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16/02 RundfunkNorm
ORF-G §4f Abs2 Z23Leitsatz
Verletzung des ORF im Recht auf Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit durch Feststellung der Verletzung des ORF-Gesetzes durch Bereitstellung ständiger Foren im Rahmen bestimmter Online-Angebote; verfassungswidrige Annahme eines Foren-Verbotes für den ORF bei Facebook; Zulässigkeit einer Beteiligung des ORF an sozialen NetzwerkenSpruch
I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Beschwerdesache betrifft Aktivitäten des Österreichischen Rundfunks (in der Folge: ORF) im sozialen Netzwerk "Facebook". In diesem sozialen Netzwerk können drei Arten von Seiten unterschieden werden:
? Zum ersten gibt es das "Facebookprofil", über welches jede auf Facebook registrierte Privatperson verfügt; jeder Nutzer kann seine Seite (persönlich) gestalten und auf dieser Fotos und Videos hochladen. Auf der "Chronik" der "Profilseite" (englisch "Timeline"; früher "Pinnwand") können öffentlich sichtbare Nachrichten von Freunden des Facebook-Nutzers hinterlassen werden.
? Zum zweiten können Unternehmen oder Organisationen Unternehmensseiten (auch als "Fanseiten" bezeichnet) erstellen; hier stehen verschiedene Seitenkategorien zur Auswahl, etwa "lokales Unternehmen oder Ort", "Unternehmen, Organisation oder Institution" oder "Marke oder Produkt". Auch diese Seiten enthalten eine Chronik, auf denen Betreiber einer Seite, allenfalls auch Dritte, Beiträge (Neuigkeiten, Informationen, Links, Fotos udgl.) veröffentlichen können. Gibt ein Facebook-Nutzer (mit der Schaltfläche "Like") an, dass ihm eine bestimmte Unternehmensseite gefällt, so scheint ein Teil der Beiträge, die auf der Unternehmensseite veröffentlicht werden, auf dem "Facebookprofil" dieses Nutzers auf.
? Zum dritten gibt es jene Facebook-Seiten, die etwa für ein Unternehmen oder einen Ort automatisch generiert werden, wenn eine bestimmte Anzahl an Facebook-Nutzern Interesse an diesen bekunden; die Informationen auf diesen Seiten stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen aus dem Internet wie etwa Wikipedia.
Zusätzlich zum Hinterlassen von öffentlich sichtbaren Nachrichten auf der Pinnwand können auch persönliche Nachrichten (vergleichbar einem E-Mail) verschickt werden; daneben gibt es auch eine Chatfunktion.
2. Mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (in der Folge: KommAustria) vom 25. Jänner 2012 stellte diese gemäß §§35, 36 Abs1 Z3 lita, §37 Abs1 ORF-G fest, dass die beschwerdeführende Partei durch die Bereitstellung bestimmter Online-Angebote, nämlich von 39 Auftritten (etwa von Hitradio Ö3, Radio Wien, Willkommen Österreich ua.) in dem sozialen Netzwerk "Facebook" seit 21. Juli 2011 die Bestimmung des §4f Abs2 Z25 ORF-G verletzt habe, wonach der ORF im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrags keine Online-Angebote in Form der Kooperation mit sozialen Netzwerken bereitstellen dürfe.
3. Mit Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 25. April 2012 wurde die dagegen erhobene Berufung zunächst abgewiesen. Nach Aufhebung der Wortfolge "sowie Verlinkungen zu und sonstige Kooperationen mit diesen, ausgenommen im Zusammenhang mit der eigenen tagesaktuellen Online-Überblicksberichterstattung" in §4f Abs2 Z25 ORF-G (VfGH 27.6.2013, G34/2013) hob der Verfassungsgerichtshof diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 27. Juni 2013, B484/2012, auf.
4. Mit Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 11. September 2013 wurde der Berufung, soweit sie gegen die Feststellung einer Rechtsverletzung nach §4f Abs2 Z25 ORF-G gerichtet war, stattgegeben. Der erstinstanzliche Bescheid wurde dahingehend abgeändert, dass nunmehr festgestellt wurde, dass die beschwerdeführende Partei durch die Bereitstellung von ständigen Foren im Rahmen bestimmter Online-Angebote die Bestimmungen des §4f Abs2 Z23 ORF-G jedenfalls seit dem 21. Juli 2011 verletze.
4.1. In der Begründung des Bescheides definiert der Bundeskommunikations-senat unter Verweis auf VwGH 24.7.2012, 2011/03/0232, ein Forum iSd §4f Abs2 Z23 ORF-G als einen virtuellen Platz zum Austausch und zur Archivierung von Gedanken, Meinungen und Erfahrungen; genau dies biete der ORF auf den 39 Seiten an. Jede Seite beinhalte eine "Pinnwand", welche es den (registrierten) Nutzern gestatte, Meinungen gegenüber dem Seiteninhaber ORF sowie den anderen Nutzern kundzutun und mit diesen virtuell zu kommunizieren. Die Ausnahmeregelung der Z23 ("nicht-ständige Angebote") komme nicht zum Tragen, da im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgetreten seien, die belegen würden, dass es sich bei den Seiten nicht um ständig verfügbare Angebote handle.
Weiters müsse davon ausgegangen werden, dass das Verbot der Z23 neben Foren auf eigenen Online-Plattformen des ORF auch dem ORF zuzurechnende Foren umfasse. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Zielsetzung der Z23 würden Anhaltspunkte für eine differenzierende Behandlung ergeben.
4.2. Es bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §4f Abs2 Z23 ORF-G: Der Verfassungsgerichtshof habe dies bereits im Zusammenhang mit "debatte.orf.at" ausgesprochen (VfGH 28.11.2011, B1232/2011); auch im Lichte des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2013, G34/2013, sei keine andere Auslegung geboten. Das Verbot der Z23 bedeute gerade nicht, dass dem ORF Kooperationen mit sozialen Netzwerken auf diesem Wege untersagt würden, sondern erstrecke sich nur auf einen spezifischen Bestandteil des konkreten sozialen Netzwerkes, nämlich die Bereitstellung von Foren (der "Pinnwand") im Rahmen dieser Angebote. Diese Auslegung der Z23 sei keinesfalls dazu geeignet, jegliche Kommunikation des ORF über soziale Netzwerke zu unterbinden.
4.3. Dass hier Online-Angebote vorlägen, ergebe sich bereits aus der Formulierung des §4f Abs2 erster Satz ORF-G. Der publizistische Charakter der Facebook-Seiten sei evident. Bei den dominierenden Inhalten einer Facebook-Seite, den "Postings" des Seiteninhabers auf der "Pinnwand", handle es sich um die Teilnahme an der öffentlichen Willensbildung. Diese bestünden aus an die Allgemeinheit gerichteten Kommentaren bzw. Informationen, die oftmals gerade darauf ausgerichtet seien, kontroversielle Reaktionen zu erzeugen und Diskussionen einzuleiten. Das Vorbringen des ORF, die Seiten seien nicht an die allgemeine Öffentlichkeit gerichtet, wobei auf den Einsatz von Facebook sowohl als Marketinginstrument als auch als Instrument der Individualkommunikation verwiesen werde, überzeuge insoweit nicht. Insbesondere könne schon angesichts der zum Teil erheblichen Nutzerzahlen der Angebote sowie der ebenfalls zahlreichen "Postings" des Seiteninhabers, welche selbst ohne Registrierung bei Facebook zumindest gelesen werden könnten, nicht vertreten werden, dass Angebote sich nicht an die allgemeine Öffentlichkeit wenden oder bloß der Individualkommunikation innerhalb eines geschlossenen Nutzerkreises dienen würden. Der Einsatz von Facebook im Marketingbereich zeige gerade, dass das Gegenteil der Fall sei. "Postings" eines Nutzers auf einer "Pinnwand" seien öffentlich einsehbar; auch wenn die Grenzen zwischen Individual- und Massenkommunikation verschwimmen würden, handle es sich bei den "Postings" eines Nutzers, die an den Seiteninhaber gerichtet seien, und dessen Antwort keineswegs um Individualkommunikation. Es bestehe jederzeit die Möglichkeit, dass sich Dritte an dieser Kommunikation beteiligen.
