TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/13 98/18/0357

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Veröffentlicht am 13.10.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §80 Abs1;
FrG 1997 §1 Abs2;
FrG 1997 §104 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des HA, (geboren am 15. Juli 1968), in Linz, vertreten durch Dr. Rudolf Hein, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Schillerstraße 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 1. Juli 1998, Zl. St 120/98, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 1. Juli 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 5 i.V.m. den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass den von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (der erstinstanzlichen Behörde) getroffenen Feststellungen zufolge der Beschwerdeführer am 14. August 1989 sichtvermerksfrei zur Arbeitsaufnahme nach Österreich eingereist sei. Auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung für ein namentlich bezeichnetes Unternehmen in Braunau am Inn sei ihm von der erstinstanzlichen Behörde erstmals am 3. November 1989 ein bis 5. Dezember 1989 gültiger Sichtvermerk erteilt worden, der laufend, zuletzt am 22. April 1996 mit einer Gültigkeitsdauer bis 22. Juni 1998 in Form einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, verlängert worden sei. Während seines Aufenthalts im Bezirk Braunau am Inn sei über ihn von der erstinstanzlichen Behörde am 22. Februar 1996 wegen Übertretung des § 52 lit. a Z. 10a StVO ("Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)") eine Geldstrafe von S 700,-- rechtskräftig verhängt worden. Mittlerweile sei bekannt geworden, dass er mit Urteil des Landgerichtes Landshut vom 9. Oktober 1997 wegen bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen und Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen sowie Beihilfe zur illegalen Einreise mit Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. In diesem Urteil sei ausgeführt, dass er in Gemeinschaft mit mehreren Personen einen regelrechten Schlepperring gebildet und im Zeitraum von Mai 1995 bis zu seiner Verhaftung am 19. Jänner 1997 regelmäßig Schleusungen organisiert hätte. Nachdem die erste Schleusung erfolgreich gewesen wäre, hätte er mit S.I. beschlossen, mit diesem weitere Schleusungen durchzuführen, wobei die Organisation auf österreichischer Seite vom Beschwerdeführer ausgehen sollte. Im Verfahren vor dem Landgericht Landshut hätten dem Beschwerdeführer folgende Schleusungen konkret nachgewiesen werden können:

1. Im Mai 1995 habe er seinen Cousin D.A. mit Hilfe des "A.I."

(laut dem diesbezüglichen, in den vorgelegten Verwaltungsakten befindlichen Strafurteil richtig: S.I.) unter Umgehung der Grenzkontrolle auf der Unterkonstruktion einer Eisenbahnbrücke von Österreich nach Deutschland geschleust;

2. an einem nicht mehr näher feststellbaren Tag im Juni 1995 habe er, wiederum in Gemeinschaft mit S.I., insgesamt vier Kosovo-Albaner von Österreich nach Deutschland geschleust;

3. Im September 1995 habe er, zwar nur im Hintergrund, an der Schleusung eines Kosovo-Albaners mitgewirkt;

4. an einem nicht mehr näher feststellbaren Tag Ende August 1995 habe er, wiederum mit S.I., zwei Kosovo-Albaner von Österreich nach Deutschland geschleust;

5. Ende September 1995 sei er an einer weiteren Schleusung beteiligt gewesen, bei der sechs Personen, nämlich zwei Erwachsene und vier Kinder, illegal von Österreich nach Deutschland verbracht worden seien.

Den weiteren von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Feststellungen zufolge sei der Beschwerdeführer ledig, verfüge im Bundesgebiet über keine intensiveren familiären Bindungen und sei bis zu seiner Verurteilung bei einem namentlich genannten Unternehmen als Hilfsmaler beschäftigt gewesen.

Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme ausgeführt, er wäre kein Serbe und stammte aus dem Gebiet des Kosovo. Im Fall seiner Rückkehr nach Jugoslawien müsste er mit "Schutzhaft und Repressalien" seitens jugoslawischer Behörden rechnen. Er hätte seinem Vertreter auch mitgeteilt, dass er auf normalem Weg Österreich verlassen wollte, und würde keinen Antrag mehr auf Verlängerung der Niederlassungsbewilligung stellen. Es sollte jedoch von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.

