TE Vwgh Erkenntnis 2014/5/28 2012/07/0017

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Veröffentlicht am 28.05.2014
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 2002 §2 Abs1 Z1;
AWG 2002 §2 Abs4 Z1;
AWG 2002 §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des K M in W, vertreten durch Dr. Manfred Dallago, Rechtsanwalt in 6330 Kufstein, Oberer Stadtplatz 5a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 28. Juni 2011, Zl. U- 14.461/6, betreffend einen Beseitigungsauftrag nach § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid, der im Spruchpunkt II. unberührt bleibt, wird im Umfang des Spruchpunktes I. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (im Folgenden: BH) vom 22. Februar 2011 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 7 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 aufgetragen, den auf zwei näher bezeichneten Grundstücken im Uferschutzbereich des W. Sees auf einer Länge von 80 m und einer Breite von 2 m abgelagerten Ziegelbruch (Beton- und Tonziegel) bis spätestens 20. März 2011 bis in eine Tiefe von 30 cm zu entfernen und einer geordneten Entsorgung zu übergeben sowie für eine fachmännische Begleitung der Maßnahmen der BH eine Woche vor Beginn der Arbeiten eine ökologische Bauaufsicht namhaft zu machen.

Dazu führte die BH (u.a.) aus, dass die beiden Grundstücke vom Beschwerdeführer während der Badesaison zur Verwaltung der Liegewiese genützt würden und offensichtlich der durchnässte Boden mit der Bruchziegelschicht aufgeschüttet worden sei, um den Badegästen einen trockenen Weg zwischen See und Verkaufscontainern anzubieten.

Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (im Folgenden: LH) vom 28. Juni 2011 unter Spruchpunkt I. mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die im erstinstanzlichen Bescheid angeführte Frist durch die Frist "bis spätestens 20.09.2011" ersetzt und der Auftrag zur Namhaftmachung einer ökologischen Bauaufsicht mangels Rechtsgrundlage behoben wurde. Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde über vom Beschwerdeführer im Rahmen der Berufung gestellte Anträge dahingehend entschieden, dass der Antrag auf "Haftung-Ersatz u.a.w. detto für event. 'Konsens-Aufschüttung' gegen wen auch immer" gemäß § 6 AVG auf den Zivilrechtsweg verwiesen, der Antrag vom 9. Juni 2011 auf Verfahrenshilfe als unzulässig zurückgewiesen und der Antrag vom 9. Juni 2011 auf Fristverlängerung als unbegründet abgewiesen wurde.

Dazu führte der LH aus, dass (u.a.) dem Beschwerdeführer mit Bescheid der BH als Naturschutzbehörde vom 28. Dezember 2009 gemäß § 17 Abs. 1 lit. b Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (TNSchG) aufgetragen worden sei, das auf den Grundstücken eingebrachte Abbruchmaterial bis auf den ursprünglichen Boden und den abgestellten Container zu entfernen sowie den ursprünglichen Boden wiederherzustellen. Aufgrund der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung sei mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. Juni 2010 der Bescheid vom 28. Dezember 2009 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die BH zurückverwiesen worden.

In Bezug auf das Berufungsvorbringen, dass seit über drei Jahrzehnten eine naturschutzrechtliche Genehmigung für die gegenständliche Maßnahme des Beschwerdeführers vorliege, nämlich zur Errichtung und Aufschüttung einer Liegewiese sowie zur Errichtung eines Parkplatzes und der Aufschüttung, führte der LH aus, dass der Beschwerdeführer das abgelagerte Ziegelbruchmaterial (Beton- und Tonziegel) vom Unternehmen K. bezogen habe und für diese Ablagerung keine naturschutzrechtliche Genehmigung vorliege, was sich insbesondere aus dem Berufungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. Juni 2010 ergebe. Entsprechende Bewilligungen seien vom Beschwerdeführer auch nicht vorgelegt worden.

