TE Vwgh Erkenntnis 2014/4/24 2014/02/0016

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Veröffentlicht am 24.04.2014
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
21/05 Börse;
37/01 Geldrecht Währungsrecht;
37/02 Kreditwesen;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37 impl;
AVG §37;
AVG §52 impl;
BörseG 1989 §48a Abs1 Z2 litc idF 2004/I/127;
BWG 1993 §1 Abs1 Z8;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2014/02/0015 E 24. April 2014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger, den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des Dkfm. Dr. M K in Wien, vertreten durch Dr. Michael Herzer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 32/Mezzanin, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 1. Oktober 2013, Zl. UVS- 06/FM/46/13615/2012, betreffend Übertretungen des BörseG (weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - unter Herabsetzung der erstinstanzlich verhängten Geldstrafen von zwei Mal EUR 50.000,-- auf je EUR 40.000,-- - den Beschwerdeführer folgender Übertretungen schuldig erachtet (Unterstreichungen und kursive Schreibweise im Original):

"Die A AG ... ist eine Aktiengesellschaft mit der Geschäftsanschrift K-straße ...Wien, deren Aktien im Jahr 2010 im amtlichen Handel der Wiener Börse ... notierten.

Sie sind seit 15.10.2004 Vorstand der A AG und haben in dieser Funktion gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl. 52/1991, als zur Vertretung nach außen Berufener folgendes zu verantworten:

1. Laut Ad-hoc Meldung der A AG in Bezug auf die ... zum amtlichen Handel an der Wiener Börse zugelassenen Aktien vom 05.10.2010 (europaweit verbreitet über euro adhoc), die als Beilage 1 einen integrierten Bestandteil des Straferkenntnisses bildet, wurde ua. kommuniziert: '(...) Eine Reihe an interessanten Projekten im Energie - und Umwelttechnikbereich befindet sich kurz vor der Vergabe: Der A Gruppe werden bei den Projekten sehr gute Chancen eingeräumt. Vor allem in den Wachstumsmärkten Asien, Türkei, USA und Großbritannien kann die

A Gruppe mit ihren innovativen Technologien bei den Kunden punkten. Die A Gruppe erwartet aus heutiger Sicht weitere Großaufträge in den kommenden Monaten mit einem Gesamtauftragseingang von einer knappen Milliarde EUR bis zum Jahresende. (...)'

Tatsächlich verfügte die A Gruppe über eine Avallinie in Höhe von über 700 Mio. Euro. Diese Avallinie wurde von einem Bankensyndikat begeben. Mit Hilfe dieser Avallinie wurden die für neue Projekte erforderlichen Bankgarantien bereitgestellt. Es wurde bereits Mitte September 2010 von der Geschäftsführung der A Gruppe darauf hingewiesen, dass einer der wesentlichen Parameter des Avalkreditvertrages zum nächsten Stichtag wohl nicht erfüllt werden kann. Relevant ist in diesem Zusammenhang, dass der Avalkreditvertrag Vertragsbestimmungen umfasst, bei deren Nichteinhaltung das Bankensyndikat berechtigt ist, die Avallinie zu kündigen und sämtliche Avale fällig zu stellen. Aufgrund eines Verstoßes gegen einen wesentlichen Parameter des Avalkreditvertrages konnten einerseits keine neuen Bankgarantien begeben werden, andrerseits war das Bankensyndikat berechtigt, die Avallinie zu kündigen und sämtliche Avale fällig zu stellen. Neue Bankgarantien, die für das Inkrafttreten der den jeweiligen Projekten zugrundeliegenden Verträge Voraussetzungen waren, konnten nicht erlangt werden. Dies alles war der A AG im Zeitpunkt der Ad-hoc Meldung bekannt und wurde in der Ad-hoc Meldung nicht erwähnt.

Die A AG hat somit am 05.10.2010 Marktmanipulation betrieben, indem sie oa. Informationen in der oa. Ad-hoc Meldung verbreitet hat, die irreführende Signale in Bezug auf die oa. Wertpapiere geben oder geben könnten. Dabei wusste die A AG, die diese Informationen verbreitet hat, dass sie irreführend waren, bzw. hätte dies wissen müssen. Auch Sie hätten dies wissen müssen.

2. Laut Ad-hoc Meldung der A AG in Bezug auf die ... zum amtlichen Handel an der Wiener Börse zugelassenen Wertpapiere vom 14.10.2010 (europaweit verbreitet über euro adhoc), die als Beilage 2 einen integrierten Bestandteil des Straferkenntnisses bildet, wurde ua. kommuniziert '(...) Im 4. Quartal 2010 ist für die Division Anlagenbau weiterhin eine positive Entwicklung bei Projektbewerbungen zu erkennen. Eine Reihe von Projektbewerbungen im Energie- und Umwelttechnikbereich befindet sich kurz vor der Auftragserteilung. (...)'

