5 und mit Wirkung vom 1. Oktober 2004 auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 2, jeweils im Planstellenbereich des Bundesministeriums für Finanzen - Zentralleitung ernannt (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2007, Zl. 2006/12/0044 = Slg. 17.347/A).

Seit 1. Februar 2007 gehört der Beschwerdeführer dem Personalstand des Rechnungshofes an.

In seiner an den (damaligen) Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie gerichtete Eingabe vom 6. Oktober 2003, betreffend "Antrag auf dienst- und besoldungsrechtliche Gleichstellung" hatte er

"1. ... die Bezahlung der Differenz zwischen

a)

seinem Gehalt und dem Gehalt seiner Kollegen,

b)

der ihm gebührenden Funktionszulage und der seinen Kollegen gebührenden Funktionszulage und

              c)              der ihm gebührenden Sonderzahlung und der seinen Kollegen gebührenden Sonderzahlung ab Dezember 2003.

     2. ... die Bezahlung jenes Differenzbetrages, der sich ergibt

aus der im Laufe der letzten drei Jahre erfolgen Erhöhung seines

Monatsbezuges und der Erhöhung des Bezuges seiner Kollegen.

     3. ... die Gewährung von zusätzlich fünf Arbeitstage

jährlichen Erholungsurlaub"

     beantragt.

Diesen Antrag wies dieser Bundesminister mit seinem Bescheid vom 22. April 2004 ab, wogegen der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhob, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 27. September 2005, B 736/04, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete, über Auftrag ergänzte Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2006, Zl. 2005/12/0235, auf das im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, als unbegründet ab.

In seiner an das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie gerichteten Eingabe vom 5. Dezember 2011 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 22. April 2004 abgeschlossenen Verfahrens. Dieser Bescheid sei von der Vereinbarkeit des Gehaltsrechts des Bundes mit "EU-Recht" abgehangen, insbesondere mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Während die Behörde die Vereinbarkeit im Bescheid vom 22. April 2004 bejaht habe, habe der Gerichtshof der Europäischen Union diese Vorfrage in seinem Urteil vom 8. September 2011, RS C-297/10 und C-298/10 - Hennigs, in wesentlichen Punkten anders als im Bescheid entschieden.

Mit Bescheid vom 28. Februar 2012 wies die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie den Antrag vom 5. Dezember 2011 auf Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 22. April 2004 abgeschlossenen Verfahrens "mangels des Vorliegens eines Wiederaufnahmegrundes gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 bis 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991" ab, weil - so der wesentliche Kern der Begründung - der geltend gemachte Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG ebenso wenig vorliege wie nach Z. 1 und 2 leg. cit..

Mit Erkenntnis vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/12/0060, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der damals belangten Behörde auf; gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Diese Erkenntnis wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 8. März 2013 zugestellt.

In einer weiteren, ebenfalls an das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie gerichteten Eingabe vom 29. Oktober 2012 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 22. April 2004 abgeschlossenen Verfahrens. Wie der Print-Ausgabe der Tageszeitung "Die Presse" vom 22. Oktober 2012 zu entnehmen sei, habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 4. September 2012, Zl. 2012/12/0007, nunmehr über die Vorrückung und die besoldungsrechtliche Stellung eines Beamten abgesprochen. Unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 18. Juni 2009 in der Sache Hütter habe er festgestellt, dass bei der Gehaltseinstufung von Beamten nach wie vor eine nach der Richtlinie 2000/78/EG unzulässige Ungleichbehandlung vorliege. So wie das Urteil des EuGH sei auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes von der Dienstbehörde rückwirkend anzuwenden. Somit liege der Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG vor.

In seiner an den Rechnungshof gerichteten Eingabe vom 19. März 2013, betreffend Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des Verfahrens brachte der Beschwerdeführer vor:

"Am 8.3.2013 wurde mir das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.2.2013, Zl. 2012/12/0060, zugestellt. Erst aus ebendiesem erfuhr ich, dass für die Verfügung

der Wiederaufnahme des Verfahrens ... nicht der Bundesminister für

Verkehr, Innovation und Technologie, der den Bescheid vom 22.4.2004 erlassen hatte, zuständig ist, sondern der Rechnungshof. Diese Entscheidung war für mich weder vorhersehbar noch abwendbar, da ich den Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 2 AVG bei der Behörde eingebracht habe, die den Bescheid erlassen hatte. Auch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie selbst zweifelte nicht an ihrer Zuständigkeit, da sie den Antrag

mit Bescheid vom 28.2.2012, ... abwies. Dieser Bescheid wurde

jedoch vom Verwaltungsgerichtshof ... wegen Rechtswidrigkeit

infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Da ich insofern unverschuldet den Antrag auf Wiederaufnahme nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist beim Rechnungshof eingebracht habe, konnte ich von meinem Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG iVm § 14 DVG nicht rechtzeitig Gebrauch machen.