In seiner Berufungsschrift vom 10. Juni 1998 habe der Beschwerdeführer auf die Situation im Kosovo verwiesen und überdies ausgeführt, dass die erstinstanzliche Behörde seinen langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich nicht gewürdigt hätte. Er hielte sich seit 1989 hier auf und hätte, abgesehen von einem Verkehrsdelikt im Jahr 1996, keine Verfehlungen gegen die österreichische Rechtsordnung gesetzt. Die Verurteilung durch das Landgericht Landshut hätte sich auf Sachverhalte gestützt, die im Jahr 1995 verwirklicht worden wären. Allfällige weitere Schlepperhandlungen nach dem Jahr 1995 hätten ihm nicht nachgewiesen werden können. Er verfügte sehr wohl über intensivere Bindungen im Bundesgebiet. So hielten sich hier seine Verlobte, mit der er seit 1992 liiert wäre und zu der er in absehbarer Zeit ziehen wollte, und seine Schwester auf. Seine Verurteilung bzw. Inhaftierung hätte auf ihn läuternd gewirkt. Auf Grund seiner Berufstätigkeit wäre er zu keinem Zeitpunkt auf die Einkünfte aus seiner Schleppertätigkeit angewiesen gewesen, und es würde daher auch nicht die Gefahr bestehen, dass er aus diesem Grund in Zukunft weiter als Schleuser bzw. Schlepper tätig sein würde. Außerdem wäre er im Besitz eines Befreiungsscheines.

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei, weil die Schleppertätigkeit des Beschwerdeführers auch in Österreich eine gerichtlich strafbare Handlung (gewerbsmäßige Schlepperei) darstelle. Ebenso bestünden an der Verwirklichung des Tatbestandes nach § 36 Abs. 2 Z. 5 leg. cit. keine Zweifel, zumal der Beschwerdeführer bestätigt habe, dass er um seines Vermögens willen Schlepperei begangen hätte (in seiner Berufungsschrift, Seite 3/2. Absatz, habe er dezidiert ausgeführt, dass er aus seiner Schleppertätigkeit Einkünfte erzielt hätte).

Durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes werde in nicht unbeachtlicher Weise in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Auch sei ihm in Anbetracht der Tatsache, dass er sich bereits seit ca. neun Jahren in Österreich aufgehalten habe, eine der Dauer dieses Aufenthaltes entsprechende Integration zuzubilligen, dies umso mehr, als er während dieser Zeit doch großteils einer beruflichen Tätigkeit, wenn auch nicht immer beim selben Arbeitgeber, nachgegangen sei. Überdies hielten sich im Bundesgebiet seine Schwester und seine Verlobte, mit der er in absehbarer Zeit zusammenziehen wolle, auf, verfüge er über einen Befreiungsschein und könnte er auch in Zukunft im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, dass er im Jahr 1995 über mehrere Monate hindurch gewerbsmäßige Schlepperei begangen habe. Das Vergehen der Schlepperei gehöre zu den schwer wiegendsten Verwaltungsübertretungen bzw. gerichtlich strafbaren Handlungen, zumal diese Art der "organisierten" Kriminalität bereits Formen angenommen habe, die ein rigoroses Vorgehen ganz gleich in welcher Art dringend erforderlich mache. Auch habe die mit der Schlepperei einhergehende "Begleitkriminalität" bereits enorme Formen angenommen, weshalb es schon aus sicherheitspolitischer Sicht unerlässlich sei, entsprechend gegenzusteuern. Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass er sich nach 1995 keine strafbaren Handlungen gleicher Art hätte zu Schulden kommen lassen, sei entgegenzuhalten, dass er sich während dieses Zeitraumes überwiegend in Haft befunden habe, also derartige Übertretungen logischerweise nicht habe begehen können. Zu beachten sei auch die Höhe der über ihn verhängten Freiheitsstrafe, woraus zu ersehen sei, dass das Gericht (vermutlich auf Grund der Vielzahl an Schleusungen) den Unwert der strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers relativ hoch eingeschätzt habe. Da im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative "Zukunftsprognose" die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, sei das Aufenthaltsverbot auch im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG zulässig. Daran vermöge der Hinweis auf die allgemeine Lage im Kosovo nichts zu ändern, zumal in diesem Verfahren nicht darüber abgesprochen werde, in welches Land er auszureisen habe bzw. allenfalls abgeschoben werden könnte.

