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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BVergG 2006 §312 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Dr. Mayr sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte in 1010 Wien, Bartensteingasse 2, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 2. Mai 2012, Zl. F/0002-BVA/04/2012-24, betreffend vergaberechtliches Feststellungsverfahren (weitere Partei:
Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft; mitbeteiligte Parteien: 1. B in W, 2. A GmbH in L, vertreten durch Heid Schiefer Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Am 26. Dezember 2009 wurde im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft (= auf Unionsebene) eine Wettbewerbsbekanntmachung veröffentlicht. Auftraggeberin war die Bundesimmobiliengesellschaft mbH (= erstmitbeteiligte Partei), Gegenstand des Wettbewerbsprojekts waren planungsbezogene Leistungen betreffend die Sanierung und Erweiterung einer näher bezeichneten Schule (BG/BRG/BORG) und eines Bundesschülerheims in
E. Gemäß der Bekanntmachung sollte jeder Dienstleistungsauftrag im Anschluss an den Wettbewerb an den bzw. an einen der Gewinner des Wettbewerbs vergeben werden. Die Beschwerdeführerin gab ebenso wie die zweitmitbeteiligte Partei ein Wettbewerbsprojekt ab.
Mit Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 9. Juli 2010 wurden - auf Antrag der Beschwerdeführerin - die im Zuge dieses Wettbewerbs ergangenen Entscheidungen der Auftraggeberin zum einen über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen an die zweitmitbeteiligte Partei und an fünf weitere Wettbewerbsteilnehmer sowie zum anderen über die Nichtzulassung der Beschwerdeführerin zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren jeweils für nichtig erklärt. Dagegen erhob die Auftraggeberin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 26. September 2012, Zl. 2010/04/0098, abgelehnt hat.
Mit Telefax vom 15. Oktober 2010 teilte die Auftraggeberin mit, dass beabsichtigt sei, den Realisierungswettbewerb zu widerrufen. Der dagegen eingebrachte Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 8. Juni 2011 rechtskräftig abgewiesen. Am 6. September 2011 erklärte die Auftraggeberin den Widerruf des Wettbewerbs.
Am 15. September 2011 erfolgte auf Unionsebene eine freiwillige ex ante-Transparenzbekanntmachung, in der die erstmitbeteiligte Partei als Auftraggeberin bzw. die zweitmitbeteiligte Partei als Wirtschaftsteilnehmerin, an die der Auftrag vergeben werde, genannt wurden. Die Kurzbeschreibung des Auftrags lautete "Planungsleistungen für die Sanierung der Gebäude des BG E". Als Begründung für die Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung einer Vergabebekanntmachung wurde angegeben, dass die Dienstleistungen auf Grund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Bieter ausgeführt werden könnten, weil die zweitmitbeteiligte Partei von der Jury des Wettbewerbs "Sanierung der Gebäude des BG E" als Gewinner ermittelt und die Anonymität der Teilnehmer aufgehoben worden sei. Diese Bekanntmachung blieb unangefochten.
Am 7. Februar 2012 wurde auf Unionsebene eine Bekanntmachung vergebener Aufträge betreffend den Auftragsgegenstand "Sanierung und Erweiterung BG/BRG/BORG und Bundeschülerheim - Generalplanerleistungen" an einem näher bezeichneten Standort in E, lautend auf die erstmitbeteiligte Partei als Auftraggeberin und die zweitmitbeteiligte Partei als Zuschlagsempfängerin, veröffentlicht. Unter der Rubrik "frühere Bekanntmachung(en) desselben Auftrags" wurde auf die Wettbewerbsbekanntmachung vom 26. Dezember 2009 verwiesen.
2. Am 2. März 2012 brachte die Beschwerdeführerin einen Feststellungsantrag ein, in dem sie beantragte, das Bundesvergabeamt möge
"a. feststellen, dass die Durchführung eines
Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zur Vergabe von Generalplanerleistungen zur Sanierung und Erweiterung BG/BRG/BORG und Bundesschülerheim am Standort E ... an die (zweitmitbeteiligte Partei) wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war; und
b. feststellen, dass die Zuschlagserteilung an die
(zweitmitbeteiligte Partei) ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 BVergG 2006 wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war; und
c. feststellen, dass die Zuschlagserteilung an die
(zweitmitbeteiligte Partei) wegen eines Verstoßes gegen das BVergG, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch oder wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde."
