Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §39 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des R G in E, vertreten durch Mag. Jürgen W. Zahradnik, Rechtsanwalt in 4650 Lambach, Marktplatz 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 19. Oktober 1999, Zl. uvs-1999/19/187-1, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 7a Kraftfahrgesetz 1967 mit einer Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) bestraft, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer "und somit als das nach außen berufene Organ der Firma G KG mit Sitz in E", die Zulassungsbesitzerin eines nach dem Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeuges sei, nicht dafür gesorgt habe, dass dieses Fahrzeug den österreichischen Kraftfahrbestimmungen entsprochen habe. Das angeführte Sattelkraftfahrzeug sei am 8. Mai 1999 um
20.51 Uhr in Gries am Brenner auf der A 13, auf Höhe km 34,2 in Richtung Innsbruck von einer namentlich genannten Person gelenkt worden, obwohl dabei durch Überladung die Summe der Gesamtgewichte von 40.000 kg um 650 kg überschritten worden sei. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bestritten habe, weil ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sei. Nach Auffassung der belangten Behörde sei jedoch nicht von einer wirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten auszugehen, weil der Beschwerdeführer in keinem Stadium des Verfahrens eine bestimmte Person als verantwortlichen Beauftragten namhaft gemacht und sich auf einen Zustimmungsnachweis weder berufen noch einen solchen vorgelegt habe.
Mit Beschluss vom 6. März 2000, B 2049/99, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er für die ihm angelastete Tat zufolge der bei der belangten Behörde amtsbekannten Bestellung eines für die Einhaltungen der Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG nicht gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei.
Dazu ist auf die hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Slg. Nr. 12.375/A) zu verweisen, wonach, um von einem verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 VStG sprechen zu können, gemäß Abs. 4 die nachweisliche Zustimmung zu seiner Bestellung erforderlich ist. Diese Bestellung wirkt erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird. Erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde tritt ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach außen Berufenen. Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist daher nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt.
Im Beschwerdefall hat sich der Beschwerdeführer in der am 10. Oktober 1999 der belangten Behörde vorgelegten Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis darauf berufen, dass für den Betrieb der G KG ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden sei, dessen Verantwortlichkeit auch Verwaltungsübertretungen nach dem KFG umfasse. Der Beschwerdeführer hat zwar in dem die gegenständliche Tat betreffenden Verwaltungsstrafverfahren nicht den Zustimmungsnachweis eines verantwortlichen Beauftragten vorgelegt; er hat jedoch - nach Ausweis der betreffenden, dem Verwaltungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsstrafakten - am 9. August 1999 in dem zur Zl. uvs-1999/20/110 bei der belangten Behörde gegen ihn wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 anhängig gewesenen Verwaltungsstrafverfahren den vom 1. Juli 1998 stammenden Nachweis der Zustimmung des W H zu seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG "insbesondere für den Bereich des KFG (§ 103 KFG)..." für das Unternehmen der G KG vorgelegt.
Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde die Frage der wirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten noch nicht abschließend im verneinenden Sinne beurteilen dürfen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vorlage eines Zustimmungsnachweises in einem anderen Verfahren der selben Behörde für sich allein genügt, um die Berufung auf die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten zu rechtfertigen; selbst wenn dies nicht zuträfe, wäre es im Sinne des Grundsatzes der Amtswegigkeit des Verfahrens (§ 25 Abs. 2 VStG und § 39 Abs. 2 AVG iVm § 24 VStG) Aufgabe der belangten Behörde gewesen, sich - etwa durch entsprechendes Befragen des Beschwerdeführers - Klarheit darüber zu verschaffen, ob die Voraussetzungen für die Rechtswirksamkeit der vom Beschwerdeführer behaupteten Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gegeben waren.
Dies hat die belangte Behörde unterlassen und damit Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Ersatz der für die Verfassungsgerichtshofsbeschwerde gemäß § 17 a VfGG entrichteten Gebühr (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1999, Zl. 99/16/0182) war im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zuzusprechen (vgl. auch die schon bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 681, zitierte Rechtsprechung).
Wien, am 11. Oktober 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000030097.X00Im RIS seit
21.12.2000