Ich stelle daher in offener Frist gemäߧ 71 Abs. 2 AVG iVm

§ 15 DVG den

Antrag,

der Rechnungshof möge die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG iVm § 15 DVG bewilligen und stelle zugleich gemäß § 69 Abs. 1 Z 3 AVG iVm § 14 DVG den

Antrag,

der Rechnungshof möge die Wiederaufnahme des mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom

22.4.2004 ... abgeschlossenen Dienstrechtsverfahrens verfügen.

Meine Anträge begründe ich im Einzelnen wie folgt:

Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden (§ 71 Abs. 2 AVG).

Da ich erst aus dem mir am 8.3.2013 zugegangenen Erkenntnis des VwGH Kenntnis davon erlangte, dass nunmehr der Rechnungshof für die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens zuständig ist und nicht mehr die 'frühere' Dienstbehörde, ist der mit heutigem Tag eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig.

Der von mir erlittene Rechtsnachteil besteht im vorliegenden Fall darin, dass ich mangels Kenntnis der zuständigen Dienstbehörde bis zum Erhalt des VwGH-Erkenntnisses nicht in der Lage war, den zur Wahrung meiner Rechte vorgesehenen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG rechtzeitig bei der zuständigen Dienstbehörde einzubringen.

Kausal für das Versäumen der Frist war die unrechtmäßige Wahrnehmung der Zuständigkeit durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, die offenbar auf Grund von § 6 AVG iVm § 69 Abs. 2 AVG von ihrer Zuständigkeit ausgegangen war. Die Entscheidung des VwGH war weder vorhersehbar noch war dieses Ereignis abwendbar. In seinem Erkenntnis stellt der VwGH nur die Unzuständigkeit der belangten Behörde fest ohne etwas über die Fortsetzung des Verfahrens erkennen zu lassen. Insbesondere geht aus dem Erkenntnis nicht hervor, ob der Wiederaufnahmeantrag von der belangten Behörde gemäß § 6 Abs. 1 AVG an den Rechnungshof weiterzuleiten ist oder ich den Antrag beim Rechnungshof neu einzubringen muss. Vorsichtshalber bringe ich daher den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens neu ein.

Im Falle der Bewilligung der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand tritt das Verfahren in das Stadium zurück, in dem es sich vor Eintritt der Versäumung befunden hat. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass dem Rechnungshof infolge des nachgeholten Wiederaufnahmeantrages gemäß § 69 Abs. 4 AVG iVm § 14 DVG die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens zusteht.

Der Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 22.4.2004 hing von der Vereinbarkeit des Gehaltsrechts des Bundes mit EU-Recht, insbesondere der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303 v. 2.12.2000, S. 16), ab. Während die Dienstbehörde die Vereinbarkeit im Bescheid bejahte, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) diese Vorfrage in seinem Urteil vom 8. September 2011, verbundene Rechtssache (Rs) C- 297/10 und C-298/10, Hennigs/Mai (ABI. C 311 v. 22.10.2011, S 12), in wesentlichen Punkten anders. Diese Punkte lege ich wie folgt dar:

...

Nach Unionsrecht muss die Dienstbehörde eine bestandskräftige Entscheidung zurückzunehmen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (EuGH, Rs C-453/00, Kühne & Heitz, Slg 2004, I-837, Rdnr 24, Rs C- 2/06, Kempter, Slg 2008, I-411):

...

Das Dienstrechtsverfahren kann gemäß § 14 Abs. 4 DVG iVm § 69 Abs. 2 AVG innerhalb von zehn Jahren wiederaufgenommen werden. Gemäß § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Nachdem ich vom Urteil des EuGH in der Rechtssache Hennigs/Mai am 30. November 2011 erfuhr, stellte ich am 5. Dezember 2011 bei der bescheiderlassenden Behörde, dem BMVIT, den gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ...