Tatsächlich verfügte die A Gruppe über eine Avallinie in Höhe von über 700 Mio. Euro. Diese Avallinie wurde von einem Bankensyndikat begeben. Mit Hilfe dieser Avallinie wurden die für neue Projekte erforderlichen Bankgarantien bereitgestellt. Es wurde bereits Mitte September 2010 von der Geschäftsführung der A Gruppe darauf hingewiesen, dass einer der wesentlichen Parameter des Avalkreditvertrags zum nächsten Stichtag wohl nicht erfüllt werden kann. Relevant ist in diesem Zusammenhang, dass der Avalkreditvertrag Vertragsbestimmungen umfasst, bei deren Nichteinhaltung das Bankensyndikat berechtigt ist, die Avallinie zu kündigen und sämtliche Avale fällig zu stellen. Aufgrund eines Verstoßes gegen einen wesentlichen Parameter des Avalkreditvertrages konnten einerseits keine neuen Bankgarantien begeben werden, andrerseits war das Bankensyndikat berechtigt, die Avallinie zu kündigen und sämtliche Avale fällig zu stellen. Neue Bankgarantien, die für das Inkrafttreten der den jeweiligen Projekten zugrundeliegenden Verträge Voraussetzungen waren, konnten nicht erlangt werden. Dies alles war der A AG im Zeitpunkt der Ad-hoc Meldung bekannt und wurde in der Ad-hoc Meldung nicht erwähnt.

Die A AG hat somit am 14.10.2010 Marktmanipulation betrieben, indem sie oa. Informationen in der oa. Ad-hoc Meldung verbreitet hat, die irreführende Signale in Bezug auf die oa. Wertpapiere geben oder geben könnten. Dabei wusste die A AG, die diese Informationen verbreitet hat, dass sie irreführend waren, bzw. hätte dies wissen müssen. Auch Sie hätte dies wissen müssen."

Der Beschwerdeführer habe dadurch zu 1. und 2. jeweils § 48a Abs. 1 Z 2 lit. c iVm § 48c BörseG verletzt, weshalb über ihn Geldstrafen zu 1. und 2. von je EUR 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 224 Stunden) verhängt wurden.

In der Begründung gab die belangte Behörde den Verfahrensgang und den wesentlichen Inhalt der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2013 wieder und stellte folgenden Sachverhalt fest (Unterstreichungen und kursive Schreibweise im Original):

"Die A AG ... ist eine Beteiligungsgesellschaft, die im Jahre 2010 unter anderem sämtliche Anteile an der A Gruppe gehalten hat. Der (Beschwerdeführer) war zur Tatzeit Vorstandsvorsitzender und somit zur Außenvertretung der A AG berufen. Diese bereits erstinstanzlich getroffenen Feststellungen gründen sich auf die insofern unbestritten gebliebene Aktenlage, insbesondere auf die im Akt einliegenden Firmenbuchauszüge.

Am 17.8.2010 veröffentlichte die A AG folgende Aktionärsinformation:

'Wien, 17. August 2010 - Die A Gruppe, Division Anlagenbau der an der Wiener Börse notierten A AG, schloss erfolgreich die Verhandlungen über die Erhöhung ihrer syndizierten Garantielinie auf EUR 798 Mio. ab. Per 12. August 2010 wurde diese Garantielinie um EUR 42,5 Mio. erhöht und besitzt nunmehr ein Gesamtvolumen von EUR 798 Mio. Als Konsortialführer (Bookrunner und Agent) fungiert die KBC Bank NV, wobei zusätzlich 14 namhafte internationale Bankpartner in die Transaktion involviert sind. Diese Erhöhung folgt der Verlängerung der Laufzeit der Garantielinie um zwei Jahre, die bereits im Rahmen der Presseaussendung vom 23. Juli 2010 kommuniziert wurde.

Durch die Erhöhung ihrer Garantielinie sichert sich die A Gruppe ein Volumen, das für den mittelfristigen Ausbau des Geschäfts ausreichende Sicherheiten zur Verfügung stellt.

Bereits im August 2008 unterzeichnete die A  Gruppe mit der KBC Bank NV einen Vertrag über eine syndizierte Garantielinie in Höhe von EUR 700 Mio. Diese wurde bereits im Jahr 2009 auf EUR 755,5 Mio. erhöht und im Juli 2010 bis zum Jahr 2013 verlängert. Die Garantielinie dient zur Ausstellung von Bankgarantien, Avalen und sonstigen Garantien für das tägliche Geschäft der A Gruppe. Ergänzt wird diese syndizierte Garantielinie durch weiterhin bestehende bilaterale Garantielinien, sodass der A Gruppe insgesamt ein Volumen von über EUR 1 Mrd. zur Verfügung steht.' ...

Mitte September 2010 wurde die A AG von der Geschäftsführung der A Gruppe darauf hingewiesen, dass einer der wesentlichen Parameter des mit dem Bankenkonsortium im Jahr 2008 abgeschlossenen Avalkreditvertrags zum nächsten Stichtag nicht erfüllt werden könnte, zumal der Avalkreditvertrag Vertragsbestimmungen enthielt, bei deren Nichteinhaltung das Bankensyndikat berechtigt war, die Avallinie zu kündigen und sämtliche Avale fällig zu stellen. Aufgrund eines Verstoßes gegen einen wesentlichen Parameter des Avalkreditvertrages konnten einerseits aus dieser Avallinie keine neuen Bankgarantien begeben werden, andererseits war das Bankenkonsortium berechtigt, die Avallinie zu kündigen und sämtliche Avale fällig zu stellen. ...

