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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Asylantrags einer iranischen Staatsangehörigen mangels Berücksichtigung der für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten relevanten Gründe betreffend eine Verfolgung auf Grund des Familienverbandes zu ihren Kindern auch unter dem Aspekt der AsylgewährungRechtssatz
Dem AsylGH ist es nicht vorzuwerfen, dass er bei der Behandlung des Antrags der Beschwerdeführerin nicht nach §34 AsylG 2005 vorgegangen ist, war der Sohn der Beschwerdeführerin doch bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährig und damit nicht als Familienangehöriger iSd §2 Abs1 Z22 AsylG 2005 anzusehen.
Die Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in der angefochtenen Entscheidung wird wesentlich damit begründet, dass auf Grund der familiären Beziehung der Beschwerdeführerin einerseits zu ihrem zum Christentum konvertierten und den Status des Asylberechtigten in Österreich innehabenden Sohn, als auch zu ihrer Tochter, die - was der AsylGH beweiswürdigend feststellt - auf Grund unehelicher Beziehungen zu Männern Probleme mit den Behörden im Heimatstaat hatte, nicht auszuschließen sei, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr auf besonderes Interesse der Behörde stoßen und eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Rahmen einer persönlichen Vernehmung, die im Falle einer Wiedereinreise der Beschwerdeführerin sehr wahrscheinlich sei, daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne.
Angesichts dieser Begründung verabsäumt es der belangte AsylGH jedoch, sich mit den einschlägigen Tatbeständen der GFK, insbesondere mit jenem der Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie, auseinanderzusetzen. Der Verfolgungstatbestand der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe kann auch durch die "Angehörigeneigenschaft" begründet werden, und zwar unabhängig davon, ob bei den jeweiligen Familienmitgliedern selbst eine asylrelevante Verfolgung vorliegt. Der Fluchtgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe "Familie" kann sowohl dann erfüllt sein, wenn die Zugehörigkeit zu einem Familienverband den Grund für eine private Verfolgung darstellt, als auch dann, wenn auf Grund der Angehörigeneigenschaft Verfolgung von staatlicher Seite droht.
Auch mit der etwaigen Asylrelevanz der illegalen Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Iran hat sich der AsylGH nicht befasst, obwohl er mehrfach - im Rahmen der Begründung der Zuerkennung des subsidiären Schutzes - davon ausgeht, dass auch diese Tatsache zu Befragungen der Beschwerdeführerin, im Zuge derer Verletzungen von Art3 EMRK nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit auszuschließen seien, führen könne. In wegen illegaler Ausreise drohenden Sanktionen könnte nämlich ein Anhaltspunkt dafür zu sehen sein, dass der von der Strafdrohung betroffenen Person eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wird und damit der Fluchtgrund der politischen Gesinnung - für den die Unterstellung einer bestimmten politischen Gesinnung ausreicht - vorliegt, was von den im Einzelfall drohenden Sanktionen abhängt.
Weil der AsylGH jene Gründe, die ihn dazu bestimmt haben, der Beschwerdeführerin den Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen - eine mögliche unmenschliche oder erniedrigende Behandlung auf Grund des Familienverbandes zu beiden Kindern und auf Grund der illegalen Ausreise der Beschwerdeführerin - nicht auch unter dem Aspekt der Asylgewährung beurteilt, ist ihm eine grobe Verkennung der Rechtslage vorzuwerfen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, BescheidbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2014:U1067.2012Zuletzt aktualisiert am
20.03.2014