4.4. Zur Zurechnung der Facebook-Seiten führt der Bundeskommunikationssenat Folgendes aus: Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung im wettbewerbsintensiven Wirtschaftsleben der Medienunternehmen, dass Dritte aus rein altruistischen Motiven die Bearbeitung und Betreuung der betreffenden Facebook-Seiten für den ORF ohne dessen Wissen und Willen oder zumindest wohlwollende Duldung und Unterstützung übernehmen würden. Auf Grund der Feststellungen der KommAustria sei davon auszugehen, dass Marken und Inhalte des ORF verwendet würden, deren Verwertung oder Verwendung zur Bewerbung und Vorankündigung von Angeboten dem ORF oder seinen Tochtergesellschaften vorbehalten sei. In den Nutzungsbedingungen von Facebook sei überdies festgelegt, dass Seiten nur von offiziellen Vertretern erstellt oder verwaltet werden dürften. Die Stellung der ORF-Mitarbeiter als Privatpersonen bzw. deren Aktivitäten in sozialen Netzwerken werde im Übrigen durch das Verbot nicht berührt.
4.5. Eine mündliche Verhandlung habe der Bundeskommunikationssenat nicht für erforderlich erachtet: Es handle sich um ein Einparteienverfahren und es liege kein ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vor; die Berufung enthalte zudem auch keine konkreten Beweisanträge und lege auch gar nicht dar, inwieweit eine mündliche Verhandlung unvermeidlich sei. Es könne auch keine Rede davon sein, dass sich nur in Form von Rede und Gegenrede zwischen dem ORF und der KommAustria der vermeintliche Mangel des bisher festgestellten Sachverhalts beheben lasse.
Soweit die Berufung zu belegen versuche, dass vertiefende Ermittlungen zur Errichtung der Seiten und zu den zuständigen Administratoren erforderlich gewesen wären, sei nicht ersichtlich, inwieweit der Zeitpunkt der Errichtung der Seiten oder allfällige personelle Wechsel im Administratorenbereich im Zeitraum der festgestellten Rechtsverletzungen Auswirkungen auf die Zurechnung der Angebote zum ORF haben könnten. Der ORF lege nicht näher dar, warum "Postings" auf den inkriminierten Angeboten nicht dem ORF zuzurechnen seien, zumal dabei Inhalte verbreitet würden, die sich unmittelbar auf Sendungen und Aktivitäten des ORF beziehen würden und dementsprechend auch nur dem ORF bzw. dessen Auftragsproduzenten zur Verfügung stünden.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere auf Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein faires Verfahren, sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.
5.1. Zur Behauptung der Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit:
5.1.1. Die beschwerdeführende Partei führt aus, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2013, G34/2013, zu dem Ergebnis gelangt sei, dass mit dem Verbot des §4f Abs2 Z25 ORF-G der Spielraum, der dem Gesetzgeber bei der Regelung eines wettbewerbsintensiven Bereiches wie jenes der Online-Aktivitäten von Rundfunkveranstaltern zukomme, überschritten worden sei.
Auch mit der vom Bundeskommunikationssenat gepflogenen Auslegung des §4f Abs2 Z23 ORF-G werde der dem Gesetzgeber im gegebenen Zusammenhang zuerkannte Spielraum überschritten, da damit weiterhin die Teilhabe an einem Medium untersagt werde, das heute von fast jedem modernen Unternehmen und von kolportierten 800 Mio. Menschen genutzt werde. Bei den Facebook-Seiten der beschwerdeführenden Partei handle es sich letztlich um eine Art moderner Kundendienst (Musikwünsche von Hörern, Fragen zum Wetter, Äußerung von Kritik). Dies zu verbieten trage zum Schutz der österreichischen Printmedien in keiner Weise bei und sei daher zur Erreichung des angeblich verfolgten Zieles nicht geeignet, jedenfalls aber nicht notwendig. Unter Beachtung der Überlegungen, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2013, G34/2013, angestellt habe, ließe sich §4f Abs2 Z23 ORF-G durchaus verfassungskonform interpretieren. Andernfalls wäre die Norm selbst verfassungswidrig.
5.1.2. Der Bundeskommunikationssenat gehe davon aus, dass das Verbot des §4f Abs2 Z23 ORF-G zum Schutz der Rechte anderer, konkret der privaten Medienlandschaft, einschließlich Printmedien und deren Online-Auftritte, notwendig und geboten sei. Nach §4f Abs2 Z23 ORF-G dürfe der ORF aber die von dieser Bestimmung grundsätzlich untersagten Foren sehr wohl betreiben, wenn diese – verkürzt gesagt – in einem inhaltlichen Zusammenhang mit österreichweit gesendeten Fernseh- oder Hörfunkprogrammen stehen und nicht ständig betrieben werden. Gerade in dieser dem ORF in Schranken auch im Zusammenhang mit Foren gestatteten, journalistischen Komponente liege aber der – als Rechtfertigung angesprochene – wettbewerbsintensive Bereich. Um diesen gehe es aber bei Seiten oder Beiträgen in sozialen Netzwerken nicht hauptsächlich. Inwieweit ein Verbot der im Rahmen von sozialen Netzwerken vorgesehenen und diesen auch wesensimmanenten Kommentarfunktion geeignet sein könnte, den Bestand österreichischer Printmedien in irgendeiner Weise zu fördern, sei nicht ersichtlich. Das Verbot des §4f Abs2 Z23 ORF-G in der Auslegung der Aufsichtsbehörden sei zur Erreichung des angestrebten Zieles ungeeignet, jedenfalls aber unverhältnismäßig.
In sozialen Netzen präsent zu sein und diese auch funktionsadäquat zu betreuen, werde heutzutage von Personen und Unternehmen, die in der Öffentlichkeit stünden, erwartet. Durch das Verbot werde dem ORF jede Möglichkeit genommen, mittels geradezu erwarteter Mittel Kundendienstleistungen für Hörer und Seher zu erbringen. Diesbezüglich sei darauf hinzuweisen, dass bei sämtlichen in Rede stehenden Facebook-Seiten programm- oder sendungsbezogene Informationen gegeben würden, aber keine umfangreichere journalistische Berichterstattung stattfinde. Insoweit sei eine Substitution der Internetangebote der österreichischen Zeitungen durch die Facebook-Seiten des ORF gar nicht möglich.
