TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/11 2000/03/0179

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Veröffentlicht am 11.10.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §33 Abs4;
VStG §24;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des R K in W, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Candidus Cortolezis, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 13. April 2000, Zl. UVS 30.2-156/99-9, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 23. September 1999 wurden dem Beschwerdeführer "Übertretungen des Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/85, Art. 7 Abs. 1 EG-VO 3820/85, Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/85 und Art. 15. Abs. 3 EG-VO 3821/85" zur Last gelegt und hiefür eine "Gesamtgeldstrafe" in Höhe von

S 4.500,--(neun Tage und 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die gegen das besagte Straferkenntnis gerichtete Berufung als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde Folgendes ausgeführt:

Nach dem Akteninhalt sei das besagte Straferkenntnis dem Beschwerdeführer zu Handen eines Vertreters am 11. Oktober 1999 zugestellt worden; mit Eingabe mittels Fax vom 25. Juli 1999 sei gegen dieses Straferkenntnis die Berufung eingebracht und darin ausgeführt worden, dass die Begründung der Berufung mit gesondertem Schriftsatz, die umgehend nachgereicht wird", erfolge. Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. Jänner 2000 u. a. aufgefordert, im Hinblick auf §§ 13 Abs. 3 und 63 Abs. 3 AVG binnen einer Woche die genannte Eingabe entsprechend zu ergänzen. Dieser dem Beschwerdeführer (zu Handen seines Vertreters) am 8. Februar 2000 zugestellten Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht zeitgerecht nachgekommen. Der Beschwerdeführer sei somit dem Auftrag vom 25. Jänner 2000, seine zwar rechtzeitig, jedoch unbegründet eingebrachte Berufung entsprechend zu ergänzen, nicht fristgerecht nachgekommen. Daran vermöge auch die Eingabe des Beschwerdeführers vom 6. März 2000 nichts zu ändern, da diese der Behörde jedenfalls außerhalb der in dem besagten Auftrag bezeichneten Frist übermittelt worden sei.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

2.1. Der Beschwerdeführer wendet - zusammengefasst - ein, dass seinem Rechtsvertreter in einem Telefonat mit der (mit der Angelegenheit befassten) Geschäftsabteilungsleiterin der belangten Behörde, die diesbezüglich mit dem zuständigen Senatsmitglied telefonisch Rücksprache gehalten habe, die Frist zur Ergänzung der Berufung bis zum 6. März 2000 gewährt worden sei. Nach Ausweis des Aktes sei die besagte Ergänzung der Berufung bei der belangten Behörde eingelangt. Die Beschwerde weist in diesem Zusammenhang auf einen handschriftlichen Vermerk eines Mitarbeiters des Beschwerdevertreters auf einem Schreiben der früheren Beschwerdevertreter vom 23. Februar 2000 hin, auf dem eine Notiz über dieses Telefonat ersichtlich sei, aus der sich unter anderem ergebe, dass das zuständige Senatsmitglied der belangten Behörde die Frist für die Ergänzung der Berufung auf den 6. März 2000 erstreckt habe, was dem genannten Mitarbeiter von Geschäftsabteilungsleiterin telefonisch bekannt gegeben worden sei. Dementsprechend sei die Frist nicht nur in der genannten Notiz festgehalten, sondern sofort ins Fristenbuch eingetragen worden, welches in der Form eines Auszuges ebenfalls der Beschwerde beigelegt wurde. In einem am 2. Juni 2000 - den letzten Tag der Frist zur Erhebung einer Verwaltunsgerichtshofbeschwerde gegen den angefochtenen Bescheid - geführten neuerlichen Telefonat zwischen dem Mitarbeiter des Beschwerdevertreters und der Geschäftsabteilungsleiterin sei diesem Mitarbeiter nach Rücksprache mit dem zuständigen Senatsmitglied mitgeteilt worden, dass diese Fristverlängerung "überhaupt nur eine inoffizielle und keine offizielle" gewesen sei, sodass diesbezüglich überhaupt keine Bindung bestanden habe.

2.2. Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend.

Der belangten Behörde ist einzuräumen, dass nach der hg. Rechtsprechung eine einmal abgelaufene Frist rechtens nicht verlängert werden kann (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zl. 96/02/0135). Würde aber der Partei eine schon abgelaufene - nicht gesetzlich festgelegte - Frist dennoch erstreckt, läge keine absolute Nichtigkeit der fristverlängernden Verfügung vor (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1998, Zl. 96/17/0079).

In seinem im angefochtenen Bescheid angesprochenen Schriftsatz vom 6. März 2000 hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er "innerhalb der ihm gewährten Frist zur ergänzenden Ausführung seiner Berufung vom 25. 10. 1999 nachstehende Berufungsbegründung" erstatte. Er hat somit die ihm zur Mängelbehebung mit Schreiben vom 25. Jänner 2000 gewährte Frist nicht als abgelaufen erachtet.

Diesem vom Beschwerdeführer auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Tatsachenvorbringen steht das Neuerungsverbot im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG nicht entgegen, weil der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keine Gelegenheit hatte, sich zu der von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegten Sachverhaltsannahme, dass die genannte Frist ungenutzt verstrichen sei, zu äußern. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde ohne diesen Verfahrensmangel zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigen) Ergebnis gekommen wäre, weshalb sie den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastete.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher - etwa auch durch Einvernahme der genannten Geschäftsabteilungsleiterin - zu klären sein, ob die vom Beschwerdeführer behauptete Erstreckung der Mängelbehebungsfrist tatsächlich erfolgte.

2.3. Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

2.4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Oktober 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000030179.X00

Im RIS seit

15.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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