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L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde der T KG in W, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Loquai-Platz 13/19, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 29. August 2011, Zl. MA 64 - 1560/2011, betreffend Gebrauchserlaubnis (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 23. Juli 2010 bzw. 6. September 2010 beantragte die Beschwerdeführerin für den mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung (MA) 46, vom 11. Oktober 2006 bewilligten transportablen Verkaufsstand die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis für die Erweiterung des Sortiments um ein näher angeführtes Speisenangebot.
In ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 2. Februar 2011 hielt die MA 19, Architektur und Stadtgestaltung, unter Verweis auf frühere Gutachten und Stellungnahmen zusammengefasst fest, dass die neuerlich angestrebte Verwendung des Straßenstandes zu anderen Zwecken als zum hauptsächlichen Verkauf von Zeitungen gegenüber dem ursprünglichen Ansuchen vermehrt zu einer Störung des örtlichen Stadtbildes beitrage.
Nach Durchführung einer mündlichen Ortsaugenscheinverhandlung am 10. Februar 2011 wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, mit Bescheid vom 14. März 2011 das Ansuchen der Beschwerdeführerin ab und versagte die beantragte Gebrauchserlaubnis.
Begründend wurde festgehalten, aus den Gutachten der MA 19 gehe klar und nachvollziehbar hervor, dass es sich bei dem gewünschten Aufstellungsort um einen städtebaulich besonders sensiblen Bereich von architektonischer Bedeutung handle. Die Ausführungen ließen weiters erkennen, welche stadtgestalterischen Überlegungen zur Ablehnung des transportablen Imbisstandes am beantragten Standort geführt hätten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens brachte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14. April 2011 eine gutachterliche Stellungnahme des Architekten DI S. vom Juni 2008 samt Fotos in Vorlage. Darin wurde auszugsweise Folgendes festgehalten:
"4. Die beantragte Abänderung
Durch die geplante Nutzungserweiterung des bislang als ‚hauptsächlich dem Verkauf von Zeitungen dienenden Standes', der künftighin als Imbissstand betrieben werden soll, sind technische Erfordernisse im Bereich der Lüftungstechnik zu erfüllen; diese sollen, dem vorliegenden Projekt entsprechend, durch eine Lüftungsanlage, die im Stand selbst integriert sein wird, sowie technisch unvermeidbare Rohrführungen auch über die bisherigen Begrenzungsflächen - im Wesentlichen über die Dachfläche - geringfügig hinausragen wird, erfüllt werden. Es ist vorgesehen, dass die Abluftführung in einem Kubus auf dem Dach - an der ‚Rückseite' des Verkaufsstandes - mündet und endet, der lt. Plan folgende Maße aufweist:
-
Höhe 20 cm
-
Breite 30 cm
-
Länge 50 cm
Diese Maße könnten sich - wie bei der Augenscheinsverhandlung vom technischen Sachverständigen angemerkt - aus lüftungstechnischen Gründen noch geringfügig verändern.
Weiters wurde ein Beleuchtungskonzept vorgelegt, demzufolge die direkte Umgebung des Verkaufsstandes den Betriebsnotwendigkeiten entsprechend erhellt werden soll.
5. Gutachten
...
Dies meint gleichzeitig, dass derartige Aufbauten auf eingeschossigen Verkaufsständen kaum wahrgenommen werden, wie auch an einer Vielzahl in Wien stehender Würstelstände mit entsprechender Lüftung festgestellt werden kann; andererseits meint dies gleichzeitig, dass die geplante Veränderung praktisch ausschließlich aus der Blickrichtung von der Innenstadt kommend, bei konzentrierter Suche nach diesem Bauteil wahrgenommen werden wird. Dass dabei diese, als marginal zu bewertende Veränderung aus größerer Distanz überhaupt festgestellt werden können wird, darf deshalb angezweifelt werden, weil es sich um eine Fläche von ca. 20 cm × 50 cm handeln wird, die im Verhältnis zur Fassade dieses Verkaufsstandes knapp über 1 (ein!) % der Flächenansicht ergibt. Durch die Positionierung des Ausblasstutzens bzw. dessen Verkleidung an der dem Blick abgewandten Seite ist eine weitere Reduktion der Erkennbarkeit gegeben.
5.3. Zum Nahumfeld
Es ist geplant, die im Inneren des Standes neu einzubauende Lüftung im Bereich direkt über dem Dach des gegenständlichen Verkaufsstandes mit einer entsprechenden Verkleidung zu versehen, die die zuvor angeführten Maße aufweisen wird.
Dies meint, dass eine zusätzliche Höhe von 20 cm in Anspruch genommen werden soll; daraus ergibt sich, dass eine Beeinträchtigung der auch hier noch darüber befindlichen Raumfachwerkstruktur ausgeschlossen werden kann, weil über der Lüftungsverkleidung noch eine Freiraum von ca. 2,5 m bis zur Unterkante des Gitterträgers frei bleibt.
