TE Vwgh Erkenntnis 2014/2/20 2013/09/0043

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Veröffentlicht am 20.02.2014
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §1 Abs2 litd;
AuslBG §12b Z1;
AuslBG §12b;
AuslBG §4 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des IE in G, vertreten durch Dr. Hans Werner Schmidt, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Brockmanngasse 63, gegen den Bescheid des Leiters der Landesgeschäftsstelle Steiermark des Arbeitsmarktservice vom 30. November 2012, Zl. 08114/ABB-Nr. 3571502, betreffend Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines ägyptischen Staatsangehörigen, auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer die in Anlage C zum Ausländerbeschäftigungsgesetz angeführten Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z. 1 AuslBG nicht erfülle, weil er die erforderliche Punktezahl von 50 nicht erreiche. Dem Beschwerdeführer könnten für seine abgeschlossene Berufsausbildung nur 20 Punkte und nach Abschluss des Deutschkurses maximal 10 Punkte angerechnet werden. Damit werde die erforderliche Punkteanzahl von 50 nicht erreicht.

Der Beschwerdeführer sei bis zum 31. Oktober 2011 bei der L.K. als Imam tätig gewesen. Diese Beschäftigung sei auf § 1 Abs. 2 lit. d AuslBG gegründet gewesen, wonach Ausländer hinsichtlich ihrer seelsorgerischen Tätigkeiten im Rahmen von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften vom AuslBG ausgenommen seien. Nach wie vor bestünde für die Tätigkeit eines Imam diese Ausnahme vom AuslBG.

Zur beabsichtigten Lehrtätigkeit des Beschwerdeführers werde festgehalten, dass diese Tätigkeit laut eigenen Angaben in der Abhaltung von Vorlesungen zu religiösen Themen bestehe, die Beschäftigung über einen Verein erfolge und anzunehmen sei, dass dafür keine Lehrverpflichtung bestehe, die mit einer Lehrverpflichtung an einer öffentlichen Schule vergleichbar wäre. Dazu sei die Rechtsmeinung des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz anzuführen, dass als Arbeitgeber in der Regel der öffentliche (Landes- oder Stadtschulrat) oder private Schulerhalter anzusehen sei. Im gegenständlichen Fall liege eine Anstellung bei einem Verein vor, die Vorlesungen würden nur in den Vereinsräumen abgehalten und erstreckten sich nicht tatsächlich über mehrere Schulen. Auch sei davon auszugehen, dass es sich bei jenem Verein, bei welchem der Beschwerdeführer seine Tätigkeit als Lehrer ausüben wolle, um ein Zentrum für Kommunikation und um keine Schule handle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig, die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - gemäß § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am 31. Dezember 2013 in Kraft gestandene Fassung.

Die Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z. 1 AuslBG gemäß Anlage C zu diesem Gesetz lauten wie folgt:

"Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z 1

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 10

Berufserfahrung (pro Jahr)

Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2

4

 

 

Sprachkenntnisse

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau oder
Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung

 

Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung oder
Englischkenntnisse zur vertieften selbständigen Sprachverwendung

10

 

 

 

 

15

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 20

bis 30 Jahre

bis 40 Jahre

20

15

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen

75

 

20

erforderliche Mindestpunkteanzahl

50"

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil er vom 28. September 2005 bis zum 31. Oktober 2011 bei einem moslemischen Verein als Imam tätig gewesen sei. Die belangte Behörde hätte dies als ausbildungsrelevante Berufserfahrung werten müssen und schon allein deswegen für diese Tätigkeit weitere 10 Punkte im Sinne der Anlage C zum AuslBG zuerkennen müssen.

In der Tat hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine Begründung dafür gegeben, weshalb sie diese Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht als ausbildungsadäquate Berufserfahrung gewertet hat, die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Imam in diesem Zeitraum ist bereits in den Akten des Verwaltungsverfahrens der Behörde erster Instanz festgehalten.