Im Hinblick auf diese Sachlage kam es zu Verhandlungen zwischen der A Gruppe und dem Bankenkonsortium, mit dem die Avallinie im Jahr 2008 vereinbart worden war, über einen sog. Waiver (Aufschub), durch welchen der Fortbestand der Avallinie bis Jahresende 2010 gesichert werden sollte. Das Bankenkonsortium bot zunächst einen solchen Aufschub nur unter der Bedingung an, dass die A AG einen finanziellen Beitrag leistet. Ohne Zustimmung der A AG war es, wie der Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt hat, der A Gruppe nicht möglich, den vom Bankenkonsortium vorgeschlagenen Waiver zu akzeptieren, zumal lediglich die A AG über die Leistung eines finanziellen Beitrags entscheiden konnte. Die A AG wiederum konnte den vom Bankenkonsortium geforderten finanziellen Betrag nicht aufbringen, weil die geplante Auflage eines Bonds im dreistelligen Millionenbereich nicht realisiert werden konnte. Diese Feststellungen gründen sich auf die Ausführungen des anwaltlichen Vertreters des Berufungswerbers in der mündlichen Verhandlung.

Am 5.10.2010 veröffentlichte die A AG europaweit über euro

adhoc folgende Ad-hoc Meldung unter Bezugnahme auf die ... zum

amtlichen Handel an der Wiener Börse zugelassenen Aktien:

'(...) Eine Reihe an interessanten Projekten im Energie - und Umwelttechnikbereich befindet sich kurz vor der Vergabe: Der A Gruppe werden bei den Projekten sehr gute Chancen eingeräumt. Vor allem in den Wachstumsmärkten Asien, Türkei, USA und Großbritannien kann die A  Gruppe mit ihren innovativen Technologien bei den Kunden punkten. Die A Gruppe erwartet aus heutiger Sicht weitere Großaufträge in den kommenden Monaten mit einem Gesamtauftragseingang von einer knappen Milliarde EUR bis zum Jahresende. (...)'

Die Ad-hoc Meldung enthält keine Angaben über die oben dargestellten Probleme mit der zwischen der A Gruppe und einem Bankenkonsortium vereinbarten Avallinie, sodass in Anbetracht der Aktionärsinformation vom 17.8.2010 das Anlegerpublikum davon ausgehen konnte, dass die noch im August 2010 aufgestockte Avallinie der A Gruppe uneingeschränkt für Bankgarantien zur Verfügung stand. ...

Zumal am 8.10.2010 feststand, dass die A AG den vom Bankenkonsortium geforderten finanziellen Betrag nicht aufbringen konnte, wurde vom Bankenkonsortium ein neuer Vorschlag für einen Waiver ausgearbeitet und der A Gruppe am 13.10.2010 präsentiert. Der neue Vorschlag für einen Waiver sah zwar keinen Geldbeitrag der A AG, dafür aber Haftungen und Verpfändungen aus dem Bereich der A Gruppe vor. Dass auch dieser Waiver nicht zustande kam, lag zunächst daran, dass am 20.10.2010 über die A AG das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eingeleitet wurde und die A AG von diesem Zeitpunkt an nicht mehr frei entscheiden konnte. Im Sanierungsverfahren wurden die Verhandlungen über einen Waiver fortgesetzt und stand letztlich erst im November 2010 endgültig fest, dass auch der Waiver in der Version vom 13.10.2010 nicht zustande kommt. ...

Am 14.10.2010 wurde über euro adhoc europaweit folgende Ad-

hoc Meldung der A-TEC in Bezug auf die ... zum amtlichen Handel an

der Wiener Börse zugelassenen Wertpapiere kommuniziert:

'(...) Im 4. Quartal 2010 ist für die Division Anlagenbau weiterhin eine positive Entwicklung bei Projektbewerbungen zu erkennen. Eine Reihe von Projektbewerbungen im Energie- und Umwelttechnikbereich befindet sich kurz vor der Auftragserteilung. Durch die langfristige Projektstruktur werden sich die konkreten Auftragseingänge jedoch voraussichtlich erst im Laufe des 2. Halbjahres 2011 entsprechend ergebnisseitig auswirken.'

Auch diese Ad-hoc Meldung enthält keine Angaben über die oben dargestellten Probleme mit der zwischen der A Gruppe und einem Bankenkonsortium vereinbarten Avallinie, sodass in Anbetracht der Aktionärsinformation vom 17.8.2010 das Anlegerpublikum davon ausgehen konnte, dass die noch im August 2010 aufgestockte Avallinie der A Gruppe uneingeschränkt für Bankgarantien zur Verfügung stand. ...