...
5.5. Zur Außenbeleuchtung
Aus den zur Beleuchtung vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass die Innenbeleuchtung jedenfalls die Außenbeleuchtung 'überstrahlen' wird; eine zusätzliche Raumbildung sollte daher nicht stattfinden.
5.6. Zum 'Platz'
Die Vielzahl der unterschiedlichsten Elemente im Nahumfeld des hier behandelten Verkaufsstandes stammt aus den unterschiedlichsten Zeiten und - soweit damit befasst - von durchwegs verschiedenen Planern und Gestaltern.
Ein Ansatz zu einem Gestaltungskonzept - sei es städtebaulich oder stadtgestalterisch (gemeint im kleinräumigen Sinn) - ist in diesem Bereich jedenfalls nicht ablesbar und kann daher auch nicht gestört werden.
6. Schlussbemerkungen
Die beantragten Änderungen am Verkaufsstand sind kleinteilig und geringfügig. Eine Störung des Stadtbildes oder der im Nahumfeld des Standes befindlichen Objekte kann selbst bei geringfügigen Überschreitungen der planlich dargestellten Veränderungsabsichten jedenfalls ausgeschlossen werden."
Im hiezu erstatteten Amtsgutachten der MA 19 vom 9. Juni 2011 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die beantragte Änderung des Zeitungsverkaufsstandes in einen Imbisstand eine Erhöhung der Gesamthöhe des Verkaufsstandes durch eine Lüftungsverblendung bedinge, weshalb vermehrt der Ausblick auf eine prägende Baustruktur behindert und das Stadtbild gestört werde. Weiters mache die Änderung technische Anlagen, wie eine Lüftungsanlage, und ein neues Werbe- und Beleuchtungskonzept erforderlich; die Arbeitsbeleuchtung und die erforderlichen Helligkeiten für die Speiseeinnahme hätten verstärkte Lichtemissionen zur Folge. Diese und die neuen Werbeflächen träten mit der bestehenden Architektur und deren Werbe- und Beleuchtungskonzept in Konkurrenz, weshalb von einem Abweichen von dem klaren, stringenten Erscheinungsbild gesprochen und die zuvor zugesprochene eindeutige gestalterische Distanzierung zur "D-Architektur" nicht mehr erkannt werden könne. Auch ein Verlegen von Teilen der Lüftungsanlage ins Innere und die Reduktion der Werbeflächen könne diesen Umstand nicht ausreichend mindern. Die positive Erlebbarkeit und gestalterische Qualität des Platzraumes werde vermindert, die bisher geplante Gesamtwirkung des Platzraumes beeinträchtigt. Zudem werde die Anordnung zweier Imbissstände auf allerengstem Raum vom Betrachter als willkürliche Unordnung empfunden. Ein Imbissstand fordere in der Regel auch ein längeres Verweilen der Konsumenten im Umfeld heraus und erhöhe den Nutzungsdruck auf den kleinen öffentlichen Platzraum weiter, wodurch die ohnehin bestehende räumliche und visuelle Enge weiter verstärkt werde. Zum vorgelegten Privatgutachten merkte die MA 19 unter anderem an, dass für eine positive Beurteilung über den Standort einer Anlage kein untersuchter Blickwinkel für das Stadtbild störend sein dürfe. Somit sei die vom Privatgutachter eingeräumte "Wahrnehmbarkeit einer Störung durch die Lüftungsanlage von der Innenstadt kommend" ausreichend, um die beantragte Änderung aus Sicht der Stadtgestaltung abzulehnen. Auch eine 20 cm hohe Verkleidung der außenliegenden Lüftung beeinträchtige die Sicht auf die den Stadtraum prägende Baustruktur und störe somit das Stadtbild.
