TE Vwgh Erkenntnis 2014/2/24 2013/17/0518

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Veröffentlicht am 24.02.2014
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
34 Monopole;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
GSpG 1989 §53;
GSpG 1989 §56a Abs1;
VwGG §42 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der A s.r.o. in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 15. Mai 2013, Zl. SENAT-TU-12-0054, betreffend Beschlagnahme und Androhung einer Betriebsschließung nach dem Glücksspielgesetz,

I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Berufung gegen die Beschlagnahme von drei Glücksspielgeräten richtet.

II. zu Recht erkannt:

Spruch

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 20. März 2012 wurde die Beschlagnahme von drei näher bezeichneten Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a) Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet (Spruchpunkt I.) und der Lokalbetreiber gemäß § 56a Abs. 1 GSpG "zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert, widrigenfalls eine gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes erfolgen wird" (Spruchpunkt II.). Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde ist eine näher bezeichnete dritte Gesellschaft Eigentümerin der drei Geräte und liegt beim Gerät "3" eine unternehmerische Beteiligung einer weiteren Gesellschaft als Eigentümerin der Geldlade vor. An diesem Gerät ("ACT PANTER DIFT; Seriennummer 30010209, FA Kennung 3") ist auch die Beschwerdeführerin unternehmerisch beteiligt, und zwar "durch Zurverfügungstellung dieses Gerätes".

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin hinsichtlich Spruchpunkt I. (Beschlagnahme) keine Folge. Bezüglich Spruchpunkt II. (Androhung der Betriebsschließung) wurde die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.

Auf das Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführerin sei der Bescheid zwar zugestellt worden, sie sei jedoch nicht Bescheidadressat, weshalb ihr gegenüber der Bescheid keine Rechtswirkungen entfalten könne, ist die belangte Behörde nicht eingegangen. Die Zurückweisung der Berufung gegen Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides begründete die belangte Behörde damit, dass die Betriebsschließung lediglich für das Geschäftslokal angeordnet worden sei. Eine Parteistellung der Beschwerdeführerin liege nicht vor, da sie weder Eigentümerin noch Inhaberin des Lokals sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989, § 53 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 und § 56a in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2012, lauten (auszugsweise) wie folgt:

"Beschlagnahmen

§ 53. (1) Die Behörde kann die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1. der Verdacht besteht, dass

a) mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, oder

b) durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird oder

(...)

(2) Die Organe der öffentlichen Aufsicht können die in Abs. 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, daß die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden. Sie haben darüber außer im Falle des § 52 Abs. 1 Z 7 dem Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen oder, wenn ein solcher am Aufstellungsort nicht anwesend ist, dort zu hinterlassen und der Behörde die Anzeige zu erstatten. In der Bescheinigung sind der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter und der Inhaber aufzufordern, sich binnen vier Wochen bei der Behörde zu melden; außerdem ist auf die Möglichkeit einer selbständigen Beschlagnahme (Abs. 3) hinzuweisen. Tritt bei dieser Amtshandlung der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter oder der Inhaber auf, so sind ihm die Gründe der Beschlagnahme bekanntzugeben.

(3) Die Behörde hat in den Fällen des Abs. 2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

(4) (...)"

"Betriebsschließung

§ 56a. (1) Besteht der begründete Verdacht, daß im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, daß eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stillegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

(2) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs. 1 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs. 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, daß der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.

(3) bis (7) (...)"

Soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz -

VwGbk-ÜG, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

2.2. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer "unternehmerischen Beteiligung" am Gerät "3" als Adressat des Beschlagnahmebescheides in Betracht gekommen sei. Sie hat daher die Berufung der Beschwerdeführerin als zulässig behandelt und ihr "keine Folge gegeben". Trotz der unpräzisen Formulierung des Spruches ergibt sich aus der Zusammenschau mit der Begründung und der in Spruchpunkt II. (Androhung der Betriebsschließung) erfolgten Zurückweisung, dass die belangte Behörde damit über die - gegen die Beschlagnahme aller drei Glücksspielgeräte gerichtete - Berufung in der Sache (in Form einer Abweisung) abgesprochen hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer vom Eigentümer der nach dem Glücksspielgesetz beschlagnahmten Geräte verschiedenen Personen nur dann Berufungslegitimation im Beschlagnahmeverfahren zu, wenn sie zum Kreis der in § 53 Abs. 3 GSpG genannten Personen gehören, also Inhaber oder Veranstalter sind (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 15. März 2013, Zl. 2008/17/0186, mwN). Auch im Fall der Zustellung des Beschlagnahmebescheides an eine von den in § 53 Abs. 3 GSpG genannten Personen verschiedene Person kommt dieser daher nicht die Berufungslegitimation zu (vgl. die hg. Erkenntnisse jeweils vom 14. Dezember 2011, Zl. 2011/17/0171 und Zl. 2011/17/0084).

Wie sich aus den unbestritten gebliebenen Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde ergibt, ist die Beschwerdeführerin weder Eigentümerin noch Inhaberin der drei Geräte. Durch die von der belangten Behörde angenommene "unternehmerische Beteiligung" beim Gerät "3" in Form einer "Zurverfügungstellung dieses Gerätes" ist die Beschwerdeführerin aber auch nicht als Veranstalterin im Sinne des § 53 Abs. 3 GSpG anzusehen. Nachdem somit kein nach dem GSpG relevantes Naheverhältnis zu den gegenständlichen Glücksspielgeräten vorliegt, wäre die Berufung der Beschwerdeführerin mangels Parteistellung zurückzuweisen gewesen.

Da die Zustellung des Beschlagnahmebescheides an die Beschwerdeführerin keine (rechtlichen) Wirkungen für diese entfaltet, konnte sie durch die abweisende Entscheidung über ihre Berufung gegen den Beschlagnahmebescheid nicht in ihren Rechten verletzt sein. Ihre Beschwerde war daher insoweit mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen. Dies ungeachtet des Umstandes, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid über die Berufung in der Sache entschieden hat, da die Beschwerdeführerin auch dadurch nach dem Vorgesagten ebensowenig wie durch einen erstinstanzlichen Beschlagnahmebescheid in ihren Rechten verletzt sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 2013, Zl. 2008/17/0186).

2.3. Soweit sich die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Berufung bezüglich Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides richtet, ist sie schon deshalb unbegründet, weil sich die von der erstinstanzlichen Behörde bescheidmäßig ausgesprochene Androhung der Betriebsschließung bereits ihrem klaren Wortlaut nach ausschließlich an den Lokalbetreiber richtet und nicht an die Beschwerdeführerin, die bloß an einem der betreffenden Glücksspielgeräte "unternehmerisch beteiligt" ist. Eine Parteistellung der Beschwerdeführerin wird hier auch nicht dadurch begründet, dass der erstinstanzliche Bescheid an sie ergangen ist. Die belangte Behörde hat die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die bescheidmäßig ausgesprochene Androhung der Betriebsschließung daher zu Recht zurückgewiesen, weshalb die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. Februar 2014

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013170518.X00

Im RIS seit

19.03.2014

Zuletzt aktualisiert am

21.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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