Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §19 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des V in M, vertreten durch Dr. Christoph Naske, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich (Außenstelle Wiener Neustadt), vom 28. Februar 2012, Zl. Senat-MD-12-1006, betreffend Übertretung der StVO (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 22. April 2011 um
15.50 Uhr im Gemeindegebiet G auf der B 21 an einer näher bezeichneten Stelle als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Motorrades die aufgrund des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten zu haben, wobei die gefahrene Geschwindigkeit nach Abzug der Messtoleranz 222 km/h betragen habe. Wegen Übertretung des § 52 lit. a Z 10a StVO wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 99 Abs. 2e StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 924 Stunden) verhängt.
Begründend führte die belangte Behörde dazu unter näherer Darstellung des vom Meldungsleger durchgeführten Messvorganges zusammengefasst aus, dass der Meldungsleger in der (gemäß § 51f Abs. 2 VStG in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführten) öffentlichen Verhandlung vor der belangten Behörde die von ihm vorgenommene Messung mit dem Lasermessgerät klar und nachvollziehbar geschildert habe. Ein Bedienungsfehler sei demnach auszuschließen; laut Eichschein sei das Messgerät zum Zeitpunkt der Messung geeicht gewesen und aus dem Messprotokoll ergebe sich, dass die Verwendungsbestimmungen hinsichtlich der Kontrollmessungen eingehalten worden seien; Hinweise auf eine Fehlfunktion des Messgerätes hätten sich demgegenüber keine ergeben. Der Beamte sei im Gebrauch des Gerätes geschult und habe auch Praxis in der Anwendung. Somit sei eine Fehlmessung auszuschließen. Nach den - näher ausgeführten - Schilderungen des Meldungslegers zu den Umständen der Messung, der Nachfahrt und der Anhaltung des Beschwerdeführers sei auch ein Irrtum bei der Messung hinsichtlich des gemessenen Motorrads ausgeschlossen.
Zur Strafbemessung ging die belangte Behörde mangels Angaben des Beschwerdeführers zu seinen persönlichen Verhältnissen von einem monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 1.500,-- sowie keinen Sorgepflichten aus und wertete die verhängte Strafe im Hinblick auf die exorbitante Geschwindigkeitsüberschreitung und die jahreszeitbedingte Gefahr eines Wildwechsels als dem Unrechtsgehalt der Übertretung angemessen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG, BGBl. I Nr. 122/2013, in dem zum 31. Dezember 2013 anhängig gewesenen gegenständlichen Beschwerdefall das VwGG idF BGBl. 51/2012 zur Anwendung gelangt.
Der Beschwerdeführer rügt, dass die Berufungsverhandlung am 13. Februar 2012 in seiner Abwesenheit durchgeführt worden sei, was deshalb nicht zulässig gewesen sei, weil er eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbestätigung, datiert mit 10. Februar 2012, vorgelegt habe. Er habe sich im Verhandlungszeitpunkt noch im Krankenstand befunden. Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit sei auch die Verhandlungsfähigkeit nicht gegeben. Da er wegen Krankheit nicht zur Verhandlung habe kommen können, sei sein Fernbleiben gemäß § 19 Abs. 3 AVG entschuldigt gewesen.
Gemäß § 51f Abs. 2 VStG hindert dann, wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dies weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses. Nach dem auch im Verwaltungsstrafverfahren (vgl. § 24 VStG) anzuwendenden § 19 Abs. 3 AVG hat, wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Das Vorliegen eines der in § 19 Abs. 3 AVG genannten Gründe rechtfertigt das Nichterscheinen das Geladenen. Liegt ein solcher Rechtfertigungsgrund vor, kann in Bezug auf die behördliche Ladung nicht von einer "ordnungsgemäßen Ladung", die gemäß § 51f Abs. 2 VStG zur Durchführung der Verhandlung auch in Abwesenheit der Partei berechtigt, gesprochen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 2013, Zl. 2012/08/0254, mwN)
Nach der Rechtsprechung hat eine Partei im Falle einer ordnungsgemäßen Ladung zwingende Gründe für das Nichterscheinen darzutun. Das bedeutet, dass nicht allein die Tatsache des Vorliegens einer Erkrankung behauptet und dargetan werden muss, sondern auch die Hinderung aus diesem Grunde, bei der Verhandlung zu erscheinen. Die Triftigkeit des Nichterscheinens zu einer Verhandlung muss überprüfbar sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2010, Zl. 2009/02/0292).