Die Dauer des von der erstinstanzlichen Behörde verhängten Aufenthaltsverbotes könne nicht als rechtswidrig erkannt werden, zumal auf Grund der Vielzahl der Schleppungen nicht abgesehen werden könne, wann die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, wegfallen würden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich wahrscheinlich nie gerichtlich verurteilt worden wäre, weil der Tatbestand des § 104a StGB (ausbeuterische Schlepperei) voraussetze, dass der Betreffende eine andere Person angestiftet und ein entsprechendes Entgelt bekommen habe. Von einer ständigen Einnahmequelle des Beschwerdeführers könne überhaupt keine Rede sein. Er habe im Wesentlichen Leuten geholfen, wie es sonst irgendwelche Hilfsorganisationen täten, wobei nicht einmal seine Spesen annähernd gedeckt gewesen seien. Auch dürfe eine ausländische Verurteilung nur dann herangezogen werden, wenn sie einer inländischen gleichgesetzt werden könne.

2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

2.1. § 36 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 5 und Abs. 3 FrG lautet:

"Aufenthaltsverbot

§ 36 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.

die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.

anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

1. von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

...

5. um seines Vorteils willen Schlepperei begangen oder an ihr mitgewirkt hat;

...

(3) Eine gemäß Abs. 2 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. Eine solche Verurteilung liegt jedoch vor, wenn sie durch ein ausländisches Gericht erfolgte und den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

..."

Gemäß § 73 StGB stehen, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich auf die Verurteilung durch ein inländisches Gericht abstellt, ausländische Verurteilungen inländischen gleich, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und in einem den Grundsätzen des Art. 6 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entsprechenden Verfahren ergangen sind. Gemäß § 1 StGB darf eine Strafe oder eine vorbeugende Maßnahme nur wegen einer Tat verhängt werden, die unter eine ausdrückliche gesetzliche Strafdrohung fällt und schon zur Zeit ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (Abs. 1), wobei eine schwerere als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe nicht verhängt werden darf (Abs. 2 erster Satz).

2.2. Den insoweit unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid zufolge wurde der Beschwerdeführer (in der BRD) vom Landgericht Landshut am 17. Dezember 1997 wegen der in I.1. näher beschriebenen Taten ("Schleusungen"), die in der Zeit vom Juli 1995 bis September 1995 gesetzt wurden, zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten rechtskräftig verurteilt. Handlungen, die - wie im Beschwerdefall die festgestellten "Schleusungen" - auf die Förderung der rechtswidrigen Einreise eines Fremden in das Bundesgebiet abzielen, waren im Zeitpunkt der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Straftaten nach österreichischem Recht durch die §§ 80 und 81 des Fremdengesetzes aus 1992 mit Strafe bedroht. Diese Bestimmungen lauteten:

"Schlepperei

§ 80 (1) Schlepperei ist die Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines Fremden, gleichgültig, ob sie vor oder nach dem Grenzübertritt oder während des Aufenthaltes des Fremden im Bundesgebiet gewährt wird.

(2) Wer vorsätzlich Schlepperei begeht oder vorsätzlich an ihr mitwirkt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist

1.

mit Geldstrafe bis zu 50 000 Schilling zu bestrafen;

2.

sofern er die Tat um seines Vorteiles willen begeht, mit Geldstrafe bis zu 200 000 Schilling zu bestrafen.

..."

