TE Vwgh Erkenntnis 2014/4/24 Ro 2014/08/0062

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Veröffentlicht am 24.04.2014
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §36a Abs5 Z1;
BAO §198;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Revision des J A in Wien, vertreten durch Dr. Christa-Maria Scheimpflug, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Erdberger Lände 6/27, gegen den auf Grund von Beschlüssen des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 22. November 2013, Zl. 2010-0566-9- 002297, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid widerrief die belangte Behörde gegenüber dem Revisionswerber gemäß § 24 Abs. 2 AlVG die Notstandshilfe für die Zeiträume 1. Jänner 2005 bis 10. Juli 2005, 22. August 2005 bis 31. Dezember 2005 und 1. Jänner 2008 bis 31. Dezember 2008 und forderte gemäß § 25 Abs. 1 AlVG die unberechtigt empfangene Notstandshilfe in der Höhe von insgesamt EUR 16.192,95 zurück.

In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, dass das letzte Dienstverhältnis des Revisionswerbers am 31. Dezember 1995 geendet habe. Im Anschluss daran habe er Arbeitslosengeld bezogen, seit dem 28. Mai 1996 stehe er mit wenigen Unterbrechungen im Notstandshilfebezug.

Er habe am 13. Mai 2005, am 2. Juni 2006, am 31. Mai 2007 und am 29. Mai 2008 einen Antrag auf Notstandshilfe gestellt. In allen diesen Antragsformularen habe er die Fragen: "Ich stehe derzeit in Beschäftigung", "Ich bin selbständig erwerbstätig (z.B.: Gewerbebetrieb, Werkvertrag, freiberufliche Tätigkeit)", "Ich habe ein eigenes Einkommen" mit nein beantwortet.

Im April 2009 sei im Zuge einer Überprüfung des Finanzamtes festgestellt worden, dass der Revisionswerber Obmann des Vereins "Soziales Handwerk für Pensionisten" sei. Das Finanzamt sei zur Ansicht gelangt, dass dieser Verein steuerlich zu erfassen sei, weil er in den Jahren 2005 bis 2008 Erlöse erzielt habe. Die Einkünfte seien dem Revisionswerber als Vereinsobmann zuzurechnen. Es seien daher Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 erstellt worden. Da der Revisionswerber gegen diese Bescheide Berufung erhoben habe, sei das Berufungsverfahren bei der belangten Behörde ausgesetzt worden.

Der Unabhängige Finanzsenat habe den Berufungen des Beschwerdeführers mit Entscheidung vom 16. Mai 2013 teilweise stattgegeben. Die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2005 bis 2008 wiesen nun Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 12.080,91 im Jahr 2006, EUR 154,58 im Jahr 2006, EUR 3.939,25 im Jahr 2007 und EUR 20.966,57 im Jahr 2008 aus.

Gegen die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates habe der Revisionswerber laut Auskunft des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes keine Beschwerde erhoben.

Laut Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sei er von 1. Jänner 2005 bis 31. Dezember 2009 selbständig erwerbstätig gewesen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass arbeitslos sei, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden habe. Gemäß § 12 Abs. 3 lit. b AlVG sei nicht arbeitslos, wer selbständig erwerbstätig sei. Eine Ausnahme davon normiere § 12 Abs. 6 AlVG, der Arbeitslosigkeit bei einer selbständigen Erwerbstätigketi nur dann als gegeben sehe, wenn weder das Bruttoeinkommen noch 11,1 % des Umsatzes über der Geringfügigkeitsgrenze lägen.

Nach § 36a AlVG sei bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit als monatliches Einkommen ein Zwölftel des im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Jahreseinkommens anzusehen, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit das anteilsmäßige Einkommen in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorgelegen sei.

Der Beschwerdeführer sei in den Jahren 2005 bis 2008 durchgehend selbständig erwerbstätig gewesen.

Das Arbeitsmarktservice sei an den Spruch der Einkommensteuerbescheide gebunden.

Es ergebe sich jeweils folgendes monatliches Einkommen:

EUR 1.001,74 im Jahr 2005, EUR 7,88 im Jahr 2006, EUR 323,27 im Jahr 2007, EUR 1.742,21 im Jahr 2008. Das Einkommen der Jahre 2005 und 2008 liege über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze. Arbeitslosigkeit sei daher in den in diesen Jahren gelegenen Bezugszeiträumen nicht gegeben gewesen, weshalb die Notstandshilfe zu widerrufen gewesen sei.

