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32/05 VerbrauchsteuernNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litcLeitsatz
Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung einer Bestimmung des SchaumweinsteuerG 1995 betreffend den Steuersatz der Schaumweinsteuer infolge Zumutbarkeit der Erwirkung eines Bescheides der AbgabenbehördeSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Die einschreitenden Gesellschaften begehren mit ihren auf Art140 Abs1 Z1 litc B-VG gestützten (Individual)Anträgen, der Verfassungsgerichtshof möge
"1. in §3 Abs1 Schaumweinsteuergesetz, BGBl 1994/702, zuletzt geändert durch BGBl I 2014/13, die ersten beiden Ziffern ('1' und '0') der im einzigen Satz des §3 Abs1 leg cit enthaltenen Zahl '100',
2. in eventu §3 Abs1 Schaumweinsteuergesetz 1995, BGBl 1994/702, zuletzt geändert durch BGBl I 2014/13 zur Gänze
als verfassungswidrig aufheben".
2. Zur Antragslegitimation bringen die antragstellenden Gesellschaften zusammengefasst gleichlautend vor, sie seien als Inhaberinnen von Steuerlagern Steuerschuldnerinnen iSd §6 Abs7 des Bundesgesetzes, mit dem die Schaumweinsteuer an das Gemeinschaftsrecht angepaßt und eine Verbrauchsteuer auf Zwischenerzeugnisse eingeführt wird (Schaumweinsteuergesetz 1995), BGBl 702/1994, in der Fassung BGBl I 13/2014, verpflichtet, bis zum 20. eines jeden Kalendermonats bei dem Zollamt, in dessen Bereich sich ihr Betrieb befindet, die Schaumweinmengen, die im vorangegangenen Monat aus dem
Steuerlager weggebracht oder zum Verbrauch entnommen worden seien, nach Steuersätzen getrennt schriftlich anzumelden. Die Schaumweinsteuer sei dann gemäß §7 Abs4 Schaumweinsteuergesetz 1995 bis zum 20. des auf das Entstehen der Steuerschuld folgenden dritten Kalendermonats beim Zollamt zu entrichten. Diese Zahlungspflichten würden daher in den Schutzbereich des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums und damit in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaften unstrittig eingreifen.
2.1. Das Abgabenänderungsgesetz 2014 und damit auch die Änderungen des Schaumweinsteuergesetzes 1995 seien am 28. Februar 2014 im Bundesgesetzblatt BGBl I 13/2014 kundgemacht worden und am 1. März 2014 in Kraft getreten.
2.1.1. In dem zu G14/2014 protokollierten, am 28. Februar 2014 eingebrachten Antrag bringt die antragstellende Gesellschaft vor, diese gesetzlichen Regelungen hätten erhebliche Vorwirkungen gezeigt, weshalb ihr ein Zuwarten bis zum formellen Inkrafttreten der Verpflichtung nicht zumutbar wäre; eine andere Auslegung des Art140 Abs1 B-VG stünde zum Gebot des effektiven Rechtsschutzes iSd Erkenntnisses VfSlg 15.773/2000 im Widerspruch. Die Zulässigkeit eines Individualantrags sei vielmehr ab jenem Zeitpunkt zu bejahen, der es erlaube, über die Rechtmäßigkeit des beanstandeten Eingriffs eine Klärung derart herbeizuführen, dass die damit verbundenen Aufwendungen vermieden oder doch verringert werden könnten. Derartige Vorkehrungen habe die antragstellende Gesellschaft zu treffen: Sie habe ein EDV-System zu installieren und – zumindest – eine Mitarbeiterin für die Vorsorge der Einhebung einzustellen. Ganz entscheidend fiele auch ins Gewicht, dass durch die Verteuerung des Schaumweins durch die Schaumweinsteuer in diesem Geschäftsfeld mit Umsatzeinbußen von 30 % zu rechnen sei. Dies erfordere die Anpassung der Verträge mit den Grundweinproduzenten, aber auch mit anderen Zulieferern, die von diesem Umsatzrückgang betroffen seien (Glashütten, Kartonagebetriebe, Etikettenproduzenten etc.).