"Gerichtlich strafbare Schlepperei

§ 81 (1) Wer um seines Vorteiles willen Schlepperei begeht

oder an ihr mitwirkt und

              1.              damit die gemeinsame rechtswidrige Ein- oder Ausreise von mehr als fünf Fremden fördert oder

              2.              innerhalb der letzten fünf Jahre schon einmal wegen einer solchen Tat von einem Gericht verurteilt oder von einer Verwaltungsbehörde bestraft worden ist oder

              3.              innerhalb der letzten fünf Jahre schon einmal wegen einer solchen Tat von einem ausländischen Gericht in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten entsprechenden Verfahren verurteilt worden ist,

ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Wer gewerbsmäßig (§ 70 StGB) Schlepperei begeht oder an ihr mitwirkt, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

..."

Die von der Beschwerde ins Treffen geführte strafrechtliche Bestimmung des § 104a StGB hatte folgenden Wortlaut:

"Ausbeuterische Schlepperei

§ 104a (1) Wer eine Person durch Täuschung über die Möglichkeiten, sich als Fremder in einem Staat niederzulassen oder dort einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachzugehen, zur rechtswidrigen Einreise in einen Staat sowie dazu verleitet, für deren Förderung ein Entgelt zu entrichten oder sich zur Entrichtung eines Entgelts zu verpflichten, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer einer Person zum Zweck ihrer Ausbeutung in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, die rechtswidrige Einreise in einen Staat verschafft.

(3) Wer die Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande oder einer kriminellen Organisation begeht oder durch die Tat viele Menschen schädigt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Ebenso ist der Täter zu bestrafen, wenn die Tat den Tod eines Menschen zur Folge hat."

2.3. Entgegen der Beschwerdeansicht wurde von der belangten Behörde das der besagten Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde liegende Fehlverhalten nicht dem Tatbestand der ausbeuterischen Schlepperei (§ 104a StGB) unterstellt. Auch kann den Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden, dass der Beschwerdeführer die Personen, an deren rechtswidriger Einreise in die BRD er mitwirkte, in dem in § 104a Abs. 1 StGB angeführten Sinn getäuscht und verleitet habe oder ihnen zum Zwecke ihrer Ausbeutung die rechtswidrige Einreise in die BRD verschafft habe. Im Übrigen wurde der Straftatbestand des § 104a StGB erst durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 762, geschaffen und mit 1. März 1997 in Kraft gesetzt, sodass diese Bestimmung auf das im Jahr 1995 gesetzte Fehlverhalten des Beschwerdeführers keine Anwendung hätte finden können (vgl. § 1 StGB). Vielmehr hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, dass die inkriminierten Tathandlungen des Beschwerdeführers den Tatbestand der (gewerbsmäßigen) gerichtlich strafbaren Schlepperei verwirklicht hätten und diese Schleppertätigkeit daher auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar sei, sodass seine Verurteilung durch das Landgericht Landshut die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 1 (i.V.m. Abs. 3) FrG erfülle. Dazu ist Folgendes zu erwägen:

Dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer vor seiner Verurteilung durch das Landgericht Landshut innerhalb der letzten fünf Jahre wegen der Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines oder mehrerer Fremden von einem inländischen oder ausländischen Gericht verurteilt oder von einer inländischen Verwaltungsbehörde bestraft wurde. Von daher kann eine gerichtliche Strafbarkeit der im besagten Urteil festgestellten Handlungen des Beschwerdeführers nach österreichischem Recht lediglich hinsichtlich der Schleusung von sechs Personen Ende September 1995 in Betracht gezogen werden, weil in den übrigen Fällen nicht die gemeinsame rechtswidrige Ein- oder Ausreise von mehr als fünf Fremden gefördert wurde. Diese Schleusung von sechs Personen wäre nach § 81 des Fremdengesetzes aus 1992 überdies nur dann gerichtlich strafbar, wenn der Beschwerdeführer bei dieser Handlung um seines Vorteils willen tätig geworden sein sollte. Ob dies der Fall gewesen ist, kann jedoch auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

