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L8240 Abfall, MüllNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Vorschreibung der jährlichen Abgabe nach dem Wr AbfallwirtschaftsG für das Jahr 2012; keine Bedenken gegen den Wiener Müllabfuhrabgabetarif hinsichtlich der Valorisierung des Grundbetrags für Sammelbehälter im Umleersystem; keine Überschreitung der finanzausgleichsrechtlichen ErmächtigungRechtssatz
Der VfGH kann nicht finden, dass der Grundbetrag für das Jahr 2012 lediglich Ergebnis einer unvollständigen rechnerischen Ableitung des Tarifs 2006 sei und die letzte Gebührenfestsetzung durch "willentlichen" Beschluss des Gemeinderates 2006 erfolgt wäre. Es lag dem Gemeinderat nämlich für das Jahr 2012 ein Voranschlag vor, der eine der Beschlussfassung vorgelagerte Einschätzung ermöglicht hat, inwieweit die durch Valorisierung eintretende Tarifanpassung - auf die der Gemeinderat im Beschlussantrag ausdrücklich hingewiesen worden ist - tatsächlich zur Deckung der Kosten erforderlich sein würde. Die auf Grundlage der Bestimmungen der §2 Abs3 und Abs4 der Verordnung (betr den Müllabfuhrabgabetarif), die auf der gemäß §88 Abs3a und §105 Abs3a Wr Stadtverfassung eingeräumten Ermächtigung beruhen, vom Magistrat der Stadt Wien vorzunehmenden Valorisierungen schließen nicht aus, dass der Gemeinderat eine vom valorisierten Betrag abweichende Gebühr festsetzen kann, wenn in Anbetracht der konkreten Verhältnisse des Gebührenhaushaltes mit einer bloßen Valorisierung nicht das Auslangen gefunden würde oder auch eine Gebührensenkung vorgenommen werden sollte. Diese Möglichkeiten standen im Rahmen der Beschlussfassung über den Voranschlag 2012 auch dem Wiener Gemeinderat offen, sodass die Festsetzung des Grundbetrages gemäß §2 Abs3 und Abs4 der Verordnung iVm §105 Abs3a Wr Stadtverfassung durch Kundmachung des Magistrats Wien keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
Vorliegen hinreichender Kalkulationsgrundlagen.
Bei den von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Punkten handelt es sich im Wesentlichen um vereinfachende Annahmen, die bei der Erfassung der der Einrichtung zuzurechnenden Kosten angewendet werden. Dies gilt für die zentral erfassten Pensionslasten für Beamte, die den Magistratsabteilungen zwecks Berücksichtigung der Mitarbeiterstruktur und des flexiblen Mitarbeitereinsatzes nicht nach dem in den Abteilungen tatsächlich angefallenen Pensionsaufwand, sondern im Verhältnis der Aktivlöhne angelastet worden sind, ebenso wie für die zwecks Vermeidung einer aufwändigen Kostenerfassung vorgesehene Umlage der Leistungen zentraler Verwaltungseinheiten mittels pauschaler Zuschlagssätze. Auch die Abgrenzung nicht der Einrichtung zuzurechnender Kosten durch Abzug der für diese Leistungen kalkulierten Entgelte stellt unter der Annahme einer kostendeckenden Kalkulation eine solche Vereinfachung dar.
Auch wenn diese Vereinfachungen rund ein Viertel der im Gebührenspiegel erfassten Kosten betreffen sollten, beeinträchtigen derartige Vereinfachungen unter Berücksichtigung der von der belangten Behörde hiefür ins Treffen geführten Begründungen die Kalkulation nicht in einer Weise, die eine Überprüfung der Verordnung im Hinblick auf finanzausgleichsrechtliche Vorgaben ausschließen würde. Dem Umstand, dass derartige Annahmen zu einer über die tatsächlichen Kosten hinausgehenden Ausweitung der für die Gebührenkalkulation relevanten Kostenbasis führen können, ist entgegenzustellen, dass die über das einfache Äquivalenzprinzip hinausgehende Ermächtigung gerade auch dazu dient, Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Anrechenbarkeit bestimmter Kostenpositionen zu vermeiden.
Die Ausschöpfung der (finanzausgleichsrechtlichen) Ermächtigung darf nicht dazu führen, dass den Benützern einer bestimmten Gemeindeeinrichtung neben der Anlastung der vollen Kosten zusätzlich noch eine Steuer im finanzwissenschaftlichen Sinn (in maximal gleicher Höhe) auferlegt wird (VfSlg 16319/2001). Kostenüberdeckungen nehmen dabei den Charakter einer Steuer nicht schon dann an, wenn diese im betreffenden Jahr der Entstehung zur Abdeckung der allgemeinen Haushaltserfordernisse verwendet werden, sondern erst dann, wenn die für das Entstehen der Überschüsse maßgebenden Gründe in keinem inneren Zusammenhang mit der Einrichtung stehen. Ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Dazu hat der VfGH schon im zeitlichen Geltungsbereich des einfachen Äquivalenzprinzips ausgesprochen, dass zum Zweck einer längerfristigen Gebührenkalkulation ein Gesamtbetrachtungs- und Ausgleichszeitraum von bis zu zehn Jahren in Betracht gezogen werden kann (VfSlg 11559/1987). Die Frage nach dem Bestehen eines inneren Zusammenhangs stellt sich somit erst dann, wenn Überschüsse der Einrichtung dauerhaft entzogen werden.
Eine solche Konstellation ist im Beschwerdefall aber nicht gegeben: In Anbetracht der bis 2001 angesammelten Fehlbeträge, der Beschlusslage des Jahres 2006 und der bis 2011 angefallenen Überschüsse liegt das Jahr 2012 jedenfalls innerhalb des zulässigen Betrachtungszeitraumes. Der für das Jahr 2012 festgelegte Grundbetrag überschreitet damit aber nicht den der Stadt Wien durch §15 Abs3 Z4 FAG 2008 eingeräumten Spielraum zur Ausschöpfung der finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung.
Keine Willkür.
Der belangten Behörde ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten, wenn sie in den angefochtenen Bescheiden, mit denen die Jahresabgaben für 2012 festgesetzt worden sind, keine Feststellungen zur Übereinstimmung der Höhe des Grundbetrages mit dem Finanzausgleichsrecht trifft, zumal sie bei Erlassung dieser Abgabenbescheide an die Verordnung über die Festlegung dieses Grundbetrages gebunden war.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Abfallwirtschaft, Finanzausgleich, Abgabenwesen, Abgaben Gemeinde-, Gebühr, Äquivalenzprinzip, GemeinderechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:B462.2013Zuletzt aktualisiert am
29.07.2015