Im aufgehobenen Bescheid vom 28.2.2012 ... vertrat das BMVIT

die Rechtsansicht, dass eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG ein dem Sachverhalt angehöriges, vorweg zu klärendes rechtliches Element des konkreten zur Entscheidung stehenden Rechtsfalles sei, dessen Beantwortung ein unentbehrliches Tatbestandsmoment für die zu treffende Entscheidung der Hauptfrage liefere. Der Vorfragentatbestand des § 69 Abs. 1 Z 3 AVG sei nur dann erfüllt, wenn die Entscheidung der zuständigen Behörde (des Gerichtes) dieselbe Rechtsfrage betreffe, die von der Verwaltungsbehörde als Vorfrage beurteilt worden ist, diese Vorfrage nunmehr von der hierfür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist und außerdem gegenüber den Parteien des wiederaufzunehmenden Verfahrens bindend geworden ist. Das BMVIT hielt in dem Bescheid weiters fest, dass die gesetzlichen Bestimmungen für die Einstufung eines Beamten im Einklang mit dem EU-Recht stünden. Dem widersprach der VwGH jedoch ausdrücklich in seinem Erkenntnis vom 4.9.2012, Zl. 2012/12/0007 unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH vom 18.6.2009, C-88/08 Hütter, Rn 38. Er hielt fest, dass das in der RL 2000/78/EG umschriebene Diskriminierungsverbot inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt ist und somit nach der Judikatur des EuGH unmittelbar wirksam ist. Das bedeutet, dass Art. 2 und Art. 6 der RL Vorrang vor der innerstaatlichen Bestimmung des § 8 Abs. 1 GehG 1956 idF BGBl. I Nr. 82/2010 genießt, soweit sich diese Bestimmung in diskriminierender Weise auswirkt. Belastendes nationales Recht, das in einer konkreten Konstellation im Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Unionsrecht steht, wird für diese Konstellation verdrängt. Die Verdrängungswirkung des Unionsrechts hat zur Folge, dass die nationale gesetzliche Regelung in jener Gestalt anwendbar bleibt, in der sie nicht mehr im Widerspruch zum Unionsrecht steht.

Würde man der vom BMVIT im aufgehobenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht folgen, wonach im Vorabentscheidungsverfahren ergangene Urteile des EuGH nicht zur Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grund eines Vorfragentatbestandes berechtigen würden, sondern es zur Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z 3 AVG vielmehr der Entscheidung des VwGH bedürfte, folgen, dann wäre anlässlich des VwGH-Erkenntnisses vom 4.9.2012, Zl. 2012/12/0007 der Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z 3 AVG neuerlich vorgelegen. Vorsichtshalber beantragte ich am 29.10.2012 neuerlich die Wiederaufnahme des Verfahrens. Der Antrag wurde jedoch vom BMVIT bislang nicht erledigt. Auch bei diesem Wiederaufnahmeantrag ist unklar, ob er vom BMVIT gemäß § 6 Abs. 1 AVG an den Rechnungshof weiterzuleiten ist oder ich den Antrag beim Rechnungshof neu einbringen muss. Vorsichtshalber beantrage ich daher auch bezüglich dieses Antrages Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und bringe den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens beim Rechnungshof neu ein.

Da die Zuständigkeit vom BMVIT auf den Rechnungshof übergegangen ist, möge dieser die Entscheidung des BMVIT (Bescheid vom 22.4.2004 ...) überprüfen, um der mittlerweile vom EuGH vorgenommenen Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts Rechnung zu tragen. Die Dienstbehörde möge dann anhand der Ergebnisse dieser Überprüfung meinem ursprünglichen Antrag auf dienst- und besoldungsrechtliche Gleichstellung vom 6. Oktober 2003 stattgeben und diesem durch die Feststellung, dass die angeführte Richtlinie geeignet war, die Verbesserung meiner dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung mit 2. Dezember 2003 herbeizuführen, entsprechen.

Im neuen Bescheid ist überdies gemäß § 14 Abs. 3 DVG anzuordnen, dass der Zustand hergestellt wird, der sich ergeben hätte, wenn der neue Bescheid schon im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des früheren Bescheides erlassen worden wäre."

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach der Präsident des Rechnungshofes (die belangte Behörde) wie folgt ab:

              "1)              Ihr Antrag vom 19. März 2013 auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen. Der zugleich gestellte Antrag, der Rechnungshof möge die Wiederaufnahme des mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 22. April 2004, GZ. BMVIT-1005/5- CS5/04, abgeschlossenen Dienstrechtsverfahrens, verfügen, wird zurückgewiesen.

(2) Ihr weiterer mit demselben Schreiben vom 19. März 2013 gestellter Antrag, auch bezüglich Ihres an das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie gerichteten Wiederaufnahmeantrages vom 29. Oktober 2012 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verfügen, wird abgewiesen; der zugleich eingebrachte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 56 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 (in Folge kurz: AVG), § 69 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, § 71 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998;

§§ 1, 8, 14 und 15 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29, in der Fassung BGBl. Nr. 362/1991 (in Folge kurz: DVG); § 2 DVG in der Fassung BGBl. I Nr. 6/2010"

Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Zitierung der genannten Rechtsgrundlagen erwog die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides:

"Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§7 1 AVG i.V.m. 15 DVG) ist ein Rechtsbehelf der Partei, um die Rechtsfolgen einer unverschuldeten Säumnis zu beseitigen. Eine Wiedereinsetzung kann nur auf Antrag einer Partei verfügt werden, wenn die Partei eine verfahrensrechtliche Frist versäumt. Diese Voraussetzung ist bei der Versäumung der für den vorliegenden Fall normierten zweiwöchigen Frist für die Stellung eines Wiederaufnahmeantrages jeweils gegeben.