In einer von der Beschwerdeführerin vorgelegten neuerlichen gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen DI S. vom 28. Juli 2011 tritt dieser dem Amtsgutachten der MA 19 entgegen und führt zusammengefasst aus, dass eine 20 cm hohe Rohrverkleidung nicht als Konkurrenz zu einem gründerzeitlichen Gebäude betrachtet werden könne; die Rohrverkleidung könne auch anerkannte Qualitäten der Stadt weder in einem störenden Ausmaß verdecken noch überragen oder gar dominieren. Schon die Genehmigung des Zeitungsstandes habe den bereits zuvor bestehenden "Nutzungsdruck" auf "engstem Raum" nicht gemindert und den dahinter liegenden Imbissstand für stadtauswärts gerichtete Blicke abgedeckt. Das klare, stringente äußere Erscheinungsbild werde durch die Rohrverkleidung nicht beeinträchtigt. Die gestalterische Distanzierung zur bestehenden Imbisstube sei durch die klare und schlichte Architektur des Standes im bei weitem ausreichenden Maße gegeben und werde durch die nur 20 cm hohe Lüftungsverkleidung nicht geschmälert, weil der optisch wirksame "Zwischenraum" nur minimal gemindert werde. Die Lüftungsverblendung erhöhe keineswegs die Gesamthöhe des Standes und könne außerdem voraussichtlich in der Mitte des Daches so angebracht werden, dass sie aus Perspektive der Passanten nicht sichtbar sei und auch für Passagiere der öffentlichen Verkehrsmittel - also mit höherem "Augpunkt" - keinesfalls proportionsstörend wirksam werde. Die auf die Frontfassade "projizierte" Fläche der Verkleidung mache genau 1,14 %, die des Grundflächenanteils 1,025 % aus. Schließlich habe auch der Amtsgutachter eingeräumt, dass die geplante Veränderung praktisch nur aus der Blickrichtung von der Innenstadt kommend bei konzentrierter Suche nach dem verfahrensgegenständlichen Bauteil der Lüftungsanlage wahrgenommen werden könne und somit auf die geringe Wahrnehmbarkeit hingewiesen.
Weiters übermittelte die Beschwerdeführerin eine gutachterliche Stellungnahme des DI K., Architekturbüro D. Darin wurde im Wesentlichen festgehalten, dass im Zuge der Umwandlung in einen Imbissstand die städtebauliche Situierung nicht verändert worden und somit einer positiven Bewertung gleichzusetzen sei. Aus architektonischer Sicht habe die Verwendung des Materials Edelstahl mit der vorliegenden Oberflächengestaltung die Eindeutigkeit der gestalterischen Distanzierung gegenüber der vorgehenden Gestaltung des Zeitungsstandes gemindert. Ein Verlust einer eindeutigen Distanzierung zur "D-Architektur" sei nicht als unmittelbare Folge der Abänderung der Nutzung bzw. der technischen Einrichtungen zu werten, sondern als Folge des architektonischen Auftritts, welcher von der MA 19 aber positiv bewertet worden sei. Demnach könne die negative Begutachtung auf Grund der technischen Ausstattung mit einem Lüftungsaufsatz weder aus architektonischer noch aus städtebaulicher Sicht nachvollzogen werden. Ein Aufbau am Dach mit einer Größe von 20×50×30 cm könne die eindeutige Distanzierung weder positiv noch negativ beeinflussen.
Daraufhin legte die MA 19 eine weitere gutachterliche Stellungnahme vom 10. August 2011 vor, in welcher auszugsweise Folgendes ausgeführt wurde:
"Nicht genehmigte Bauteile und Ausführungsdetails:
a. Lüftungsanlage mit fassadenseitigen Zuluftöffnungen, Ausblasstutzen/Rohrverkleidung über Dach. Dunstabzugsanlage und andere massive, technische Einrichtungen im Inneren des Verkaufsstandes.
b.
An drei Schauseiten blickdichte Rollbalken
c.
Ein technisch differenziertes neues Beleuchtungskonzept sowie
d.
Eine hinterleuchtete Werbevitrine, Klebefolien an der Fassade, teilweise mit Fremdwerbung
...
B. Gutachten:
...
Die Transparenz des Kiosks wird durch die technischen Anlagen im Inneren sowie über Dach und an den Fassaden, durch die Rollbalken, durch die blickdichten Folien und die Werbevitrine gegenüber der mit der MA 19 abgestimmten Bewilligung stark gemindert. Dadurch werden die Ausblicke, Durchblicke, Sichtbeziehungen auf die prägenden Bau- und Raumstrukturen sowie die Orientierbarkeit, die Überblickbarkeit des öffentlichen Raumes gemindert. Somit wird das örtliche Stadtbild gestört.
...
Die einen großen Teil des Volumens des Kiosk einnehmenden technischen Anlagen verursachen den Eindruck von Massivität und Dauerhaftigkeit. Die technische Komplexität macht die ursprünglich schlichte Form zunichte. Diese Eigenschaften werden durch das ausgefeilte, technisch differenzierte Beleuchtungs- und Werbekonzept des Imbissstandes noch verstärkt vermittelt. Die ‚Leichtigkeit', der Eindruck von Mobilität und der temporäre Charakter des transportablen Verkaufsstandes werden dadurch gemindert. ...
...
Die Rohrverkleidung und die Entlüftung über Dach sowie die Rollbalkenkästen vergrößern den Umriss des Baukörpers und verschlechtern so die Sichtbeziehungen des gegenständlichen Stadtraumes weiter.
... Eine neuerliche raumgreifende Wirkung über Dach, wenn
auch geringfügig, behindert vermehrt den Ausblick auf die prägenden Bau- und Raumstrukturen.
...
