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32/02 Steuern vom Einkommen und ErtragNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litcLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des EStG 1988 betreffend Einkünfte aus Kapitalvermögen infolge Zumutbarkeit des VerwaltungsrechtswegesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Mit ihrem auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Partei "§27 Abs1 EStG so aufzuheben, dass in Absatz 1 die Wortfolge 'aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs3)'" und "Absatz 3 zur Gänze entfällt".
2. §27 EStG 1988 lautet:
"Einkünfte aus Kapitalvermögen
§27. (1) Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (Abs2), aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs3) und aus Derivaten (Abs4), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des §2 Abs3 Z1 bis 4 gehören.
(2) […]
(3) Zu den Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gehören Einkünfte aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im Sinne von Abs2 sind (einschließlich Nullkuponanleihen).
(4) – (8) […]"
3. Zu ihrer Antragslegitimation bringt die antragstellende Partei vor, dass durch die angefochtene Bestimmung bei Veräußerung von Aktien unmittelbar eine Steuerpflicht für Einkünfte aus Kapitalvermögen begründet werde, ohne dass zuvor ein Bescheid zu erlassen sei. Die angefochtene Bestimmung stelle daher einen unmittelbaren Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers dar. Da die depotführende Stelle die Steuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen abzuziehen und abzuführen habe, bestehe für den Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg.
4. Der Antrag ist unzulässig.
4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 Z1 litc B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Gesetze nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg 11.803/1988, 13.871/1994, 15.343/1998, 16.722/2002, 16.867/2003).
4.2. Entgegen dem Vorbringen der antragstellenden Partei ist im vorliegenden Fall ein solcher Weg gegeben. Der Antragsteller hat die Möglichkeit, gemäß §97 Abs2 EStG 1988 einen Antrag auf Veranlagung der der Kapitalertragssteuer unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen zu stellen. Ein Antrag auf Veranlagung zum besonderen Steuersatz gemäß §27a Abs1 EStG 1988 steht dem Steuerpflichtigen stets offen, nicht nur zum Zweck des Verlustausgleiches (RV1212 BlgNR 24. GP).
4.3. Der Antragsteller kann somit im Wege eines Antrages auf Veranlagung gemäß §97 Abs2 EStG 1988 eine bescheidmäßige Steuerfestsetzung erwirken. Dieser Weg ist zumutbar und eröffnet dem Antragsteller die Möglichkeit, ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes zu erwirken, in welchem über die Steuerpflicht dem Grunde nach abgesprochen wird. Gegen ein derartiges Erkenntnis könnte der Antragsteller in der Folge eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erheben und auf diesem Wege seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die von ihm angefochtenen Gesetzesbestimmungen anders als im Wege des – bloß als subsidiären Rechtsbehelf ausgestalteten – Individualantrages an den Verfassungsgerichtshof herantragen.
4.4. Der Antrag ist daher mangels Legitimation zurückzuweisen. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Einkommensteuer, Einkunftsarten Kapitalvermögen, KapitalertragsteuerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:G8.2014Zuletzt aktualisiert am
04.07.2014