Der Antragsteller behauptete zum einen, von einem Wiederaufnahmegrund am 30. November 2011 erfahren zu haben, woraufhin er am 5. Dezember 2011 beim BMVIT einen Antrag auf

Wiederaufnahme des Verfahrens ... gestellt habe. Angemerkt wird,

dass diese Behauptung nicht weiter belegt wird und die Kenntnisnahme eines Wiederaufnahmegrundes am 30. November 2011 daher nicht nachvollziehbar ist.

In einem weiteren Fall gab er an, am 29. Oktober 2012 neuerlich die Wiederaufnahme des genannten Verfahrens beim BMVIT beantragt zu haben, unterließ in diesem Fall aber weitere Angaben zur Rechtzeitigkeit des Antrages. Unter Bezugnahme auf ein VwGH-Erkenntnis vom 4. September 2012, Zl. 2012/12/0007, brachte er vor, dass von neuem ein Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG vorliegen würde. Nach Rückfrage beim BMVIT nahm der Antragsteller diesfalls Bezug auf einen in der Print-Ausgabe der Tageszeitung 'Die Presse' vom 22. Oktober 2012 gelesenen Artikel, woraus sich die Rechtzeitigkeit des gestellten Antrages allenfalls ableiten ließe.

Aus dem Erkenntnis des VwGH vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/ 12/0060-8, das dem Rechtsvertreter des Antragstellers Mag. Thomas Breite, Rechtsanwalt am 8. März 2013 zugestellt worden ist, geht hervor, dass für die Verfügung der Wiederaufnahme nicht das BMVIT (als frühere Dienstbehörde) sondern der Rechnungshof (als 'neue' Dienstbehörde) zuständig gewesen wäre.

Da beide Wiederaufnahmeanträge (in Verbindung mit dem jeweiligen Wiedereinsetzungsantrag) erst mit Eingabe vom 19. März 2013 an den Rechnungshof gerichtet worden sind, sind diese Wiederaufnahmeanträge somit jedenfalls verfristet bzw. sind die Fristen, bezüglich der die Wiedereinsetzung jeweils erfolgen soll, versäumt.

Da der Antragsteller sohin jeweils eine Prozesshandlung, die zur Wahrung seiner Rechte möglich war, nicht mehr vornehmen kann, kann von einem Rechtsnachteil im Sinne des § 71 Abs. 1 AVG ausgegangen werden.

Der Antragsteller behauptet in seiner Eingabe vom 19. März 2013, dass er erst aus dem ihm am 8. März 2013 zugegangenen Erkenntnis des VwGH Kenntnis davon erlangte, dass nunmehr der Rechnungshof für die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens zuständig ist und nicht mehr die 'frühere' Dienstbehörde.

Kausal für das Versäumen der Frist (für die Wiederaufnahmeanträge) sei die unrechtmäßige Wahrnehmung der Zuständigkeit durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie gewesen.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Zu den Ereignissen im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG zählt die Rechtsprechung des VwGH auch innere (psychologische) Vorgänge, wie z.B. einen Rechtsirrtum.

Gegenständlich irrte der Antragsteller offensichtlich über die Zuständigkeitsvorschriften in Dienstrechtsangelegenheiten, andernfalls er die Wiederaufnahmeanträge bei der zuständigen Dienstbehörde, dem Rechnungshof eingebracht hätte bzw. einbringen hätte können.

Dieser Rechtsirrtum bzw. die Unkenntnis oder die unrichtige Beurteilung der Rechtslage wurde keineswegs vom BMVIT verursacht, sondern ist dem Antragsteller selbst zuzurechnen.

Der Rechtsirrtum ist grundsätzlich als kausal für das Versäumen der Frist in beiden angestrengten Wiederaufnahmefällen anzusehen, d.h. der Antragsteller war dadurch gehindert, die Frist für die Stellung der Wiederaufnahmeanträge beim Rechnungshof einzuhalten.

Gemäß Rechtsprechung des VwGH sind aber mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsirrtum grundsätzlich nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten, das die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte. Das ergibt schon die einfache Überlegung, dass die rein subjektive Beurteilung einer bestimmten Rechtslage den Antragsteller niemals hindern kann, sich über die Zuständigkeitsvorschriften bei Rechtskundigen zu informieren (vgl. VwGH, Zl. 95/20/0319 betreffend Wirkung eines Berichtigungsbescheides). Diesbezüglich ist es unerheblich, dass auch das BMVIT fälschlich von seiner Zuständigkeit ausging, hat es doch den Rechtsirrtum des Antragstellers nicht veranlasst.