Von den entgegnenden Gutachtern unwidersprochen ergibt sich die Stadtbild wirksame Verträglichkeit aus einer eindeutigen gestalterischen Distanzierung zu dem technisch-expressiven Ausdruck des 'Großdaches' mit der bewegten Fachwerkuntersicht und zur skulpturalen Ausprägung des Würstelstandes.
...
Wegen der neuen, nicht im Einvernehmen mit der MA 19 errichteten Bauteile und Ausführungsdetails muss von einem Abweichen von der Schlichtheit, formalen Zurückhaltung, Klarheit und Stringenz gesprochen werden, weil die visuell dominanten Werbeeinrichtungen und das Beleuchtungskonzept sowie die skulpturalen, über Dach raumgreifenden, technischen Anlagen, die Schlichtheit, die formale Zurückhaltung, die Klarheit und Stringenz mindern. Die eindeutige gestalterische Distanzierung zur 'D-Architektur' wird dadurch weiter vermindert. Aus diesem Grund wird das Stadtbild gestört.
...
Der hohe Nutzungsdruck ergibt im betroffenen Bereich eine große Dichte diverser Einrichtungen und Stadtmöbel auf kleinstem Raum. Zur planerischen Bewältigung des öffentlichen Raumes gehört nach Ansicht der MA 19 - Architektur und Stadtgestaltung, auch eine geordnete Verteilung der Nutzungsansprüche. Die Anordnung zweier Imbissstände, in unmittelbarere Nähe zueinander, wird vom Betrachter als Unordnung, als willkürliche städtebauliche Anordnung von Funktionen auf engstem Raum empfunden. Somit wird das örtliche Stadtbild gestört.
...
Das Werbe- und Beleuchtungskonzept wird augenscheinlich aus einer differenzierten Kombination aus direkt strahlenden und diffusen Lichtquellen sowie aus einer hinterleuchteten Werbevitrine, Klebefolien an den Glaselementen der Fassade, teilweise mit Fremdwerbung, gebildet.
Es konkurrenziert auf Grund seiner visuellen Dominanz die prägenden Bau- und Raumstrukturen, es mindert die Transparenz, verhindert Aus- und Durchblicke und vermindert die Klarheit und gestalterische Stringenz des Verkaufsstandes. Das Stadtbild wird gestört.
C. Zu dem von Architekt S... beigestellten Privatgutachten, ..., wird wie folgt Stellung genommen:
...
D. Zu den von Architekt K…/Büro D… vorgebrachten Gutachten nimmt die MA 19 wie folgt Stellung:
..."
Dieses Amtsgutachten wurde der Beschwerdeführerin per E-Mail vom 12. August 2011 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Stellungnahme bis zum 17. August 2011 unter gleichzeitigem Ausschluss einer allfälligen Fristerstreckung eingeräumt. Mit E-Mail vom 12. August 2011 ersuchte die Beschwerdeführerin unter anderem um Einräumung einer 14-tägigen Frist zur Stellungnahme, um dem Gutachten der MA 19 auf gleicher fachlicher Ebene entgegen treten zu können. Eine Antwort auf dieses Ersuchen findet sich nicht im Akt.
Mit per E-Mail samt Plänen übermitteltem Schreiben vom 17. August 2011 erklärte die Beschwerdeführerin eine Projektänderung vorzunehmen. Der Ausblasstutzen werde plan aufs Dach gelegt und weise eine Höhe von 28 cm auf. Das Glasvordach sei 17 cm über dem Hauptdach des Standes angebracht, sodass der Ausblasstutzen nur noch um 11 cm hervorrage. Ein derart niedriger, technisch notwendiger, kleiner, punktueller Aufbau auf dem Dach, so die Beschwerdeführerin, sei für den Betrachter nicht wahrnehmbar. Eine Störung des Stadtbildes sei daher per se ausgeschlossen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.
Nach Wiedergabe der wesentlichen Verfahrensschritte und der im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgelegten privat- und amtsgutachterlichen Stellungnahmen hielt die belangte Behörde begründend fest, dass die Änderung des Angebots des Verkaufsstandes von einem Zeitungsverkaufsstand in einen Imbissstand sowie die damit verbundene Anbringung einer Lüftungsanlage mit einem Ausblasstutzen über Dach verfahrensgegenständlich sei. Die Beschwerdeführerin habe bereits mehrfach um Bewilligung der Erweiterung des Warenangebots angesucht, die MA 46 habe sich auf Grund der geplanten Anbringung eines Abstellbordes an der Kioskseite aber regelmäßig gegen diese Sortimentserweiterung ausgesprochen. Im nunmehr gegenständlichen Antrag sei kein solches Bord vorgesehen worden, jedoch weise der bereits adaptierte Stand eine Ausblasöffnung der Lüftungsanlage auf dem Dach auf, die laut Gutachten der MA 19 das Stadtbild beeinträchtige.
