TE Vwgh Erkenntnis 2014/2/26 2012/13/0051

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Veröffentlicht am 26.02.2014
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1332;
BAO §308 Abs1;
BAO §83;
ZustG §9 Abs4;
ZustG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und den Hofrat Dr. Nowakowski sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der M, Wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts in W, vertreten durch Dr. Peter Vögel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 13. März 2012, Zlen. RV/2310-W/11, RV/2309- W/11, betreffend Zurückweisung einer Berufung (betreffend Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen für die Jahre 2004 bis 2008 samt Säumniszuschlägen) und Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Infolge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) kam es auf Grund der Umqualifizierung von Vertragsverhältnissen zur Nachforderung von Dienstgeberbeiträgen. Mit Bescheiden vom 19. Oktober 2010 setzte das Finanzamt für die Jahre 2004 bis 2008 die Dienstgeberbeiträge samt Säumniszuschlägen fest. Diese Bescheide wurden seitens des Finanzamts der im Abgabeninformationssystem ausgewiesenen Zustellungsbevollmächtigten der Beschwerdeführerin, einer Steuerberatungskanzlei, am 22. Oktober 2010 zugestellt. In der Bescheidbegründung wurde auf die Ausführungen im Prüfbericht verwiesen, der dieser Steuerberatungskanzlei einen Tag zuvor zugegangen war.

Mit Telefax vom 19. November 2010 stellte nunmehr der Beschwerdevertreter (ein Rechtsanwalt) - unter Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht - den Antrag auf Mitteilung der Bescheidbegründung gemäß § 245 Abs. 2 BAO. Die Bescheidbegründung wurde nicht dem Beschwerdevertreter, sondern der Steuerberatungskanzlei am 26. November 2010 zugestellt.

Am 1. Dezember 2010 erlangte der Beschwerdevertreter Kenntnis von diesem Zustellvorgang an die Steuerberatungskanzlei. Noch am selben Tag brachte er für die Beschwerdeführerin die Berufung gegen die Bescheide über die Festsetzung der Dienstgeberbeiträge und der Säumniszuschläge für die Jahre 2004 bis 2008 ein. Darin brachte er u.a. vor, dass die Zustellung der Bescheidbegründung an die Steuerberatungskanzlei unwirksam gewesen und die Berufungsfrist weiterhin gehemmt sei, weil er der Behörde seine wirksame Bevollmächtigung bekannt gegeben habe.

Am 3. Dezember 2010 stellte die Beschwerdeführerin durch den Beschwerdevertreter weiters einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Berufungsfrist. Begründend führte sie aus, dass der Beschwerdevertreter sie im Verfahren der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben vertrete, habe dieser im Verfahren doch eine ausführliche Stellungnahme abgegeben und an der Schlussbesprechung teilgenommen. Weiters sei der Antrag auf Mitteilung der Bescheidbegründung gemäß § 245 Abs. 2 BAO durch ihn gestellt worden. Selbst wenn die ursprüngliche Zustellung der Bescheide an die Steuerberatungskanzlei wirksam gewesen sei, hätte das Finanzamt erkennen müssen, dass die Beschwerdeführerin im weiteren Verfahren nur durch den Beschwerdevertreter habe vertreten werden wollen. Auch sei dem Finanzamt der Fristenlauf für die Berufung bekannt gewesen und habe diesem auch klar sein müssen, dass nach Zustellung der Bescheidbegründung nur mehr vier Tage zur Einbringung der Berufung zur Verfügung stünden. Das Finanzamt habe daher gewusst, dass es diese kurze Frist durch Zustellung der Bescheidbegründung an die steuerliche Vertreterin unnötig verkürzen würde und sei die Zustellung so "gelegt" worden, dass sie an einem Freitag bei der Steuerberatungskanzlei eingelangt sei. Mit einer derart überraschenden Vorgangsweise habe weder die Beschwerdeführerin noch ihr anwaltlicher Vertreter rechnen müssen.

Auch die steuerliche Vertreterin treffe kein Verschulden, habe sie aufgrund der Beauftragung des Rechtsanwalts im Rechtsmittelverfahren doch keinen Anlass gehabt, die Rechtsmittelfrist in Evidenz zu halten und habe sie am 29. November 2010 die Bescheidbegründung an die Beschwerdeführerin weitergeleitet, die diese am 30. November 2010 erhalten habe. Auch für diese habe kein Anlass bestanden, umgehend zu reagieren, da der Beschwerdevertreter ihr bei Übernahme des Mandats mitgeteilt habe, dass er sich "um alles weitere" kümmern werde und für sie nichts zu veranlassen sei. Der Beschwerdevertreter habe nur zufällig am 1. Dezember 2010 aufgrund einer telefonischen Nachfrage beim Finanzamt Kenntnis vom Zustellvorgang an die Steuerberatungskanzlei erlangt.

