TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/11 96/03/0281

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Veröffentlicht am 11.10.2000
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Index

L65504 Fischerei Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
FischereiG OÖ 1896 §3 Abs3;
FischereiG OÖ 1896 §3;
FischereiG OÖ 1896 §5;
FischereiG OÖ 1983 §3 Abs2;
FischereiG OÖ 1983 §4 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des "Benediktinerstiftes Kremsmünster als Inhaber der Pfarrpfründe Kematen/Krems" in Kremsmünster, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. Juli 1996, Zl. Agrar - 440061-1995-I/Bü, betreffend Fischereirechtszuteilung (mitbeteiligte Parteien: RF und MW, beide in S und vertreten durch Dr. Jürgen Novotny, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Rosenauerstraße 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.340,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ergehen eines Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. November 1991 und Behebung dieses Bescheides im Grunde des § 66 Abs. 2 AVG durch die O.ö. Landesregierung mit Bescheid vom 11. Jänner 1993 hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit Bescheid vom 20. Juni 1994 die Fischereirechte der Beschwerdeführerin einerseits und das Koppelfischereirecht der mitbeteiligten Parteien andererseits in der Gemeinde Kematen/Krems (Fischereirevier Krems I) nach Regulierung (Flusslaufverkürzung) der Krems sowie Beseitigung des "Bruckmühlwehres" als ursprüngliche Grenze zwischen diesen Fischereirechten insofern neu zugewiesen, als deren Grenze 202 lfm unterhalb der Sohlrampe, somit bei Regulierungs-km 2,439 neu festgelegt wurde. Die Anträge der Beschwerdeführerin auf Einholung eines Gutachtens eines Amtssachverständigen der Abteilung Vermessung und Liegenschaftsverwaltung des Amtes der O.ö. Landesregierung oder eines Gutachtens eines Zivilingenieurs für Vermessungswesens sowie eines Ergänzungsgutachtens des seinerzeit zugezogenen Sachverständigen aus dem Fach der Fischerei Dr. HB, und Beischaffung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Wa- 283/1959 und Wa-23/1962 wurden abgewiesen. Mit Spruchabschnitt II wurden den Fischereiberechtigten gemäß § 77 AVG in Verbindung mit § 3 Z. 1 lit. b der Landeskommissionsgebührenverordnung 1983, LGBl. Nr. 2, Kommissionsgebühren in der Höhe von je S 960,-- auferlegt.

Der Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid insoweit Folge gegeben, als die Grenze zwischen dem Fischereirecht der Beschwerdeführerin und "dem Koppelfischereirecht F/W 144 lfm unterhalb der Sohlrampe, das sind 2528 lfm oberhalb der Fischereigrenze zwischen Dipl.-Ing. AP und GH", neu festgelegt wurde. Als Rechtsgrundlage wurden angegeben: "§ 66 Abs. 4 AVG, § 5 Fischereigesetz vom 2. Mai 1895, LGuVBl. 32/1896, § 50 Z. 11 und § 4 Abs. 5 O.ö. Fischereigesetz, LGBl. Nr. 60/1983 idF LGBl. Nr. 87/1995".

In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., aus § 5 des Fischereigesetzes vom 2. Mai 1895, LGuVBl. Nr. 32/1896, (im Folgenden: FG 1896), der Übergangsbestimmung des § 50 Z. 11 O.ö. Fischereigesetz, LGBl. Nr. 60/1983, (im Folgenden: FG 1983) sowie "der Nachfolgebestimmung des § 4 Abs. 5" FG 1983 sei ersichtlich, dass sowohl vor, während und nach der (hier vor dem 1. Jänner 1984 erfolgten) Regulierung als auch nach dem 1. Jänner 1984 nach Inkrafttreten des FG 1983 "bei Schaffung eines neuen Wasserlaufes durch Eröffnung eines Durchstiches die Durchstichswasserfläche unter den Beteiligten so nach den Flächen- und Längenverhältnissen zu verteilen war und ist, in welchen die Fischwässer im Altwasser untereinander standen".

Da die Krems im verfahrensgegenständlichen Abschnitt sowohl im Altlauf als auch im "Regulierungsgerinne" keine wesentlichen Breitenunterschiede aufgewiesen habe bzw. die Flächenverhältnisse nicht mehr exakt hätten festgelegt werden können, habe im vorliegenden Verfahren von den Längenverhältnissen im Altlauf der Krems der Fischereiberechtigten P, Stift Kremsmünster und F (bzw. deren Rechtsnachfolger) in der Gemeinde Kematen/Krems ausgegangen werden müssen.