Für die Realisierung des überwiegenden Teils der in den beiden Ad-hoc-Meldungen vom 5.10.2010 und vom 14.10.2010 angesprochenen Großaufträge und Auftragserteilungen waren jedoch Bankgarantien erforderlich. Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Mitbeschuldigten F in der mündlichen Verhandlung. Soweit im Berufungsschriftsatz ausgeführt wird, Bankgarantien seien keine zwingende Voraussetzung für den Abschluss neuer Projekte gewesen, so bezieht sich diese Aussage nicht einmal behaupteter Weise auf alle in den Ad-hoc-Meldungen angesprochenen Projekte (Gesamtvolumen ca. eine Milliarde Euro). Konkret angesprochen wird in der Berufung bloß das Projekt Salaya Engenerring & Delivery in Indien, zwei Projekte in Jamaica und eines in Bosnien. Für die übrigen Projekte, insbesondere die auf Seite 10 des angefochtenen Straferkenntnisses (abgesehen vom Projekt 'Salaya Engeneering & Delivery') angeführten Projekte der A Gruppe waren somit zur Realisierung sehr wohl Bankgarantien erforderlich.

Um Bankgarantien zu erlangen verfügte die A Gruppe über folgende Möglichkeiten. Primär kam dafür seit dem Jahr 2008 bestehende, mit einem Bankenkonsortium vereinbarte Avallinie in Betracht. Diese Avallinie - sie wird in der Aktionärsinformation vom 17.8.2010 als 'Garantielinie' bezeichnet - wurde noch per 12.8.2010 um 42,5 Millionen Euro erhöht und betrug somit zuletzt 798,-- Millionen Euro. Wie im Berufungsschriftsatz ausdrücklich festgehalten wird, war diese Avallinie die bequemste Lösung der Finanzierung, weil sie sofort zur Verfügung stand. Die Avallinie diente der A Gruppe laut Aktionärsinformation vom 17.8.2010 zur Ausstellung von Bankgarantien und sonstigen Garantien für das tägliche Geschäft. Ergänzt wurde diese syndizierte Garantielinie durch weiterhin bestehende bilaterale Garantielinien. Der A Gruppe stand somit insgesamt für Bankgarantien und sonstige Garantien ein Volumen von mehr als 1 Milliarde Euro zur Verfügung. Für den Fall, dass die konzernweite Avallinie von ca. 798 Millionen Euro nicht weiter zur Verfügung stehen hätte sollen, hätten - wie zur Zeit vor Vereinbarung der Avallinie im Jahr 2008 - Garantien (wieder) dezentral von den jeweiligen Projektgesellschaften verhandelt und abgeschlossen werden müssen. ...

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Frage, ob die mit dem Bankenkonsortium vereinbarte Avallinie der A Gruppe weiterhin uneingeschränkt zur Verfügung stand, als eine Information, die ein verständiger Anleger im Hinblick auf die ihm ad hoc kommunizierten, von der A Gruppe erwarteten Großaufträge und Projektvergaben sehr wohl zur Grundlage seiner Anlageentscheidung machen würde.

Die einseitige Kommunikation der erwarteten Großaufträge und Auftragserteilungen ohne gleichzeitige Mitteilung des Umstandes, dass die mit dem Bankenkonsortium im Jahr 2008 vereinbarte und erst im August 2010 aufgestockte Avallinie aufgrund der Nichterfüllung einer Bedingung seitens der A AG jederzeit kündbar geworden und keineswegs gesichert war, dass von der A Gruppe Bankgarantien über diese Avallinie erlangt werden konnten, führte das Anlegerpublikum insofern in die Irre, als einseitig nur positive Aspekte im Hinblick auf die zu erwartende Auftragslage der A Gruppe kommuniziert wurden, ohne zugleich auf die sich bei der Finanzierung auftuenden Schwierigkeiten hinzuweisen.

Wenige Tage nach den gegenständlichen Ad-hoc Meldungen, am 20.10.2010 gab die A AG die Eröffnung des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung bekannt. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 20.10.2010 wurde über das Vermögen der A AG ein Insolvenzverfahren (konkret: Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung) eröffnet. Grund für die Eröffnung des Sanierungsverfahrens war die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der gesamten A Gruppe sowie die Nichterfüllung eines wesentlichen Parameters des Avalkreditvertrages. Nachdem die Probleme in der A Gruppe nicht gelöst werden konnten, wurde schließlich am 24.11.2010 über das Vermögen der A GmbH und am 26.11.2010 über das Vermögen der A GmbH & Co KG jeweils ein Insolvenzverfahren eröffnet. ...

Als Vorstandsvorsitzender der A AG wusste der (Beschwerdeführer) darüber Bescheid, dass einer der wesentlichen Parameter des mit dem Bankenkonsortium im Jahr 2008 abgeschlossenen Avalkreditvertrages zum nächsten Stichtag nicht erfüllt werden konnte. Es war ihm auch bekannt, dass es sich um Vertragsbestimmungen handelte, bei deren Nichteinhaltung das Bankensyndikat berechtigt war, die Avallinie zu kündigen und sämtliche Avale fällig zu stellen. Zudem war der (Beschwerdeführer) in Kenntnis des Umstandes, dass die A Gruppe Verhandlungen über einen Waiver (Aufschub) führte und dass zum jeweiligen Zeitpunkt der Verbreitung der Ad-hoc-Meldungen am 5.10. und am 14.10 ein solcher Waiver noch nicht zustande gekommen war.

