TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/4 2000/11/0079

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.10.2000
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der M in H, vertreten durch den Sachwalter Dr. E, dieser vertreten durch Dr. Heinrich Schellhorn, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 15. März 2000, Zl. 3/01-S-27.387/-12 2000, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 18. März 1999 wurde ausgesprochen, dass ab 1. Jänner 1999 bis auf Weiteres die Aufenthaltskosten für die (im Jahr 1912 geborene) Beschwerdeführerin in einer näher bezeichneten Einrichtung in der Höhe von S 634,-- täglich abzüglich einer Eigenleistung von S 9.211,20 monatlich weiterhin aus Mitteln der Sozialhilfe getragen werden.

Der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung, mit der sie eine Reduzierung der Eigenleistung mit der Begründung anstrebte, ihr gebühre ein höheres Pflegegeld-Taschengeld (nämlich in der Höhe von 20 % der Pflegegeldstufe 3), wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juli 1999 als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2000, Zl. 99/11/0332, als unbegründet abgewiesen. Darin wurde näher begründet, warum die belangte Behörde zu Recht nur ein Pflegegeld-Taschengeld in der Höhe von 10 % der Pflegegeldstufe 3 berücksichtigt hat.

Mit Bescheid vom 20. September 1999 sprach die Bezirkshauptmannschaft Hallein aus, dass ab 1. Juli 1999 die Aufenthaltskosten in der Höhe von derzeit S 745,-- täglich (abzüglich einer monatlichen Eigenleistung von S 9.211,20) aus Mitteln der Sozialhilfe getragen werden. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass der Bescheid vom 18. März 1999 außer Kraft trete.

Gegen den Bescheid vom 20. September 1999 erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie neuerlich die Auffassung vertrat, ihr stehe ein Pflegegeld-Taschengeld in der Höhe von 20 % der Pflegegeldstufe 3 zu.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung wegen entschiedener Sache als unzulässig zurück.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, Berufungsgegenstand sei neuerlich die Frage, ob bei der Ermittlung der monatlichen Sozialhilfeleistung ein Pflegegeld-Taschengeld in der Höhe von 10 % oder 20 % der Pflegegeldstufe 3 zu berücksichtigen sei. Darüber sei aber bereits mit Bescheid vom 21. Juli 1999 rechtskräftig entschieden worden. Grund der Unzulässigkeit einer Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG könne auch das Vorliegen einer entschiedenen Sache sein. Die Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid vom 21. Juli 1999 berühre nicht dessen Geltung und Vollziehbarkeit. Hinsichtlich des Berufungsgegenstandes könne keine inhaltliche Änderung erkannt werden, insbesondere sei auch kein neuer Pflegegeldbescheid für das Jahr 1999 seitens der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter erlassen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Ein Anbringen ist nur dann wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen, wenn Identität der Sache vorliegt. Diese ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil Sache des Bescheides vom 21. Juli 1999 der Sozialhilfeanspruch der Beschwerdeführerin ab 1. Jänner 1999 und Sache des Bescheides der Erstbehörde vom 20. September 1999 der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Sozialhilfe ab 1. Juli 1999 ist. Die Entscheidung über den Anspruch der Beschwerdeführerin ab 1. Juli 1999 erwies sich nach der Aktenlage im Hinblick auf die Erhöhung des Bedarfes der Beschwerdeführerin infolge Erhöhung der Aufenthaltskosten in der Einrichtung, in der sie untergebracht ist, als erforderlich. Schon aus dem Umstand, dass die Bescheide verschiedene zeitbezogene Ansprüche zum Gegenstand haben, folgt, dass sie zueinander nicht im Verhältnis der "entschiedenen Sache" stehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Eigenleistung der Beschwerdeführerin in beiden Bescheiden in der gleichen Höhe berücksichtigt wurde.

Selbst wenn der Erlassung des Bescheides der Erstbehörde vom 20. September 1999 mangels jeglicher Änderung der Sach- und Rechtslage die materielle Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 21. Juli 1999 entgegengestanden wäre, hätte die belangte Behörde nicht die Berufung wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückweisen dürfen, sondern in Erledigung der Berufung den Bescheid der Erstbehörde vom 20. September 1999 ersatzlos aufheben müssen. Die Tatsache, dass die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 20. September 1999 die gleiche Rechtsfrage aufgreift, die bereits im Bescheid vom 21. Juli 1999 entschieden wurde, rechtfertigt nicht die Versagung der Sachentscheidung über die Berufung. Die belangte Behörde kann sich in der von ihr zu treffenden Sachentscheidung auf die Begründung ihres Bescheides vom 21. Juli 1999 und des mittlerweile ergangenen Erkenntnisses vom 23. Mai 2000, Zl. 99/11/0332, stützen.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 4. Oktober 2000

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000110079.X00

Im RIS seit

24.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten