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70/05 Schulpflicht;Norm
SchPflG 1985 §11 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien
1. M M, 2. P S, 3. L M, alle in B, alle vertreten durch Dr. Andreas Fink, Dr. Peter Kolb und Dr. Christopher Fink, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapuit 7, gegen den Bescheid des Bezirksschulrats Leibnitz vom 12. Juli 2012, Zl. 20-10/190-1/2011, betreffend Erfüllung der Schulpflicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die am 26. August 1998 geborene Drittbeschwerdeführerin ist die Tochter der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers. Sie erfüllte im Schuljahr 2011/2012 ihre Schulpflicht durch "Teilnahme am häuslichen Unterricht" im Sinne des § 11 Abs. 2 des Schulpflichtgesetzes (SchPflG).
Mit dem angefochtenen Bescheid ordnete die belangte Behörde gemäß § 11 Abs. 4 SchPflG an, dass die Drittbeschwerdeführerin die Schulpflicht im Sinne des § 5 leg. cit. künftig "an einer öffentlichen Pflichtschule" zu erfüllen habe.
Begründend führte die belangte Behörde aus, im Falle der Teilnahme eines schulpflichtigen Kindes am häuslichen Unterricht sei im Sinne des § 11 Abs. 4 SchPflG der zureichende Erfolg jährlich vor Schulschluss durch eine Prüfung an einer im § 5 leg. cit. genannten Schule mit Öffentlichkeitsrecht nachzuweisen. Einen solchen Nachweis über den Erfolg in der 8. Schulstufe habe die Drittbeschwerdeführerin - trotzt Aufforderung - nicht erbracht, weshalb für das Schuljahr 2012/13 der Besuch der
8. Schulstufe in einer öffentlichen Pflichtschule anzuordnen gewesen sei.
Dagegen bringen die Beschwerdeführer in der Beschwerde im Wesentlichen vor, sie (gemeint: die Drittbeschwerdeführerin) hätte(n) beabsichtigt, zum Nachweis des zureichenden Erfolges im Sinne des § 11 Abs. 4 PflSchG eine Prüfung an einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht ohne gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung gemäß deren Organisationsstatut abzulegen; sie hätten die belangte Behörde über diese Absicht in Kenntnis gesetzt.
Mit Schreiben vom 1. Februar 2012 und 2. Mai 2005 habe das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) der Erstbeschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Prüfung über den zureichenden Erfolg des häuslichen Unterrichts gemäß § 11 Abs. 4 PflSchG an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung nachzuweisen sei. Deshalb sei die Ablegung dieser Prüfung an Schulen mit einem eigenen Organisationsstatut gemäß § 14 Abs. 2 Privatschulgesetz nicht zulässig. Dieser Rechtsansicht habe sich die belangte Behörde - in einer an die Beschwerdeführer gerichteten "Mitteilung" - angeschlossen.
Die Beschwerde bringt - mit näherer Begründung - vor, dass entgegen der von der belangten Behörde bzw. dem BMUKK vertretenen Rechtsauffassung auch Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht, die keine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führten, zur Abnahme der Externistenprüfung gemäß § 42 Schulunterrichtsgesetz berechtigt seien.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Der von der belangten Behörde angeordnete Schulbesuch der Drittbeschwerdeführerin im Schuljahr 2012/2013 an einer "öffentlichen Pflichtschule" bezieht sich bei gesetzeskonformer Auslegung (§ 5 iVm § 4 PflSchG) auf eine öffentliche oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule bezieht.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Nach § 1 Abs. 1 SchPflG besteht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes.
Gemäß § 4 SchPflG sind unter den in den §§ 5 bis 10 genannten Schulen öffentliche oder mit einem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen zu verstehen.
Gemäß § 5 Abs. 1SchPflG ist die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.
Gemäß § 11 Abs. 1 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht - unbeschadet des § 12 - auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.
Nach § 11 Abs. 2 leg. cit. kann die allgemeine Schulpflicht ferner durch die Teilnahme am häuslichen Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule - ausgenommen den Polytechnischen Lehrgang - mindestens gleichwertig ist.
Nach § 11 Abs. 4 SchPflG ist der zureichende Erfolg eines im Abs. 1 oder 2 genannten Unterrichtes jährlich vor Schulschluss durch eine Prüfung an einer im § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, soweit auch die Schüler dieser Schule am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so hat der Bezirksschulrat anzuordnen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 zu erfüllen hat.
Was unter der in § 11 Abs. 4 SchPflG angeordneten "Prüfung" zu verstehen ist, ergibt sich aus den Regelungen des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG). Nach § 42 Abs. 14 SchUG gelten die Bestimmungen über die Ablegung von Externistenprüfungen auch für die auf Grund der §§ 11 Abs. 4, 13 Abs. 3 und 22 Abs. 4 des Schulpflichtgesetzes 1985 abzulegenden Prüfungen zum Nachweis des zureichenden Erfolges des Besuches von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht oder häuslichen Unterrichtes sowie des Besuches von im Ausland gelegenen Schulen.
Aus diesen Regelungen folgt, dass der "Nachweis des zureichenden Erfolges des Unterrichts" im Sinne des § 11 Abs. 4 SchPflG nur durch eine entsprechend den Bestimmungen über die Externistenprüfungen abgelegte Prüfung (vgl. § 42 Abs. 14 SchUG) erbracht werden kann, deren Gesamtbeurteilung in dem über die Prüfung auszustellenden Zeugnis wenigstens mit "bestanden" beurkundet wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Mai 1995, Zl. 94/10/0187, und vom 25. April 2001, Zl. 2000/10/0187 = VwSlg 15600 A).
Im Beschwerdefall ist nicht strittig, dass ein solcher Nachweis nicht vorlag. Für diesen Fall schreibt das Gesetz (§ 11 Abs. 4 zweiter Satz SchPflG) der Schulbehörde zwingend vor, die Anordnung zu treffen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5, also durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule (vgl. § 4 SchPflG) zu erfüllen habe.
Der angefochtene Bescheid erweist sich demnach als rechtmäßig.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer war die Frage, ob die in § 11 Abs. 4 iVm § 5 SchPflG als Erfolgsnachweis vorgesehene Prüfung auch an Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht ohne gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung abgelegt werden kann, nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides. Diese Frage kann demnach dahinstehen.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht (gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014) auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 27. März 2014
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2012100154.X00Im RIS seit
22.04.2014Zuletzt aktualisiert am
16.06.2014