TE Vwgh Erkenntnis 2014/4/29 2012/16/0199

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Veröffentlicht am 29.04.2014
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Index

27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §15 Abs3a;
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der F, vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 10, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Steyr vom 7. Dezember 2011, Zl. Jv 1014/11z-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gesellschaft mbH (Beschwerdeführerin) brachte im elektronischen Rechtsverkehr am 8. Oktober 2010 beim Landesgericht Steyr eine Leistungsklage ein, worin das Klagebegehren auf folgenden Urteilsspruch gerichtet war:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von EUR 270.000,-- zuzüglich 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 352 UGB seit dem 1.7.2010 zu zahlen und die Prozesskosten zu ersetzen, und zwar all dies binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution."

In der Klagserzählung führte die Beschwerdeführerin an, sie habe mit der beklagten Partei am 6. März 2009 einen Schuld- und Pfandbestellungsvertrag geschlossen, auf Grund dessen sie am 8. Mai 2009 einen Betrag von 30,000.000 EUR überwiesen habe, wodurch entsprechend den Bestimmungen des Schuld- und Pfandbestellungsvertrages ein Betrag von 15,000.000 EUR verwendet worden sei. Nach dem Schuld- und Pfandbestellungsvertrag habe sich die beklagte Partei verpflichtet, die Kosten der Errichtung und Vergebührung des Vertrages zu übernehmen. Trotz Fälligkeit und Mahnung sei die beklagte Partei ihrer Verpflichtung zum Ersatz dieser Zahlungen bisher nicht nachgekommen, weshalb die Beschwerdeführerin diese Zahlung mit dem erwähnten Betrag von 270.000 EUR klagsweise geltend mache.

Mit Schriftsatz vom 31. Jänner 2011

"wegen:

bisher Leistung

EUR 270.000,-- s.A.

 

nunmehr Feststellung

EUR 270.000,-- s.A."

änderte die Beschwerdeführerin das Klagebegehren, sodass es

nunmehr lautete:

"Die klagende Partei stellt den Antrag, das angerufene

Gericht möge fällen folgendes

Urteil

1. Mit Wirkung zwischen der klagenden und der

beklagten Partei wird festgestellt, dass die klagende Partei der beklagten Partei, entsprechend den Bestimmungen des Schuld- und Pfandbestellungsvertrags, einen Betrag von EUR 15 Mio zugezählt hat und die beklagte Partei für sämtliche Rechtsgeschäftsgebühren auf Grund des Schuld- und Pfandbestellungsvertrags vom 6.3.2009 gegenüber der klagenden Partei haftet.

     2.         Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden

Partei die Prozesskosten ..... zu bezahlen."

Mit Zahlungsauftrag vom 23. Mai 2011 forderte die Kostenbeamtin des Landesgerichtes Steyr die Beschwerdeführerin auf, restliche Pauschalgebühren gemäß TP1 GGG für die Klagsänderung vom 31. Jänner 2011 in Höhe von 180.303 EUR (185.340 EUR abzüglich bereits bezahlter 5.037 EUR) samt einer Einhebungsgebühr von 8 EUR zu bezahlen.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin am 9. Juni 2011 einen Berichtigungsantrag ein, in welchem sie einwandte, Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens sei ausschließlich ein Regressanspruch über einen Betrag von 270.000 EUR gewesen. Durch die Klagsänderung vom 31. Jänner 2001 habe sich daran nichts geändert. Es habe sich lediglich um eine Umstellung des ursprünglichen Leistungsbegehrens auf ein Feststellungsbegehren gehandelt. Eine Klagsausdehnung liege nicht vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag ab. Nach dem Wortlaut des Urteilsbegehrens im Schriftsatz vom 31. Jänner 2011 sei die Feststellung von zwei verschiedenen Ansprüchen begehrt worden, nämlich dass die klagende Partei der beklagten Partei entsprechend den Bestimmungen des Schuld- und Pfandbestellungsvertrags einen Betrag von 15,000.000 EUR zugezählt habe und dass die beklagte Partei für sämtliche Rechtsgeschäftsgebühren auf Grund des Schuld- und Pfandbestellungsvertrages vom 6. März 2009 gegenüber der klagenden Partei hafte.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 20. September 2012, B 109/12-10, die Behandlung der vor ihm gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.

In dem die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom 19. Dezember 2012 erachtet sich die Beschwerdeführerin im Recht auf "Nicht-Vorschreibung der zusätzlichen Pauschalgebühr in Höhe von EUR 180.311,--" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Gerichtsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 8 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes (VwGbk-ÜG) die Bestimmungen des B-VG und des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Gemäß § 14 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) ist die Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Gemäß § 54 Abs. 1 JN ist für die Berechnung des für die Zuständigkeit maßgebenden Wertes des Streitgegenstandes der Zeitpunkt der Anbringung der Klage entscheidend.

§ 15 Abs. 3a GGG lautet:

"(3a) Ist ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren, Gegenstand einer Klage, so bildet - ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm - dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage."

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das Ganze Verfahren gleich.