5.1.3. Dass der Bundeskommunikationssenat meine, es würde ohnedies nicht jegliche Kommunikation über soziale Netzwerke unterbunden werden, sondern es sei lediglich die Nutzung eines spezifischen Bestandteils (Kommentarfunktion) untersagt, ändere daran nichts, denn hier missverstehe der Bundeskommunikationssenat die Darlegungen des Verfassungsgerichtshofes, gehe von einer verfehlten Vorstellung von sozialen Netzwerken aus, unterstelle ohne jegliche Sachverhaltsermittlung tatsächlich nicht vorhandene Funktionalitäten und ignoriere auch die vom Gesetzgeber mit §4f Abs2 Z23 ORF-G verfolgten Intentionen.
5.1.4. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Verbot sachlicher werde, wenn man es auf eine andere oder eine anders formulierte Bestimmung stütze, da es im Zusammenhang mit der Rundfunk- und Meinungsäußerungsfreiheit nicht darum gehe, wie ein Eingriff rechtstechnisch verwirklicht werde, sondern darum, aus welchen Gründen der Eingriff vorgesehen sei bzw. welche Konsequenzen mit dem Eingriff verbunden seien. Die vom Verfassungsgerichtshof bereits dargestellten Bedenken träfen auch auf die Auslegung von §4f Abs2 Z23 ORF-G zu. Im Übrigen würden beide Normen auch nach Ansicht des Bundeskommunikationssenates idente Zwecke verfolgen und sei daher nicht zu sehen, aus welchem Grund die Z23 einen "breiteren Rechtfertigungsbereich" hätte.
5.1.5. Zwar meine der Bundeskommunikationssenat, mit der zu §4f Abs2 Z23 ORF-G vertretenen Ansicht sei ohnedies kein völliges Verbot der Teilnahme an sozialen Netzwerken verbunden, sondern lediglich ein Verbot der Nutzung einer spezifischen Funktion. Ein wesentliches Element aller sozialen Netzwerke bestehe jedoch in der Interaktionsmöglichkeit. Insofern ergebe sich schon aus dem Erkenntnis zu G34/2013, dass die Auslegung des Bundeskommunikationssenates selbst dann verfassungswidrig wäre, wenn es möglich wäre, die Kommentierungsfunktion isoliert zu behandeln.
Nach Wikipedia seien typische Funktionen eines soziales Netzwerkes folgende: Persönliches Profil mit diversen Einstellungen zur Sichtbarkeit für Mitglieder der Netzgemeinschaft oder generell der Öffentlichkeit des Netzes, Kontaktliste oder Adressbuch samt Funktionen (Verwaltung der Verbindungen zu den verzeichneten Mitgliedern der Netzgemeinschaft), Empfang und Versand von Nachrichten an andere Mitglieder, Empfang und Versand von Benachrichtigungen über diverse Ereignisse, Blogs oder Mikroblogging-Funktionen, Social Gaming, Suche. Dem Duden zufolge sei ein soziales Netzwerk "ein Portal im Internet, das Kontakte zwischen Menschen vermittelt und die Pflege von persönlichen Beziehungen über ein entsprechendes Netzwerk ermöglicht".
Schon aus diesen beiden Umschreibungen werde deutlich, dass die Interaktionsmöglichkeit ein Wesensmerkmal sozialer Netzwerke darstelle. Wenn daher der Verfassungsgerichtshof davon ausgehe, dass eine gesetzliche Regelung, die dem ORF die Teilnahme an sozialen Netzwerken untersage, verfassungswidrig sei, dann müsse das in gleicher Weise auch für eine gesetzliche Regelung gelten, die an einem wesentlichen Element eines sozialen Netzwerkes ansetze und dessen Nutzung für unzulässig erkläre. Das treffe aber gerade auf die Kommentarfunktion zu, weil die Interaktionsmöglichkeit ein zentrales Element eines sozialen Netzwerkes sei, ohne die nicht von einer Teilnahme an einem sozialen Netzwerk gesprochen werden könne. Der ORF habe sich gerade auch im Online-Bereich um Integration, Gleichberechtigung und Verständigung aller gesellschaftlichen Gruppen zu bemühen und zum demokratischen Diskurs der Allgemeinheit beizutragen (vgl. §10 Abs3 und 4 ORF-G). Es sei aus wettbewerblichen Überlegungen nachvollziehbar, dem ORF insbesondere bestimmte Formen oder ein bestimmtes Ausmaß kommerzieller Kommunikation zugunsten kommerzieller Anbieter zu verbieten; dass dem kommerziellen Sektor die Interaktion mit bestimmten Zielgruppen und damit deren Informationen (Anregungen, Kritik etc.) vorbehalten bleiben solle, wäre vor dem Hintergrund des öffentlich-rechtlichen Auftrages völlig systemwidrig und verfassungswidrig.
5.1.6. Hinzu komme, dass die Annahme des Bundeskommunikationssenates, die als dem ORF-G widersprechend angesehene Kommentarfunktion ließe sich bei sozialen Netzwerken abschalten, unzutreffend sei. Der Bundeskommunikationssenat habe dazu keine Ermittlungen durchgeführt. Der Bundeskommunikationssenat übersehe, dass bei Facebook zwei Arten von Seiten unterschieden werden könnten, nämlich persönliche Accounts – diese seien der Standardfall und würden von natürlichen Personen genützt werden – und "Like-Pages", die für Unternehmen und deren Produkte gedacht seien und von denen man "Fan" werden könne. Für Unternehmen sei es bei diesen Seiten aber nicht möglich, die Kommentierungsfunktion selbst auszuschalten, weshalb der Bescheid auf ein Verbot der Teilnahme an allen sozialen Netzwerken, bei denen die Kommentarfunktion nicht ausgeschaltet werden könne, hinauslaufe.
5.1.7. Das Gesetz lasse durchaus auch eine verfassungskonforme Deutung zu bzw. sei eine solche vom Gesetzgeber sogar intendiert. Die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (Abänderungsantrag, AA-126 24. GP) würden deutlich zeigen, dass der Gesetzgeber verhindern wolle, dass der ORF selbst durch den Betrieb eines Forums eigenen User-Traffic generiere; dies solle den kommerziellen Online-Medien vorbehalten bleiben, um die Werbeerlöse abzuschöpfen. Dieser Normzweck werde aber durch die Facebook-Auftritte des ORF in keiner Weise tangiert, da durch diese von den Online-Medien realistischer Weise kein einziger User abgezogen werde. Auch §4f Abs2 Z23 Satz 2 ORF-G zeige, dass der Gesetzgeber ausschließlich an Foren gedacht habe, die vom ORF selbst betrieben werden würden; wie sonst sollte der ORF die in dieser Bestimmung verlangte Ausgestaltung des Anmeldungsprozesses der User gewährleisten. Schließlich habe dieser auf den Anmeldeprozess bei von Dritten betriebenen Online-Portalen, wie Facebook oder Twitter, überhaupt keinen Einfluss.
5.1.8. Die beschwerdeführende Partei hält es daher für geboten, die Reichweite der Verbote des §4f Abs2 Z23 ORF-G so auszulegen und zu beschränken, dass dem ORF lediglich der Betrieb entsprechender Foren untersagt sei, nicht aber deren Nutzung als (insbesondere notwendiger) Bestandteil etwa eines sozialen Netzwerkes. Es sei nicht der Fall, dass §4f Abs2 Z23 ORF-G diesfalls keinen Anwendungsbereich mehr hätte, da er das Betreiben von Foren durch den ORF selbst untersage, aber selbst hiefür bestimmte Ausnahmen zulasse.