     In der Rechtsprechung des VwGH wird weiters die Auffassung

vertreten, dass bei Geltendmachung eines solchen

Wiedereinsetzungsgrundes im konkreten Einzelfall zu prüfen ist, ob

die Partei (ihren Vertreter) an der Unkenntnis der Rechtslage bzw.

am Rechtsirrtum ein über den minderen Grad des Versehens

hinausgehendes Verschulden trifft ... Eine der Wiedereinsetzung

entgegen stehende auffallende Sorglosigkeit nahm der VwGH

beispielsweise an, wenn die Rechtsunkenntnis bzw. der Rechtsirrtum

hätte vermieden werden können durch

     o         Rücksprache mit dem Rechtsvertreter,

     o        Einholung von Informationen bei einem

Rechtskundigen, oder

     o         durch Beachtung der normativen Aussage der

gesetzlichen Regelung.

Die Prüfung der Frage, ob die Rechtsunkenntnis oder der Rechtsirrtum auf einem über den minderen Grad des Versehens hinausgehenden Verschulden beruht, hat bei rechtskundigen Parteien wie dem Antragsteller oder wenn ein rechtskundiger Parteienvertreter einschreitet, nach einem strengeren Maßstab zu erfolgen als bei Rechtsunkundigen. Eine bloß leichte Fahrlässigkeit, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu rechtfertigen vermag, wird nur in besonderen Ausnahmefällen angenommen werden können.

Insbesondere waren im vorliegenden Fall auch keine diffizilen Überlegungen rechtlicher Natur anzustellen. Der VwGH führte demnach in der Begründung seines Erkenntnisses vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/12/0060 aus: Nach§ 2 Abs. 1 DVG richtet sich die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen. Soweit in diesen Rechtsvorschriften keine Bestimmungen über die Zuständigkeit enthalten sind, gelten die folgenden Absätze. Nach dem ersten Satz des zweiten Absatzes leg. cit. sind die obersten Verwaltungsorgane des Bundes für die Dienstrechtsangelegenheiten der der Zentmistelle angehörenden Beamten als Dienstbehörde in erster Instanz zuständig.

Welche Dienstbehörde im Einzelnen zuständig ist, richtet sich nach Abs. 5 leg. cit. bei Bediensteten des Dienststandes nach der Dienststelle, der der Bedienstete angehört. Wird ein Bediensteter während eines laufenden Dienstrechtsverfahrens in den Personalstand eines anderen Ressorts übernommen, so hat die gemäß Abs. 2 zuständige Dienstbehörde jenes Ressorts das Verfahren fortzuführen, in deren Personalstand der Bedienstete übernommen wird. Ein Beamter des Dienststandes gehört jener Dienststelle an, der er anlässlich der Ernennung oder durch eine spätere Versetzung zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird. Davon, dass die im Zeitpunkt der dienstbehördlichen Entscheidung über einen strittigen Anspruch 'aktuelle' Angehörigkeit für die Zuständigkeit der Dienstbehörde und die (frühere) Angehörigkeit zu der im Zeitpunkt des Anspruches gegebenen (anderen) Dienststelle maßgebend ist, ist auch die Vorjudikatur des VwGH ausgegangen. Abgesehen davon kommt es bei der Zuständigkeit soweit nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet ist auf den Zeitpunkt der Erlassung der behördlichen Entscheidung an (vgl. das Erkenntnis vom 13. September 2002, Zl. 2000/12/0298, sowie den Beschluss vom 16. September 2010, Zl. 2010/12/0103, m.w.N.).

Dafür spricht auch ein aus der später eingefügten Bestimmung des § 2 Abs. 7 DVG gezogener Größenschluss: Wenn schon bei einem anhängigen Dienstrechtsverfahren, bei dem ein Anspruch aus der Zeit vor dem Ressortwechsel geltend gemacht wird, die Übernahme in den Personalstand des neuen Ressorts zur Zuständigkeit der neuen Dienstbehörde führt, muss dies umso eher für Ansprüche aus der Zeit vor dem Ressortwechsel gelten, die erst nach demselben geltend gemacht werden.

Wohl sieht der zufolge § 1 Abs. 1 DVG grundsätzlich maßgebliche § 69 AVG in seinem Abs. 2 vor, dass der Antrag auf Wiederaufnahme binnen Frist bei der Behörde einzubringen ist, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat; nach Abs. 4 leg. cit. steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.

Davon abweichend richtet sich aber die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten nach§ 2 Abs. 1 erster Satz DVG 'nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen', sohin nach den Materiengesetzen und den darauf erlassenen Verordnungen. Soweit in diesen Rechtsvorschriften - beschwerdefallbezogen etwa im Gehaltsgesetz 1956 und im Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - keine Bestimmungen über Zuständigkeiten enthalten sind, gelten nach dem zweiten Satz leg. cit. die folgenden Absätze des § 2 DVG.

