TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/11 2000/03/0187

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Veröffentlicht am 11.10.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/07 Diplomatischer und konsularischer Verkehr;

Norm

VwGG §41 Abs1;
WrKonsÜbk Art43;
WrKonsÜbk Art45;
WrKonsÜbk Art54 Abs1;
WrKonsÜbk Art54;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2000/03/0186 E 11. Oktober 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des D K in O, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Georg Huber, Rechtsanwalt in 6330 Kufstein, Josef-Egger-Straße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 14. April 2000, Zl. UVS-3/11559/3-2000, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 7. November 1998 um

15.20 Uhr einen nach dem Kennzeichen näher bestimmten Pkw in Werfen auf der A 10 Tauernautobahn in Fahrtrichtung Salzburg bei Straßenkilometer 42,29 gelenkt und dabei die durch Vorschriftszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 33 km/h überschritten. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52a Z. 10a StVO 1960 begangen, weswegen er gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 2.700,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden) bestraft wurde.

Die belangte Behörde stützte sich in der Begründung des bekämpften Bescheides im Wesentlichen auf das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1982, Zl. 82/02/0019, und führte aus, dass das Lenken eines Fahrzeuges durch einen Konsul zwar eine der Möglichkeiten darstelle, ihn an den Ort der Ausübung seiner konsularischen Tätigkeit zu bringen, nach diesem Erkenntnis dem Lenken eines Pkw durch einen Konsul aber grundsätzlich nicht der Charakter einer in Wahrnehmung seiner Aufgaben vorgenommenen Amtshandlung zukommen könne, und daher die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Immunität bezüglich der von ihm nicht bestrittenen Übertretung nicht zum Tragen komme.

2. Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens, der Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und einer Äußerung des Beschwerdeführers hiezu erwogen:

2.1. Dass es sich bei der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Immunität um ein dem Staat zustehendes Recht handelt - dies ergibt sich insbesondere aus Art. 45 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen, BGBl. Nr. 318/1969 (im Folgenden: WKK), wonach das Recht zum Verzicht auf die Immunität nur dem Entsendestaat selbst zusteht (vgl. Köck, Die Organe des völkerrechtlichen Verkehrs, in:

Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Band 13, 1997, Rz 1649), - steht der Erhebung der vorliegenden Beschwerde durch den Beschwerdeführer nicht entgegen, könnte doch die vorliegende Bestrafung etwa dann, wenn sich der Beschwerdeführer (während seiner Zuteilung zu dem in Rede stehenden Generalkonsulat oder danach) aus anderen Gründen als einer Durchreise im Sinne des Art. 54 Abs. 1 WKK in Österreich befindet, zum Tragen kommen und solcherart in seine Rechte eingreifen.

2.2. Der Beschwerdeführer wendet gegen den bekämpften Bescheid lediglich ein, dass diesem seine die Immunität nach Art. 43 und Art. 54 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen, BGBl. Nr. 318/1969 (im Folgenden: WKK) entgegenstünde.

Unbestritten ist, dass sich der Beschwerdeführer, ein kroatischer Staatsangehöriger, bei der Übertretung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als beim Generalkonsulat der Republik Kroatien in München postierter Konsularrat auf dem Weg zwischen der Republik Kroatien und seinem Posten in München befand. Vor diesem Hintergrund ist der Beschwerdeführer im Recht, wenn er rügt, dass das besagte Erkenntnis seinen Fall nicht erfasst, bezieht sich dieses doch lediglich auf die (eingeschränkte) Immunität, die einem Konsul, der Angehöriger des Empfangsstaates (hier: die Bundesrepublik Deutschland) oder dort ständig ansässig ist, nach der besonderen Bestimmung des Art. 71 WKK zusteht.

2.3. Dennoch ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden.

2.3.1. Nach Art. 43 Abs. 1 WKK (der auch die Republik Kroatien angehört, vgl. BGBl. Nr. 330/1994) sind (u.a.) Konsuln im Bezug auf die von ihnen in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben gesetzten Handlungen der Jurisdiktion der Gerichts- und Verwaltungsbehörden des Empfangsstaates (mit Ausnahme der in Art. 43 Abs. 2 genannten Zivilklagen) nicht unterworfen.

