RS Vfgh 2014/3/4 G25/2012, V17/2012

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Veröffentlicht am 04.03.2014
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs1, Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö ROG 1976 §17 Abs5
Nö Warengruppen-V 2009, LGBl 8000/95-0
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung

Leitsatz

Abweisung des - zulässigen - Individualantrags auf Aufhebung der Nö Warengruppen-Verordnung 2009 betreffend nicht zentrumsrelevante Waren; pauschalierende Abgrenzung der nur mit einem Kraftfahrzeug abtransportierbaren Waren im Nö ROG 1976 verfassungsrechtlich unbedenklich; typologische Festlegungen in der Verordnung nicht gesetzwidrig; keine Unsachlichkeit der gegebenenfalls zu einer Einschränkung des Verkaufs von zentrumsrelevanten Waren in Möbelhäusern führenden Regelung; kein Verstoß gegen das Eigentumsrecht und die Erwerbsausübungsfreiheit

Rechtssatz

Einstellung des Gesetzesprüfungsverfahrens infolge Zurückziehung des Antrags.

Zulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung der Nö Warengruppen-V 2009, LGBl 8000/95-0.

Die antragstellende Gesellschaft beabsichtigt, einen Zubau zum bestehenden Einrichtungshaus ausschließlich für den Verkauf von Möbeln zu errichten. Schon vor Inkrafttreten der 14. Novelle des Nö ROG 1976 (mit der das Kriterium der "zentrumsrelevanten Waren" neu geschaffen wurde) wurde das Einrichtungshaus der antragstellenden Gesellschaft auf Basis der vorgelegten Pläne genehmigt. Daher war es bislang raumordnungsrechtlich unproblematisch, dass in dem Einrichtungshaus auf einer Fläche von mehr als 80 m² "zentrumsrelevante Waren" verkauft wurden. Nun will die antragstellende Gesellschaft nach erfolgtem Zubau diese die Obergrenze von 80 m² übersteigende Fläche weiterhin für den Verkauf "zentrumsrelevanter Waren" nutzen. Nach den geltenden Bestimmungen wäre das aber nicht genehmigungsfähig - obwohl der Zubau ausschließlich für nicht zentrumsrelevante Waren vorgesehen ist.

Gleichgültig, ob im baubehördlichen Genehmigungsverfahren das Projekt der antragstellenden Partei nur als Zubau zu beurteilen ist oder ob das ganze Bauwerk einer umfassenden baubehördlichen Beurteilung zugeführt werden muss, ein anderer zumutbarer Weg zur Normenkontrolle besteht in beiden Fällen nicht.

Abweisung des Antrags; keine Gesetzwidrigkeit der Nö Warengruppen-V 2009, kein Verstoß gegen Art18 B-VG.

Der Gesetzgeber hat in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise mit dem Begriff der Warengruppe (in §17 Abs5 Nö ROG 1976) eine pauschalierende Abgrenzung der Waren, die nur mit dem Kraftfahrzeug abtransportiert werden können, vorgesehen. Die Nö Warengruppen-V 2009 entspricht diesem Auftrag des Gesetzgebers, die Warengruppen durch Verordnung festzulegen. Die typologischen Festlegungen in der Nö Warengruppen-V 2009 stellen für den Vollzug interpretierbare Kriterien dar, die im Regelfall eine Zuordnung zu "zentrumsrelevanten Waren" bzw "nicht zentrumsrelevanten Waren" ohne weiteres gestatten.

Bei der Festlegung der Warengruppen musste der Normsetzer der Nö Warengruppen-V 2009 naturgemäß von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen. Dies mit der Konsequenz, dass einzelne Waren als "zentrumsrelevant" qualifiziert werden, obwohl sie vom Kunden unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges abtransportiert werden müssen. Dies macht die Verordnung aber nicht gleichheitswidrig.

Das Problem, dass sich der Möbelhandel wegen seines typischen Mischangebots in eine Warengruppen-Verordnung gemäß §17 Abs5 Nö ROG 1976 schwer einordnen lässt, war schon Gegenstand der Entscheidung VfSlg 18713/2009.

Auf Grund der raumordnungspolitischen Erwägungen des niederösterreichischen Landesgesetzgebers ist die vom Verordnungsgeber getroffene Regelung, die gegebenenfalls zu einer Einschränkung des Verkaufs von zentrumsrelevanten Waren in Möbelhäusern führt, nicht unsachlich. Die dadurch entstehenden Beschränkungen des Eigentums und der Erwerbsfreiheit liegen im öffentlichen Interesse, die Ortskerne zu stärken und die Handelseinrichtungen in guter räumlicher Abstimmung zum Verbraucher zu situieren, und sind zur Umsetzung dieses Interesses geeignet und adäquat. Es liegt auch im rechtpolitischen Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers, bei Bedarf den Verkauf von Möbeln in Verbund mit Warengruppen zuzulassen, für deren Abtransport kein Kraftfahrzeug benötigt wird, wenn dem raumordnungspolitische Erwägungen nicht entgegenstehen.

Bei den von der antragstellenden Gesellschaft genannten Kategorien, wie zB Bodenbeläge, Teppiche, Textilien, handelt es sich nicht um Möbelzubehör, sondern um selbständige Warenkategorien. Mit dem Argument des "Zubehörs" wird in Wirklichkeit nur das Vorbringen der zu engen Definition der "nicht zentrumsrelevanten Waren" durch den Verordnungsgeber wiederholt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Raumordnung, Einkaufszentren, Determinierungsgebot, Erwerbsausübungsfreiheit, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2014:G25.2012

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2015
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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