..."

In der rechtlichen Beurteilung stellte die belangte Behörde die von ihr als maßgeblich erachtete Rechtslage dar und führte aus, dass unvollständige Angaben einen Kernanwendungsfall irreführender Angaben darstellten, wenn diese zu einem unzutreffenden Gesamteindruck führten. Im Beschwerdefall sei den Anlegern einseitig nur die positive Entwicklung der Auftragslage im Bereich der A Gruppe kommuniziert worden, ohne zugleich darüber zu informieren, dass durch den drohenden Wegfall der Avallinie die Möglichkeiten zur Erlangung von Bankgarantien deutlich eingeschränkt gewesen seien. Für den Anleger wäre in diesem Zusammenhang das Wissen jedenfalls relevant gewesen, dass die Avallinie, mittels der die für neue Projekte erforderlichen Bankgarantien primär bereitgestellt worden seien, zum Zeitpunkt der beiden Ad-hoc-Meldungen äußerst problembehaftet bzw. unsicher gewesen seien. Sei in den Ad-hoc-Meldungen darauf hingewiesen worden, dass eine Reihe von interessanten Projekten von beachtlichem Volumen kurz vor der Vergabe stehe, wäre auch klarzustellen gewesen, dass die A Gruppe bereits Mitte September 2010 gegenüber dem Vorstand der A AG vermeldet habe, dass einer der wesentlichen Parameter des Avalkreditvertrages zum nächsten Stichtag aller Voraussicht nach nicht erfüllt werden könne und Verhandlungen über einen Waiver zwar liefen, jedoch noch nicht abgeschlossen seien. Dass die A AG bis zuletzt davon ausgegangen sei, dass doch noch ein Waiver zustande komme, der die Avallinie zumindest bis Jahresende 2010 hätte sichern können und diesbezüglich sogar noch im Verlauf des Sanierungsverfahrens Hoffnungen bestanden hätten, könne nichts am irreführenden Charakter der in Rede stehenden Ad-hoc-Meldungen ändern, sei doch in diesen weder von der Nichterfüllung wesentlicher Parameter des Avalkreditvertrages noch von einem möglichen Waiver die Rede. Wie wesentlich letztendlich der Fortbestand der Avallinie für die A Gruppe gewesen sei, zeige sich schon daran, dass der Beschwerdeführer selbst im erstinstanzlichen Verfahren ausgeführt habe, dass neben der Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der gesamten A Gruppe die Nichterfüllung eines wesentlichen Parameters des Avalkreditvertrages ein wesentlicher Grund für die Eröffnung des Sanierungsverfahrens gewesen sei. Soweit der Beschwerdeführer und der Mitbeschuldigte F versucht hätten, die Bedeutung der Avallinie für die Verfügbarkeit von Bankgarantien herabzuspielen, stünden diese Aussagen zudem in deutlichem Widerspruch zur Aktionärsinformation vom 17. August 2010. Vor diesem Hintergrund erwiesen sich die in den Ad-hoc-Meldungen verwendeten Formulierungen als in wesentlichen Punkten unvollständig und somit als irreführend im Sinne des § 48a Abs. 1 Z 2 lit. c BörseG. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Verbreitung der in Rede stehenden Ad-hoc-Meldungen vom 5. Oktober und vom 14. Oktober 2010 über den Umstand, dass einer der wesentlichen Parameter des mit dem Bankenkonsortium im Jahr 2008 abgeschlossenen Avalkreditvertrages zum nächsten Stichtag nicht erfüllt werden könne, zumal der Avalkreditvertrag Vertragsbestimmungen enthalten habe, bei deren Nichteinhaltung das Bankensyndikat berechtigt gewesen sei, die Avallinie zu kündigen und sämtliche Avale fällig zu stellen, ebenso in Kenntnis gewesen sei wie er auch darüber Bescheid gewusst habe, dass zum Zeitpunkt der Verbreitung der in Rede stehenden Ad-hoc-Meldungen zwar über einen Waiver verhandelt worden sei, ein solcher aber noch nicht zustande gekommen sei, habe er auch wissen müssen, dass die Ad-hoc-Meldungen vom 5. Oktober und vom 14. Oktober 2010 unvollständig und damit irreführend gewesen seien.