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG könne der Empfänger des Arbeitslosengeldes auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen verpflichtet werden, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides ergebe, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt habe. In diesem Fall dürfe jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen.

Der tägliche Notstandshilfeanspruch des Revisionswerbers sei geringer als das erzielte tägliche Nettoeinkommen.

Die belangte Behörde sei daher zur Ansicht gekommen, dass die unberechtigt empfangene Notstandshilfe zur Rückforderung vorzuschreiben sei.

Dieser Bescheid wurde dem Revisionswerber am 26. November 2013 zugestellt. Die in § 26 Abs. 1 VwGG (idF vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013) normierte sechswöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den genannten Bescheid lief daher mit Ende des 31. Dezember 2013 noch, und es wurde bis zu diesem Zeitpunkt keine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Für diese Konstellation ordnet § 4 Abs. 1 erster Satz Verwaltungsgerichtsbarkeit-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) an, dass bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 in sinngemäßer Anwendung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden kann. Davon wurde mit der vorliegenden, nach Bewilligung des rechtzeitig gestellten Verfahrenshilfeantrages fristgerecht am 24. März 2014 eingebrachten Revision Gebrauch gemacht.

Für die Behandlung der Revision sind gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden; da der angefochtene Bescheid nicht von einer unabhängigen Verwaltungsbehörde oder einer Behörde gemäß Art. 20 Abs. 2 Z 2 oder 3 B-VG stammt, gelten die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Revision bringt vor, dass der Revisionswerber laut Einkommensteuerbescheiden ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit bezogen habe, welches die Geringfügigkeitsgrenze überstiegen habe. Er sei Obmann eines Vereins und beziehe aus dieser Tätigkeit keinerlei Einkommen. Er erhalte eine Aufwandsentschädigung in unterschiedlicher Höhe (maximal EUR 26,40) pro Einsatztag. Bereits das Finanzamt sei von unrichtigen und falschen Prämissen auf Grund fehlender Unterlagen ausgegangen. Bei der Beurteilung habe die belangte Behörde jegliche selbständige Ermittlungstätigkeit im Hinblick auf die Überprüfung weiterer Voraussetzungen unterlassen. Die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Entscheidung basierend auf unrichtigen und falschen Prämissen im steuerrechtlichen Verfahren sei somit gegeben.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Revision, dass im gesamten Verfahren keine behördliche Ermittlungstätigkeit zu den Voraussetzungen des Entzugs der Notstandshilfe und deren Rückforderung sowie zu den Tätigkeiten des Revisionswerbers im Verein erfolgt sei. Es wäre festzustellen gewesen, ob der Revisionswerber wirklich ein über der Geringfügigkeitsgrenze liegendes Einkommen erzielt habe bzw. dass es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit im sozialen Bereich gehandelt habe.

2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Behörde ist nämlich bei ihrer Entscheidung über den Widerruf und die Rückforderung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung an den Spruch des Einkommensteuerbescheides gebunden, wobei diese Regelung der Erleichterung des praktischen Vollzuges des AlVG in Bezug auf die dort geregelten Geldleistungen dient (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 14. Februar 2013, Zl. 2010/08/0013, mwN). Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass der Revisionswerber die in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat. Die behördliche Annahme, dass der Revisionswerber die diesen Einkünften zugrunde liegende Tätigkeit während der in Betracht kommenden Jahre durchgehend ausgeübt hat, wird von der Revision nicht bestritten. Die belangte Behörde durfte daher gemäß § 36a Abs. 7 AlVG die jährlichen Einkünfte auf sämtliche Kalendermonate aufteilen, was in den Jahren 2005 und 2008 zu einer Überschreitung der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze geführt hat, sodass der Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 3 lit. b iVm Abs. 6 lit. c AlVG nicht arbeitslos war.

Ausgehend von den sich aus den Einkommensteuerbescheiden ergebenden Einkünften war nicht nur der Widerruf, sondern gemäß § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG auch die Rückforderung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe - gegen die sich die Revision nicht gesondert wendet - gerechtfertigt.

3. Da somit bereits der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, konnte sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am 24. April 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014080062.J00

Im RIS seit

07.05.2014

Zuletzt aktualisiert am

01.09.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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