Art. 54 Abs. 1 WKK lautet:

"Artikel 54

Verpflichtungen dritter Staaten

(1) Reist ein Konsul, um sein Amt anzutreten oder um auf seinen Posten oder in den Entsendestaat zurückzukehren, durch das Hoheitsgebiet eines dritten Staates oder befindet er sich aus einem der genannten Gründe im Hoheitsgebiet dieses Staates, der ihm erforderlichenfalls einen Sichtvermerk erteilt hat, so gewährt ihm dieser Staat alle in den anderen Artikeln dieses Übereinkommens vorgesehenen Immunitäten, soweit sie für seine sichere Durchreise oder Rückkehr erforderlich sind. Das gleiche gilt, wenn im gemeinsamen Haushalt mit dem Konsul lebende Familienangehörige, denen Vorrechte und Immunitäten zustehen, ihn begleiten oder wenn sie getrennt von ihm reisen, um sich zu ihm zu begeben oder in den Entsendestaat zurückkehren."

Daraus ergibt sich, dass einem auf Durchreise im Sinne des Art. 54 Abs. 1 WKK befindlichen Konsul die Immunität nach Art. 43 leg. cit. nur soweit zusteht, als sie für seine sichere Durchreise oder Rückkehr erforderlich sind.

2.3.2. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist zum Beschwerdefall Folgendes festzuhalten:

Da sich der Beschwerdeführer (wie schon angesprochen) nach den unbestrittenen Feststellungen auf einer Durchreise durch Österreich im Sinn des Art. 54 Abs. 1 WKK befand, braucht nicht mehr geprüft zu werden (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG), ob sein Transit durch Österreich tatsächlich lediglich zu diesem Zweck erfolgte (vgl. dazu näher Denza, Diplomatic Law2, 1998, 366, 370 ff, zu dem dem Art. 54 Abs. 1 WKK entsprechenden Art. 40 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, BGBl. Nr. 66/1966).

In Frage steht daher nur, ob es für eine sichere Durchreise oder Rückkehr des Beschwerdeführers erforderlich war, von der Erlassung des vorliegenden Bescheides abzusehen. Ein solches Erfordernis kann der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall aber nicht erkennen. Der Beschwerdeführer wurde nämlich durch die bloße Erlassung des angefochtenen Bescheides in keiner Weise an der Durchreise, bei der er die vorliegende Übertretung gesetzt hat, gehindert. Vielmehr betrifft der vorliegende, erst nach der besagten Durchreise erlassene bekämpfte Bescheid die faktische Durchführung dieser Durchreise nicht. Eine solche faktische Behinderung an der besagten Durchreise wurden im Übrigen weder vom Beschwerdeführer behauptet noch ergibt sich dafür ein Anhaltspunkt aus den vorgelegten Verwaltungsstrafakten. Insbesondere wurde der Beschwerdeführer bei seiner Durchreise tatsächlich weder durch eine Festnahme noch durch seine erzwungene Anwesenheit bei einer Amtshandlung, die als unangemessen lang zu beurteilen wäre, behindert. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass bei der besagten Durchreise des - dabei nicht einmal angehaltenen - Beschwerdeführers durch österreichische Organe auf die von ihm nach seiner Äußerung zur Gegenschrift mitgeführte "diplomatische Post" zugegriffen und dabei in deren in dieser Äußerung angesprochene Unverletzlichkeit (vgl. Art. 33 WKK, Art. 27 Abs. 2 des schon zitierten Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, vgl. Köck, Die Organe des völkerrechtlichen Verkehrs, a. a.O, Rz 1640 f) eingegriffen worden wäre.

Nach dem Gesagten war es daher zur Sicherstellung der Durchreise des Beschwerdeführers gemäß Art. 54 Abs. 1 WKK nicht erforderlich, von der Erlassung des bekämpften Bescheides abzusehen.

2.3.3. Abschließend ist noch Folgendes anzumerken: Die Frage der Vollstreckung des bekämpften Bescheides kann hier außer Betracht bleiben. Diese Frage wäre wiederum im Lichte der dem Beschwerdeführer zukommenden Immunitäten - im Empfangsstaat nach Art. 43 WKK, im Durchreisestaat nach Art. 54 leg. cit. - zu beurteilen.

3. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Oktober 2000

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000030187.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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