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei der (näher dargestellte) Sachverhalt und insbesondere die Bekanntmachung des vergebenen Auftrags vom 7. Februar 2012 so zu verstehen, dass die Auftraggeberin (nach Widerruf des Wettbewerbsverfahrens) ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung eingeleitet und der zweitmitbeteiligten Partei den Zuschlag erteilt habe.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Mai 2012 wies das Bundesvergabeamt (in der Folge: Behörde) diese drei Feststellungsanträge zurück (Spruchpunkte I. bis III.) und gab dem ebenfalls gestellten Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr statt (Spruchpunkt IV.).
3.1. Die Behörde wies zunächst auf die Ansicht der Auftraggeberin hin, dass es sich bei der Bekanntmachung vom 7. Februar 2012 um eine irrtümliche Veröffentlichung zu einem nicht mehr bestehenden (weil bereits widerrufenen) Verfahren gehandelt habe. Diesbezüglich sei am 20. März 2012 auf Unionsebene eine weitere Bekanntmachung veröffentlicht worden, in der angegeben worden sei, dass das (am 26. Dezember 2009 bekannt gemachte) Wettbewerbsverfahren mit Erklärung vom 6. September 2011 widerrufen worden sei und dass es sich bei der Bekanntmachung vom 7. Februar 2012 um eine irrtümliche Veröffentlichung zu diesem bereits widerrufenen Verfahren handle. Weiters habe die Auftraggeberin angegeben, dass die zweitbeteiligte Partei nach Ablauf von mehr als zehn Tagen nach Verfügbarkeit der Bekanntmachung vom 15. September 2011 den Zuschlag erhalten habe; am 3. Oktober 2011 sei mit der zweitmitbeteiligten Partei ein Generalplanervertrag abgeschlossen worden.
Die Beschwerdeführerin habe demgegenüber - so die Behörde weiter - vorgebracht, dass Gegenstand des Feststellungsantrags nicht das (widerrufene) Wettbewerbsverfahren sei, sondern das Vergabeverfahrung "Sanierung und Erweiterung BG/BRG/BORG und Bundesschülerheim - Generalplanerleistungen". Zu der (ihr mittlerweile zur Kenntnis gelangten) freiwilligen ex ante-Transparenzbekanntmachung vom 15. September 2011 habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass - entgegen der Auffassung der Auftraggeberin - keine Präklusion eingetreten sei, weil es sich nicht um denselben Leistungsgegenstand handle.
3.2. In ihren rechtlichen Erwägungen führte die Behörde zum ersten Feststellungsantrag betreffend die Durchführung eines (näher umschriebenen) Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt aus:
Der Prozessgegenstand in einem antragsgebundenen Verfahren sei
durch den Inhalt des Antrags determiniert. Der gegenständliche
Feststellungsantrag richte sich gegen die Auftragsvergabe "E,
... Sanierung und Erweiterung BG/BRG/BORG und Bundesschülerheim -
Generalplanerleistung". Dabei nehme die Beschwerdeführerin
ausdrücklich auf die Veröffentlichung der Auftraggeberin vom
7. Februar 2012 Bezug, während die ex ante-
Transparenzbekanntmachung vom 15. September 2011 im einleitenden
Schriftsatz mit keinem Wort erwähnt werde. Damit könne sich das
Feststellungsbegehren nur auf das am 7. Februar 2012 publizierte
Vergabeverfahren beziehen. "Dieses (von der Beschwerdeführerin)
eindeutig gemäß § 332 Abs. 1 Z 1 BVergG bezeichnete
Vergabeverfahren über vergebene Generalplanerleistungen ... wurde
jedoch vom Auftraggeber am 20.03.2012 im Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften ... widerrufen." Dies sei zu Recht
passiert, weil die Bekanntmachung vom 7. Februar 2012 offensichtlich irrtümlich erfolgt sei. Da die Bekanntmachung der Auftraggeberin zum eindeutig im Feststellungantrag angeführten Vergabeverfahren widerrufen worden sei, existiere das bekämpfte Vergabeverfahren nicht mehr. Der Feststellungsantrag sei daher wegen Wegfalls des Prozessgegenstandes zurückzuweisen gewesen. Daran könne auch die erstmalige Erwähnung der freiwilligen ex ante-Transparenzbekanntmachung vom 15. September 2011 im Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 26. März 2012 nichts ändern, weil die Beschwerdeführerin damit den Prozessgegenstand auswechseln würde.