5.2. Zur Behauptung der Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit und auf ein faires Verfahren:
5.2.1. Der Bundeskommunikationssenat habe aus den dargelegten Gründen auch gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Dazu komme, dass niemand gesetzlich dazu verhalten werden könne, für etwas einzustehen, womit ihn nichts verbinde und was außerhalb seiner Einflusssphäre liege (vgl. zB VfSlg 14.153/1995 im Zusammenhang mit der Beweislastregel des §5 Abs1 VStG). Die Ansicht zur Zurechnung von Seiten entspreche nicht diesen Grundsätzen. Die beschwerdeführende Partei habe in der Berufung dargelegt, dass bei mehreren vom Bescheid erfassten Facebook-Seiten eine Zurechnung nicht möglich sei, und beantragt, dass hiezu eine mündliche Verhandlung abgehalten werde; eine solche sei nicht als erforderlich erachtet worden. Damit habe der Bundeskommunikationssenat im Wege vorgreifender Beweiswürdigung festgestellt, dass es der beschwerdeführenden Partei auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen wäre, darzutun, dass sie zumindest auf einige der Facebook-Seiten keinen Einfluss gehabt habe. In diesem Zusammenhang sei die Prämisse, es widerspreche der Lebenserfahrung, dass Dritte aus rein altruistischen Gründen Facebook-Seiten für andere übernehmen würden, schon durch die Feststellungen widerlegt, denn es sei festgestellt worden, dass die Facebook-Seite von Hitradio Ö3 von einem Dritten gegründet worden sei und dieser auch heute noch Administrator der Seite sei. Überdies sei es notorisch, dass es gerade auf Facebook eine Fülle von Fan-Seiten gebe, die von Fans betreut werden. Daran würden auch die Facebook-Nutzungsbedingungen nichts ändern, die lediglich Facebook absichern sollen, aber naturgemäß keine Garantie seien, dass sich die User auch daran halten würden.
Der angefochtene Bescheid leide daher nicht nur an einem Willkür gleichkommenden Begründungsmangel, sondern habe der Bundeskommunikationssenat den Beweisantrag, der darauf gerichtet war, darzutun, dass dem ORF zumindest mehrere der verfahrensgegenständlichen Seiten nicht zuzurechnen gewesen seien, einfach übergangen. Das belaste den angefochtenen Bescheid sowohl nach Art7 B-VG, Art2 StGG als auch nach Art6 EMRK mit Verfassungswidrigkeit.
5.2.2. Es sei darauf zu verweisen, dass die beschwerdeführende Partei nach der Zustellung des im ersten Rechtsgang ergangenen Bescheides des Bundeskommunikationssenates hinsichtlich jener Facebook-Seiten, auf die sie keinen Einfluss habe, die Betreiber bzw. Produzenten angeschrieben habe und diese ersucht habe, die Seiten offline zu stellen oder so umzugestalten, dass jegliche Bezugnahme auf die beschwerdeführende Partei unterbleibe. Manche Seitenbetreiber seien diesem Ersuchen nachgekommen, andere hätten es abgelehnt. Daraus sei ersichtlich, dass die beschwerdeführende Partei auf zumindest einige der vom Bescheid erfassten Seiten tatsächlich keinen Einfluss habe. Dazu habe der Bundeskommunikationssenat aber entgegen den Anträgen kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, sondern es mit widerlegten Vermutungen bewenden lassen.
5.2.3. Der angefochtene Bescheid habe "civil rights" zum Gegenstand; die Entscheidung betreffe nämlich, soweit Facebook-Seiten erfasst seien, die unmittelbar durch die beschwerdeführende Partei bereitgestellt würden, das Eigentum, die Privatautonomie bzw. die Erwerbsfreiheit der beschwerdeführenden Partei. Der Bundeskommunikationssenat habe die Durchführung einer mündlichen Verhandlung für nicht erforderlich erachtet; damit habe er die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art6 EMRK missachtet.
Die beschwerdeführende Partei habe keineswegs auf eine mündliche Verhandlung verzichtet, sondern eine solche beantragt. Selbst wenn in erster Instanz bereits eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden wäre, hätte der Bundeskommunikationssenat (mit vollen Kontrollbefugnissen) nur unter bestimmten Voraussetzungen von einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen. Diese Voraussetzungen seien nicht vorgelegen:
Eine mündliche Verhandlung wäre für die Erhebung und Würdigung des Sachverhaltes bzw. die Lösung von Rechtsfragen von großer Bedeutung gewesen. Seit dem Verfahren in erster Instanz wären insbesondere in der Frage der Zurechnung von Facebook-Seiten stets überraschend neue und wechselnde Begründungen erst jeweils im Bescheid präsentiert worden. Der Bundeskommunikationssenat habe etwa im Vergleich zur Begründung im erstinstanzlichen Bescheid ergänzend – allerdings tatsachenwidrig und ohne weitere Ermittlungen und Feststellungen im Sachverhalt – festgehalten, dass davon auszugehen sei, dass Marken und Inhalte der beschwerdeführenden Partei verwendet würden, deren Verwertung oder Verwendung zur Bewerbung und Vorankündigung von zukünftigen Angeboten ausschließlich der beschwerdeführenden Partei oder ihren Tochtergesellschaften vorbehalten sei; dies sei bei bestimmten Seiten aber tatsächlich nicht der Fall gewesen.
Ebenso sei es offenkundig, welche eminente Bedeutung der Verfahrensausgang für die beschwerdeführende Partei habe, zumal ein Auftritt in sozialen Netzwerken für die Wahrnehmbarkeit von Medienprodukten, den Kontakt zu bestimmten Zielgruppen und die Erbringung von Kundendienstleistungen für diese essenziell sei.
5.2.4. Es sei mit einem fairen Verfahren auch nicht vereinbar, wenn der Bundeskommunikationssenat nunmehr auch im fortgesetzten Verfahren die in der Berufung vorgetragenen, in den Beschwerden an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts auch untermauerten und durch Urkunden nachgewiesenen Bedenken gegen die Sachverhaltsfeststellungen und das Beweisverfahren ignoriere und weder der beschwerdeführenden Partei im fortgesetzten Verfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben noch eine mündliche Verhandlung durchgeführt habe. Außerdem werde das Verbot auf eine Bestimmung gestützt, die im bisherigen Ermittlungsverfahren nie wirklich Thema gewesen sei, sondern lediglich als eine "Auffangerwägung" zur Absicherung der auf §4f Abs2 Z25 ORF-G gestützten rechtlichen Begründung gedient habe. Es erscheine rechtsstaatlich
– insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Verbotes der Überraschungsentscheidung – auch fragwürdig, das nunmehrige Verbot auf eine Norm zu stützen, die zwar dasselbe Ergebnis wie die ursprünglich angewandte, zwischenzeitlich aufgehobene Norm zeitige, aber doch an andere Voraussetzungen geknüpft sei.
6. Der Bundeskommunikationssenat legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
6.1. Darin verweist er zunächst auf die in der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffenen verfassungsrechtlichen Erwägungen zu Art10 EMRK sowie darauf, dass der Verfassungsgerichtshof schon im Zusammenhang mit "debatte.orf.at" das Verbot von ständigen Foren nach §4f Abs2 Z23 ORF-G "angesichts des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums bei der Regelung eines wettbewerbsintensiven Bereichs wie jenes der Online-Aktivitäten von Rundfunkveranstaltern" als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft habe (VfGH 28.11.2011, B1232/2011). Dem Bundeskommunikationssenat erschließe sich daher nicht, worin der Unterschied zwischen der verfahrensgegenständlichen Konstellation und dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Sachverhalt liegen könnte.