Zur subjektiven Tatseite sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer durch die Verbreitung irreführender Informationen über euro adhoc die Verwirklichung des Tatbestandes des § 48a Abs. 1 Z 2 lit. c BörseG bei beiden Ad-hoc-Meldungen zumindest billigend in Kauf genommen und daher vorsätzlich gehandelt habe.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, dass der Gesetzgeber schon durch die Festlegung eines bis zu EUR 75.000,-- reichenden Strafrahmens dem strafrechtlich geschützten Rechtsgut (Schutz der Anleger vor falschen oder irreführenden Signalen) einen hohen Stellenwert beigemessen habe. Das geschützte Rechtsgut sei gegenständlich mit großer Intensität beeinträchtigt worden, indem den Anlegern adhoc einseitig positive Entwicklungen im Hinblick auf kurz vor Auftragserteilung stehende Großprojekte kommuniziert worden seien, ohne zugleich auf die sich bereits abzeichnenden Probleme im Bereich der Finanzierung, insbesondere im Hinblick auf die Verfügbarkeit der Konzernavallinie für Bankgarantien hinzuweisen, die mit ausschlaggebend für die wenig später verfügte Zwangsverwaltung gewesen seien. Der objektive Unrechtsgehalt der Taten sei deshalb besonders hoch einzustufen. Dass die Einhaltung der vom Beschwerdeführer übertretenen Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, sei weder hervorgekommen noch sei dies auf Grund der Tatumstände anzunehmen. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer bis zuletzt der Überzeugung gewesen sei, hinsichtlich der Verfügbarkeit der Avallinie könne mit dem Vertragspartner, einem Bankenkonsortium, noch ein Waiver (Aufschub) bis Jahresende vereinbart werden. In diesem Zusammenhang sei zu betonen, dass es dem Beschwerdeführer freigestanden wäre, gerade diese Information (Verhandlungen mit den Bankenkonsortium über einen Waiver) auch den Anlegern zukommen zu lassen und den Anlegern somit zu ermöglichen, ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Indem der Beschwerdeführer dem Anlegerpublikum einseitige und positive Entwicklungen (ein mögliches Auftragsvolumen für die A Gruppe von ca. 1 Milliarde Euro bzw. mehrere kurz vor Auftragserteilung stehende Großprojekte) mitgeteilt habe, ohne zugleich auf die ihm bereits bekannten Probleme mit der Avallinie und dem in Verhandlung befindlichen Waiver hinzuweisen, habe er die Anleger wider besseres Wissen in die Irre geführt, sodass sein Verschulden als schwerwiegend einzustufen sei. Als Milderungsgrund sei die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers aufzugreifen. Zudem hätten sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers nach der Insolvenz der A AG deutlich verschlechtert. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren seien die über den Beschwerdeführer verhängten Strafen - unbeschadet des hohen objektiven Unrechtsgehalts der Tat und des Fehlens jeglicher Anhaltspunkte für die Annahme eines bloß geringfügigen Verschuldens - deutlich herabgesetzt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Das Verwaltungsgericht hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In dem vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesenen Beschwerdefall, sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiterhin anzuwenden, zumal durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 48c BörseG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 136/2008 begeht, wer Marktmanipulation betreibt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit einer Geldstrafe bis zu EUR 75.000,-- zu bestrafen.

Marktmanipulation ist nach § 48a Abs. 1 Z 2 lit. c BörseG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 127/2004 die Verbreitung von Informationen über die Medien einschließlich Internet oder auf anderem Wege, die falsche oder irreführende Signale in Bezug auf Finanzinstrumente geben oder geben könnten, unter anderem durch Verbreitung von Gerüchten sowie falscher oder irreführender Nachrichten, wenn die Person, die diese Informationen verbreitet hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass sie falsch oder irreführend waren.

Nach den Erläuterungen zur Novelle des BörseG BGBl. I Nr. 127/2004 (546 BlgNR XXII. GP, Seite 2), mit der die Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 28. Jänner 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauchs-RL) umgesetzt wurde, wird dadurch inhaltlich der gesetzliche Rahmen zur wirksamen Bekämpfung des Marktmissbrauches (Insider-Handel, Marktmanipulation) neu geregelt, um das reibungslose Funktionieren der Wertpapiermärkte und das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Märkte zu gewährleisten.

§ 48a Abs. 1 Z 2 lit. c BörseG setzt hinsichtlich des Aspekts der Irreführung nur voraus, dass die Verbreitung der Information irreführende Signale betreffend ein Finanzinstrument geben könnte (vgl. das Erkenntnis vom 16. Mai 2011, Zl. 2009/17/0234).

Die Eignung einer Meldung zur Irreführung bestimmt sich danach, welche Informationen durch die Meldung transportiert werden und wie das Publikum diese Informationen (in Unkenntnis der verschwiegenen Fakten) auffassen musste; es kommt demnach lediglich darauf an, wie die Meldung vom Publikum aufzufassen war (vgl. das Erkenntnis vom 16. Mai 2011, Zl. 2009/17/0186).

Falsche bzw. irreführende Informationen sind unrichtig oder geben einen Sachverhalt so wieder, dass beim Empfänger nach objektivierbaren Kriterien ein falsches Bild entsteht. Zu den irreführenden Nachrichten können auch unvollständige Angaben gezählt werden, die ein falsches Gesamtbild entstehen lassen und so den Empfänger in die Irre führen (vgl. Brandl in Temmel, Praxiskommentar Börsegesetz, Rz 127 f zu § 48a).