Von der belangten Behörde unbestritten bringt der Beschwerdeführer auch vor, dass er in beglaubigter Übersetzung ein Zeugnis einer Schule in Ägypten vorgelegt habe, wonach er im Zeitraum vom 1. Oktober 1998 bis zum 1. Dezember 2003 als islamischer Religionslehrer an dieser Schule tätig gewesen sei. Auch diesen Umstand hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erwähnt und keine Begründung dafür gegeben, weshalb diese Tätigkeit nicht als ausbildungsadäquate Berufserfahrung gemäß Anlage C zum AuslBG anerkannt worden ist.

Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, dass die belangte Behörde bei der Bewertung seiner Qualifikation seinen erfolgreichen Abschluss eines fünfjährigen Studiums an der Universität Al-Azhar, Fakultät für Katechismus und Missionstätigkeit, welchen er durch die Vorlage eines Zeugnisses dieser Universität nachgewiesen habe, nicht ausreichend berücksichtigt habe. Die belangte Behörde habe ohne nähere Begründung für diese abgeschlossene Berufsausbildung nur 20 nicht aber 30 Punkte zuerkannt.

Auch mit diesem Hinweis zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, den Akten des erstinstanzlichen Verfahrens zufolge hat der Beschwerdeführer nämlich ein derartiges Studium in der Dauer von vier Jahren abgeschlossen, weshalb es einen Begründungsmangel darstellt, wenn die belangte Behörde nunmehr - offensichtlich anders als die Behörde erster Instanz - das abgeschlossene Studium des Beschwerdeführers mit nur 20 Punkten bewertet.

Soweit der Beschwerdeführer die Ausführungen im angefochtenen Bescheid thematisiert, wonach die von ihm beabsichtigte Tätigkeit der Abhaltung von Vorlesungen zu religiösen Themen bei einem Verein in dessen Vereinsräumen stattfinden solle und nicht in mehreren Schulen, ist dies für die Beurteilung des angefochtenen Bescheides nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weil es dafür nur darauf ankommt, ob die Voraussetzungen des § 12b Z. 1 und § 4 Abs. 1 AuslBG erfüllt sind, nicht aber ob die beabsichtigte Tätigkeit in einer privaten oder öffentlichen Einrichtung erfolgen soll.

Die Argumentation der belangten Behörde in der Gegenschrift, dass für vom AuslBG ausgenommene Ausländer, die unter grundsätzlicher Beibehaltung ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit, wie im Fall des Beschwerdeführers auf Grund seiner Tätigkeit als Seelsorger (Imam) im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. d AuslBG ein Antrag auf Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b AuslBG nicht in Frage komme und der Antrag des Beschwerdeführers im Hinblick auf § 1 Abs. 2 lit. d AuslBG sohin ohnedies richtigerweise zurückzuweisen gewesen wäre und der Beschwerdeführer daher durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung seines Antrages auch nicht in seinem geltend gemachten Recht auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte verletzt worden sein könne, ist im Ergebnis nicht überzeugend.

Diese Erwägungen treffen zwar insofern zu, als für vom AuslBG ausgenommene Ausländer tatsächlich eine Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b leg. cit. nicht in Frage kommt. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde jedoch weder festgestellt und ist auch den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen, dass es sich bei der von ihm beabsichtigten Tätigkeit, für welche er die Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z. 1 AuslBG beantragte, um eine seelsorgerische Tätigkeit im Rahmen einer gesetzlich anerkannten Kirche und Religionsgesellschaft handle. Diesfalls wäre der Antrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen gewesen. Gemäß § 1 Abs. 2 lit. d AuslBG sind jedoch vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes nur "Ausländer hinsichtlich ihrer seelsorgerischen Tätigkeit im Rahmen von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften" ausgenommen.

Daher wurde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt und war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 20. Februar 2014

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013090043.X00

Im RIS seit

19.03.2014

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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