2.1.2. Die antragstellenden Gesellschaften der zu G17/2014 (welche im Übrigen dieselbe antragstellende Gesellschaft wie jene zu G14/2014 ist), G34/2014 und G35/2014 protokollierten Anträge, welche nach dem 28. Februar 2014 eingebracht wurden, verweisen in diesem Zusammenhang ebenso darauf, dass sie zur Erfüllung der im Schaumweinsteuergesetz 1995 enthaltenen und sie ab 1. März 2014 treffenden Verpflichtungen ein EDV-System installieren und zumindest eine Mitarbeiterin einstellen müssten.
In dem zu G17/2014 protokollierten Antrag bringt die antragstellende Gesellschaft darüber hinaus noch vor, der Umsatzrückgang erfordere die Anpassung der Verträge mit den Grundweinproduzenten, aber auch mit anderen Zulieferern (wie Glashütten- oder Kartonagebetriebe), die von diesem Umsatzrückgang – wenn auch nur mittelbar – betroffen seien.
2.1.3. Alle antragstellenden Gesellschaften führen aus, dass sie nicht bloß
aktuell, sondern auch unmittelbar betroffen seien; ihnen stünde nämlich kein zumutbarer Weg zur Abwehr des als rechtswidrig erachteten Eingriffs in ihre Rechte zur Verfügung. Es sei zwar möglich, durch Unterlassung der Steuerabfuhr bei gleichzeitiger Offenlegung gegenüber der Abgabenbehörde die Erlassung eines Bescheides zu erwirken oder der Behörde die unrichtige Selbstbemessung mitzuteilen und einen Antrag auf Rückerstattung nach §239 BAO der im Wege der Selbstbemessung gemäß §201 BAO in Entsprechung der hier bekämpften Gesetzesbestimmungen entrichteten Abgaben mit der Begründung zu stellen, diese hätte sich als unrichtig erwiesen. Diese Wege erwiesen sich jedoch bei näherer Betrachtung als unzumutbar: Sie ermöglichten lediglich die – allenfalls – zu viel bezahlte Schaumweinsteuer zurückzuerlangen; es sei aber bei diesem Umweg nicht mehr möglich, den durch den prognostizierbaren Umsatzrückgang verlorenen Gewinn wieder auszugleichen. Die aufgezeigten Umwege verzögerten schließlich erheblich die Möglichkeit, den Verfassungsgerichtshof ob der Verfassungswidrigkeit der Schaumweinsteuer anzurufen. Dem mit dieser zeitlichen Verzögerung einhergehenden Umsatzeinbruch komme dabei zumindest jene Bedeutung und jenes Gewicht zu wie jenen Umständen, die den Verfassungsgerichtshof bisher veranlasst hätten, bereits vor Inkrafttreten eines Gesetzes einen Individualantrag zuzulassen. Danach reiche es aus, wenn durch die (vorzeitige) Klärung die Vermeidung oder Verringerung von Aufwendungen ermöglicht werde (vgl. zB VfSlg 18.896/2009); dieselben Überlegungen müssten auch hinsichtlich der Vermeidung oder wenigstens Verringerung von Umsatzverlusten zum Tragen kommen. Je länger die antragstellenden Gesellschaften zur Abfuhr der Schaumweinsteuer verpflichtet seien, desto mehr verlören sie Marktanteile an die Konkurrenzprodukte Prosecco Frizzante/Perlwein; diese Verluste und nicht die Schaumweinsteuer selbst bewirkten die Unzumutbarkeit des Umwegs.
3. Die Bundesregierung erstattete Äußerungen, in welchen sie primär die Zurückweisung der Anträge begehrt. Hiezu führt sie vor allem aus, den antragstellenden Gesellschaften stünde ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Gesetzesbestimmungen zur Verfügung, der die Antragslegitimation ausschließe. In der Sache tritt die Bundesregierung den von den antragstellenden Gesellschaften vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen und beantragt in eventu die Abweisung der Anträge.
4. Die in den zu G14/2014 und G17/2014 protokollierten Verfahren antragstellende Gesellschaft erstattete eine Replik, in der sie zu den Prozessvoraussetzungen ausführlich Stellung nimmt und anhand der Marktentwicklung im Zeitraum von 1999 bis 2004 die Umsatzeffekte aus der Abgabenbelastung nachzuweisen versucht.
II. Rechtslage
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Schaumweinsteuergesetzes 1995, BGBl 702/1994 in der Fassung BGBl I 13/2014, lauten (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Ziffern sind hervorgehoben):
"Teil 1
Schaumwein
1. Allgemeines Steuergebiet,
Steuergegenstand, sonstige Begriffsbestimmungen
§1. (1) Schaumwein, der im Steuergebiet hergestellt oder in das Steuergebiet eingebracht wird, unterliegt einer Verbrauchsteuer (Schaumweinsteuer).