Die belangte Behörde begründete zwar ihre - von der Beschwerde bekämpfte - Auffassung, dass der Beschwerdeführer um seines "Vermögens" willen Schlepperei begangen habe, damit, dass er in seiner Berufungsschrift (dort auf Seite 3/2. Absatz) dezidiert ausgeführt habe, aus seiner Schleppertätigkeit Einkünfte erzielt zu haben. Diese Begründung hält jedoch einer Überprüfung nicht stand, weist doch das besagte Berufungsvorbringen ("Aufgrund meiner Berufstätigkeit war ich zu keinem Zeitpunkt auf die Einkünfte aus der Schleppertätigkeit angewiesen und besteht daher auch nicht die Gefahr, dass ich aus diesem Grunde in Zukunft weiter als Schleuser bzw. Schlepper tätig sein werde, zumal ich nach wie vor im Besitz eines Befreiungsscheines bin.") nicht die notwendige Eindeutigkeit und Klarheit auf, um ein Geständnis des Beschwerdeführers im Sinn der vorzitierten Bescheidbegründung ableiten zu können (vgl. § 45 Abs. 2 AVG), sodass diese Begründung allein - ohne Vorliegen sonstiger Ermittlungsergebnisse - die obgenannte Auffassung der belangten Behörde nicht zu tragen vermag. Abgesehen davon ergeben sich auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Beschwerdeführer an der Schleusung von sechs Personen Ende September 1995 um seines Vorteiles willen mitgewirkt habe, zumal laut besagtem Urteil (vgl. die in den Verwaltungsakten erliegende Urteilsausfertigung, Seite 8) nicht festgestellt werden konnte, ob der Beschwerdeführer für diese Schleusung Geld erhalten hatte. Sollte der Beschwerdeführer daran nicht in der Absicht mitgewirkt haben, einen Vorteil zu erlangen, wäre das ihm angelastete Fehlverhalten in seiner Gesamtheit nach österreichischem Recht gerichtlich nicht strafbar und wären demzufolge die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 1, Abs. 3 FrG nicht erfüllt.

2.4. Darüber hinaus reichen die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen der belangten Behörde auch nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 5 FrG verwirklicht habe. Wie bereits dargelegt wurde, ist Schlepperei in § 80 Abs. 1 des Fremdengesetzes aus 1992 - diese Bestimmung wurde in das mit 1. Jänner 1998 in Kraft getretene FrG als § 104 Abs. 1 unverändert übernommen - als die Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines Fremden, gleichgültig ob sie vor oder nach dem Grenzübertritt oder während des Aufenthaltes des Fremden im Bundesgebiet gewährt wird, definiert. Nach § 1 Abs. 2 FrG ist Einreise das Betreten, Ausreise das Verlassen des Bundesgebietes. Daraus folgt, dass der Vorwurf, jemand habe ausschließlich ausländische Einreisebestimmungen missachtet, den Tatbestand nach § 36 Abs. 2 Z. 5 FrG nicht erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2000, Zl. 97/21/0748).

Dass der Beschwerdeführer im Rahmen der im angefochtenen Bescheid festgestellten Schlepperhandlungen neben der rechtswidrigen Einreise von Fremden in die BRD auch deren rechtswidrige Ausreise aus Österreich gefördert hat, ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid lediglich in Bezug auf die im Mai 1995 erfolgte Schleusung seines Cousins, der - von der Beschwerde unbestritten - unter Umgehung der Grenzkontrolle auf der Unterkonstruktion einer Eisenbahnbrücke von Österreich nach Deutschland gelangte, nicht jedoch auch in Bezug auf die übrigen Schlepperhandlungen, sodass sich insoweit der festgestellte Sachverhalt als ergänzungsbedürftig erweist. Darüber hinaus hält die im angefochtenen Bescheid getroffene Annahme, dass der Beschwerdeführer um seines "Vermögens" (Vorteiles) willen Schlepperei begangen habe, auch in Bezug auf die im Mai 1995 erfolgte Schlepperei aus den oben (II. 2.3.) bereits dargelegten Erwägungen einer Überprüfung nicht stand, zumal dem besagten Urteil des Landgerichtes Landshut zufolge (vgl. die in den Verwaltungsakten erliegende Urteilsausfertigung, Seite 6) der Beschwerdeführer für die Schleusung seines Cousins kein Geld erhielt.

3. Die belangte Behörde belastete ihren Bescheid sohin mit einem wesentlichen Feststellungs- und Begründungsmangel, weshalb jener wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. Oktober 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998180357.X00

Im RIS seit

05.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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