Mit Bescheiden vom 7. Jänner 2001 wies das Finanzamt sowohl die Berufung als verspätet zurück als auch den Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet ab.

In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid brachte die Beschwerdeführerin vor, dass bisher ausschließlich der Beschwerdevertreter im Verfahren betreffend die Vorschreibung von Dienstgeberbeiträgen und Säumniszuschlägen für die Jahre 2004 bis 2008 eingeschritten sei und sich stets - so auch im Antrag auf Mitteilung der Bescheidbegründung - auf die ihm erteilte Vollmacht nach § 8 RAO berufen habe. Damit habe er der Behörde auch die ihm erteilte Zustellungsvollmacht angezeigt. Da die erkennende Behörde die Zustellung nicht an den ausgewiesenen Zustellungsbevollmächtigten für dieses Verfahren verfügt habe, sei die Berufungsfrist am 1. Dezember 2010 noch gehemmt gewesen, sodass die erhobene Berufung rechtzeitig erfolgt sei. Die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten für ein bestimmtes eingeleitetes Verfahren gehe einer allgemeinen Zustellungsbevollmächtigung vor, insbesondere weil der steuerliche Vertreter im konkreten Verfahren nie in Erscheinung getreten sei.

In der Berufung gegen die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führte die Beschwerdeführerin ergänzend zu ihrem bereits erstatteten Vorbringen u.a. aus, weder sie noch ihr anwaltlicher Vertreter hätten damit rechnen müssen, dass die Bescheidbegründung nicht dem anfragenden und zustellungsbevollmächtigten Beschwerdevertreter, sondern der allgemeinen steuerlichen Vertreterin, die in diesem Verfahren gar nicht in Erscheinung getreten sei, zugestellt werden würde. Die Zustellung der fristauslösenden Bescheidbegründung an eine andere als die als Zustellungsbevollmächtigte in diesem Verfahren ausgewiesene Person sei ein unvorhergesehenes und unvorhersehbares Ereignis, an dem die Beschwerdeführerin und ihre Vertreter kein Verschulden treffe.

Die belangte Behörde wies die beiden Berufungen mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab.

Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs führte die belangte Behörde hinsichtlich des Zurückweisungsbescheides aus, dass die Zustellung an die Steuerberatungskanzlei wirksam erfolgt sei. Habe eine Partei mehrere Zustellungsbevollmächtigte, gelte gemäß § 9 Abs. 4 ZustG die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen werde. Die Steuerberatungskanzlei habe während des gesamten Zeitraums eine allgemeine Zustellungsvollmacht für die Beschwerdeführerin inne gehabt. Somit seien der Prüfbericht, die Bescheide vom 19. Oktober 2010 und die Bescheidbegründung der Steuerberatungskanzlei rechtsgültig zugestellt worden. Das Finanzamt sei nicht verpflichtet gewesen, dem Beschwerdevertreter die Bescheidbegründung zuzustellen, auch wenn aufgrund seiner Berufung auf die Bevollmächtigung davon auszugehen gewesen sei, dass auch er Zustellungsbevollmächtigter gewesen sei. Die vierwöchige Berufungsfrist habe dementsprechend mit der Zustellung der Bescheide an die Steuerberatungskanzlei am 22. Oktober 2010 zu laufen begonnen und habe durch die fristhemmende Wirkung des Antrags auf Bescheidbegründung vom 19. Oktober 2010 am 30. November 2010 geendet. Die am 1. Dezember 2010 eingebrachte Berufung sei daher verspätet gewesen und die Zurückweisung zu Recht erfolgt.

Zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags in den vorigen Stand vertrat die belangte Behörde im Wesentlichen die Auffassung, dass die Beschwerdeführerin nicht durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen sei. Vielmehr würden die Gründe für die Fristversäumnis in der unterlassenen organisatorischen Vorbereitung auf die gesetzliche Regelung des Zustellgesetzes liegen, wonach bei mehreren Zustellungsbevollmächtigten die Zustellung als bewirkt gelte, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen werde. Der Beschwerdevertreter habe somit keinesfalls darauf vertrauen können, dass Zustellungen nur an ihn erfolgen würden. Erschwerend komme hinzu, dass bereits der Prüfbericht sowie die Bescheide vom 19. Oktober 2010 der steuerlichen Vertreterin zugestellt worden seien. Weiters liege ein Grund für die Fristversäumnis im erhöhten Risiko, das mit der Stellung eines Antrags auf Bescheidbegründung nur wenige Tage vor Ablauf der Berufungsfrist, der lediglich deren Hemmung bewirke, einhergehe. Dem hätte der Beschwerdevertreter mit erhöhter Aufmerksamkeit und erhöhten organisatorischen Vorkehrungen begegnen müssen. Erschwerend komme hinzu, dass der Beschwerdevertreter den Inhalt der Niederschrift über die Schlussbesprechung gekannt habe, auf die in der Erledigung des Antrags auf Bescheidbegründung vom Finanzamt verwiesen werde. Ebenso habe der Beschwerdevertreter darauf hingewiesen, dass eine "bereits vorbereitete Berufung" zur Verfügung gestanden sei, was deren unterbliebene Einbringung noch unverständlicher mache. Die Fristversäumnis sei auch nicht auf "eine List" des Finanzamts, mit der "niemand rechnen" musste, zurückzuführen. Der Fehler habe im Unterlassen entsprechender organisatorischer Vorkehrungen hinsichtlich der Überwachung der möglichen Zustellvorgänge sowie im - mit dem spät gestellten Antrag auf Bescheidbegründung - eingegangenen Risiko bestanden. Dies könne bei einem berufsmäßigen Vertreter nicht als minderer Grad des Versehens betrachtet werden und sei das Verschulden des Vertreters dem des Vertretenen gleichzuhalten.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

1. Zur Abweisung der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid:

Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz (ZustG) vorzunehmen, soweit die BAO selbst nichts anderes bestimmt. Hat eine Partei mehrere Zustellungsbevollmächtigte, so gilt gemäß § 9 Abs. 4 zweiter Satz ZustG die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist.

Die Beschwerdeführerin stützt die Beschwerde im Wesentlichen darauf, dass die Bescheidbegründung gemäß § 245 Abs. 2 BAO dem Beschwerdevertreter und nicht der allgemeinen steuerlichen Vertreterin zugestellt hätte werden müssen. § 9 Abs. 4 ZustG könne nur auf den Fall Anwendung finden, dass für eine Partei "in einem Verfahren" mehrere Zustellungsbevollmächtigte bestellt seien. Wenn aber eine Partei in verschiedenen Verfahren vor derselben Behörde verschiedene Vertreter habe, könne nicht ernstlich die Ansicht vertreten werden, dass die Zustellung eines Bescheids an den in einem (z.B. gewerberechtlichen) Verfahren Bevollmächtigten an den im anderen (z.B. grundverkehrsrechtlichen) Verfahren ausgewiesenen Rechtsanwalt wirksam wäre.

Mit dieser Begründung vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufzuzeigen.

Festzuhalten ist zunächst, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine allgemeine Vertretungsbefugnis eine Zustellungsbevollmächtigung miteinschließt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2012, 2010/17/0215, mwN). Das gilt auch, wenn sich ein Vertreter auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2009, 2008/17/0154). Der Abgabepflichtige kann auch mehrere Vertreter, also auch mehrere Zustellungsbevollmächtigte bestellen (vgl. Wanke, Zustellungsfragen im Abgabenverfahren, Teil 2, ÖStZ 1988, 283 (285)).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass die Steuerberatungskanzlei, der seitens des Finanzamts der Prüfbericht sowie die Bescheide vom 19. Oktober 2010 und die Bescheidbegründung zugestellt worden sind, während des gesamten Zeitraums eine allgemeine Zustellungsvollmacht inne hatte. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, dass eine Kündigung oder ein Widerruf dieser Zustellungsvollmacht erfolgt sei. Vielmehr vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass durch das Einschreiten des Beschwerdevertreters im GPLA-Verfahren und dessen Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht das Finanzamt nur mehr ihm hätte rechtswirksam zustellen können. Dafür findet sich aber keine Grundlage im Gesetz. Gemäß § 9 Abs. 4 zweiter Satz ZustG gilt die Zustellung nämlich als bewirkt, sobald sie an einen von mehreren Zustellungsbevollmächtigten vorgenommen wird. Eine Rangordnung dahingehend, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt andere Vertretungen ausschließt oder dass bei Vertretung durch einen Rechtsanwalt jedenfalls (auch) diesem zuzustellen ist, besteht nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 2010, 2009/05/0011). Die Zustellung der Bescheidbegründung an die steuerliche Vertreterin ist somit rechtswirksam erfolgt und hat die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid als unbegründet abgewiesen.