3.3. Die beiden weiteren Feststellungsanträge der Beschwerdeführerin wurden von der Behörde unter Bezugnahme auf die Begründung der Zurückweisung des ersten Feststellungsantrags ebenfalls wegen Wegfalls des Prozessgegenstandes zurückgewiesen.
3.4. Da die Beschwerdeführerin nach Auffassung der Behörde durch den am 20. März 2012 erfolgten Widerruf der irrtümlichen Bekanntmachung vom 7. Februar 2012 klaglos gestellt worden sei, habe ihr die Auftraggeberin allerdings die Pauschalgebühren zu ersetzen.
4. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid (u.a.) im Recht auf Sachentscheidung verletzt und bringt auf das Wesentlichste zusammengefasst vor, es sei klar, dass sich sämtliche hier zugrunde liegenden Bekanntmachungen auf denselben Lebenssachverhalt beziehen würden. Demnach habe die Auftraggeberin ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung betreffend die Vergabe von Planungsleistungen im Zusammenhang mit einem näher bezeichneten Schulgelände in E durchgeführt, das durch Zuschlagserteilung an die zweitmitbeteiligte Partei beendet worden sei. Die Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Bekanntmachung vom 20. März 2012 als Widerruf des Vergabeverfahrens zu qualifizieren sei. Vielmehr sei im vorliegenden Fall ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durch Zuschlag beendet worden, obwohl die Voraussetzungen für die Durchführung eines solchen Verfahrens nicht vorgelegen seien. Schließlich rügt die Beschwerdeführerin noch, die Behörde habe weder ermittelt, welches Verfahren hinsichtlich welcher Leistungen tatsächlich durchgeführt worden sei, noch habe sie ihren Bescheid nachvollziehbar begründet.
5. Die Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die beiden mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, dass es sich beim vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall nicht um einen Übergangsfall nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
2. Die relevanten Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006), BGBl. I Nr. 17 in der (aufgrund der Übergangsbestimmung des § 345 Abs. 15 Z 3 BVergG 2006) maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 15/2010 lauten auszugsweise wie folgt:
"Zuständigkeit
§ 312. (1) Das Bundesvergabeamt ist nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes auf Antrag zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Unterabschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Unterabschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Unterabschnitt) zuständig.
...
(3) Nach Zuschlagserteilung ist das Bundesvergabeamt zuständig
1. im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten
Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde;
...
3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren
rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne
vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde;
4. zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidriger
Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß den §§ 131 bzw. 272 erteilt wurde;
...
Einleitung des Verfahrens
§ 331. (1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, kann, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass
1. der Zuschlag wegen eines Verstoßes gegen dieses
Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, oder
2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne
vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war, oder
3. die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der
Zuschlagsentscheidung gemäß den §§ 131 bzw. 272 wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war, oder
...
Inhalt und Zulässigkeit des Feststellungsantrags
§ 332. (1) Ein Antrag gemäß § 331 Abs. 1, 2 oder 4 hat jedenfalls zu enthalten:
1. die genaue Bezeichnung des betreffenden
Vergabeverfahrens,
...
(7) Ein Antrag gemäß § 331 Abs. 1 Z 2 ist ferner unzulässig, wenn der Auftraggeber die Entscheidung gemäß den §§ 49 Abs. 2, 55 Abs. 5, 210 Abs. 2 oder 219 Abs. 5 bekannt gegeben oder bekannt gemacht hat und der Zuschlag nach Ablauf einer Frist von zehn Tagen nach der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung erteilt worden ist."
3. Der verfahrenseinleitende Antrag der Beschwerdeführerin war (in seinem ersten Punkt) darauf gerichtet, festzustellen, dass "die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zur Vergabe von Generalplanerleistungen zur Sanierung und Erweiterung BG/BRG/BORG und Bundesschülerheim am Standort E ..." an die zweitmitbeteiligte Partei rechtswidrig gewesen sei. Die Beschwerdeführerin wandte sich somit gegen die (ihrer Auffassung nach rechtswidrige) durch Zuschlagserteilung abgeschlossene Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung betreffend einen näher umschriebenen Leistungsgegenstand. Dieses - hinreichend genau bezeichnete - Vergabeverfahren ist Gegenstand des Feststellungsverfahrens. Auch wenn sich die Beschwerdeführerin für die Begründung ihrer Annahme, es sei ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt worden, auf die Bekanntmachung vergebener Aufträge vom 7. Februar 2012 stützt, führt dies nicht dazu, dass diese Bekanntmachung (etwa im Sinn einer gesondert anfechtbaren Entscheidung) Verfahrensgegenstand ist. Ebenso wenig stellt die Erwähnung der freiwilligen ex ante-Transparenzbekanntmachung im Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 26. März 2012 eine unzulässige Auswechslung des Prozessgegenstands dar, weil dadurch das dem Feststellungsantrag zugrunde liegende Vergabeverfahren nicht ausgetauscht wird.
