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L50006 Pflichtschule allgemeinbildend Steiermark;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde der Marktgemeinde Lannach, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 18. August 1998, Zl. 13.0 Sch 15/98, betreffend sprengelfremder Schulbesuch (mitbeteiligte Parteien: W und K in Lannach), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters von Lannach vom 7. Juli 1998 wurde der Antrag der mitbeteiligten Parteien, den sprengelfremden Schulbesuch ihres mj. Sohnes Patrick S. an der Musikhauptschule Ferdinandeum in Graz zu genehmigen, gemäß § 23 Abs. 2 Stmk. Pflichtschulerhaltungsgesetz abgewiesen. Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, der für die Musikhauptschule Ferdinandeum zu leistende Gastschulbeitrag übersteige jenen Betrag, den die beschwerdeführende Partei auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses zu zahlen bereit sei, bei weitem. Die mitbeteiligten Parteien hätten keine Bereitschaft gezeigt, den Differenzbetrag selbst zu übernehmen. Überdies sei die für die gegenständliche Antragstellung vorgesehene Frist versäumt worden und es liege auch die Zustimmung des Schulerhalters zum Besuch der Musikhauptschule noch nicht vor.
Die mitbeteiligten Parteien erhoben Berufung und brachten vor, sie hätten in ihrem Antrag das besondere musikalische Talent ihres Sohnes dargetan, das in der von ihm besuchten Schule, wo er dem herrschenden Leistungsdruck im Übrigen nicht gewachsen sei, nicht gefördert werde. Im Schulsprengel gebe es keine öffentliche Pflichtschule, in der musikalische Talente gefördert werden. Die Aufnahmeprüfung in der Musikhauptschule Ferdinandeum habe er am 17. Juni 1998 mit ausgezeichnetem Erfolg bestanden. Die Abmeldung von der besuchten Schule und die gegenständliche Antragstellung habe erst nach dem Auffinden einer geeigneten Schule, somit erst nach dem 31. März 1998, erfolgen können.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 18. August 1998 wurde der Berufung der mitbeteiligten Parteien Folge gegeben und gemäß § 28 Abs. 2
Stmk. Pflichtschulerhaltungsgesetz die Bewilligung zum sprengelfremden Schulbesuch des mj. Patrick S. an der Musikhauptschule Ferdinandeum in Graz, Färbergasse 11, erteilt. Hiezu wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen ausgeführt, das Gesetz biete keine Grundlage dafür, die finanziellen Erwägungen der beschwerdeführenden Partei bei der Entscheidung über den sprengelfremden Schulbesuch zu berücksichtigen. Vielmehr seien die individuellen Bildungsziele, wie z.B. besondere Neigungen, maßgeblich. Zwar treffe es zu, dass die mitbeteiligten Parteien den Antrag erst nach Ablauf der dafür vorgesehenen Frist gestellt hätten, es liege jedoch ein "begründeter Ausnahmefall" i.S.d. § 23 Abs. 2 Stmk. Pflichtschulerhaltungsgesetz vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 Abs. 1 Stmk. Pflichtschulerhaltungsgesetz ist jeder Schulpflichtige in die für ihn nach der Schulart in Betracht kommende Schule, deren Schulsprengel er angehört (Sprengelschule), aufzunehmen.
Über Antrag der Erziehungsberechtigten kann gemäß § 23 Abs. 2 leg. cit. die Aufnahme eines dem Schulsprengel nicht angehörigen Schulpflichtigen genehmigt werden. Über diesen Antrag entscheidet der Bürgermeister der Gemeinde des Wohnsitzes nach Anhörung des Schulerhalters der Sprengelschule und des Bezirksschulrates. Der Antrag ist, abgesehen von begründeten Ausnahmefällen, bis zum 31. März für das folgende Schuljahr bei der Wohnsitzgemeinde einzubringen. Die Entscheidungsfrist beträgt vier Wochen. Die Bewilligung zum sprengelfremden Schulbesuch kann unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Schülers, seiner individuellen Bildungsziele, unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verkehrsverhältnisse, die Zumutbarkeit des Schulweges und die Organisationsform der betroffenen Pflichtschulen erteilt werden. Dem Antrag kann jedoch nur stattgegeben werden, wenn der Erhalter der aufnehmenden Schule sein Einverständnis dazu erklärt hat. Gegen die Entscheidung des Bürgermeisters ist innerhalb von zwei Wochen die Berufung an die Bezirksverwaltungsbehörde - in Städten mit eigenem Statut an die Landesregierung - zulässig; die Frist für die Entscheidung im Berufungsverfahren beträgt vier Wochen. Die Entscheidung im Berufungsverfahren ist endgültig.
Gemäß § 35 Abs. 1 leg. cit. hat der Erhalter der aufnehmenden Schule für Schüler, die nicht im Schulsprengel wohnen (Gastschüler) der Gemeinde des Wohnsitzes Beiträge vorzuschreiben. Die Wohnsitzgemeinde ist zur Entrichtung des Gastschulbeitrages gemäß Abs. 2 verpflichtet, soferne nicht eine Vereinbarung gemäß § 30 Abs. 5 abgeschlossen ist.
Gemäß § 35 Abs. 2 leg. cit. werden die Beiträge für einen Gastschüler ermittelt, indem die Gesamtsumme des ordentlichen Schulfachaufwandes durch die Gesamtschülerzahl (einschließlich der Gastschüler) geteilt wird.