Zusammenfassend heißt es in der Begründung dieses Bescheides an anderer Stelle, die belangte Behörde sei auf Grund der schlüssigen Ausführungen des fischereifachlichen Amtssachverständigen zur Überzeugung gelangt, dass die Interessen einer ordnungsgemäßen Fischereiwirtschaft durch eine Zuweisung der Fischereirechte "im Regulierungsbereich" der Krems unter Bedachtnahme auf die Längenverhältnisse und die Reihenfolge der Fischereirechte im ursprünglichen Gewässerbereich bei der rechnerisch ermittelten Grenze 144 lfm unterhalb der Sohlrampe nicht beeinträchtigt würden. Den Fischereiberechtigten F/W sei es nach den schlüssigen Ausführungen des fischereifachlichen Amtssachverständigen auf Grund des ungehinderten flussabwärts und teilweise flussaufwärts möglichen Fischzuges sowie der vorhandenen Strukturierung des 144 m langen unterhalb der Sohlrampe gelegenen Gewässerabschnittes in Form von Tiefenzonen, Flachstellen und Seichtabschnitten möglich, auch diesen Teil des ihnen auf Grund der Längenverhältnisse im Altlauf der Krems rechnerisch zustehenden Regulierungsgewässerabschnittes ordnungsgemäß zu bewirtschaften.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3 FG 1896 hatte folgenden Wortlaut:

"Für die Zwecke dieses Gesetzes sind unter künstlichen, im Gegensatz zu natürlichen Gerinnen solche Anlagen zu verstehen, in welchen das durch eine hiezu bestimmte ständige Vorrichtung (Theilungswerk, Wehr u.dgl.) von seinem Laufe abgelenkte Wasser zu einem besonderen Benützungszwecke fortgeleitet wird.

Unter künstlichen Wasseransammlungen, im Gegensatz zu den natürlichen, sind solche Anlagen zu verstehen, in denen das Wasser aus den Niederschlägen oder Zuflüssen in einem hiezu hergestellten Behälter (Teich u.dgl.) gesammelt ist.

Hingegen ist das durch Regulierungsbauten (Leitwerke, Durchstiche u.dgl.) befestigte oder in seiner Richtung veränderte Gerinne eines natürlichen Wasserablaufes als ein künstliches Gerinne, bzw. ein an den Ufern reguliertes natürliches Becken als eine künstliche Wasseransammlung nicht anzusehen."

§ 5 FG 1896 lautete:

"Entsteht der neue Wasserlauf in einem natürlichen Gewässer durch die Eröffnung eines Durchstiches, so ist das Fischereirecht im Durchstiche denjenigen zuzuweisen, welche in den Altarmen fischereiberechtigt sind.

Die Durchstichswasserfläche ist von der politischen Bezirksverwaltungsbehörde in den selben Flächenverhältnissen unter die Berechtigten zu vertheilen, in welchem deren Fischwässer im Altwasser untereinander stehen, wobei auch auf die Arrondierung der einzelnen Fischwässer thunlichst Bedacht zu nehmen ist."

§ 3 Abs. 2 FG 1983 ordnet an:

"(2) Natürliche Gewässer sind solche, die ohne menschliche Einwirkung entstanden sind. Maßnahmen, die das Bett eines natürlichen Gewässers umgestalten, seinen Lauf verändern oder das Gewässer aufstauen, ändern nichts an der Eigenschaft dieses Gewässers als natürliches Gewässer."

§ 4 Abs. 5 FG 1983 bestimmt:

"(5) In einem durch Maßnahmen nach § 3 Abs. 2 veränderten natürlichen Gewässer steht das Fischereirecht dem Fischereiberechtigten an der ursprünglichen Gewässerstrecke zu; desgleichen bleibt ihm das Fischereirecht in den hiedurch entstandenen Altwässern. Werden durch eine solche Maßnahme mehrere Fischereiberechtigte betroffen, so sind die Fischereirechte im neuen Gewässer unter Bedachtnahme auf die Flächen- bzw. Längenverhältnisse und auf die Reihenfolge der Fischereirechte in der ursprünglichen Gewässerstrecke von der Behörde den Fischereiberechtigten neu zuzuweisen. Auf die Interessen einer ordnungsgemäßen Fischereiwirtschaft ist dabei Bedacht zu nehmen."

Nach § 50 Z. 11 erster Satz FG 1983 sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängige Verfahren nach diesem Gesetz fortzuführen, sofern jedoch eine gesetzliche Grundlage nicht mehr gegeben ist, einzustellen.

