TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/4 99/11/0040

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Veröffentlicht am 04.10.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des K K in W, vertreten durch Dr. Wolfgang G. Kiechl, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Lerchenfelder Straße 115/9, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Oktober 1998, Zl. MA 12-18054/84A, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in einer Angelegenheit der Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1997, Zl. 95/08/0271 und Zl. 97/08/0005, betreffend den 27. Mai 1994 und die Zeiträume 29. Mai 1994 bis 28. Juni 1994, sowie 22. Dezember 1994 bis zum 21. Jänner 1995 verwiesen. Die seinerzeit angefochtenen Bescheide, welche Anträge des Beschwerdeführers auf Gewährung von Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes für die oben genannten Zeiträume betrafen, wurden vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Die belangte Behörde hat mit Bescheiden vom 26. Februar 1998 für die obgenannten Zeiträume dem Beschwerdeführer Geldaushilfen zur Sicherung des Lebensbedarfes in der Höhe von S 5.611,27 und S 6.621,73 zuerkannt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gemäß § 73 AVG den Antrag des Beschwerdeführers vom 7. Juli 1998 auf Übergang der Entscheidungspflicht über den Antrag auf Gewährung von Geldaushilfen für die Zeitspanne vom 22. Jänner 1995 bis 30. Juni 1997 zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 23. Dezember 1994 einen Antrag auf die Gewährung einer Geldaushilfe gestellt, über diesen sei mit Bescheid vom 25. Jänner 1995 und letztendlich mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 26. Februar 1998 abgesprochen worden. Dieser Antrag sei daher nicht mehr offen. Weitere Anträge auf die Gewährung von Geldaushilfen seien in der Folge vom Beschwerdeführer nicht mehr gestellt worden. Für die Zeitspanne vom 22. Jänner 1995 bis 30. Juni 1997 sei kein Antrag bei der erstinstanzlichen Behörde gestellt worden. Der Antrag vom 23. Dezember 1994 habe keinen unbefristeten Zeitraum betroffen. Die Schreiben des Beschwerdeführers an verschiedene Politiker und sonstige Personen des öffentlichen Lebens, in denen der Beschwerdeführer seiner Meinung nach um zeitlich lückenlose Geldaushilfeleistungen ersucht habe, stellten keine Anträge an die erstinstanzliche Behörde dar. Da kein unerledigter Antrag vorliege, sei der vorliegende Devolutionsantrag zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht und dessen kostenpflichtige Aufhebung beantragt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG ist die Behörde verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über.

Die Berechtigung zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht ist materiell-rechtlich an den Bestand eines subjektiv-öffentlichen Rechtes auf behördlichen Abspruch und formell-rechtlich an die Voraussetzungen geknüpft, dass ein Antrag gestellt wurde, der den Gegenstand einer behördlichen Entscheidungspflicht bilden konnte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, Zlen. 93/07/0049, 0150, 0151); sie setzt also voraus, dass gegenüber der antragstellenden Partei kein diesen Antrag erledigender Bescheid ergangen ist.

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, er habe mündliche Anträge auf Gewährung von Geldaushilfe gestellt, diese seien jedoch nicht protokolliert worden, und habe die belangte Behörde, obwohl er dies bereits in seinem Antrag vom 7. Juli 1998 behauptet habe, keinerlei Erhebungen und Ermittlungen diesbezüglich durchgeführt. Er habe sogar wegen verhältnismäßig geringfügiger Kürzungen Berufungen und außerordentliche Rechtsmittel ergriffen, weswegen die belangte Behörde im Zuge eines gesetzmäßigen Ermittlungsverfahrens hätte prüfen müssen, wann und weshalb der Beschwerdeführer im Sozialreferat vorgesprochen habe.

Die belangte Behörde verneint, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des beschwerdegegenständlichen Zeitraumes einen derartigen Antrag gestellt hat. Sie stützt diese Annahme darauf, dass die Schreiben des Beschwerdeführers an verschiedene Politiker und Personen des öffentlichen Lebens, in denen dieser seiner Meinung nach um lückenlose Geldaushilfeleistungen ersucht habe, keine Anträge an die erstinstanzliche Behörde darstellten.

Es trifft - was nach der Aktenlage nachvollziehbar ist - zwar zu, dass der Beschwerdeführer mehrmals bei der erstinstanzlichen Behörde vorgesprochen hat, konkrete Behauptungen, dass hiebei auch Anträge auf Gewährung von Geldaushilfen gestellt worden seien, hat der Beschwerdeführer im Devolutionsantrag vom 7. Juli 1998 nicht aufgestellt. Die belangte Behörde war daher nicht verpflichtet diesbezüglich weitere Ermittlungen anzustellen. Es ist die belangte Behörde im Ergebnis daher im Recht, wenn sie davon ausgeht, es sei kein Antrag betreffend den vom Beschwerdeführer hier ins Treffen geführten Zeitraum vorgelegen.

Die diesbezüglichen Verfahrensrügen sind daher nicht berechtigt.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird in der vorliegenden Beschwerde geltend gemacht, die belangte Behörde habe die Pflicht zu amtswegigen Erhebungen im Sinne des § 6 WSHG verneint. Der Beschwerdeführer hätte in Folge entsprechender Bedürftigkeit einen Rechtsanspruch auf amtswegige Zuteilung von Geldaushilfen gehabt.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass Gegenstand des angefochtenen Bescheides ausschließlich die Zurückweisung des vom Beschwerdeführer an die belangte Behörde gerichteten auf § 73 AVG gestützten Devolutionsantrages vom 7. Juli 1998 auf Übergang der Entscheidungspflicht über den "Antrag" auf Gewährung von Geldaushilfen für die Zeitspanne vom 22. Jänner 1995 bis 30. Juni 1997 ist.

Die Zurückweisung des Devolutionsantrages vom 7. Juli 1998 ist zu Recht erfolgt. Die dagegen gerichtete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 4. Oktober 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999110040.X00

Im RIS seit

28.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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