Das Abbruchmaterial sei vom Beschwerdeführer vom Unternehmen K. bezogen und auf dem beschriebenen Weg aufgebracht worden, um diesen wieder für Kinderwägen und Gäste im Rollstuhl befahrbar zu machen. Dieses Material sei nicht beim Beschwerdeführer selbst angefallen, sondern er habe dieses von einem Unternehmen bezogen, das im Bereich Baustoffrecycling tätig sei. Der Beton- und Tonziegelbruch falle üblicherweise an Baustellen an und werde nach Aufbereitung durch ein entsprechendes Fachunternehmen für Vorhaben wie das gegenständliche eingesetzt. Zum Zeitpunkt des Recycelns stelle das Material jedenfalls Abfall dar, weil bei einem Anfall derartiger Materialien an Baustellen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung immer von einer Entledigungsabsicht auszugehen sei. Ein Abfallende gemäß § 5 Abs. 1 AWG 2002 würde erst eintreten, wenn die aus dem Abfall gewonnenen Stoffe unmittelbar zur Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet würden. Eine derartige unmittelbare Verwendung wäre etwa die (zulässige) Verwertung im Sinne beispielsweise der Errichtung eines Weges. Im Zeitpunkt der Übernahme dieses Materials durch den Beschwerdeführer vom Unternehmen K. sei der subjektive Abfallbegriff jedenfalls zu bejahen. Damit erübrige sich die Prüfung der Frage, ob dieses Material auch im Sinne des objektiven Abfallbegriffes Abfall darstelle.

Wenn dieses Material keiner zulässigen Verwertung oder einer unzulässigen Beseitigung zugeführt werde, dann liege eine unzulässige Ablagerung von Abfällen vor, weil gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002 die Ablagerung von Abfällen nur in hiefür genehmigten Deponien zulässig sei. Eine Maßnahme gelte dann als rechtlich zulässig, wenn sie keinen anderen rechtlichen Vorgaben widerspreche und alle erforderlichen Genehmigungen vorlägen. Im gegenständlichen Fall liege die erforderliche naturschutzrechtliche Genehmigung für diese Schüttung, wie festgestellt, nicht vor. Damit erübrige sich die Prüfung aller anderen Voraussetzungen für eine zulässige Verwertung, die sohin verneint werden müsse.

Da das gegenständliche Vorgehen des Beschwerdeführers § 15 Abs. 3 AWG 2002 widerspreche, sei der Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 zu erteilen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Darin erachtet sich der Beschwerdeführer als in seinem Recht verletzt, recyceltes und nicht mehr dem Abfallbegriff des AWG 2002 unterliegendes Abbruchmaterial zu verwenden sowie nicht gemäß § 73 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 7 leg. cit. entfernen und einer geordneten Entsorgung übergeben zu müssen, sodass er inhaltlich den angefochtenen Bescheid lediglich im Umfang dessen Spruchpunktes I. bekämpft.

Der LH legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Die §§ 2, 5, 15 und 73 AWG 2002 in der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung des BGBl. I Nr. 9/2011 lauten auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes

sind bewegliche Sachen,

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(...)

(4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1. 'Altstoffe'

a) Abfälle, welche getrennt von anderen Abfällen gesammelt werden, oder

b) Stoffe, die durch eine Behandlung aus Abfällen gewonnen werden,

um diese Abfälle nachweislich einer zulässigen Verwertung

zuzuführen.

(...)

(5) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

(...)

5. ist 'Verwertung' jedes Verfahren, als deren Hauptergebnis Abfälle innerhalb der Anlage oder in der Wirtschaft in umweltgerechter Weise einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem

a) sie andere Materialien ersetzen, die ansonsten zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder

b) - im Falle der Vorbereitung zur Wiederverwendung - die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen.

Als Verwertung gilt die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und jede sonstige Verwertung (zB die energetische Verwertung, die Aufbereitung von Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff bestimmt sind, oder die Verfüllung) einschließlich der Vorbehandlung vor diesen Maßnahmen. Anhang 2 Teil 1 enthält eine nicht erschöpfende Liste von Verwertungsverfahren.

(...)

7. ist 'Recycling' jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfallmaterialien zu Produkten, Sachen oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden. Es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, aber nicht die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind.

(...)"

"Abfallende

§ 5. (1) Soweit eine Verordnung gemäß Abs. 2 nicht anderes bestimmt, gelten Altstoffe so lange als Abfälle, bis sie oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden. Im Falle einer Vorbereitung zur Wiederverwendung

im Sinne von § 2 Abs. 5 Z 6 ist das Ende der Abfalleigenschaft mit dem Abschluss dieses Verwertungsverfahrens erreicht.

(...)"

"Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer § 15. (1) Bei der Sammlung, Beförderung,

Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen sind

1. die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und

2. Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.

(...)

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.

hiefür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

(...)"

"Behandlungsauftrag

§ 73. (1) Wenn

              1.       Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

              2.       die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.

(...)"

Die Beschwerde bringt vor, die Rechtsansicht des LH, dass im Zeitpunkt der Übernahme des Materials durch den Beschwerdeführer vom Unternehmen K. der subjektive Abfallbegriff erfüllt gewesen sei, finde im AWG 2002 keine Deckung, weil dieses Gesetz derartigen Recyclingmaßnahmen einen hohen Stellenwert einräume und recyceltes Material zur Substitution von Rohstoffen an deren Stelle verwendet werde. Nach seiner Wiederaufbereitung unterliege es nicht der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 1 leg. cit., weil eine "Erledigung" (offensichtlich gemeint: Entledigung) durch den Besitzer nicht geplant sei. Das vom Unternehmen K. recycelte Material sei nach seinem Recycling bestimmungsgemäß wiederverwendet worden, und dem angefochtenen Bescheid lasse sich nicht entnehmen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt beim genannten Unternehmen oder beim Beschwerdeführer selbst eine Entledigungsabsicht bestanden habe. Vielmehr sei von vorneherein beabsichtigt gewesen, das Material zu recyceln und wiederzuverwenden, und der Beschwerdeführer habe für das aufgebrachte Material an das Unternehmen auch entsprechendes Entgelt bezahlen müssen.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Nach der Lebenserfahrung geht es einem Bauherrn oder Bauführer, wenn bei der Realisierung von Bauvorhaben das angefallene Abbruchmaterial von der Baustelle weggeführt wird, im Regelfall hauptsächlich darum, das Bauvorhaben, ohne durch das Material behindert zu werden, zu vollenden. Somit ist üblicherweise mit der Fortschaffung des Materials von der Baustelle eine Entledigungsabsicht verbunden. Nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen handelt es sich bei den gegenständlichen Materialien um Abbruchmaterial, nämlich Beton- und Tonziegelbruch. Dieses fällt üblicherweise an Baustellen an. In weiterer Folge wurde das Material vom Beschwerdeführer über das Unternehmen K., das im Bereich Baustoffrecycling tätig ist, bezogen. Die Auffassung des LH, dass jedenfalls im Zeitpunkt des Recyclings die subjektive Abfalleigenschaft des Abbruchmaterials vorlag, weil von der Entledigungsabsicht der Vorbesitzer des Materials auszugehen sei, begegnet daher keinen Bedenken. Diese Beurteilung wird insoweit von der Beschwerde nicht substanziiert bekämpft.

Nach ständiger hg. Judikatur ist eine Sache als Abfall zu beurteilen, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden hat (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 25. Februar 2009, Zl. 2008/07/0182, und vom 27. Juni 2013, Zl. 2010/07/0110, mwN). Demzufolge ist die Auffassung des LH, dass in Bezug auf das genannte Abbruchmaterial der subjektive Abfallbegriff erfüllt worden sei, nicht zu beanstanden.

Diese Abfalleigenschaft wäre dann verloren gegangen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 AWG 2002 verwirklicht worden wären, somit wenn es sich bei dem sodann vom genannten Unternehmen recycelten Material um einen "Altstoff" im Sinn des § 2 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. handelte und dieser unmittelbar zur Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet worden wäre.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurde das Material zwar vom Beschwerdeführer auf den Grundstücken als Rohstoff verwendet. Eine zulässige Verwendung bzw. Verwertung des Abfalls im Sinn des § 2 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. läge allerdings nur dann vor, wenn dadurch nicht dem AWG 2002 oder anderen Normen, wie

u. a. naturschutzrechtlichen Bestimmungen, zuwidergehandelt wurde (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2012, Zl. 2008/07/0179, mwN), somit wenn alle hiefür notwendigen Bewilligungen oder Nichtuntersagungen vorlagen.

Der LH vertrat in dieser Hinsicht im angefochtenen Bescheid die Auffassung, dass, wie sich insbesondere aus dem Berufungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. Juni 2010 ergebe, für die gegenständlichen Maßnahmen des Beschwerdeführers die erforderliche naturschutzrechtliche Genehmigung nicht vorgelegen sei, weshalb sich die Prüfung aller anderen Voraussetzungen für eine zulässige Verwertung erübrige, die sohin verneint werden müsse.