Aus § 2 Abs. 2, 5 und 7 DVG ist (somit) zu erschließen, dass für einen in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Beamten auch im Falle eines Ressortwechsels nur eine Dienstbehörde zuständig sein soll.

Weiters stellt die Unkenntnis bzw. Nichtbeachtung der zur Wahrung einer gesetzlichen Frist erforderlichen Handlungen gerade beim Antragsteller aus folgendem Grund keinen bloß minderen Grad des Versehens dar.

Aus dem vom VwGH in seiner Entscheidung vom 21. Februar 2013 zitierten Erkenntnis vom 17. Dezember 2007 zur Zl. 2006/12/0044, geht hervor, dass der Antragsteller über die Zuständigkeitsregeln des § 2 Abs. 5 und 7 DVG bereits Kenntnis haben muss(te). Im genannten Erkenntnis wurde dargelegt, dass sich die Frage, welche Dienststelle im einzelnen Fall zuständig ist, gemäß § 2 Abs. 5 DVG bei Bediensteten des Dienststandes nach der Dienststelle richtet, der der Bedienstete angehört. Es wurde festgestellt, dass, wenn ein Bediensteter während eines laufenden Dienstrechtsverfahrens in den Personalstand eines anderen Ressorts übernommen wird, gemäß § 2 Abs. 7 DVG die gemäß § 2 Abs. 2 zuständige Dienstbehörde jenes Ressorts das Verfahren fortzuführen hat, in deren Personalstand der Bedienstete übernommen wird. Mit der Ernennung des Antragstellers auf eine Planstelle im Bereich des BMF Zentralstelle mit 1. September 2007 wurde damals das BMF dafür zuständig, das Dienstrechtsverfahren des Antragstellers damals betreffend Karenzierung fortzuführen.

Vor diesem Hintergrund mag es bezüglich der vorliegenden Anträge auf Wiedereinsetzung in Verbindung mit den dazugehörigen Wiederaufnahmeanträgen dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller das Vorliegen eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses konkret des Rechtsirrtums glaubhaft machen kann.

Die normative Aussage der gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen ist klar verständlich. Dass das BMVIT gleichfalls einem Irrtum unterlegen sein dürfte, kommt dem Antragsteller nicht zugute, da das BMVIT den Irrtum weder veranlasst hat noch den Antragsteller an der Einhaltung der Frist zur Stellung der Wiederaufnahmeanträge gehindert hat. Der Antragsteller bringt auch nicht vor, dass er falsch beraten worden wäre. Gegen das Vorliegen eines bloß minderen Grades des Versehens spricht außerdem, dass der Antragsteller selbst rechtskundig ist und bereits in einem anderen von ihm angestrengten Verfahren vor dem VwGH in einer 'Dienstrechtsangelegenheit' die einschlägigen Zuständigkeitsbestimmungen des § 2 Abs. 2, 5 und 7 DVG erwogen worden sind, diese ihm also bekannt sein mussten.

Daraus folgt, dass der Wiedereinsetzungswerber die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten Rechtskundigkeit und Erfahrung im Umgang mit Behörden liegen vor zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen und somit selbst 'auffallend sorglos' gehandelt hat.

Im Ergebnis liegt somit kein bloß minderer Grad des Versehens vor, sondern ein darüber hinaus gehendes Ausmaß des Verschuldens des Antragstellers, weshalb die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gegeben sind.

Die Wiedereinsetzungsanträge sind somit unbegründet und waren daher abzuweisen. Anträge auf Wiederaufnahme sind binnen zwei Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, einzubringen. Da die subjektive Antragsfrist vom Antragsteller jedenfalls mangels Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in beiden Fällen nicht eingehalten wurde, waren die Wiederaufnahmeanträge wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen.

Vor diesem Hintergrund konnten weitere Erhebungen hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der gestellten Wiederaufnahmeanträge, insbesondere eine Überprüfung der nicht nachvollziehbaren und aus dem Vorbringen des Antragstellers nicht belegten Behauptung, (erst) am 30. November 2011 vom 'EuGH-Urteil' erfahren zu haben, sowie Erhebungen hin sichtlich der weiteren (auch inhaltlichen) Voraussetzungen der Wiederaufnahmeanträge unterbleiben."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des Verfahrens (u.a.) verletzt; er beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag vom 19. März 2013 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben und in Stattgebung des Antrages vom 5. Dezember 2011, in eventu vom 29. Oktober 2012, in eventu vom 19. März 2013, die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 22. April 2004 abgeschlossenen Dienstrechtsverfahrens verfügt werde, in eventu, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Hierauf brachte der Beschwerdeführer einen ergänzenden Schriftsatz zur Gegenschrift ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 122/2013 sind auf das mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf dieses Tages geltenden Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 weiter anzuwenden.

