TE Vwgh Erkenntnis 2014/3/28 2014/02/0006

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Veröffentlicht am 28.03.2014
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Auskunftspflicht;
3 Finanzrecht Geldrecht Währungsrecht Kreditrecht;
37/02 Kreditwesen;

Norm

AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs2;
AuskunftspflichtG 1987 §1;
AuskunftspflichtG 1987 §4;
B-VG Art10 Abs1 Z5;
B-VG Art20 Abs4;
FMABG 2001 §1 Abs1;
FMABG 2001 §22 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger und die Hofräte Mag. Dr. Köller und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der R Gen.m.b.H. in K, vertreten durch die Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilferstraße 116, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 8. Mai 2013, Zl. FMA-RA0001.400/0005-LAW/2013, betreffend Auskunftserteilung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte mit einem als "Auskunftsbegehren gemäß § 1 Abs. 1 AuskunftspflichtG" bezeichneten Schriftsatz vom 18. März 2013 an die belangte Behörde den Antrag, ihr Auskunft wie folgt zu erteilen (Fettdruck- im Original):

"2. Sohin werden folgende Fragen an die FMA gestellt, welche sich alle auf den Zeitraum zwischen 1999 und 2008 (dem Zeitpunkt des Zusammenbruchs des AvW-Systems) beziehen:

a) War nach der Wahrnehmung der damals zuständigen Mitarbeiter der BWA (Bundes-Wertpapieraufsicht) die RBBK (beschwerdeführende Partei) bei einer Überprüfung der AvW Invest AG oder AvW Gruppe AG oder bei der Reorganisation dieser Gesellschaften zu irgendeinem Zeitpunkt eingebunden?

b) Hat die BWA oder FMA die RBBK jemals davor gewarnt, dass sie die Kursbildung der Genussscheine der AvW Gruppe AG nicht nachvollziehen kann? Wenn ja, wann?

c) Hat die BWA oder FMA die RBBK jemals darüber aufgeklärt, dass die AvW Invest AG oder AvW Gruppe AG Geschäfte betrieb, welche eine Konzession nach dem BWG benötigen würde oder könnte? Wenn ja, wann?

d) Hat die BWA oder FMA die RBBK jemals darüber aufgeklärt, dass die AvW Invest AG Kundenvermögen gehalten hat? Wenn ja, wann?

e) Hat die BWA oder die FMA auch die Depotführung und die Abwicklung der Genussscheinkäufe/-einbuchungen bei der RBBK geprüft? Bejahendenfalls, sind der BWA oder FMA dabei Unregelmäßigkeiten aufgefallen, und wurde die RBBK darauf hingewiesen? Wenn ja, wann?

f) Hat die BWA und die FMA die Antragstellerin darüber informiert, dass die AvW Invest AG und die AvW Gruppe AG entgegen den Aussagen in den Werbefoldern dieser Gesellschaften Hochrisikogeschäfte betrieben haben? Wenn ja, wann?

g) Gab es eine Warnmeldung iSd § 22c FMABG hinsichtlich der AvW Invest AG oder AvW Gruppe AG? War eine dieser Gesellschaften jemals auf der 'schwarzen Liste' der BWA oder de FMA?

h) Warum wurde die ehemalige Mitarbeiterin der BWA Dr. H. in den Verfahren zu GZ 22 Cg... und GZ 27 Cg... am Landesgericht für Zivilrechtssachen Klagenfurt nicht von ihrer Amtsverschwiegenheitspflicht entbunden, obwohl sich die Geheimnisse, welche sie verraten hätte können, auf die RBBK bezogen und diese der Preisgabe der Geheimnisse zustimmte? Welche Geheimhaltungsinteressen gemäß § 46 Abs 3 BDG standen ihrer Entbindung entgegen?"