Die Beschwerde bekämpft die Annahme des Fehlens einer naturschutzbehördlichen Bewilligung mit dem - bereits in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid erstatteten - Vorbringen, dass seit über drei Jahrzehnten naturschutzbehördliche Genehmigungen für die Errichtung und Aufschüttung einer Liegewiese auf dem einen der beiden angeführten Grundstücke und zur Errichtung eines Parkplatzes auf dem anderen dieser Grundstücke vorliege, welche Genehmigungen bei der BH auflägen und von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen wären. Ferner bringt die Beschwerde vor, dass diese Genehmigungen insbesondere auch die Ermächtigung für Aufschüttungen "samt Wartung" beinhalteten und das Gelände auf beiden Grundstücken seit Jahrzehnten bereits befestigt gewesen sei. Diese Befestigungen habe der Beschwerdeführer warten müssen, weil durch konsenslose Aufschüttungen auf den Nachbargrundstücken Niveauunterschiede entstanden seien. Die Aufbringung des Materials sei daher im Rahmen einer behördlich genehmigten und somit zulässigen Verwertung erfolgt.

Erst in seiner im Beschwerdeverfahren erstatteten Gegenschrift wurde vom LH diesem Beschwerdevorbringen u. a. entgegnet, dass die vom Beschwerdeführer genannten Unterlagen betreffend die naturschutzrechtlichen Bewilligungen sich auf die Aufschüttungsarbeiten am Ostufer des W. Sees bezögen. Weiters stellte der LH in der Gegenschrift unter Bezeichnung der diesbezüglichen naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheide der Tiroler Landesregierung vom 1. Februar 1979, 20. April 1983 und 20. Juni 1985 deren Inhalt näher dar.

Das oben wiedergegebene Vorbringen in der Beschwerde führt diese zum Erfolg.

Vorauszuschicken ist, dass fehlende Elemente der Begründung eines beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden können (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 24. April 2014, Zl. 2011/07/0236, mwN).

Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen reichen für eine verlässliche Beurteilung, ob die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten naturschutzbehördlichen Bewilligungen - diese sind in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten - die gegenständliche Aufbringung der Materialien in naturschutzrechtlicher Hinsicht erlaubten, nicht aus. Der Hinweis im angefochtenen Bescheid auf den Berufungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. Juni 2010 vermag die Beurteilung, dass eine naturschutzrechtliche Genehmigung für diese Maßnahmen nicht vorliege, nicht zu tragen. Mit diesem Berufungsbescheid wurde gemäß § 66 Abs. 2 AVG der Bescheid der BH vom 28. Dezember 2009, mit dem (u.a.) dem Beschwerdeführer gemäß §17 Abs. 1 lit. b TNSchG aufgetragen worden war, (u.a.) das eingebrachte Abbruchmaterial bis auf den ursprünglichen Boden zu entfernen, behoben und die Angelegenheit an die BH mit der tragenden Begründung zurückverwiesen, dass die entscheidungswesentliche Frage des rechtmäßigen Adressaten des Wiederherstellungsauftrages nicht behandelt worden sei. Aus diesem aufhebenden Berufungsbescheid, dessen Bindungswirkung sich ausschließlich auf die die Aufhebung tragenden Gründe bezieht (vgl. dazu aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 28. Februar 2013, Zl. 2012/07/0014, mwN), ergibt sich nicht, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten, offenbar tatsächlich bei der BH vorhandenen naturschutzbehördlichen Bewilligungsbescheide die gegenständliche Aufschüttung bzw. Befestigung nicht erlaubten.

Da der LH im angefochtenen Bescheid ein Abfallende im Sinn des § 5 Abs. 1 AWG 2002 und das Vorliegen einer zulässigen Verwertung allein mit der Begründung verneint hat, dass die erforderliche naturschutzrechtliche Genehmigung für die Schüttung nicht vorliege, und die weiteren begründenden Ausführungen des LH diese Beurteilung nicht tragen können, war der angefochtene Bescheid im bekämpften Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. Mai 2014

Schlagworte

Begründung BegründungsmangelBesondere RechtsgebieteAuslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012070017.X00

Im RIS seit

03.07.2014

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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