In der Berufungsverhandlung wurde von der dort anwesenden Parteienvertreterin eine am 10. Februar 2012 von einer Allgemeinmedizinerin ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsmeldung - ohne jede nähere Konkretisierung - vorgelegt. In dieser wurde der Beginn der Arbeitsunfähigkeit mit 10. Februar 2012 datiert, allerdings keine Bettruhe für erforderlich gehalten ("Bettruhe: Nein") und als Grund der Arbeitsunfähigkeit lediglich "Krankheit" genannt. Ob aber eine Entschuldigung die Abwesenheit rechtfertigt oder nicht, unterliegt der Beurteilung der Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2009, Zl. 2009/02/0019).
Es kann nicht als rechtswidrig erachtet werden, dass die belangte Behörde zu diesem Zeitpunkt vom Nichtvorliegen eines triftigen Grundes für das Nichterscheinen des Beschwerdeführers zur Berufungsverhandlung ausgegangen ist, weil aus der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsmeldung die Art der Verhinderung in keiner Weise ersichtlich, von der Rechtsvertreterin auch nicht näher ausgeführt wurde, und es auch an näheren Anhaltspunkten dafür fehlte, dass der Beschwerdeführer tatsächlich noch am 13. Februar 2012 arbeitsunfähig war. Dies wird laut Protokoll der Verhandlung auch nicht von seiner dort anwesenden Rechtsvertreterin behauptet. Aus der vorgelegten Meldung ist jedoch die Triftigkeit der Abwesenheit des Beschwerdeführers nicht ableitbar. Die belangte Behörde durfte daher die Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchführen.
Dazu kommt, dass die Vertreterin des Beschwerdeführers in der Verhandlung ohnehin zugegen war, sodass es ihr möglich war, an den einvernommenen Zeugen GI K. S. Fragen zu stellen. Eine Verletzung des Parteiengehörs liegt daher insoweit nicht vor. Im Übrigen gelingt es der Beschwerde auch nicht, eine Relevanz des Unterbleibens der Einvernahme des Beschwerdeführers aufzuzeigen.
Das Unterbleiben der Einvernahme der Beifahrerin Z. R., welche der Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt fernblieb, erweist sich ebenso wenig als rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer nicht weiter darlegt, zu welchen konkreten Ermittlungsergebnissen die Zeugin nähere Angaben hätte machen können.
Die nach der Messung durch den Meldungsleger erfolgte Nachfahrt und Anhaltung sind für die hier angelastete Übertretung nicht relevant; es bedurfte daher entgegen der Beschwerdebehauptung auch keiner Ermittlungen bezüglich der Nachfahrt und ob diese auf der angeführten Strecke tatsächlich möglich war. Die belangte Behörde hat vielmehr ausgehend von der detaillierten Schilderung des Meldungslegers nachvollziehbar angenommen, dass eine Verwechslung mit einem anderen Motorrad ausgeschlossen werden könne. Das Vorliegen einer Fehlmessung wurde von dem als Zeugen einvernommenen Meldungsleger eindeutig ausgeschlossen; die diesbezüglich schlüssige Beweiswürdigung der belangten Behörde begegnet keinen Bedenken.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, welche gemäß § 3 Abs. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 im Beschwerdefall weiter anzuwenden ist.
Wien, am 26. Februar 2014
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2012020079.X00Im RIS seit
21.03.2014Zuletzt aktualisiert am
25.04.2014