(2) Steuergebiet im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das Bundesgebiet, ausgenommen das Gebiet der Ortsgemeinden Jungholz (Tirol) und Mittelberg (Vorarlberg).
§2. (1) Schaumwein im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Getränke, die in Flaschen mit Schaumweinstopfen, der durch eine besondere Haltevorrichtung befestigt ist, enthalten sind oder die bei +20 °C einen auf gelöstes Kohlendioxid zurückzuführenden Überdruck von 3 bar oder mehr aufweisen und die zu den nachfolgenden Positionen oder Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur gehören:
1. Unterpositionen 2204 10, 2204 21 10, 2204 29 10 und Position 2205, soweit sie einen ausschließlich durch Gärung entstandenen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2% vol bis 15% vol aufweisen,
2. Unterpositionen 2206 00 31 und 2206 00 39 und nicht von Ziffer 1 erfaßte Unterpositionen 2204 10, 2204 21 10, 2204 29 10 sowie Position 2205, soweit sie einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2% vol bis 13% vol aufweisen, 3. Unterpositionen 2206 00 31 und 2206 00 39 mit einem ausschließlich durch Gärung entstandenen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 13% vol bis 15% vol.
(2) – (3) […]
Steuersatz
§3. (1) Die Schaumweinsteuer beträgt 100 Euro je Hektoliter Schaumwein.
(2) Der Berechnung der Steuer für Schaumwein, der sich in einer Umschließung befindet, die nach Handelsbrauch mit an den Verbraucher übergeht, ist die Menge zugrunde zu legen, welche dem Rauminhalt (Nenninhalt) der unmittelbaren Umschließung des Schaumweins entspricht.
[…]
2. Entstehung, Anmeldung und Fälligkeit der Steuer
Steuerschuld, Steuerschuldner
§6. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, entsteht die Steuerschuld durch Überführung des Schaumweins in den steuerrechtlich freien Verkehr. Schaumwein wird in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt durch:
1. die Wegbringung aus einem Steuerlager, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren anschließt, oder durch die Entnahme zum Verbrauch in einem Steuerlager;
2. die gewerbliche Herstellung ohne Bewilligung;
3. eine Unregelmäßigkeit nach §20 bei der Beförderung unter Steueraussetzung.
(2) – (8) […]
Anmeldung, Selbstberechnung und Fälligkeit
§7. (1) Der Steuerschuldner hat bis zum 20. eines jeden Kalendermonats bei dem Zollamt, in dessen Bereich sich der Betrieb des Steuerschuldners befindet, die Schaumweinmengen, die im vorangegangenen Monat aus dem Steuerlager weggebracht oder zum Verbrauch entnommen wurden, nach Steuersätzen getrennt, schriftlich anzumelden. Schaumwein, der bis zum Tag der Aufzeichnung (§39) aus dem freien Verkehr zurückgenommen worden ist, muß nicht angemeldet werden.
(2) Der Steuerschuldner hat in der Anmeldung von den anzumeldenden Mengen jene darin enthaltenen Mengen abzuziehen, die auf Schaumwein entfallen, der unter Steueraussetzung verbracht wurde oder nach §4 von der Schaumweinsteuer befreit ist. Die abgezogenen Mengen sind nach den Befreiungsgründen des §4 aufzugliedern. Von den nach Vornahme dieser Abzüge verbleibenden Mengen hat der Steuerschuldner die Schaumweinsteuer zu berechnen (Selbstberechnung). Der Steuerschuldner kann bei der Selbstberechnung Schaumweinsteuerbeträge abziehen, die gemäß §5 Abs1 oder §28 Abs1 zu erstatten oder zu vergüten sind. Die Vornahme eines solchen Abzugs gilt als Antrag im Sinne des §5 Abs1 oder §28 Abs1. Erweist sich der Abzug als unrichtig oder unvollständig, ist die Höhe der zu erstattenden oder zu vergütenden Schaumweinsteuer bescheidmäßig festzustellen, wenn der Steuerschuldner vor Erlassung des Bescheides nicht von sich aus die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit durch eine neue Selbstberechnung beseitigt und diese Berichtigung oder Ergänzung spätestens bis zum Ablauf des dem im Abs1 genannten Zeitpunkt zweitfolgenden Kalendermonats vornimmt.