Als Avalkredit wird in der Bankbetriebslehre ein Bankgeschäft bezeichnet, bei dem das Kreditinstitut nicht Geld, sondern seine Kreditwürdigkeit in der Form zur Verfügung stellt, dass es gegen Entgelt (Avalprovision) für seine Kunden alle möglichen Arten von Haftungen, etwa Garantien, Bürgschaften, wechselmäßige Verpflichtungen übernimmt. Der Avalkredit stellt grundsätzlich ein Garantiegeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Z 8 BWG dar (vgl. Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, Bankwesengesetz3, Rz 9 zu § 1, sowie Karas/Träxler/Waldherr in Dellinger, Bankwesengesetz Kommentar, Rz 108 zu § 1).

Im Zusammenhang mit dem Ausbau der Geschäfte der A AG war der Ad-hoc-Meldung vom 17. August 2010 die Information zu entnehmen, die Avallinie der A Gruppe sei erhöht (und vorher verlängert)

worden, wobei die "Garantielinie ... zur Ausstellung von

Bankgarantien, Avalen und sonstigen Garantien für das tägliche Geschäft der A Gruppe" diene und sich die A Gruppe durch die Erhöhung ein Volumen sichere, "das für den mittelfristigen Ausbau des Geschäftes ausreichende Sicherheiten zur Verfügung stellt". Die Ad-hoc-Meldungen vom Oktober 2010 enthielten Signale dahin, dass der Realisierung der bis Ende 2010 in Aussicht gestellten Aufträge in der Höhe von rund EUR 1 Milliarde seitens der A AG bzw. der A Gruppe in finanzieller Hinsicht nichts im Wege stünde. Nachdem in den Ad-hoc-Meldungen vom Oktober 2010 über den "Ausbau des Geschäftes" hinsichtlich der Avallinie keinerlei Einschränkung der Meldung vom 17. August 2010 erfolgt war, waren die Ad-hoc-Meldungen geeignet, den Eindruck hervorzurufen, die A Gruppe werde zumindest hinsichtlich der Garantielinien die Voraussetzungen für die in Aussicht gestellten Vertragsabschlüsse erbringen können und es läge somit nur an den Vertragspartnern der A Gruppe, die Geschäftsabschlüsse zu einem Ende zu bringen.

Das Verschweigen der der Geschäftsleitung der A AG seit Mitte September 2010 bekannten Tatsache der Nichterfüllung eines wesentlichen Parameters des Avalkreditvertrages und damit der Gefahr der jederzeitigen Kündigung dieses Vertrages und der Fälligstellung sämtlicher Avale bedeutet eine Unvollständigkeit der beiden Meldungen vom Oktober 2010 in Bezug auf die Unternehmenslage, die dadurch zur Irreführung geeignet waren. Das verständige Anlegerpublikum konnte nämlich durch diese objektive Unvollständigkeit die in den Ad-hoc-Meldungen über die Auftragsentwicklung uneingeschränkt positiven Meldungen in Bezug auf den Kurs der Aktie der A AG entscheidend anders beurteilen, als es der Fall gewesen wäre, wenn auch die Nichteinhaltung des wesentlichen Parameters des Avalkreditvertrages und die damit verbundenen Folgen kommuniziert worden wären. In Kenntnis dessen hätte ein verständiger Anleger die Anlageentscheidung (Kaufen, Verkaufen, Halten) anders treffen können als im Glauben an ausschließlich positive Unternehmensaussichten. Die belangte Behörde ist daher in objektiver Hinsicht zutreffend von einer Irreführungseignung der Ad-hoc-Meldungen vom Oktober 2010 ausgegangen.

Verneint der Beschwerdeführer in der Beschwerde einen Zusammenhang zwischen der Ad-hoc-Mitteilung über die Erhöhung der Avallinie vom 17. August 2010 und den in Rede stehenden Ad-hoc-Mitteilungen vom Oktober 2010 ist er darauf zu verweisen, dass nach den unbekämpften Feststellungen und nach dem Akteninhalt sowie selbst nach dem Inhalt der Ad-hoc-Mitteilung vom 17. August 2010 die Realisierung des überwiegenden Teiles der in Aussicht gestellten Geschäfte nur mit Garantien von Banken möglich gewesen wäre. Nach der Ad-hoc-Meldung vom August 2010 wäre diese Garantiemöglichkeit zum Abschluss der in den Ad-hoc-Meldungen vom Oktober 2010 prognostizierten Geschäfte uneingeschränkt gegeben - weitere Meldungen über die Avallinie wurden vom Unternehmen nicht kommuniziert -, sodass der sachliche und zeitliche Zusammenhang mit den Ad-hoc-Meldungen vom Oktober 2010 vorgelegen ist.