Die Fragen bezögen sich - so die beschwerdeführende Partei in der Antragsbegründung - auf den Wirkungsbereich der FMA bzw. ihrer Vorgängerbehörde, der BWA. Die BWA habe in den Jahren 2000 und 2001 Vorortprüfungen sowohl bei den AvW-Gesellschaften als auch bei der beschwerdeführenden Partei durchgeführt. Diese Vorortprüfungen seien von der ehemaligen Mitarbeiterin der BWA Dr. H. geleitet worden, die dazu im Verfahren GZ 30 Cg... neben weiteren Mitarbeitern der BWA/FMA ausgesagt habe. Die FMA habe zu den Verfahren zu GZ 22 Cg... und GZ 27 Cg... entschieden, dass Dr. H. nicht von der Amtsverschwiegenheit entbunden werde und demnach nicht aussagen dürfe. Bei den unter Punkt 2. gestellten Fragen handle es sich daher jedenfalls um solche Informationen, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt der FMA bekannt seien und nicht erst zum Zweck der Auskunftserteilung beschafft werden müssten.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Auskunftsbegehren hinsichtlich der Frage 2 g) stattgegeben (Spruchpunkt 1.) und diese dahin beantwortet, dass es keine Bekanntmachung gemäß § 22c FMABG im Hinblick auf die AvW Invest AG oder die AvW Gruppe AG gegeben habe; eine schwarze Liste der BWA oder FMA sei der Behörde nicht bekannt.

Betreffend die Fragen 2 a) bis 2 f) und 2 h) hat die belangte Behörde das Auskunftsbegehren abgewiesen (Spruchpunkt 2.).

Nach Wiedergabe der einzelnen Fragen der beschwerdeführenden Partei führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 2. nach der Überschrift "I. Amtsverschwiegenheit" und nach Darstellung einschlägiger Normen im Wesentlichen begründend aus, bei den Verfahren, in denen Dr. H. nicht von der Amtsverschwiegenheit entbunden worden sei, handle es sich um keine Amtshaftungsverfahren nach dem AHG, weshalb diesbezüglich keine Durchbrechung des Amtsgeheimnisses gemäß § 13 Abs. 1 AHG in Betracht komme. Die beschwerdeführende Partei versuche in unzulässiger Weise Informationen, die sie auf Grund der Nichtentbindung der ehemaligen Mitarbeiterin der BWA Dr. H. von der Amtsverschwiegenheit und der daraus resultierenden Unzulässigkeit der Vernehmung als Zeugin nicht erlangen habe können, unter dem Titel der Auskunftspflicht zu gewinnen. Somit sei der FMA eine Auskunftserteilung zu den Fragen gemäß Spruchpunkt 2. schon unter dem Titel der Amtsverschwiegenheit verwehrt.

Nach der Überschrift "II. Wissenserklärungen" führte die belangte Behörde nach Darstellung einschlägiger Judikatur zu Frage 2 a) aus, diese beziehe sich auf allfällige Wahrnehmungen der damals zuständigen Mitarbeiter und nicht auf gesichertes Wissen der Behörde. In den der beschwerdeführenden Partei übermittelten Prüfberichten über Vorortprüfungen der BWA 2000 und der Österreichischen Nationalbank 2008 seien Feststellungen der Prüfer zu den Geschäftsbeziehungen der beschwerdeführenden Partei zu den AvW-Gesellschaften enthalten. Ob es darüber hinaus Wahrnehmungen der damals zuständigen Mitarbeiter gegeben habe, entziehe sich notwendigerweise der Kenntnis der FMA. Viele dieser Personen seien nicht mehr für die FMA tätig. Zu den Fragen 2 b) bis 2 d) und 2 f) verwies die belangte Behörde wiederum auf die der beschwerdeführenden Partei zugekommenen Prüfberichte und zu darüber hinaus gehenden Wahrnehmungen auf das zur Frage 2 a) Gesagte. Die Fragen 2 b) bis 2 d) und 2 f) könnten daher von der belangten Behörde nicht beauskunftet werden. Dasselbe gelte auch für die Frage 2 e). Die Frage 2 h) (Warum ...?) beziehe sich auf Motive und Gründe behördlichen Handelns oder Unterlassens, die nicht Gegenstand eines Auskunftsersuchens sein könnten.

Gegen Spruchpunkt 2. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In dem vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesenen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiterhin anzuwenden, zumal durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist.

Die §§ 1, 2 und 4 des Auskunftspflichtgesetzes lauten (auszugsweise):

"§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

(2) Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden.

§ 2. Jedermann kann schriftlich, mündlich oder telephonisch Auskunftsbegehren anbringen. Dem Auskunftswerber kann die schriftliche Ausführung eines mündlich oder telefonisch angebrachten Auskunftsbegehrens aufgetragen werden, wenn aus dem Begehren der Inhalt oder der Umfang der gewünschten Auskunft nicht ausreichend klar hervorgeht.

...

§ 4. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist."