(3) Der Steuerschuldner hat für jedes Steuerlager eine gesonderte Anmeldung einzureichen. Die Verpflichtung zur Anmeldung besteht auch dann, wenn für die anzumeldenden Mengen keine Schaumweinsteuer zu entrichten ist.
(4) Entsteht die Steuerschuld nach §6 Abs1 Z1, ist die Schaumweinsteuer bis zum 20. des auf das Entstehen der Steuerschuld folgenden dritten Kalendermonats bei dem im Abs1 angeführten Zollamt zu entrichten.
(5) Entsteht die Steuerschuld nach §6 Abs1 Z2 oder §6 Abs3, so hat der Steuerschuldner die Schaumweinmengen binnen einer Woche nach Entstehen der Steuerschuld bei dem Zollamt, in dessen Bereich sich der Betrieb befindet, schriftlich anzumelden. Weiters hat der Steuerschuldner die auf die anzumeldenden Mengen entfallende Schaumweinsteuer selbst zu berechnen und den errechneten Steuerbetrag bis zum Ablauf der Anmeldefrist zu entrichten.
(5a) Entsteht die Steuerschuld nach §6 Abs1 Z1 durch eine unrechtmäßige Wegbringung oder Entnahme oder nach §6 Abs1 Z3, ist die Steuer unverzüglich bei dem Zollamt schriftlich anzumelden und zu entrichten, in dessen Bereich der Steuerschuldner seinen Betrieb oder seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, in Ermangelung eines solchen im Steuergebiet, beim Zollamt Innsbruck. Wird für Schaumwein, der im Steuergebiet dem Steueraussetzungsverfahren entzogen wurde, im Einzelfall nachgewiesen, dass der betreffende Schaumwein an Personen im Steuergebiet abgegeben wurde, die zum Bezug von steuerfreiem Schaumwein oder von Schaumwein unter Steueraussetzung berechtigt sind, kann das Zollamt zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwandes die nach §6 Abs1 Z3 entstandene Steuer auf Antrag nicht erheben.
(6) Ein Bescheid nach §201 der Bundesabgabenordnung, BGBl Nr 194/1961, ist nicht zu erlassen, wenn der Steuerschuldner vor Erlassung eines derartigen Bescheides von sich aus die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit durch eine neue Selbstberechnung beseitigt und diese Berichtigung oder Ergänzung spätestens bis zum Ablauf des dem im Abs1 genannten Zeitpunkt zweitfolgenden Kalendermonats vornimmt.
(7) Die Anmeldung hat grundsätzlich elektronisch zu erfolgen. Fehlen die technischen Voraussetzungen zur Übermittlung im elektronischen Weg, hat die Anmeldung papiermäßig zu erfolgen. Sind amtliche Vordrucke oder Muster dafür vorgesehen, so sind diese zu verwenden. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung der Steueranmeldung mit Verordnung festzulegen.
[…]
9. Aufzeichnungspflichten
§35. (1) Der Inhaber einer Erzeugungsstätte hat Aufzeichnungen zu führen, aus denen hervorgehen muß,
1. wieviel Wein in die Erzeugungsstätte aufgenommen wurde;
2. wieviel Schaumwein in der Erzeugungsstätte hergestellt wurde;
3. wieviel Schaumwein in die Erzeugungsstätte aufgenommen wurde;
4. wieviel Schaumwein zum Verbrauch in der Erzeugungsstätte entnommen wurde,
5. wieviel Schaumwein aus der Erzeugungsstätte weggebracht wurde;
6. wieviel Schaumwein in die Erzeugungsstätte zurückgenommen wurde;
7. wieviel Schaumwein in der Erzeugungsstätte zum menschlichen Genuß unbrauchbar gemacht oder vernichtet wurde.
(2) […]
§36. (1) Der Inhaber eines Schaumweinlagers hat Aufzeichnungen zu führen, aus denen hervorgehen muß, wieviel Schaumwein
1. in das Schaumweinlager aufgenommen wurde;
2. zum Verbrauch im Schaumweinlager entnommen wurde;
3. aus dem Schaumweinlager weggebracht wurde;
4. in das Schaumweinlager zurückgenommen wurde;
5. im Schaumweinlager zum menschlichen Genuß unbrauchbar gemacht oder vernichtet wurde.
(2) Die Aufzeichnungen müssen den Bestimmungen des §35 Abs2 Z3 bis 7 entsprechen.