2. Zur Abweisung der Berufung gegen die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110 leg. cit.) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Ein Ereignis ist dann "unvorhergesehen", wenn die Partei es nicht einberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die ihr zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Es ist "unabwendbar", wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 2012, 2009/16/0098, sowie Ritz, BAO5, § 308 Tz 9 ff). An rechtskundige Parteienvertreter ist hierbei ein strengerer Maßstab anzulegen als an am Verfahren beteiligte rechtsunkundige Parteien (vgl. die hg. Beschlüsse vom 16. Juli 1996, 95/14/0144, und vom 8. August 1996, 96/14/0072). Die Einhaltung der Rechtsmittelfristen erfordert von der Partei und ihrem Vertreter größtmögliche Sorgfalt (vgl. den hg. Beschluss vom 22. März 2002, 2002/21/0016). Dabei muss sich nach ständiger hg. Rechtsprechung der Vertretene das Verschulden seines Vertreters zurechnen lassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, 2010/15/0149).

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, dass die Zustellung der Bescheidbegründung an die allgemeine steuerliche Vertreterin nicht rechtswirksam erfolgt sei, weil im GPLA-Verfahren ausschließlich dem Beschwerdevertreter Vertretungsbefugnis zugekommen sei, ist auf die Ausführungen zur Abweisung der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid zu verweisen.

Die Beschwerde führt aber auch ins Treffen, dass die Beschwerdeführerin sowie ihr Beschwerdevertreter zumindest nicht damit hätten rechnen müssen, dass die Bescheidbegründung nicht dem im GPLA-Verfahren ausschließlich auftretenden anwaltlichen Vertreter zugestellt werden würde, sondern der allgemeinen steuerlichen Vertreterin, die im gesamten GPLA-Verfahren überhaupt nicht in Erscheinung getreten sei. Vielmehr hätten sie davon ausgehen dürfen, dass in einem behördlichen Verfahren dem tatsächlich anfragenden Vertreter und nicht einem anderen geantwortet werde. Auch sei der erkennenden Behörde bekannt gewesen, dass die Berufungsfrist vier Tage nach Zustellung der Bescheidbegründung enden würde und habe es die Behörde darauf "angelegt", die Beschwerdeführerin in eine "(Verfahrens-)Falle tappen zu lassen". Auch mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids nicht dargetan.

Soweit ausgeführt wird, dass die Beschwerdeführerin sowie der Beschwerdevertreter darauf hätten vertrauen dürfen, dass die Bescheidbegründung nur letzterem zugestellt werde, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde die Feststellung getroffen hat, dass die Steuerberatungskanzlei während des gesamten Zeitraums eine allgemeine Zustellungsvollmacht inne hatte. Damit hat aber für das Finanzamt keine Verpflichtung bestanden, dem Beschwerdevertreter die Bescheidbegründung zuzustellen. Auch für ein "listiges" Vorgehen des Finanzamts, wie es die Beschwerdeführerin vorbringt, ergeben sich im Übrigen keine Anhaltspunkte, wird doch - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt - durch die Zustellung an die im Abgabeninformationssystem ausgewiesene Zustellungsbevollmächtigte eine Zustellung bewirkt, deren Wirksamkeit nicht vom Umfang der Bevollmächtigung des im Berufungsverfahren hinzutretenden Parteienvertreters abhängt und eine Auseinandersetzung mit in dieser Hinsicht manchmal auftretenden Zweifelsfragen erübrigt. Auch sind, trotz des Tätigwerdens des Beschwerdevertreters im Rahmen der GPLA-Prüfung, sowohl der Prüfbericht als auch die erstinstanzlichen Bescheide der steuerlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin zugestellt worden. Der Beschwerdevertreter behauptet nicht, von diesen Zustellvorgängen nichts gewusst zu haben. Damit war es aber auch vor dem rechtlichen Hintergrund des § 9 Abs. 4 zweiter Satz ZustG an sich schon nicht unvorhersehbar, dass auch die Bescheidbegründung an die steuerliche Vertreterin zugestellt wurde. Jedenfalls hätte der Beschwerdevertreter, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der Antrag auf Mitteilung der Bescheidbegründung erst kurz vor Ablauf der Berufungsfrist gestellt wurde, entsprechende organisatorische Vorkehrungen zur Überwachung der Zustellvorgänge (etwa durch eine entsprechende Information der Steuerberatungskanzlei) treffen müssen.

Die belangte Behörde ging damit im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Versäumung der Berufungsfrist auf ein - über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes - Verschulden seitens des Beschwerdevertreters zurückzuführen war, sodass die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO nicht erfüllt waren.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 26. Februar 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012130051.X00

Im RIS seit

27.03.2014

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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