Die MA 19 habe in ihrem Gutachten nach Darstellung des Erscheinungsbildes des gegenständlichen Bereiches unter besonderer Berücksichtigung der von Architekt D entworfenen Dachkonstruktion dargelegt, weshalb für den gegenständlichen Verkaufsstand aus dem Blickpunkt der Stadtgestaltung gerade die bewilligte Ausgestaltung zu wählen gewesen sei und dieser nur als Zeitungsverkaufsstand ohne Lüftungsanlage akzeptiert werden könne. Das Gutachten berücksichtige auch die Argumentation des Architekten DI S. Der Amtssachverständige schließe auf Grund seiner Befundaufnahme und nachvollziehbaren fachkundigen Beurteilung, dass die Verwendung des Verkaufsstandes als Imbisstand wegen der nach gewerberechtlichen Vorschriften notwendigen Anbringung einer Lüftungsanlage mit einer über das Dach des Standes geführten Ausblaseinrichtung den Interessen der Stadtgestaltung widerspreche. Auch Architekt DI S. habe sich in seiner Stellungnahme vom 28. Juli 2011 mit der Argumentation der MA 19 auseinandergesetzt und komme dabei im Wesentlichen zum Ergebnis, dass die Rohrverkleidung der Entlüftung weder die umgebenden gründerzeitlichen Häuser noch die von D gestaltete Architektur im Vorbereich des Geschäftslokals der Firma H. auf Grund ihrer geringen Dimensionierung beeinträchtigen könne. In der ebenfalls vorgelegten Stellungnahme des Architekten DI K. werde insbesondere auf die architektonische Bedeutung der Platzgestaltung eingegangen. Dieser betone, dass eine Verbesserung der gestalterischen Distanzierung des Verkaufsstandes vom dort befindlichen Schuhgeschäft wünschenswert wäre, diese jedoch nur durch eine Überarbeitung des Gesamterscheinungsbildes inklusive Werbe- und Beleuchtungskonzept zu erreichen wäre. Die von der MA 19 angeführte negative Bedeutung des Lüftungsaufsatzes auf das Stadtbild könne er nicht nachvollziehen. Der Sachverständige der MA 19 trete diesen nachgereichten Stellungnahmen im ergänzenden Gutachten vom 10. August 2011 entgegen und stelle dar, aus welchen Überlegungen die Gegenargumente nicht zuträfen.
Entgegen der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin sei die gegenständliche Sortimentsänderung nach dem GAG bewilligungspflichtig. Wie von der Beschwerdeführerin selbst vorgebracht, könne der Entlüftungsstutzen an der Dachseite des Verkaufsstandes aus technischen Gründen weder entfallen noch stadtbildverträglich konstruiert werden, die Vorschreibung diesbezüglicher Auflagen hätte daher die dadurch hervorgerufenen Störung des Stadtbildes nicht beseitigen können, weshalb lediglich die Versagung der Bewilligung dieses Interesse ausreichend zu schützen im Stande gewesen sei.
In den von der MA 19 abgegeben Gutachten werde ausführlich begründet, weshalb der verfahrensgegenständliche Imbissstand andere stadtgestalterische Auswirkungen habe als der von der MA 19 positiv beurteilte Zeitungsverkaufsstand. Das neuerliche Gegengutachten des DI S. vom 28. Juli 2011 enthalte keine neuen Überlegungen, sondern trete dem Gutachten der MA 19 mit derselben Argumentation entgegen, die bereits im Gutachten vom Juni 2008 vorgebracht worden und der durch die Amtssachverständigen der MA 19 schlüssig und nachvollziehbar entgegen getreten worden sei. Ebenso wenig sei die Stellungnahme des DI K. geeignet gewesen, die Beurteilung der MA 19 in Zweifel zu ziehen, dass die Gestaltung des Vorplatzes des Geschäftslokals der Firma H. durch die tatsächliche Umsetzung der Pläne von D ein Teil des Stadtbildes geworden sei und somit die Beurteilung, ob die Veränderung des Kiosks im Zuge eines Sortimentswechsels eine Störung des Stadtbildes bedeuten würde, den Amtssachverständigen der MA 19 obliege. Die architektonische Wirkung der Überdachung sei nicht isoliert zu betrachten, sondern auch die architektonische Gesamtsituation im Bereich des geplanten Aufstellungsortes mit zu berücksichtigen, mit der sich diese Stellungnahme aber nur kurz befasse.
Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei nicht zu folgen gewesen, da bereits im erstinstanzlichen Verfahren eine Ortsaugenscheinverhandlung stattgefunden habe und aus einer neuerlichen Verhandlung über die Gutachten der Amtssachverständigen bzw. Privatsachverständigen hinausgehende entscheidungsrelevante Erkenntnisse nicht zu erwarten seien. Auch die beantragte Fristerstreckung sei im Hinblick auf die bereits aktenkundige ausführliche Diskussion der entscheidungsrelevanten Problematik nicht zu gewähren gewesen. Die mit E-Mail vom 17. August 2011 eingereichte Projektänderung habe zu keiner Änderung der Beurteilung aus stadtgestalterischer Sicht führen können, da es sich lediglich um eine geringfügige Änderung handle.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 29. November 2011, B 1179/11-5, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die Beschwerdeführerin ergänzte die Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 1 und § 2 des Gebrauchsabgabengesetzes 1966 in der Fassung LGBl. Nr. 58/2009 (GAG), haben (auszugsweise) folgenden
Wortlaut:
"Gebrauchserlaubnis
§ 1 (1) Für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt.
(2) Jeder in der Sondernutzung (Abs. 1) nicht angegebene Gebrauch, der über die bestimmungsgemäße Benützung der Verkehrsfläche nach den straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Bestimmungen hinausgeht, bedarf der privatrechtlichen Zustimmung der Stadt Wien als Grundeigentümerin.
Erteilung der Gebrauchserlaubnis
§ 2 (1) Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist nur auf Antrag zulässig. ...
(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie insbesondere Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen; bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist.
...
(4) Bescheide über die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis, bei deren Erlassung ein Versagungsgrund nach Abs. 2 gegeben war, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler.
..."
2. Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, es sei die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis für eine bloße Sortimentsänderung nicht erforderlich, weil eine bloße Sortimentsänderung in rechtlicher Hinsicht weder eine Umgestaltung noch eine Erweiterung eines Verkaufsstandes darstelle und auch das GAG mit keinem Wort auf das Warensortiment eines Verkaufsstandes abstelle. Bei rechtsrichtiger Würdigung der Eingabe und Berücksichtigung des Parteiwillens wäre diese als Anzeige einer Änderung des Warensortiments zu behandeln gewesen und lediglich der MA 6 und dem Marktamt zur Kenntnis zu bringen gewesen.
2.1. Der in § 1 Abs. 1 GAG genannte Tarif setzt in seinem Abschnitt C die Selbstbemessungsabgabe in Hundertsätzen von allen Einnahmen, die im Zusammenhang mit der Gebrauchserlaubnis erzielt werden, unter Ausschluss der Umsatzsteuer, die nicht zur Bemessungsgrundlage gehört, bzw. als Selbstbemessungsabgabe nach einem festen Tarif fest. So etwa beträgt nach Punkt 4. dieses Abschnittes der Tarif für nicht ortsfeste, hauptsächlich dem Verkauf von Zeitungen dienende Verkaufsstände (Zeitungskioske) 1 vH der Einnahmen und nach Punkt 5. dieses Abschnittes der Tarif für nicht unter die Tarifposten A 11 (betreffend lediglich eine tageweise, längstens vierzehntägige Aufstellung von nicht ortsfesten, näher bezeichneten Ständen) und C 4 fallende, nicht ortsfeste Verkaufsstände aller Art sowie nicht ortsfeste pratermäßige Volksbelustigungsstände aller Art (Schießbuden, Karusselle u. dgl.) 3 vH der Einnahmen.
2.2. Bereits im hg. Erkenntnis vom 6. September 2011, Zl. 2009/05/0293, wurde hinsichtlich einer beantragtem Änderung des betreffenden Zeitungsverkaufsstandes festgehalten, dass § 1 GAG (in Abs. 1) die Fälle des Gebrauches von öffentlichem Grund in der Gemeinde, in denen die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis (mittels Bescheides) erforderlich ist, und (in Abs. 2) die Fälle des Gebrauches, die nicht der Erteilung einer solchen behördlichen Bewilligung, sondern der privatrechtlichen Zustimmung der Stadt Wien als Grundeigentümerin bedürfen, unterscheidet. Aus der Bindung der Gebrauchserlaubnis an die im Tarif zum GAG aufgezählten Gebrauchsarten gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. folgt, dass jede Änderung des in einem Verkaufsstand angebotenen Warensortiments, wenn diese zu einer Einstufung unter einen anderen der im Tarif zum GAG aufgezählten Tatbestände als jenen, der von der erteilten Gebrauchserlaubnis erfasst war, führt, einer eigenen Gebrauchserlaubnis bedarf.