[…]
Teil 3
Wein
Begriffsbestimmung
§43. (1) Wein im Sinne dieses Bundesgesetzes sind die nicht der Schaumweinsteuer nach §2 Abs1 unterliegenden Erzeugnisse
1. der Positionen 2204 und 2205 der Kombinierten Nomenklatur,
a) wenn sie einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2% vol bis 15% vol aufweisen und der in den Fertigerzeugnissen enthaltene Alkohol ausschließlich durch Gärung entstanden ist, oder
b) wenn sie einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 15% vol bis 18% vol aufweisen, ohne Anreicherung hergestellt worden sind, und der in den Fertigerzeugnissen enthaltene Alkohol ausschließlich durch Gärung entstanden ist,
2. der Positionen 2204 und 2205, die nicht von Z1 erfaßt werden, sowie die Erzeugnisse der Position 2206 der Kombinierten Nomenklatur, die nicht als Bier besteuert werden und die einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2% vol bis 10% vol aufweisen,
3. der Position 2206 der Kombinierten Nomenklatur, die nicht als Bier besteuert werden und die einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 10% vol bis 15% vol aufweisen, der ausschließlich durch Gärung entstanden ist.
(2) §2 Abs2 und 3 findet entsprechende Anwendung.
[…]
§48g. (1) §3 samt Überschrift, §12 Abs2, §40 Abs3 und §41 samt Überschrift, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 13/2014, treten am 1. März 2014 in Kraft.
(2) §3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 112/2012 ist weiterhin auf Schaumwein anzuwenden, für den die Steuerschuld vor dem 1. März 2014 entstanden ist. §41 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 112/2012 ist weiterhin auf Zwischenerzeugnisse anzuwenden, für die die Steuerschuld vor dem 1. März 2014 entstanden ist.
(3) §6 und §7, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 112/2012, sind nach Ablauf des 28. Februar 2014 auf Schaumwein neuerlich anzuwenden. (4) – (5) […]"
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:
Die Anträge sind unzulässig.
1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
2. Entgegen der Ansicht der antragstellenden Gesellschaften ist ein solcher Weg hier gegeben:
2.1. Die antragstellenden Gesellschaften behaupten im Wesentlichen, die Erlangung eines anfechtbaren Bescheides zur Geltendmachung ihrer verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Bestimmungen des Schaumweinsteuergesetzes 1995 sei ihnen auf Grund der zu erwartenden bzw. sie bereits treffenden "Verpflichtungen" in Zusammenhang mit der Installation von EDV-Systemen und der Einstellung von neuen Mitarbeitern insbesondere deswegen nicht zumutbar, weil "der durch den in diesem Geschäftsfeld prognostizierbaren Umsatzrückgang" – der mit 30 % angegeben wird – verlorene Gewinn nicht mehr ausgeglichen werden könne; die von den antragstellenden Gesellschaften aufgezeigten Umwege führten zu zeitlichen Verzögerungen, wobei der mit der zeitlichen Verzögerung einhergehende Umsatzeinbruch – und nicht die Schaumweinsteuer selbst – die Unzumutbarkeit eines Umwegs bewirke. In den zu G14/2014 und G17/2014 protokollierten Anträgen wird darüber hinaus behauptet, der Umsatzrückgang erfordere die Anpassung diverser Verträge von Geschäftspartnern, die von diesem Umsatzrückgang – wenn auch nur mittelbar – betroffen seien.
2.2. Gemäß §1 Abs1 iVm §3 Abs1 Schaumweinsteuergesetz 1995 unterliegt Schaumwein, der im Steuergebiet hergestellt oder eingebracht wird, einer Verbrauchsteuer (Schaumweinsteuer) iHv € 100,– je Hektoliter. Die Steuerschuld nach diesem Gesetz entsteht grundsätzlich durch Überführung des Schaumweins in den steuerrechtlich freien Verkehr, dies durch Wegbringung aus einem Steuerlager oder durch die Entnahme zum Verbrauch in einem Steuerlager (§6 Abs1 Z1 leg.cit.). Steuerschuldner ist in solchen Fällen idR der Inhaber des Steuerlagers. Gemäß §7 Abs1 Schaumweinsteuergesetz 1995 hat der Steuerschuldner bis zum 20. eines jeden Kalendermonats bei dem Zollamt, in dessen Bereich sich der Betrieb des Steuerschuldners befindet, die Schaumweinmengen, die im vorangegangenen Monat aus dem Steuerlager weggebracht oder zum Verbrauch entnommen wurden, nach Steuersätzen getrennt, schriftlich anzumelden und nach Vornahme bestimmter Abzüge von den verbleibenden Mengen die Schaumweinsteuer zu berechnen. Bei Entstehung der Steuerschuld nach §6 Abs1 Z1 leg.cit. ist die Schaumweinsteuer bis zum 20. des auf das Entstehen der Steuerschuld folgenden dritten Kalendermonats beim zuständigen Zollamt zu entrichten (§7 Abs4 Schaumweinsteuergesetz 1995).