6.2. Der Bundeskommunikationssenat macht weiters darauf aufmerksam, dass bereits im (zwischenzeitig behobenen) Bescheid vom 25. April 2012 wie auch in der – in der Beschwerdesache B484/2012 erstatteten – Gegenschrift an den Verfassungsgerichtshof vom 23. Mai 2012 ausdrücklich auf das Verhältnis der Z23 und der Z25 des §4f Abs2 ORF-G Bezug genommen und angeführt worden sei, dass davon auszugehen sei, dass die inkriminierten Angebote durch §4f Abs2 ORF-G selbst dann ausgeschlossen wären, wenn diese Angebote nicht von Z25 erfasst wären.
Wenn der ORF nun anführe, dass sich die Kommentarfunktion bei sozialen Netzwerken gar nicht abschalten lasse, versuche er, argumentativ den umgekehrten Weg zu beschreiten und aus (angenommenen) faktischen Gegebenheiten auf den Inhalt einer Norm zu schließen. Es sei allerdings nicht ersichtlich, auf welchen Auslegungsgrundsatz er sich in dieser Hinsicht berufen könnte: Es gebe jedenfalls keinen Grundsatz, dass gesetzliche Regelungen so auszulegen wären, dass sie nicht in Widerspruch zu bisherigen und nicht explizit durch Gesetz verbotenen Usancen des ORF stünden. Im Übrigen ergebe sich aus den Ermittlungen der KommAustria eindeutig, dass die vom ORF betriebenen Facebook-Seiten eine Pinnwand inkludieren könnten oder auch nicht. Neben der Pinnwand enthalte eine Facebook-Seite zB auch die Kategorien Info und Veranstaltungen, welche nicht den Charakter von Foren iSd §4f Abs2 Z23 ORF-G aufweisen würden.
6.3. Soweit der ORF vorbringe, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf §4f Abs2 Z23 ORF-G ausschließlich an Foren gedacht habe, die vom ORF selbst betrieben würden, biete weder der Gesetzeswortlaut noch die Zielsetzung dieser Bestimmung Anhaltspunkte. Wenn dem ORF ständige Foren auf seiner eigenen Online-Plattform untersagt seien, so müsse dies auch für die dem ORF zuzurechnenden Foren auf anderen Plattformen gelten.
6.4. Zur Zurechnungsfrage führt der Bundeskommunikationssenat aus, dass in Fällen, in denen die Facebook-Seite von Dritten (zB Fans) betrieben werde, üblicherweise deutlich ausgewiesen werde, dass es sich hiebei um eine "Fan"-Seite und nicht um den "offiziellen" Auftritt eines Unternehmens handle; ein solcher Hinweis sei bei den inkriminierten Seiten aber nicht zu erkennen gewesen. Es sei insoweit nicht erkennbar, weshalb die Prämisse, es widerspreche der Lebenserfahrung, dass Dritte aus rein altruistischen Gründen Facebook-Seiten für andere übernehmen würden, schon durch die Feststellungen widerlegt sei. Selbst wenn die Facebook-Seite von Hitradio Ö3 von einem Dritten gegründet worden sei und dieser auch heute noch als Administrator der Seite fungiere, räume die beschwerdeführende Partei doch ein, dass einige ihrer Mitarbeiter ebenfalls über Administratorenrechte und damit über entsprechende Eingriffsmöglichkeiten, welche die Zurechnung rechtfertigen, verfügen würden.
6.5. Der Rüge des Unterbleibens der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, der vorgreifenden Beweiswürdigung und der Willkür hält der Bundeskommunikationssenat entgegen, dass auch dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen sei, was eine mündliche Verhandlung gegenüber dem schriftlichen Verfahren zur Aufklärung des angeblich mangelhaften Sachverhaltes beitragen hätte können.
Nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei sei es mit einem fairen Verfahren nicht vereinbar, dass dieser im fortgesetzten Verfahren nicht Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und dass keine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei sowie dass das Verbot auf eine Bestimmung gestützt worden sei, die "im bisherigen Ermittlungsverfahren eigentlich nie wirklich Thema" gewesen sei. Die Behörde sei jedoch gemäß §66 Abs4 AVG berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid in jede Richtung abzuändern. Es könne im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Verstoß gegen das "Überraschungsverbot" vorliegen.
7. Die beschwerdeführende Partei erstattete nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung einen vorbereitenden Schriftsatz.
7.1. Darin weist die beschwerdeführende Partei zunächst darauf hin, dass es neben Facebook auch eine Fülle anderer sozialer Netzwerke gebe; etwa könne bei Twitter die Funktion, mit der andere Accounts bzw. Themengebiete referenziert werden könnten, nicht deaktiviert werden. Ebenso bestehe bei Instagram keine Option zum Deaktivieren der Kommentarfunktion. Hingegen stehe bei Google+ die Deaktivierung der Kommentarfunktion offen.
7.2. Weiters führt die beschwerdeführende Partei aus, dass Privatpersonen in den Einstellungen ihres Facebook-Profils festlegen könnten, dass nur sie selbst Beiträge auf ihrer Timeline veröffentlichen dürften; dies führe dazu, dass weder Freunde noch sonstige Personen auf die Timeline des Benutzers Beiträge stellen könnten. Die Kommentarfunktion hingegen könne für private Facebook-Profile nicht deaktiviert werden.
Facebook-Seiten von Unternehmen seien grundsätzlich für die Kommunikation von Unternehmen, Marken und Organisationen mit ihrer Community gedacht. Auch auf diesen würden Beiträge auf der Chronik bzw. Timeline veröffentlicht und auch bei Facebook-Seiten bestehe grundsätzlich die Möglichkeit, Beiträge nicht nur durch den Betreiber der Facebook-Seite selbst, sondern auch durch andere Nutzer zu erlauben. Es gebe Seiten, bei denen diese Beitragsfunktion gesperrt sei, zB die Seite der Zeit im Bild – der Bundeskommunikationssenat habe im Übrigen auch solche Seiten als Verletzung des ORF-G eingeordnet –, und Seiten, bei denen die Beitragsfunktion aktiviert sei, zB die Seite von Hitradio Ö3. Nicht unterbinden lasse sich aber – auch nicht bei Seiten mit gesperrter Beitragsfunktion – die Möglichkeit, auf der Seite bestehende Statusmeldungen zu kommentieren.
7.3. Zur Funktion der Pinnwand bzw. Chronik führt die beschwerdeführende Partei aus, dass die Chronik die wesentlichste Komponente einer Facebook-Seite, also der Präsenz eines Unternehmens, einer Marke oder einer Organisation auf Facebook, sei. Der zugrunde liegende Distributionsmechanismus sorge dafür, dass Benutzer, welche mittels "Like" in Verbindung mit einer Facebook-Seite getreten seien, die von dieser Seite veröffentlichten Beiträge in regelmäßigen Abständen in ihrem Newsfeed, also auf ihrer Facebook-Startseite, angezeigt bekommen würden. Die Facebook-Seite und im Speziellen die Chronik funktioniere also nicht unähnlich einem Newsletter-Abonnement. Letztlich sei dieser Mechanismus, der es Unternehmen erlaube, die Community mit Informationen zu versorgen, meist der Grund für eine Facebook-Präsenz. Im Unterschied dazu würden Beiträge, die andere Benutzer auf der Chronik der Facebook-Seite veröffentlichen, nicht im Newsfeed der Fans der Seite angezeigt werden.