Die Beschwerde sieht die inhaltliche Rechtswidrigkeit darin, entgegen der Ansicht der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid habe der Beschwerdeführer keineswegs geirrt, als er den "Primärantrag" vom 5. Dezember 2011 und den "ersten Eventualantrag" vom 29. Oktober 2012 bei der früheren Dienstbehörde eingebracht habe, weshalb dies auch nicht kausal für ein allfälliges Versäumen der Frist (zur Beantragung der Wiederaufnahme des Verfahrens) habe sein können. Vielmehr habe die unterbliebene Weiterleitung der Anträge an die belangte Behörde und die damit zwangsläufig verbundene fehlende Kenntnis der belangten Behörde von den Anträgen die eigentlichen Hindernisse im Sinn des § 71 AVG dargestellt, welches es zu beseitigen gelte. Der Beschwerdeführer teile die Ansicht der belangten Behörde bezüglich der Klarheit und Verständlichkeit der Zuständigkeitsregelungen, wenngleich er diese trotz des klaren und eindeutigen Wortlautes anders verstehe. Dass die Anträge von der richtigen Einbringungsstelle dennoch nicht weitergeleitet worden seien, sei ein Verschulden der Einbringungsbehörde, die den Antrag gemäß § 6 AVG ohne unnötigen Aufschub an die belangte Behörde hätte weiterleiten müssen. Dass sich die Einbringungsbehörde nicht an die Verfahrensgesetze halte, sei für den Beschwerdeführer weder vorhersehbar noch abwendbar und ihm daher nicht zurechenbar. Sollte der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsansicht, dass das "BMVIT" gemäß § 69 Abs. 2 AVG aufgrund des eindeutigen und klaren Wortlautes als Behörde, die den Bescheid in erster Instanz erlassen habe, für die Einbringung des Wiederaufnahmeantrages zuständig gewesen sei, irren, so sei dieser Rechtsirrtum nur ein minderer Grad des Verschuldens, sodass dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben sei. Da selbst aus dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Februar 2013 die korrekte Einbringungsstelle nicht zu entnehmen sei, könne dem Beschwerdeführer dieser Irrtum nicht vorgeworfen werden. Nach § 69 Abs. 2 AVG seien die Wiederaufnahmeanträge beim "BMVIT" einzubringen gewesen und der Beschwerdeführer habe diese dort am 5. Dezember 2011 und am 29. Oktober 2012 auch richtig und fristgerecht eingebracht.

Soweit der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde an seiner Ansicht festhält, dass die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie zur Entscheidung über sein Wiederaufnahmebegehren zuständig gewesen sei, veranlasst dieses Vorbringen den Verwaltungsgerichtshof nicht, von seiner im bereits mehrfach zitierten Erkenntnis vom 21. Februar 2013 näher dargelegten Rechtsprechung zur Frage der Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten im Falle eines - oder mehrerer - Ressortwechsel abzugehen.

Nach dem gemäß § 1 Abs. 1 DVG in Dienstrechtsverfahren anwendbaren § 71 Abs. 1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, kein Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

Der Beschwerdeführer hatte sich in seinem eingangs näher zitierten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (und auf Wiederaufnahme des Verfahrens) vom 19. März 2013 darauf berufen, dass die Inanspruchnahme der Zuständigkeit durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie zur Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag kausal für das Versäumen der Frist des § 69 Abs. 2 AVG gewesen sei. In Übereinstimmung damit rügt die vorliegende Beschwerde (abgesehen von der im zitierten Erkenntnis vom 21. Februar 2013 überbundenen Rechtsansicht zur Frage der Zuständigkeit der Dienstbehörde), dass das Unterlassen der Weiterleitung der Wiederaufnahmeanträge von der "richtigen Einbringungsstelle an die belangten Behörde" kausal für die Fristversäumnis gewesen sei.

Hat eine Partei aus Unkenntnis von der Zuständigkeit oder Behördenorganisation einen Antrag bei der falschen Behörde eingebracht, so ist die Eingabe nach § 6 AVG zwar "auf Gefahr des Einschreiters" an die zuständige Behörde weiterzuleiten, jedoch darf die Weiterleitung nicht beliebig lang hinausgezögert werden, sondern hat ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen. Wenn auch das Risiko einer durch die Weiterleitung bewirkten Fristversäumung der Einschreiter zu tragen hat, steht es der Behörde nicht zu, dieses Risiko durch ihre Untätigkeit schlagend werden zu lassen. Wurde die Partei durch eine grundlose extreme Verzögerung der Weiterleitung ihres irrtümlich bei der unzuständigen Behörde eingebrachten Anbringens gehindert, die Frist einzuhalten, stellt das für die Fristversäumung letztlich kausale Fehlverhalten der Behörde ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis im Sinn des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG dar. Diesfalls trifft den Antragsteller an der Versäumung der Frist kein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt aber nur dann vor, wenn die Partei durch ein im Nachhinein bekannt gewordenes "krasses" Fehlverhalten der zur Weiterleitung verpflichteten Behörde an der Einhaltung der Frist gehindert wurde (vgl. den hg. Beschluss vom 20. November 2002, Zl. 2002/08/0134, betreffend den Fall eines für die Weiterleitung offenstehenden Zeitraumes von mehr als einem Monat, sowie Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 4. Teilband, Rz. 72 zu § 71 AVG).