Gemäß § 3 leg. cit. kommt den gesetzlichen Schulerhaltern sowie den zu einem Schulsprengel gehörenden oder in sonstiger Weise an einer öffentlichen Pflichtschule beteiligten Gebietskörperschaften in den Verwaltungsverfahren, die sich in Vollziehung dieses Gesetzes ergeben, Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zu.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt zunächst die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, der gesetzliche Schulerhalter der Sprengelschule, also jener Schule, die ohne Genehmigung zum sprengelfremden Schulbesuch besucht werden müsste, sei wegen der mit der Genehmigung des sprengelfremden Schulbesuches verbundenen Konsequenz der Verpflichtung zur Leistung von Gastschulbeiträgen legitimiert, gegen den Bescheid, mit dem die Aufnahme eines dem Schulsprengel nicht angehörigen Schulpflichtigen gemäß § 28 Abs. 2 leg. cit. genehmigt wird, Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG zu erheben (siehe das zur vergleichbaren Rechtslage nach dem O.ö. Pflichtschulorganisationsgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 26. April 1993, Zl. 92/10/0362).
Die von der beschwerdeführenden Partei als dem gesetzlichen Schulerhalter der Sprengelschule, also jener Schule, die Patrick S. ohne Genehmigung zum sprengelfremden Schulbesuch besuchen müsste, ist somit zulässig. Sie ist allerdings nicht berechtigt.
Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid nämlich zunächst mit dem Vorbringen, die belangte Behörde sei zu Unrecht von einem "begründeten Ausnahmefall" i.S.d. § 23 Abs. 2 leg. cit. ausgegangen. Die Überforderung des Schülers bzw. die mangelnde Förderung seiner musikalischen Begabung hätte sich schon früher abgezeichnet haben müssen, sodass ein rechtzeitiger Antrag, d.h. bis spätestens 31. März 1998, möglich gewesen sein musste.
Bei diesem Vorbringen übersieht die beschwerdeführende Partei, dass von den mitbeteiligten Parteien im Verwaltungsverfahren nicht bloß geltend gemacht wurde, ihr mj. Sohn werde in seiner musikalischen Begabung nicht ausreichend gefördert und er sei an der von ihm besuchten Schule überfordert, sondern auch, dass ihnen eine Antragstellung erst möglich gewesen sei, nachdem sie eine Schule gefunden hätten, die ihr Sohn auch besuchen könne und es habe die Aufnahmeprüfung in der Musikhauptschule (erst) am 17. Juni 1998 stattgefunden. Wenn die belangte Behörde daher auf Grund des - unbestritten gebliebenen - Umstandes, die Aufnahmeprüfung in der Musikhauptschule sei erst am 17. Juni 1998 abgenommen worden, zur Auffassung gelangte, es liege ein i. S.d. § 23 Abs. 2 leg. cit. begründeter Ausnahmefall für eine Antragstellung nach dem 31. März 1998 vor, so ist das nicht als rechtswidrig zu beanstanden; ist doch eine Antragstellung auf Genehmigung eines sprengelfremden Schulbesuches nicht zielführend, solange nicht Klarheit darüber besteht, dass der Schüler die (durch eine Aufnahmeprüfung zu beurteilenden) persönlichen Voraussetzungen erfüllt, die für den gewünschten Schulbesuch erforderlich sind.
Die beschwerdeführende Partei bringt weiters vor, die persönlichen Verhältnisse des mj. Patrick S. seien keineswegs dazu angetan, einen Besuch in einer sprengelfremden Schule als "zwingend" erscheinen zu lassen. Es werde zwar nicht in Abrede gestellt, dass es seinem individuellen Bildungsziel entspreche, die Musikhauptschule Ferdinandeum zu besuchen. Es würden aber die - gleichermaßen zu berücksichtigenden - örtlichen Verkehrsverhältnisse und die Zumutbarkeit des Schulweges nicht im Geringsten den Besuch in dieser Schule näher legen als in der Sprengelschule. Der angefochtene Bescheid verfehle solcherart das Prinzip der Wahrung der Sprengelzugehörigkeit. Nur in signifikant berücksichtigungswürdigen Konstellationen würden "die persönlich-individuellen Präferenzen" diesem Prinzip vorgehen; nur dann nehme das Gesetz "die Zerrüttung der Gleichmäßigkeit der Erhaltungslast in Kauf".
Bei diesem Vorbringen verkennt die beschwerdeführende Partei, dass § 23 Abs. 2 leg. cit. die Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches keineswegs davon abhängig macht, dass die hier genannten Umstände den beantragten sprengelfremden Schulbesuch "zwingend" erfordern. Vielmehr kann die Bewilligung erteilt werden, wenn diese Umstände insgesamt für den sprengelfremden Schulbesuch sprechen.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, dass der gesetzliche Schulerhalter der Musikhauptschule Ferdinandeum sein Einverständnis zur Aufnahme des Patrick S. in diese Schule erklärt hat und dass das individuelle Bildungsziel des Schülers für den von der belangten Behörde genehmigten Schulbesuch spricht. Dass die übrigen zu berücksichtigenden Umstände so signifikant gegen diesen Schulbesuch sprächen, dass insgesamt von einem Überwiegen der gegen den sprengelfremden Schulbesuch sprechenden Gründe ausgegangen werden müsste, bringt die beschwerdeführende Partei selbst nicht vor; auch den vorgelegten Verwaltungsakten ist in dieser Hinsicht nichts zu entnehmen.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am 9. Oktober 2000
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejahtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998100355.X00Im RIS seit
14.09.2001