Beiträge auf der Chronik könnten bei den Seiten der beschwerdeführenden Partei ausgeschaltet werden; Kommentare, die lediglich Reaktion auf ein Posting seien, könnten von der beschwerdeführenden Partei nicht ausgeschaltet werden bzw. stelle Facebook eine solche Funktionalität nicht zur Verfügung. Für die Programmierer von Facebook sei es sicher möglich, eine entsprechende Programmierung vorzunehmen. Ob Facebook oder andere soziale Netzwerke dazu in der Lage sowie heute und auf Dauer bereit seien, könne die beschwerdeführende Partei nicht prognostizieren.
7.4. Schließlich weist die beschwerdeführende Partei darauf hin, dass eine Präsenz in einem sozialen Netzwerk ohne Beitrags- oder Kommentarfunktion "sinnfrei" sei, da sich derartige Präsenzen eben gerade dadurch auszeichnen würden und diese Funktionen einen wesentlichen Bestandteil dessen ausmachen, was von und in einem sozialen Netzwerk erwartet werde. Zudem werde Facebook so genutzt, dass der User den eigenen Newsfeed lese und damit interagiere, denn dort stelle Facebook alle aktuellen Statusmeldungen zusammen, die den User betreffen würden. Der Newsfeed setze sich nach einem komplizierten Algorithmus zusammen, der auch auf das Ausmaß der Interaktion zwischen Nutzern und Fanseiten abstelle, also auch aus den Meldungen auf den Seiten. Würde eine Unternehmensseite mangels Interaktion nicht mehr in diesem persönlichen Newsfeed auftauchen, wäre die Kommunikation unterbrochen und die Teilnahme am sozialen Netzwerk de facto unterbunden. Die Seite selbst werde vom Nutzer in der Regel nur einmal besucht, um anzugeben, dass ihm diese Seite gefalle. Es würde daher eine interaktionslose Nutzung auf Grund der Facebook-Programmlogik auch zur weitgehenden "Unsichtbarkeit" der Facebook-Aktivitäten des ORF führen.
8. Der Verfassungsgerichtshof führte am 5. Dezember 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der die Parteien und Auskunftspersonen insbesondere zur Frage Stellung nahmen, ob der Betreiber einer Unternehmensseite auf Facebook die Beitrags- und die Kommentarmöglichkeit ausschalten könne.
Die vom Verfassungsgerichtshof geladene Auskunftsperson, ein Vertreter der Facebook Germany GmbH, erstattete in der Verhandlung insbesondere Ausführungen zur Möglichkeit, Beiträge, Kommentare zu Beiträgen sowie Antworten auf Kommentare zu deaktivieren, und beschrieb in diesem Zusammenhang drei Kategorien von Kommentaren.
Zunächst könne der Seitenbetreiber auf seiner Chronik Beiträge bzw. Postings (erste Kategorie) erstellen. Auch ein Dritter könne solche Beiträge auf die Unternehmensseite stellen, diese könne der Seitenbetreiber jedoch ausschalten in dem Sinne, dass nur noch er selbst solche Beiträge auf die Seite stellen könne. Die Beiträge seien zu unterscheiden von den Kommentaren, mit denen auf einen Beitrag geantwortet werden könne (zweite Kategorie). Diese Funktion könne der Seitenbetreiber nicht deaktivieren. Als dritte Kategorie gebe es die Kommentare zu Kommentaren, dies könne der Seitenbetreiber wiederum ausschalten und so verhindern, dass sich ein Dialog zwischen den Nutzern zu einem Beitrag entspinne. Kommentare zu Beiträgen könne man vor der Veröffentlichung nicht kontrollieren; allerdings könne man solche Kommentare später verbergen und löschen.
II. Rechtslage
1. Die Bestimmungen der §§4e und 4f des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), BGBl 379/1984 idF BGBl I 169/2013, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"Besonderer Auftrag für ein Online-Angebot
§4e. (1) Der Österreichische Rundfunk hat zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags (§4) auch ein Online-Angebot bereitzustellen, das insbesondere sendungsbegleitende und in direktem Zusammenhang mit seinen Rundfunkprogrammen stehende Inhalte zu umfassen hat. Dieses Online-Angebot hat nach Maßgabe der technischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Tragbarkeit zu beinhalten:
1. Information über den Österreichischen Rundfunk und seine gemäß §3 veranstalteten Programme und bereitgestellten Angebote;
2. eine tagesaktuelle Überblicksberichterstattung (Abs2);
3. die Begleitung der in den Programmen nach §3 Abs1 und 8 ausgestrahlten Sendungen (sendungsbegleitende Inhalte; Abs3) und
4. einen Abrufdienst für die in den Programmen nach §3 Abs1 und 8 ausgestrahlten Sendungen (Abs4).
(2) Die Überblicksberichterstattung (Abs1 Z2) besteht aus Text und Bild und kann einzelne ergänzende Audio-, audiovisuelle und interaktive Elemente sowie Podcasts (Audio und Video) umfassen. Sie bezieht sich auf die wichtigsten tagesaktuellen Geschehnisse aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Chronik, Wetter, Kultur, Wissenschaft, Sport, Volksgruppen und Religion auf internationaler, europäischer, und bundesweiter Ebene. Die einzelnen Elemente der Berichterstattung sind nur für die Dauer ihrer Aktualität, längstens jedoch sieben Tage ab Bereitstellung zum Abruf über die Plattform des Österreichischen Rundfunks bereitzustellen. Die Bereitstellung älterer Elemente der Berichterstattung, die in unmittelbarem Zusammenhang zur aktuellen Berichterstattung stehen, ist für die Dauer der Veröffentlichung der aktuellen Berichte zulässig. Die Berichterstattung darf nicht vertiefend und in ihrer Gesamtaufmachung und -gestaltung nicht mit dem Online-Angebot von Tages- oder Wochenzeitungen oder Monatszeitschriften vergleichbar sein und kein Nachrichtenarchiv umfassen. Gesonderte Überblicksberichterstattung auf Bundesländerebene ist zulässig, jedoch auf bis zu 80 Tagesmeldungen pro Bundesland pro Kalenderwoche zu beschränken. Aktualisierungen von Tagesmeldungen im Tagesverlauf gelten nicht als neue Tagesmeldungen. Lokalberichterstattung ist nur im Rahmen der Bundes- und Länderberichterstattung zulässig und nur soweit lokale Ereignisse von bundesweitem oder im Falle der Länderberichterstattung von landesweitem Interesse sind. Eine umfassende lokale Berichterstattung ist unzulässig.
(3) Sendungsbegleitende Inhalte (Abs1 Z3) sind:
1. Informationen über die Sendung selbst und die daran mitwirkenden Personen sowie damit im Zusammenhang stehender Sendungen, einschließlich Audio- und audiovisueller Angebote und ergänzender interaktiver Elemente sowie Podcasts (Audio und Video), und
2. Informationen zur unterstützenden Erläuterung und Vertiefung der Sendungsinhalte, einschließlich Audio- und audiovisueller Angebote und ergänzender interaktiver Elemente sowie Podcasts (Audio und Video), soweit dabei auf für die jeweilige Hörfunk- oder Fernsehsendung bzw. Sendereihe verfügbare Materialien und Quellen zurückgegriffen wird und dieses Angebot thematisch und inhaltlich die Hörfunk- oder Fernsehsendung unterstützend vertieft und begleitet.