Ausgehend von den im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptungen zum Wiedereinsetzungsgrund ist daher die Frage zu beantworten, ob das Unterlassen der Weiterleitung nach § 6 AVG durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie ein Hindernis im Sinn des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG für die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 22. April 2004 abgeschlossenen Verfahrens darstellte.

Seinen ersten Wiederaufnahmeantrag vom 5. Dezember 2011 gründete der Beschwerdeführer auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Hennings, von dem er am 30. November 2011 erfahren habe; jenen vom 29. Oktober 2012 auf das hg. Erkenntnis vom 4. September 2012, Zl. 2012/12/0007, von dem er aus der Tageszeitung "Die Presse" vom 22. Oktober 2012 erfahren habe. Legt man alleine diese Behauptungen zugrunde, endete die Antragsfrist aus Anlass des Urteils des EuGH vom 8. September 2011 am 14. Dezember, jene aus Anlass des hg. Erkenntnisses vom 4. September 2012 am 5. November. Bedenkt man aber, dass zu den eingangs genannten Daten der (bei der unzutreffenden Stelle eingebrachten) Wiederaufnahmeanträge Tage des Postlaufes und der geschäftsordnungsgemäßen Behandlung im Ressort der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie sowie weitere Tage des Postlaufes für eine Weiterleitung der Eingabe nach § 6 AVG hinzuträten, wäre ein für die Fristversäumnis kausales Versehen der Bundesministerin in der Weiterleitung auf wenige Tage reduziert, sodass von einer "extremen Verzögerung" oder von einem "krassen Fehlverhalten" der zur Weiterleitung verpflichteten Behörde im Beschwerdefall nicht gesprochen werden kann.

Der Beschwerdeführer behauptete in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch nicht, dass die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie unter Berücksichtigung der besagten Zeiten des Postlaufes sowie der für eine geschäftsordnungsgemäße Behandlung notwendigen Zeit eine Weiterleitung nach § 6 AVG in solcher Art und Weise hätte bewerkstelligen können, dass die Anträge innerhalb der zweiwöchigen Frist nach § 69 Abs. 2 AVG ab Erlangung der Kenntnis vom Wiederaufnahmegrund auch bei der belangten Behörde tatsächlich eingelangt wären.

Ein Unterlassen der Weiterleitung nach § 6 AVG kann daher nicht als kausales Ereignis im Sinn des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG mit Erfolg geltend gemacht werden.

Soweit der Beschwerdeführer ein Ereignis im besagten Sinn auch in seinem Irrtum über die Zuständigkeit der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie erblickt, ein Irrtum aber nicht vorwerfbar sei, weil sich auch aus dem zitierten Erkenntnis vom 21. Februar 2013 die korrekte Einbringungsstelle (für sein Wiederaufnahmebegehren) nicht entnehmen lasse, ist zunächst gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf dieses Erkenntnis zu verweisen, dem in aller Deutlichkeit die Unzuständigkeit der damals belangten Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie und in Anwendung der dortigen Erwägungen die Zuständigkeit jener Dienstbehörde zu entnehmen ist, der der Beamte angehört, vorliegend des Präsidenten des Rechnungshofes.

Schließlich hätten dem Beschwerdeführer - worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid hinweist - spätestens mit dem ihn betreffenden, eingangs zitierten Erkenntnis vom 17. Dezember 2007, auf dessen Entscheidungsgründe ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, zumindest erhebliche Zweifel an seinem "zuständigkeitsversteinerndem" Verständnis des § 2 DVG kommen müssen, sodass in der verfehlten Einbringung der Anträge ein den minderen Grad übersteigendes Versehen liegt.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund geht die Rüge der Verletzung von Verfahrensvorschriften ins Leere.

Soweit die Beschwerde abschließend moniert, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid die Rechtsgrundlagen der §§ 6, 13, 37 ff und 73 AVG weder angeführt noch angewandt, kann dem vor dem Hintergrund, dass die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht die Wiedereinsetzung versagte, keine Relevanz zukommen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in Verbindung mit § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, angefügt durch die Änderung dieser Verordnung durch die Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. Mai 2014

Schlagworte

Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen ohne unnötigen AufschubWeiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013120209.X00

Im RIS seit

01.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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