§ 18 Abs. 2 Z 2 GGG lautet:

"(2) Hievon treten folgende Ausnahmen ein:

1.

...

2.

Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen."

Gemäß § 18 Abs. 3 GGG tritt eine Änderung des Streitwertes für die Pauschalgebühr nicht ein, wenn das Klagebegehren zurückgezogen oder eingeschränkt wird oder wenn ein Teil- oder Zwischenurteil gefällt wird.

§ 2 Z 1 lit. b GGG lautet:

"§ 2. Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, begründet:

1. hinsichtlich der Pauschalgebühren

...

b) für das zivilgerichtliche Verfahren, wenn das Klagebegehren erweitert wird, mit dem Zeitpunkt der Überreichung des Schriftsatzes; wird das Klagebegehren erweitert, ohne daß vorher die Klagserweiterung mit einem Schriftsatz dem Gericht mitgeteilt worden ist, so entsteht eine allfällige zusätzliche Pauschalgebühr mit dem Beginn der Protokollierung;"

Die Beschwerdeführerin trägt vor, es sei lediglich zu einer Umstellung des Leistungsbegehrens mit einem Streitwert von 270.000 EUR auf ein Feststellungsbegehren mit einem Streitwert von 270.000 EUR gekommen und daher habe keine Ausdehnung der Klage stattgefunden. Dem ist entgegen zu halten, dass die Umstellung von einem Leistungsbegehren auf ein Feststellungsbegehren jedenfalls eine Erweiterung des Klagebegehrens im Sinn des § 18 Abs. 2 Z 2 GGG darstellt, wenn - wie im Beschwerdefall - zunächst auf Leistung von Regressansprüchen geklagt wird und die Klage dann mit oben wiedergegebenem Wortlaut auf Feststellung einerseits der erfolgten Zuzählung eines Geldbetrages und andererseits auf Haftung für diese Regressansprüche umgestellt wird.

Die Beschwerdeführerin wendet weiters ein, die Zuzählung der Darlehensvaluta sei gar nicht "feststellungsfähig". Denn gemäß § 228 ZPO könnten durch Feststellungsklagen nur Rechte oder Rechtsverhältnisse festgestellt werden. Es kann im Beschwerdefall jedoch dahingestellt bleiben, ob mit dem im Schriftsatz vom 31. Jänner 2011 verwendeten Wortlaut die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich eines durch Zuzählung des in Rede stehenden Geldbetrages entsprechend dem Schuld- und Pfandrechtsbestellungsvertrag wirksam gewordenen Darlehensvertrages, begehrt wurde oder ob eine solche Feststellungsklage tatsächlich unzulässig wäre. Da die Gerichtsgebührenschuld nach § 2 Z 1 lit. b GGG bereits mit der Überreichung des Schriftsatzes entsteht (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 29. April 2013, 2011/16/0118), kommt es dabei nicht mehr darauf an, ob ein solcher Klagsantrag später vom Gericht als unzulässig zurückgewiesen wird oder nicht.

Das Beschwerdevorbringen zur Bewertung des Streitgegenstandes, wonach die Beschwerdeführerin mit dem Schriftsatz vom 31. Jänner 2011 gerade keinen Anspruch über 15,000.000 EUR geltend gemacht habe, weshalb die Kostenbeamtin und die belangte Behörde an die Bewertung durch die Klägerin gebunden gewesen wäre, übersieht, dass § 15 Abs. 3a GGG davon spricht, dass der Geldbetrag den Gegenstand der Feststellungsklage bilden muss. Gegenstand einer Feststellungsklage oder eines Feststellungsbegehrens muss aber nicht das Geltendmachen dieses Geldbetrages bedeuten.

Da für die Beurteilung des Inhaltes eines Klagebegehrens der Wortlaut des Schriftsatzes bei objektiver Betrachtungsweise maßgebend ist, kommt es auf subjektive Momente, wie die Beschwerdeführerin ihr Klagebegehren verstanden wissen wollte, nicht an. Deshalb geht die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin ins Leere, ihr sei das Recht auf Parteiengehör insoweit nicht eingeräumt worden, als ihr eine Stellungnahme des Richters im Justizverwaltungsverfahren nicht vorgehalten worden sei, und dass sie in Kenntnis dessen Stellungnahme hätte erläutern können, wie es zu dieser Klagsumstellung gekommen sei und welche Absicht damit verfolgt worden sei.

Angesichts des eindeutigen Wortlautes des das Klagebegehren erweiternden Schriftsatzes vom 31. Jänner 2011 bildete nach dem geänderten Klagsantrag auch der Geldbetrag von 15,000.000 EUR den Gegenstand der Klage. Gemäß § 15 Abs. 3a GGG war auch dieser Geldbetrag sohin für die Bemessungsgrundlage für die gemäß § 2 Z 1 lit. b GGG mit der Überreichung des Schriftsatzes entstandene Pauschalgebühr unter Einrechnung der bereits entrichteten Pauschalgebühr heranzuziehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. April 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012160199.X00

Im RIS seit

22.05.2014

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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