Es ist zunächst auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei einzugehen, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. November 1991, mit dem die Grenze des Fischereirechtes zwischen der beschwerdeführenden Partei und "dem Koppelfischereirecht" der mitbeteiligten Partei festgelegt worden sei, habe nur RF berufen, diese sei jedoch nicht (allein) rechtsmittellegitimiert gewesen, weshalb dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen und das gesamte folgende Verwaltungsverfahren mit Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde behaftet sei. Die beschwerdeführende Partei übersieht dabei, dass über diese Berufung die O.ö. Landesregierung mit Bescheid vom 11. Jänner 1993 entschieden hat, und zwar dahin, dass der erstinstanzliche Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen wurde. Dieser Bescheid vom 11. Jänner 1993 ist unbestritten in Rechtskraft erwachsen. Mit der Entscheidung der Berufungsbehörde ist aber der Berufungsbescheid an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides getreten, wodurch letzterer überhaupt jede selbständige Wirkung nach außen verloren hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1991, Zl. 88/17/0152). Daran könnte auch nichts ändern, wenn die Berufungsbehörde zu Unrecht eine (materielle) Zuständigkeitskompetenz in Anspruch genommen haben sollte.

Die beschwerdeführende Partei ist aber im Ergebnis insofern im Recht, als die belangte Behörde verkannt hat, dass für die Beurteilung der vor dem 1. Jänner 1984 bestandenen Fischereirechte allein die Rechtslage nach den FG 1896 heranzuziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 96/03/0037).

Wenn die belangte Behörde offenkundig der Auffassung ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die anzuwendende Rechtslage könne deshalb nicht gegeben sein, weil die Rechtslage - nach dem FG 1896 einerseits und nach dem FG 1983 andererseits - für die im Beschwerdefall zu beurteilenden Fragen ident sei, so ist sie nicht im Recht. Es trifft zwar zu, dass - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift hinweist - nach dem Willen des Landesgesetzgebers "grundsätzlich" die bisherige Regelung weiter gelten sollte (Bericht des Ausschusses für volkswirtschaftliche Abgelegenheiten, XXII GP. Beilage 249/1983, 2). Der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers hat aber eben nur "grundsätzlich" im Gesetzestext seinen Niederschlag gefunden.

Das FG 1896 bezieht sich in dessen § 5 hinsichtlich des Gegenstandes der Neuzuweisung der Fischereirechte ausschließlich auf die "Durchstichswasserfläche". Dass die "Durchstichswasserfläche" nicht gleichzusetzen ist mit Regulierungsbauten, ergibt sich aus § 3 Abs. 3 FG 1896, wo von "durch Regulierungsbauten (Leitwerke, Durchstiche u.dgl.) befestigte oder in seiner Richtung veränderte Gerinne eines natürlichen Wasserlaufes als ein künstliches Gerinne ..." die Rede ist. "Durchstiche" sind also nur eine von mehreren Arten von Regulierungsbauten.

Demgegenüber bezieht sich der erste Satz des § 4 Abs. 5 FG 1983 auf ein "durch Maßnahme nach § 3 Abs. 2 verändertes natürliches Gewässer". Auf diese "Maßnahme nach § 3 Abs. 2" bezieht sich auch die Aufteilungsregel des § 4 Abs. 5 zweiter Satz FG 1983. Die Maßnahmen nach § 3 Abs. 2 FG 1983 sind aber nicht nur auf "Durchstiche" (im Sinne der Terminologie des FG 1896) beschränkt; dieser Begriff ist vielmehr allgemeiner und umfasst alle Maßnahmen, "die das Bett eines natürlichen Gewässers umgestalten, seinen Lauf verändern ...". Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes mag wohl die Veränderung des Laufes eines Gewässers mit einem "Durchstich" gleichgesetzt werden, nicht aber die Umgestaltung des Bettes eines natürlichen Gewässers.

Die Verkennung der Rechtslage durch die belangte Behörde (hinsichtlich des anzuwendenden Rechts) ist für die Beurteilung des Beschwerdefalles aber auch insofern von Bedeutung, als die Sachverständigengutachten mehrfach von den erfolgten Regulierungsmaßnahmen ausgehen, ohne dass es nachvollziehbar wäre, ob diese Regulierungsmaßnahmen nur als "Durchstiche" zu wertende Veränderungen des Laufs eines natürlichen Gewässers (im Sinne des § 5 FG 1896) waren oder - teilweise - nur eine bloße Umgestaltung des Bettes eines natürlichen Gewässers bewirkten. Nur für die erstere "Durchstichswasserfläche" kommt aber nach dem oben Gesagten eine Neuzuteilung unter den Berechtigten im diesbezüglichen Altarm in Betracht.

Da nach dem oben Gesagten die belangte Behörde verkannt hat, dass für die Beurteilung der vor dem 1. Jänner 1984 bestandenen Fischereirechte, die unberührt blieben, die Rechtslage nach dem FG 1896 heranzuziehen ist, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 11. Oktober 2000

Schlagworte

Rechtsnatur und Rechtswirkung der Berufungsentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996030281.X00

Im RIS seit

05.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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