Für Fälle, in denen der Steuerschuldner keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist, sieht §201 Abs1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid vor. Eine Festsetzung kann gemäß §201 Abs2 Z3 BAO erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird. Gemäß §201 Abs3 Z1 BAO hat die Festsetzung zu erfolgen, wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist. Ein Bescheid nach §201 BAO ist nicht zu erlassen, wenn der Steuerschuldner vor Erlassung des Bescheides von sich aus die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit durch eine neue Selbstberechnung beseitigt und diese Berichtigung oder Ergänzung spätestens bis zum Ablauf des dem im §7 Abs1 Schaumweinsteuergesetz 1995 genannten Zeitpunkt zweitfolgenden Kalendermonats vornimmt (§7 Abs6 leg.cit.).
2.3. Die antragstellenden Gesellschaften hätten somit die Möglichkeit, durch Unterlassung der Selbstberechnung bei gleichzeitiger Offenlegung gegenüber der Abgabenbehörde die Erlassung eines Bescheides gemäß §201 BAO zu erwirken (vgl. VfSlg 16.193/2001 mwN). Auch könnten sie nach Vornahme der Selbstberechnung eine Festsetzung mit dem Hinweis, diese erweise sich als nicht richtig, beantragen. Bei Beschreitung eines dieser Wege befänden sich die antragstellenden Gesellschaften, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben nach den zitierten Vorschriften betrifft, in keiner anderen Situation als jene Abgabepflichtigen, welche im Bereich der Vollziehung liegende Rechtswidrigkeiten von Steuerbescheiden rügen wollen.
2.4. Den antragstellenden Gesellschaften steht somit – wie sie selbst in ihren Anträgen einräumen – die Möglichkeit offen, eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts zu erwirken. Gegen eine derartige Entscheidung können sie in der Folge gemäß Art144 Abs1 B-VG Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erheben und auf diesem Wege ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen anders als im Wege des – bloß als subsidiären Rechtsbehelf ausgestalteten – Individualantrages an den Verfassungsgerichtshof herantragen.
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht steht den antragstellenden Gesellschaft zudem seit dem Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (BGBl I 51/2012) am 1. Jänner 2014 die Möglichkeit offen, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vom Bundesfinanzgericht anzuwendenden Gesetzesbestimmungen vorzutragen und das gemäß Art140 Abs1 Z1 lita B-VG antragsberechtigte Verwaltungsgericht (Bundesfinanzgericht) zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof zu veranlassen.
2.5. Die von den antragstellenden Gesellschaften vorgebrachten Wirkungen sind auch nicht mit jenen unter Hinweis auf das Erkenntnis VfSlg 18.896/2009 ins Treffen geführten besonderen, außergewöhnlichen Umständen vergleichbar, die vorliegen, wenn eine gesetzliche Maßnahme die Betroffenen zwingt, einen erheblichen Aufwand zu tätigen.
Die antragstellenden Gesellschaften vermögen auch nicht außergewöhnliche Umstände im Hinblick auf die von ihnen genannten "Verpflichtungen" in Zusammenhang mit der Installation von EDV-Systemen darzutun, da die antragstellenden Gesellschaften bereits vor Inkrafttreten der Novelle BGBl I 13/2014 umfassende Aufzeichnungspflichten zu erfüllen hatten (§§35 ff. Schaumweinsteuergesetz 1995), welche die Selbstberechnung der Schaumweinsteuer ermöglichen.
IV. Ergebnis
1. Da den antragstellenden Gesellschaften ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung ihrer verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen offen steht, sind die Anträge schon deshalb mangels Legitimation zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Verbrauchsteuer, Schaumweinsteuer, Finanzverfahren, SelbstbemessungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:G14.2014Zuletzt aktualisiert am
30.07.2015