2.3. Weiters wurde in diesem zitierten Erkenntnis, auf das gemäß § 43 Abs. 2 2. Satz VwGG verwiesen wird, unter Verweis auf die Erteilung der Gebrauchserlaubnis als Projektgenehmigungsverfahren ausgeführt, dass der Beschwerdeführerin mit Bescheid der MA 46 vom 11. Oktober 2006 (u.a.) gemäß § 1 GAG die Erlaubnis zur Benützung des öffentlichen Grundes durch einen transportablen, hauptsächlich dem Verkauf von Zeitungen dienenden Stand - somit für die in Abschnitt C des genannten Sondernutzungstarifes zum GAG unter Punkt 4. angeführte Gebrauchsart - erteilt worden sei. Somit findet auch die von der beschwerdeführenden Partei in ihrem Ansuchen vom 23. Juli 2010 angeführte Sortimentserweiterung - weil nicht von Punkt 4. des Abschnittes C des genannten Tarifes umfasst - in der mit Bescheid vom 10. November 2006 erteilten Erlaubnis keine Deckung, weshalb, entgegen der Beschwerdeansicht, gemäß § 1 leg. cit. für die im Ansuchen vom 23. Juli 2010 genannte Sortimentserweiterung eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken war.
3. Die Beschwerdeführerin wendet weiters ein, dass ihr die belangte Behörde trotz ihres Ersuchens keine angemessene Frist eingeräumt habe, sich hinsichtlich der gutachterlichen Stellungnahme der MA 19 vom 10. August 2011 zu äußern. Eine Fristsetzung von fünf Tagen im Hochsommer während der Urlaubszeit, wovon nur zwei Tage auf Arbeitstage fielen, sei jedenfalls keine angemessene Fristsetzung.
3.1. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
3.2. Die belangte Behörde hat das von ihr eingeholte stadtbildtechnische Amtsgutachten der MA 19 vom 10. August 2011 mit E-Mail vom 12. August 2011 der Beschwerdeführerin zwar zur Stellungnahme übermittelt, ihr dafür aber lediglich eine Frist von 5 Tagen - davon 2 Arbeitstage - bis zum 17. August 2011 eingeräumt und eine allfällige Fristerstreckung ausgeschlossen. Mit E-Mail vom 12. August 2011 ersuchte die Beschwerdeführerin unter anderem um Einräumung einer 14-tägigen Frist zur Stellungnahme, um dem Gutachten der MA 19 auf gleicher fachlicher Ebene entgegen treten zu können. Diesem Ersuchen entsprach die belangte Behörde nicht.
3.3. Gemäß § 45 Abs 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist den Parteien dabei für ihre Stellungnahme eine ausreichende Frist einzuräumen.
Das Recht einer Partei, im Zuge des Ermittlungsverfahrens im Sinne des §§ 37 ff AVG gehört zu werden, stellt einen fundamentalen Grundsatz des Verwaltungsverfahrens dar. Dieses Recht auf Parteiengehör erstreckt sich aber nicht bloß auf das in § 45 Abs 3 AVG ausdrücklich geregelte Recht der Parteien, dass ihnen Gelegenheit geboten werde, von dem Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, also sich zum Beweiswert einzelner Beweismittel zu äußern; es steht den Parteien vielmehr frei - und hiezu muss ihnen ausdrücklich Gelegenheit geboten werden -, im Ermittlungsverfahren auch ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen, also insbesondere auch eine Äußerung zu den rechtlichen Konsequenzen der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens auf die Lösung des Rechtsfalls abzugeben; einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde dürfen nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zu Grunde gelegt werden, zu denen die Partei des Verwaltungsverfahrens auch Stellung nehmen konnte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2013, Zl. 2011/03/0168, mwN).
Die Gelegenheit zur Stellungnahme erfordert die Gestaltung des Vorgangs in einer Weise, die der Partei jeweils nicht nur seine Bedeutung zum Bewusstsein bringt, sondern ihr auch die Möglichkeit zu Überlegungen und entsprechender Formulierung ihrer Stellungnahme bietet. Eine solche Möglichkeit zur Stellungnahme ist der Partei aber nur dann gegeben, wenn ihr hiefür auch eine ausreichende Frist für die Einholung fachlichen Rats bzw. zur Vorlage eines entsprechenden Gutachtens eingeräumt wird. Dabei ist die erforderliche Zeit für die Auswahl eines entsprechenden Sachverständigen und seine Beauftragung einerseits und der für die Ausarbeitung eines Gutachtens erforderliche Zeitraum andererseits zu berücksichtigen. Die Frist zur Stellungnahme muss dazu ausreichen, um ein Gutachten durch ein Gegengutachten entkräften zu können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Beweiskraft eines Sachverständigengutachtens - vom Nachweis, dass es mit den Denkgesetzen oder mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Widerspruch steht, abgesehen - nämlich nur durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen, das dem Gutachten auf gleichem fachlichen Niveau entgegen tritt, entkräftet werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Februar 2012, Zl. 2009/04/0267, und vom 22. Mai 2013, mwN).