Ausgehend davon teilt der Verwaltungsgerichtshof auch nicht die Auffassung der Behörde, dass das von der Beschwerdeführerin in ihrem Antrag angeführte Vergabeverfahren von der Auftraggeberin (am 20. März 2012) widerrufen worden sei. Die Bekanntmachung vom 20. März 2012 enthält lediglich eine Information darüber, dass die Bekanntmachung vom 7. Februar 2012 irrtümlich erfolgt sei, weil das dieser Bekanntmachung zugrunde liegende Verfahren (das am 26. Dezember 2009 bekannt gemachte Wettbewerbsverfahren) widerrufen worden sei. Auch der Widerruf des Wettbewerbsverfahrens bedingt nicht den Wegfall des Prozessgegenstandes, weil sich der vorliegende Feststellungsantrag auf ein davon zu unterscheidendes, durch Zuschlagserteilung beendetes Vergabeverfahren (und nicht auf den ohnehin auf Unionsebene bekannt gemachten Wettbewerb) bezieht. Die Behörde ist daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass das dem ersten Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin zugrunde liegende Vergabeverfahren widerrufen worden sei und daher nicht mehr existiere.
Die (gemeint offenbar:) Rücknahme der Bekanntmachung vergebener Aufträge vom 7. Februar 2012 durch die am 20. März 2012 veröffentlichte Information führt auch nicht dazu, dass im vorliegenden Fall nicht von einer - wie dies für ein Feststellungsverfahren nach § 312 Abs. 3 BVergG 2006 Voraussetzung ist - bereits erfolgten Beendigung des Vergabeverfahrens durch Zuschlagserteilung ausgegangen werden kann. Den im angefochtenen Bescheid (auf das Wesentliche zusammengefasst) wiedergegebenen und mit dem vorgelegten Akt in Einklang stehenden Ausführungen des Vertreters der Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung vor der Behörde lässt sich diesbezüglich entnehmen, dass zwischen der Auftraggeberin und der zweitmitbeteiligten Partei am 3. Oktober 2011 ein Generalplanervertrag über die hier gegenständliche Leistung abgeschlossen wurde.
Die Zurückweisung des ersten - die rechtswidrige Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung betreffenden - Feststellungsantrags der Beschwerdeführerin wegen Wegfalls des Prozessgegenstandes (Spruchpunkt I.) erweist sich somit als unzutreffend und rechtswidrig. Gleiches gilt für die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides, weil sich die Begründung der Zurückweisung der beiden weiteren Feststellungsanträge in einem Verweis auf die Begründung in Spruchpunkt I. erschöpft.
Angesichts dessen, dass die Behörde die Zurückweisung der Feststellungsanträge allein mit dem zu Unrecht angenommenen Wegfall des Prozessgegenstandes begründet hat, muss auch nicht weiter darauf eingegangen werden, ob - wie die mitbeteiligten Parteien in ihren Gegenschriften ergänzend vorbringen - die Feststellungsanträge gemäß § 332 Abs. 7 BVergG 2006 unzulässig gewesen wären, weil die ex ante-Transparenzbekanntmachung vom 15. September 2011 und der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin dasselbe Vergabeverfahren zum Gegenstand hatten und die Beschwerdeführerin daher verpflichtet gewesen wäre, die ex ante-Transparenzbekanntmachung fristgerecht zu bekämpfen.
4. Der angefochtene Bescheid war daher in seinem gesamten Umfang einschließlich des Spruchpunktes IV betreffend Pauschalgebühren wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, weil in einem solchen Fall die Entscheidung über den Pauschalgebührenersatz nicht allein bestehen kann.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014 - auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 29. April 2014
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2012040073.X00Im RIS seit
04.06.2014Zuletzt aktualisiert am
20.10.2015