Sendungsbegleitende Inhalte sind jeweils durch Angabe der Bezeichnung und des Ausstrahlungsdatums jener Hörfunk- oder Fernsehsendung zu bezeichnen, welche sie begleiten. Sendungsbegleitende Angebote dürfen kein eigenständiges, von der konkreten Hörfunk oder Fernsehsendung losgelöstes Angebot darstellen und nicht nach Gesamtgestaltung und -inhalt dem Online-Angebot von Zeitungen und Zeitschriften entsprechen; insbesondere darf kein von der Begleitung der konkreten Hörfunk- oder Fernsehsendungen losgelöstes, vertiefendes Angebot in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Chronik, Kultur und Wissenschaft (einschließlich Technologie), Sport, Mode- und Gesellschaftsberichterstattung bereitgestellt werden. Sendungsbegleitende Inhalte gemäß Z2 dürfen nur für einen dem jeweiligen Sendungsformat angemessenen Zeitraum bereitgestellt werden, das sind längstens 30 Tage nach Ausstrahlung der Sendung bzw. bei Sendereihen 30 Tage nach Ausstrahlung des letzten Teils der Sendereihe. Die Bereitstellung von sendungsbegleitenden Inhalten in einem angemessenen Zeitraum vor Ausstrahlung der jeweiligen Sendung ist zulässig, soweit der konkrete Sendungsbezug gewahrt bleibt.
(4) Der Abrufdienst gemäß Abs1 Z4 umfasst nur Sendungen (einschließlich Hörfunk), die vom Österreichischen Rundfunk selbst oder in seinem Auftrag, sei es auch in Zusammenarbeit mit Dritten, hergestellt wurden. Für eine entsprechende Indexierung ist zu sorgen. Die Bereitstellung zum Abruf hat ohne Speichermöglichkeit (ausgenommen Podcasts) und für einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen nach Ausstrahlung, im Fall von Sportbewerben im Sinne von §4b Abs4 bis zu 24 Stunden nach Ausstrahlung zu erfolgen. Archive mit zeit- und kulturgeschichtlichen Inhalten dürfen nach Maßgabe des Angebotskonzeptes (Abs5) auch zeitlich unbefristet zum Abruf bereitgestellt werden. Vorankündigungen von Sendungen im Rahmen des Abrufdiensts sind innerhalb eines angemessenen Zeitraums vor Ausstrahlung in den Programmen nach §3 Abs1 und 8 zulässig.
(5) Das Online-Angebot gemäß Abs1 bis 4 darf erst nach Erstellung eines Angebotskonzeptes (§5a) bereitgestellt werden und ist keiner Auftragsvorprüfung zu unterziehen. Sind durch die kommerzielle Verwertung der Angebote gemäß Abs1 die Voraussetzungen des §6 erfüllt, ist eine Auftragsvorprüfung (§§6 bis 6b) durchzuführen.
Bereitstellung weiterer Online-Angebote
§4f. (1) Der Österreichische Rundfunk hat nach Maßgabe der technischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Tragbarkeit über das Angebot nach §4e hinaus weitere Online-Angebote bereitzustellen, die einen wirksamen Beitrag zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags (§4) leisten. Darunter fallen auch Abrufdienste. Solche Angebote dürfen nur nach Erstellung eines Angebotskonzepts (§5a) erbracht werden; sind die Voraussetzungen des §6 erfüllt, ist eine Auftragsvorprüfung (§§6 bis 6b) durchzuführen.
(2) Folgende Online-Angebote dürfen nicht im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrags bereitgestellt werden:
[1. – 22. …]
23. Foren, Chats und sonstige Angebote zur Veröffentlichung von Inhalten durch Nutzer; zulässig sind jedoch redaktionell begleitete, nicht-ständige Angebote zur Übermittlung oder Veröffentlichung von Inhalten durch Nutzer in inhaltlichem Zusammenhang mit österreichweit gesendeten Fernseh- oder Hörfunkprogrammen. Voraussetzung für die Veröffentlichung von Nutzerinhalten in solchen Angeboten ist die Registrierung des Nutzers unter Angabe von Vorname und Familienname oder Nachname und der Wohnadresse. Die Registrierung ist nur zulässig, wenn der Nutzer ohne Zwang und in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall in die Verwendung seiner Daten ausdrücklich eingewilligt hat. Der Österreichische Rundfunk hat Nutzer bei begründetem Verdacht auf unrichtige Registrierungsangaben zum Nachweis der Richtigkeit der Angaben binnen angemessener Frist bei sonstiger Löschung des Registrierungsprofils aufzufordern und Nutzer mit offenkundig unrichtigen Angaben von vornherein von der Registrierung auszuschließen. Die bei der Registrierung übermittelten Daten dürfen zu keinem über die Registrierung hinausgehenden Zweck verwendet werden. Auf Verlangen des Nutzers sind sämtliche Daten, einschließlich des Registrierungsprofils, zu löschen;
[24. …]
25. soziale Netzwerke;
[26. – 28. …]"
2. In den Gesetzesmaterialien wird zur Bestimmung des §4f Abs2 Z23 ORF-G Folgendes ausgeführt (AA-126 24. GP, 4):
"Für Online-Medien verlegerischer Herkunft, und hier insbesondere für die 'Online-Ausgaben' in Österreich verbreiteter Tageszeitungen, spielen Posting-Foren eine maßgebliche Rolle für die Finanzierung des Online-Angebotes, da der auf den von ihnen bereitgestellten Seiten generierte Traffic – und somit die kommerzielle Nutzbarkeit durch Verkauf von Werbegelegenheiten – durch das Angebot von Posting-Foren nachhaltig beeinflusst wird. Vom Verbot der Z23 ausgenommen sind vor allem Angebote, welche als 'Rückkanal' zu Fernseh- oder Hörfunksendungen dienen. Die Nutzerregistrierung beruht auf der ausdrücklichen und freiwilligen Zustimmung des Betroffenen. Eine ausdrückliche Zustimmung ist deshalb vorgesehen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass Inhalte mit sensiblen Daten veröffentlicht werden. Die Anordnung, dass der Nutzer in Kenntnis der Sachlage zu sein hat, richtet sich nach den Vorgaben des §4 Z14 DSG 2000; insbesondere ist auf die möglichen Folgen der Datenverwendung hinzuweisen. Es steht jedem Nutzer frei, vom ORF zu jedem Zeitpunkt die Löschung des Accounts sowie sämtlicher damit verknüpfter Daten zu verlangen. Weiters ist ein Verbot der Verwendung von Daten für andere Zwecke vorgesehen."
III. Erwägungen
1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
2. Nach Art10 Abs1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfasst. Art10 Abs2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind.
Ein verfassungsrechtlich zulässiger Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung muss sohin, wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausgesprochen hat (s. zB EGMR 26.4.1979, Fall Sunday Times, EuGRZ1979, 390; 25.3.1985, Fall Barthold, EuGRZ1985, 173), gesetzlich vorgesehen sein, einen oder mehrere der in Art10 Abs2 EMRK genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und zur Erreichung dieses Zweckes oder dieser Zwecke "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sein (vgl. VfSlg 12.886/1991, 14.218/1995, 14.899/1997, 16.267/2001 und 16.555/2002).