3.4. Auch wenn das Amtsgutachten vom 10. August 2011 in weiten Bereichen jenem vom 9. Juni 2011 entspricht, ist dieses Gutachten umfangreich, geht ausführlich auf die vorgelegten privatgutachterlichen Stellungnahmen ein und wurde von der belangten Behörde unter anderem zum Anlass genommen, die Berufung der Beschwerdeführerin abzuweisen. Mit Rücksicht auf die Notwendigkeit der Beauftragung eines entsprechenden Sachverständigen und die für die Ausarbeitung auch eines einfachen Gutachtens erforderlichen Zeit erscheint ein Zeitraum von bloß fünf Tagen, von denen drei auf ein Wochenende und einen Feiertag fielen, als nicht ausreichend.
Dadurch, dass die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die angestrebte Fristverlängerung verwehrte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil ein für die Beschwerdeführerin günstigeres Ergebnis - auch unter Berücksichtigung des (dem inhaltlich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegenden) im Beschwerdeverfahren vorgelegten Gegengutachtens des DI S. vom 28. September 2011 - nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2013, mwN).
4. Ferner rügt die Beschwerdeführerin, dass sich die belangte Behörde nicht mit dem zutreffenden und richtigen Inhalt der Privatgutachten auseinandergesetzt habe, sondern kritiklos der abschließenden Beurteilung der MA 19 gefolgt sei. Dabei habe sie die Argumente und Gegenargumente nicht gegeneinander abgewogen.
4.1. Auch dieses Vorbringen erweist sich im vorliegenden Fall als zutreffend.
4.2. Sachverständigengutachten sind wie jedes andere Beweismittel der freien Beweiswürdigung zugänglich. Die Beweiswürdigung unterliegt insofern der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes, als es sich um die Beurteilung handelt, ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Die Aussagen von Sachverständigen haben grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen Beweiswert, und es besteht demnach zwischen dem Gutachten eines Amtssachverständigen und dem eines Privatsachverständigen kein verfahrensrechtlicher Wertunterschied. Bei einander widersprechenden Gutachten hat die Behörde allerdings die Gedankengänge aufzuzeigen, die sie veranlasst haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen (s. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2012, Zl. 2009/05/0048).
4.3. Diesem Erfordernis ist die belangte Behörde im gegebenen Zusammenhang nicht nachgekommen. Zwar fasst sie die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens erstatteten Gutachten kurz zusammen und hält dabei auch fest, dass Amts- und Privatgutachten jeweils aufeinander eingegangen seien. Vor dem Hintergrund der dargelegten hg. Rechtsprechung zeigt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aber nicht konkret auf, warum den Ausführungen des Amtssachverständigen ein höherer Beweiswert zukommt. Somit erweist sich der angefochtenen Bescheid auch aus diesem Grund als rechtswidrig.
5. Sofern die Beschwerdeführerin geltend macht, die Änderung der Gestaltung des Ausblasstutzens sei von der belangten Behörde nicht berücksichtigt und der MA 19 zur neuerlichen Beurteilung vorgelegt worden, ist ihr - insbesondere im Hinblick auf das fortgesetzte Verwaltungsverfahren - ebenfalls zu folgen. Denn gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann ein verfahrenseinleitender Antrag vom Projektwerber in jeder Lage des Verfahrens, sohin auch im Berufungsverfahren, abgeändert werden, wenn das "Wesen" des Projektes nicht geändert wird und nicht von einem "aliud" gesprochen werden müsste (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. September 2011, Zl. 2009/05/0293, mwN).
Dass es sich bei der Verkleinerung des verfahrensgegenständlichen Ausblasstutzens, wie die belangte Behörde ausführt, aber um eine derart geringfügige Änderung handle, die zu keiner "Änderung der Beurteilung aus stadtgestalterischer Sicht führen" könne, kann angesichts der Reduzierung des Lüftungsaufsatzes um beinahe die Hälfte der sichtbaren Höhe ohne Beiziehung eines Sachverständigen nicht von vornherein angenommen werden.
6. Sofern die Beschwerdeführerin aber die Unterlassung einer Ortsaugenscheinverhandlung im Rahmen des Berufungsverfahrens sowie die von der belangten Behörde nicht in Erwägung gezogene Möglichkeit der Erteilung der Gebrauchserlaubnis unter Vorschreibung von Auflagen gemäß § 2 Abs. 2 GAG rügt, vermag sie keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Schließlich ist insbesondere die in diesem Zusammenhang in der Beschwerde geltend gemachte "exakte Positionierung des Ausblasstutzens" ohnehin aus den mit den Anträgen vorgelegten Plänen ersichtlich und dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen, welche Auflagen der Beschwerdeführerin zu erteilen gewesen wären.
7. Der angefochtenen Bescheid war insgesamt wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aF aufzuheben.
8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 8. April 2014
Schlagworte
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ECLI:AT:VWGH:2014:2012050004.X00Im RIS seit
13.05.2014Zuletzt aktualisiert am
30.05.2014