Zur Bejahung der Frage nach der Anwendung der Regelungen des Auskunftspflichtgesetzes des Bundes auf Auskunftsbegehren, die an die FMA gerichtet werden, und zum Ausschluss einer Berufung gegen Auskunft verweigernde Bescheide der belangten Behörde vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 2009, Zl. 2008/17/0151, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Ablehnung der Beantwortung der Fragen gemäß Spruchpunkt 2. im Wesentlichen damit begründet, dass der beschwerdeführenden Partei ohnehin die Prüfberichte, in denen Feststellungen der Prüfer zu den Geschäftsbeziehungen der beschwerdeführenden Partei zu den AvW-Gesellschaften enthalten seien, übermittelt worden seien. Darüber hinaus gehende Wahrnehmungen von ehemaligen Mitarbeitern entzögen sich der Kenntnis der belangten Behörde und seien kein gesichertes Wissen.

Im Besonderen Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage eines Auskunftspflichtgesetzes (41 BlgNR 17. GP, 3) zu § 1 AuskunftspflichtG, wurde zum Auskunftsbegriff Folgendes ausgeführt:

"Auskünfte haben Wissenserklärungen zum Gegenstand, wobei ihr Gegenstand ausschließlich solche Informationen sind, die zum Zeitpunkt der Anfrage der Verwaltung bereits bekannt sind und nicht erst von der ersuchten Verwaltungseinheit zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht beschafft werden müssen. ..."

Die Auskunftspflicht umfasst die Verpflichtung, Wissenserklärungen über Informationen, die in den Unterlagen der Behörde und Akten betreffend Verwaltungsverfahren enthalten sind, weiter zu geben (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 2009, Zl. 2008/17/0151, mwN). Die Auskunftspflicht dient dem Zweck, Informationen zu gewinnen, über die der Antragsteller nicht verfügt, an denen er jedoch ein konkretes Auskunftsinteresse besitzt (vgl. das Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 97/19/0022). Die Verwaltungsbehörden sind nach dem AuskunftspflichtG nicht etwa zur Beschaffung und Weitergabe von auch anders zugänglichen Informationen verhalten (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 2013, Zl. 2009/17/0232, mwN).

In Anbetracht dieser Rechtsprechung besteht keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung, wenn das Ersuchen Tatsachen betrifft, die dem Auskunftswerber ohnehin aus eigener Wahrnehmung bekannt sind, wenn es also nicht dazu dient, Wissen zu vermitteln, sondern ein dem Auskunftswerber schon geläufiges Wissen nur bestätigt. In einem solchen Fall ist das Auskunftsersuchen als missbräuchlich anzusehen.

Im vorliegenden Ersuchen fragt die beschwerdeführende Partei unter anderem (Fragen 2 a) bis 2 f)), ob sie selbst von der belangten Behörde in bestimmten Zusammenhängen "gewarnt", "informiert", "eingebunden", "aufgeklärt" oder "darauf hingewiesen" worden sei. Dabei handelt es sich jeweils um Informationen über Vorgänge, über die die beschwerdeführende Partei schon allein nach der Fragestellung selbst Wahrnehmungen gemacht haben muss, die Erteilung der Auskünfte also nur ein der beschwerdeführenden Partei schon geläufiges Wissen vermitteln würde. Die beschwerdeführende Partei hat nicht behauptet, über die nachgefragten Vorgänge keine Wahrnehmungen gemacht zu haben oder darüber nichts zu wissen. Die belangte Behörde hat ausgeführt, sie hätte sich diese Informationen erst beschaffen müssen, weshalb sie nach dem Gesagten jedenfalls nicht verpflichtet war, die Fragen

2a) bis 2 f) zu beantworten.

Die Frage 2 h) betrifft die Begründung behördlichen Handelns ("Warum...?") und löste demnach keine Verpflichtung der Behörde zur Auskunftserteilung aus (vgl. das Erkenntnis vom 23. Oktober 2013, Zl. 2013/03/0109, mwN).

Da die belangte Behörde die Fragen 2a) bis 2 f) und 2 h) nicht beantworten musste, erübrigt sich ein Eingehen auf die Auswirkungen der in der Beschwerde thematisierten Unterlassung der Interessenabwägung in Bezug auf die Amtsverschwiegenheit und hinsichtlich des angefragten Zeitraums auf den Umstand, dass die behördliche Zuständigkeit der belangten Behörde erst am 1. April 2002 begonnen hat (vgl. § 25 Z 1 FMABG).

Die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente waren nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes 2.) des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, welche gemäß § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 im Beschwerdefall weiterhin anzuwenden ist.

Wien, am 28. März 2014

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2014020006.X00

Im RIS seit

07.05.2014

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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