3. Ein Eingriff in das durch Art10 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte – unter Gesetzesvorbehalt stehende – Recht ist dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art10 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides u.a. einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Rechtsgrundlage fälschlicherweise einen verfassungswidrigen, durch Art10 Abs2 EMRK nicht gedeckten Inhalt unterstellt hat.
Der angefochtene Bescheid greift in die durch Art10 EMRK geschützte Rechtssphäre des ORF und in dessen Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit ein.
4. Der Bundeskommunikationssenat geht in der Begründung davon aus, dass der ORF auf jenen 39 Seiten, die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides und am Beginn der Begründung des angefochtenen Bescheides genannt werden, ein Online-Forum iSd §4f Abs2 Z23 ORF-G veranstaltet. Der Bundeskommunikationssenat zieht hiefür die Definition eines Forums iSd §4f Abs2 Z23 ORF-G als einen virtuellen Platz zum Austausch und zur Archivierung von Gedanken, Meinungen und Erfahrungen heran und stützt sich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zur Seite debatte.orf.at, der seinerseits diese Definition seiner Beurteilung des Vorliegens eines Internetforums zugrunde legt (VwGH 24.7.2012, 2011/03/0232).
Mit dieser Auslegung unterstellt der Bundeskommunikationssenat der Bestimmung des §4f Abs2 Z23 ORF-G einen Inhalt, der, hätte sie ihn tatsächlich, diese verfassungswidrig erscheinen ließe:
4.1. Dem Bundeskommunikationssenat ist im Lichte der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung einzuräumen, dass jedenfalls die Facebook-Seiten Nr 1 bis 6 und 8 bis 39 und die in der Chronik dieser Facebook-Seiten allenfalls mögliche Veröffentlichung von "Beiträgen" im Zusammenhang mit der Möglichkeit, diese zu kommentieren bzw. bereits vorhandene "Kommentare" zu Beiträgen wiederum zu kommentieren, als (virtueller) Platz zum Austausch von Gedanken angesehen werden können, wodurch es gerechtfertigt sein könnte, das Handeln des ORF im Zusammenhang mit diesen Seiten – betrachtet man die Bestimmung isoliert – unter den Begriff der "Foren, Chats und sonstige Angebote zur Veröffentlichung von Inhalten durch Nutzer" zu subsumieren, weil es wie andere Foren die Möglichkeit u.a. zum Austausch von Gedanken, Meinungen und Erfahrungen eröffnet (vgl. VwGH 24.7.2012, 2011/03/0232). Auch ist dem Bundeskommunikationssenat nicht entgegenzutreten, wenn er die Anwendbarkeit der Ausnahme am Ende des ersten Satzes des §4f Abs2 Z23 ORF-G verneint.
4.2. Die Annahme hingegen, dass das Verbot des §4f Abs2 Z23 ORF-G schlechthin auch Foren auf anderen Plattformen als auf eigenen Online-Plattformen des ORF erfasse, weil weder Wortlaut noch Zielsetzung der Bestimmung Anhaltspunkte für eine differenzierende Behandlung böten, verstößt gegen Art10 EMRK. Die vom Bundeskommunikationssenat angestellten Überlegungen verfassungskonformer Auslegung beruhen nämlich implizit auf der Annahme, dass in der Auslegung Zweifel bestünden, die mit diesen beseitigt würden. Diese Annahme trifft nicht zu.
4.3. Solche Zweifel bestehen nämlich nicht, wenn bei der Auslegung des §4f Abs2 Z23 ORF-G der systematische Zusammenhang mit §4f Abs2 Z25 ORF-G berücksichtigt wird. Nach der nach Aufhebung der Wortfolge "sowie Verlinkungen zu und sonstige Kooperationen mit diesen, ausgenommen im Zusammenhang mit der eigenen tagesaktuellen Online-Überblicksberichterstattung" in §4f Abs2 Z25 ORF-G mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2013, G34/2013, bereinigten Rechtslage ist dem ORF die Bereitstellung von sozialen Netzwerken untersagt. Mit dem Wegfall dieser Wortfolge steht §4f Abs2 Z25 ORF-G ausweislich der Begründung des Erkenntnisses (s. Punkt III.2.4.2.) weiterhin der Bereitstellung eines eigenen Netzwerkes entgegen, untersagt aber nicht schlechthin Verlinkungen zu sozialen Netzwerken und sonstige Kooperationen mit diesen. Daraus folgt, dass §4f Abs2 Z25 ORF-G – gleichsam als lex specialis zu §4f Abs2 Z23 ORF-G – die Beteiligung des ORF an sozialen Netzwerken, sei es durch die Bereitstellung einer Unternehmensseite (durch den ORF selbst oder durch die Ausübung von Administratorrechten auf von Dritten erstellten Seiten), sei es durch die Präsenz einzelner Beiträge auf privaten Facebookprofilen, sei es auf einer sogenannten generierten Facebook-Seite – zulässt. In diesem Zusammenhang ist der ORF daher schon auf der Grundlage der Auslegung des einfachen Gesetzes nicht gehalten, Foren auf Seiten sozialer Netzwerke fernzubleiben.
Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, derartige Kommunikationsmöglichkeiten in sozialen Netzwerken durch zwei verschiedene Bestimmungen des §4f ORF-G erfassen zu wollen. Auch die Aufhebung einer Wortfolge in §4f Abs2 Z25 ORF-G, durch die der Betrieb von Facebook-Seiten im beschriebenen Sinn zulässig wurde, führt nicht dazu, dass dieser nunmehr durch eine andere Bestimmung erfasst ist.
4.4. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kommt es nicht darauf an, ob auf den Facebook-Seiten der beschwerdeführenden Partei die Funktion, Beiträge zu verfassen, ferner die Funktion, Kommentare zu Beiträgen abzugeben, und schließlich die Funktion, auf derartige Kommentare zu antworten, deaktiviert werden kann. Wenn man entgegen dem unter 4.3. erzielten Auslegungsergebnis davon ausginge, dass §4f Abs2 Z23 ORF-G ein hier einschlägiges Verbot aufstellen würde und der ORF nach Auffassung der Behörde eine Deaktivierung der Beitrags- und Kommentarfunktion vornehmen müsste, läge ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit vor, weil ein gesetzlicher Zwang zur Deaktivierung der Funktionen zwar formal die Möglichkeit der Präsenz des ORF auf Facebook beließe, aber die Nutzung des sozialen Netzwerkes im Ergebnis ihres Zweckes der wechselseitigen Kommunikation zwischen Rundfunkveranstalter und Hörerinnen und Hörern bzw. Seherinnen und Sehern berauben würde; §4f Abs2 Z23 ORF-G wäre bei einem solchen Verständnis verfassungswidrig.
5. Der Bundeskommunikationssenat hat daher der Bestimmung des §4f Abs2 Z23 ORF-G einen dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit widersprechenden Inhalt unterstellt.
IV. Ergebnis
1. Die beschwerdeführende Partei ist somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit verletzt worden.
2. Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten.
Schlagworte
Rundfunk, Meinungsäußerungsfreiheit, Rundfunkfreiheit, Auslegung eines Gesetzes, Auslegung verfassungskonformeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:B1035.2013Zuletzt aktualisiert am
29.07.2015