Es kommt im Beschwerdefall bei der Beurteilung der Irreführungseignung - anders als der Beschwerdeführer in der Beschwerde meint - nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Ad-hoc-Meldungen im Oktober 2010 allenfalls gute Chancen auf eine Verlängerung der Konzernavallinie bzw. auf einen Aufschub bestanden hätten, weil der Tatbestand des § 48a Abs. 1 Z 2 lit. c BörseG nach der dargestellten Rechtsprechung nur im Auge hat, welche Informationen durch die Meldung transportiert werden und wie das Anlegerpublikum diese Informationen (in Unkenntnis der verschwiegenen Fakten) auffassen musste. Somit erfahren nur die dem Anleger bekannt gemachten Informationen eine entsprechende Beurteilung. Informationen über Verhandlungen bezüglich der Konzernavallinie und eines Waivers (Aufschub) wurden dem Anlegerpublikum nicht bekannt gemacht. Es handelte sich bei den vom Beschwerdeführer für seinen Standpunkt ins Treffen geführten Umstände über den positiven Verlauf der Verhandlungen mit den Banken auch nicht um auf gesicherter Basis stehende Tatsachen, die eine Änderung des rechtlichen Status der Avallinie herbeiführen hätten können; die Nichterfüllung eines wesentlichen Parameters des Avalkreditvertrages stand zur Zeit der Verhandlungen nach wie vor fest. Allerdings hätten solche Unternehmensentwicklungen Gegenstand eigener Meldungen sein können.

Es ist in diesem Zusammenhang auch ohne Bedeutung, ob die in den Ad-hoc-Meldungen vom Oktober 2010 angesprochenen Vertragsabschlüsse schon getätigt waren, weil die Erwartung des Anlegerpublikums darin gelegen ist, dass für den Fall der vom Unternehmen getätigten Auftragsvergaben die Voraussetzungen - zumindest hinsichtlich der Avallinie - gegeben sein würden.

Auch die allenfalls weiterhin bestehenden bilateralen Garantielinien können an der Irreführungseignung der Unterlassung eines Hinweises auf die Möglichkeit der Kündigung der Avallinie nichts ändern, zumal bereits in der Ad-hoc-Meldung vom 17. August 2010 auf die Ergänzung der Avallinie durch weiterhin bestehende bilaterale Garantielinien hingewiesen wurde, dies dem Anlegerpublikum somit ohnehin bekannt war und zumindest seit damals in der Anlageentscheidung mitberücksichtigt werden konnte.

Anders als der Beschwerdeführer in der Beschwerde meint, kommt es bei der Beurteilung des Wissensaspekts im Rahmen der subjektiven Tatseite ausschließlich auf die ihm seit Mitte September bekannte Möglichkeit der Kündigung der Avallinie durch die Banken und der Fälligstellung sämtlicher Avale.

Die Strafbemessung bezeichnet der Beschwerdeführer als fehlerhaft, ohne die Beurteilung der belangten Behörde mit konkreten Argumenten anzugreifen, und auch ohne die von ihm als unterdurchschnittlich bezeichneten Einkommens- und Vermögensverhältnisse näher darzulegen.

Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer das Fehlen von Beweisergebnissen für die Feststellungen, dass die uneingeschränkten Meldungen über die Auftragserwartungen von einem verständigen Anleger zur Grundlage seiner Anlageentscheidung gemacht worden wäre, sowie dass das Anlegerpublikum in die Irre geführt worden sei. Zu solchen Feststellungen hätte es seiner Meinung nach eines Sachverständigenbeweises bedurft.

Der Beschwerdeführer verkennt dabei, dass es sich bei diesen Aussagen der belangten Behörde um die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes handelt. Bei der Beantwortung der Rechtsfrage, wie das Anlegerpublikum auf eine Ad-hoc-Meldung reagiert, ist darauf abzustellen, welcher Eindruck beim verständigen Anleger hervorgerufen wird (vgl. das schon zitierte Erkenntnis vom 16. Mai 2011, Zl. 2009/17/0234). Einem Sachverständigenbeweis ist die Beantwortung dieser (Rechts)Frage daher nicht zugänglich.

Soweit der Beschwerdeführer die Feststellung rügt, er sei bei den Ad-hoc-Meldungen in Kenntnis des Umstands gewesen, dass der zur Verlängerung der Konzernavallinie erforderliche Waiver noch nicht zustande gekommen sei, ist er darauf zu verweisen, dass nach dem bisher Gesagten dieser Umstand rechtlich ohne Relevanz ist.

Rügt der Beschwerdeführer das Fehlen des Tatortes im Spruch des angefochtenen Bescheides, übersieht er die Angabe der genauen Adresse der A AG im Spruchpunkt I. Dass es sich dabei nicht um den Sitz der Unternehmensleitung der A AG gehandelt hat, wurde nicht behauptet. Im Falle der Heranziehung eines zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugten Organs gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung ist Tatort grundsätzlich der Sitz der Unternehmensleitung, weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung von Verstößen zu treffen gewesen wären (vgl. das zum Arbeitnehmerschutzrecht ergangene hg. Erkenntnis vom 12. Juli 2012, Zl. 2011/02/0029, mwN).

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. April 2014

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche BeurteilungSachverständiger Entfall der BeiziehungAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2014020016.X00

Im RIS seit

16.05.2014

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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